Leitsatz (amtlich)
Wirtschaftsgüter, die dem Gesellschafter einer Personengesellschaft gehören, sind als dessen notwendiges Sonderbetriebsvermögen der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft zu dienen bestimmt, wenn sie unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung eingesetzt werden sollen.
Normenkette
EStG §§ 4, 15 Nr. 2
Tatbestand
Die W KG (im folgenden KG) wurde vom Vater des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) gegründet. Nach dem Tode des Vaters im Jahre 1940 war der Kläger zusammen mit seiner Mutter und drei Geschwistern an der ungeteilten Erbengemeinschaft beteiligt, die das Unternehmen weiterführte. Der Erblasser hatte in seinem Testament angeordnet, daß die Söhne - der Kläger und sein Bruder - persönlich haftende Gesellschafter und Geschäftsführer einer Handelsgesellschaft werden sollten, zu deren vertraglicher Gestaltung er seine Ehefrau beauftragte und bevollmächtigte. Ihr war auch die Verwaltung des Vermögens der Kinder bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres jedes Kindes übertragen. Unter den Erben kam es zu Streitigkeiten über die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages und über die Stellung der Erben im Unternehmen. Die Streitigkeiten führten zu Zivilprozessen, deren Gegenstand insbesondere auch das Geschäftsführungsrecht des Klägers war, und die noch im Jahre 1957 schwebten. Der Kläger ist nunmehr persönlich haftender Gesellschafter dieses Unternehmens.
Der Kläger erwarb im Jahre 1952 eine Beteiligung von 10 000 DM an einer GmbH, die im Jahre 1953 in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten geriet. Um diesen abzuhelfen, gewährte er der GmbH ein Darlehen in Höhe von 71 087 DM. Dennoch verlor er sowohl seine GmbH-Anteile wie sein Darlehen. Um die Abzugsfähigkeit des Betrages von 81 087 DM als Sonderbetriebsaufwand des Klägers geht der Streit.
Der Kläger trag vor, er habe begründeten Anlaß zu der Annahme gehabt, daß man ihm seine Rechte aus dem väterlichen Testament, persönlich haftender Gesellschafter und Geschäftsführer zu werden, auf längere Zeit oder überhaupt vorenthalten wollte. Seine Mutter und sein Schwager hätten ihm die Eignung zum Geschäftsführer und Komplementär abgesprochen und es ihm verwehrt, sich in einem vom Vater hinterlassenen Betrieb zu betätigen und Erfahrungen zu sammeln. Ein im Sommer 1952 von der Mutter vorgelegter Vertragsentwurf zur Gründung einer KG habe seine Befürchtungen bestätigt. Denn der Entwurf habe Bestimmungen enthalten, die für ihn diskriminierend gewesen seien. Da ihm somit eine angemessene Betätigung in dem vom Vater hinterlassenen Unternehmen versagt geblieben sei, habe er seine Eignung zum verantwortlichen Leiter eines kaufmännischen Betriebs in einem anderen Unternehmen beweisen wollen. Deshalb habe er die Beteiligung an der GmbH erworben.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG ging davon aus, daß der Verlust der GmbH-Anteile und des Darlehens nicht durch den Betrieb der KG veranlaßt gewesen seien. Der allein in der Vorstellung des Klägers bestehende Zusammenhang (Erwerb von Erfahrungen in einem fremden Unternehmen) reiche nicht aus, Betriebsvermögen der KG zu begründen. Der betriebliche Zusammenhang müsse objektiv nachgewiesen werden. Auch gewillkürtes Betriebsvermögen liege nicht vor, da der Kläger nicht erklärt habe, die Beteiligung zum gewillkürten Betriebsvermögen der KG machen zu wollen.
Mit seiner Revision rügt der Kläger unrichtige Anwendung materiellen Rechts. Er macht geltend, die verlorenen Wirtschaftsgüter seien in Anwendung der neueren Grundsätze der Rechtsprechung des BFH zwar nicht zum Betriebsvermögen der Gesellschaft, aber zu seinem Sonderbetriebsvermögen zu rechnen. Zum Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters gehörten auch solche Wirtschaftsgüter, die der eigenen Beteiligung eines Gesellschafters an der Personengesellschaft zu dienen bestimmt seien. In den Zivilprozessen sei mehrfach darauf hingewiesen worden, daß seine kaufmännischen Fähigkeiten für die Bekleidung eines führenden Postens in dem Familienunternehmen nicht ausreichten und daß er kaufmännisch versagt habe. Er habe unter diesen Umständen alles tun müssen, um die Behauptungen der Anwälte seiner Mutter zu entkräften. Das Darlehen habe er gewährt, um zu verhindern, daß die GmbH notleidend werde. Im Hinblick auf seine Interessen in der KG habe er mit allen Mitteln vermeiden müssen, daß ein handfester Anlaß gegeben werde, die bisher behaupteten Mängel in seiner Eignung als bewiesen anzusehen. Er habe daher das Darlehen nicht zur Rückzahlung fälligstellen, jedoch erreichen können, daß die GmbH unter Vermeidung des Konkurses abgewickelt werde.
Der Kläger beantragt, das Urteil des FG - und sinngemäß auch die Einspruchsentscheidung des Beklagten und Revisionsbeklagten (FA) - aufzuheben und den Aufwand von 81 087 DM als seinen Sonderbetriebsaufwand anzuerkennen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Das FA folgt der Auffassung des FG.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I.
Der Senat hatte zunächst zu prüfen, wer die Klage zum FG erhoben hat, ob eine notwendige Beiladung unterblieben ist und wer die Revision eingelegt hat.
a) Das FA erließ gegen die KG am 14. Januar 1966 einen berichtigten Bescheid über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für das Jahr 1953. Der dagegen von der KG eingelegte Einspruch wurde als solcher des Klägers angesehen und durch Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 1969 als unbegründet zurückgewiesen. Die Anfechtungsklage wurde namens der KG erhoben. Die von dieser erteilte Prozeßvollmacht ist vom Kläger unterzeichnet. Das FG richtete sein klageabweisendes Urteil allein gegen den Kläger. In dessen Namen wurde auch Revision eingelegt.
b) Da die Frage des Abzugs von Sonderbetriebsaufwand des Klägers streitig ist, ist der Kläger nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO klagebefugt. Gleichfalls klageberechtigt ist die KG (§ 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO), ungeachtet dessen, daß die übrigen Gesellschafter der KG von der Streitfrage unmittelbar nicht berührt werden (BFH-Urteile vom 15. November 1967 IV R 281/66, BFHE 90, 428, BStBl II 1968, 122; vom 14. Mai 1969 VI R 240/68, BFHE 96, 32, BStBl II 1969, 586; vom 4. Mai 1972 IV 251/64, BFHE 105, 449, BStBl II 1972, 672). Das FG hätte die KG, da in ihrem Namen ausdrücklich Klage erhoben worden ist, auch als Klägerin ansehen und das Urteil gegen die KG richten müssen. Einer Beiladung der KG nach § 60 Abs. 3 FGO bedurfte es nicht. Das Rubrum des FG und dessen Kostenentscheidung sind entsprechend abzuändern. Da die KG von demjenigen Gesellschafter vertreten war, der zugleich seine eigenen Interessen in diesem Rechtsstreit verfolgt, hat der Senat auch keine Bedenken gegen die Annahme, daß dieser Gesellschafter nicht nur für die KG, sondern zugleich im eigenen Namen Klage erheben wollte (BFH-Urteil vom 28. November 1974 I R 62/74, BFHE 114, 167, BStBl II 1975, 209). Einer Beiladung des persönlich haftenden Gesellschafters nach § 60 Abs. 3 FGO bedurfte es unter diesen Umständen gleichfalls nicht.
c) Die Revision wurde allein namens des persönlich haftenden Gesellschafters eingelegt. Er ist daher alleiniger Revisionskläger. Die KG ist im Revisionsverfahren Beteiligte (§ 122 Abs. 1 FGO).
II.
Das FG hat den Aufwand, der dem Kläger durch den Verlust der GmbH-Anteile und des Darlehens an die GmbH entstanden ist, bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der KG im Ergebnis zu Recht nicht zum Abzug zugelassen.
1. Der Verlust von Wirtschaftsgütern kann bei der einheitlichen Gewinnfeststellung einer KG gewinnmindernd berücksichtigt werden, wenn die verlorengegangenen Wirtschaftsgüter Betriebsvermögen der Gesellschaft (Gesellschaftsvermögen) gewesen sind. Zum Betriebsvermögen der KG rechneten weder die GmbH-Anteile noch das Darlehen. Sie waren Vermögensgegenstände des Klägers.
2. Der Verlust von Wirtschaftsgütern ist ferner dann als Aufwand anzuerkennen, wenn die Wirtschaftsgüter zum Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters gehört haben. Wirtschaftsgüter sind dann dem - notwendigen oder gewillkürten - Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters zuzurechnen, wenn sie entweder dem Betrieb der Personengesellschaft oder der Beteiligung des Gesellschafters einer Personengesellschaft zu dienen bestimmt sind (BFH-Urteile vom 23. Juli 1975 I R 210/73, BFHE 117, 144, BStBl II 1976, 180, und vom 15. Oktober 1975 I R 16/73, BFHE 117, 164, BStBl II 1976, 188).
Eine Widmung der Wirtschaftsgüter für den Betrieb der KG scheidet von vornherein aus. Die Wirtschaftsgüter waren insbesondere nicht der KG zur Nutzung überlassen (§ 15 Nr. 2 EStG). Es kann aber auch nicht davon ausgegangen werden, die GmbH-Anteile und das Darlehen seien der Beteiligung des Klägers an der KG zu dienen bestimmt gewesen. Die Annahme gewillkürten Betriebsvermögens entfällt, weil die verlorengegangenen Wirtschaftsgüter nicht durch einen zeitnahen Akt dem Sonderbetriebsvermögen zugeordnet worden sind. Es steht daher nur zur Erörterung, ob die Wirtschaftsgüter in der Form notwendigen Sonderbetriebsvermögens der Beteiligung des Klägers an der KG zu dienen bestimmt waren. Wirtschaftsgüter sind dies aber nur, wenn sie unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung eingesetzt werden sollen (vgl. für Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb zu dienen bestimmt sind, BFH-Urteile vom 30. April 1975 I R 111/73, BFHE 115, 500, BStBl II 1975, 582; vom 23. Juli 1975 I R 6/73, BFHE 117, 141, BStBl II 1976, 179). Hierzu können unter den genannten Voraussetzungen auch GmbH-Anteile gehören (vgl. BFH-Urteil vom 13. Mai 1976 IV R 4/75, BFHE 119, 256, BStBl II 1976, 617). Das gleiche kann für ein Darlehen gelten.
Indessen fehlt es im Streitfall am Merkmal der Unmittelbarkeit. Beide Vermögensgegenstände - die GmbH-Anteile und das Darlehen - waren in erster Linie auf das Engagement des Klägers in der GmbH angelegt. In dieser GmbH wollte er sich unternehmerisch betätigen; deren Unternehmen wollte er auch durch die Gewährung des Darlehens retten. Die Erfahrungen, die er bei diesem Engagement gesammelt hat, waren nur eine Begleiterscheinung seiner Tätigkeit für die GmbH. Sie konnten - wenn überhaupt - allenfalls mittelbar die Gestaltung der gesellschaftsrechtlichen Beziehungen in der KG beeinflussen. Eine derartige Ausstrahlung einer Betätigung in einem gegenüber der KG fremden Unternehmen reicht zur Begründung notwendigen Sonderbetriebsvermögens nicht aus.
Fundstellen
BStBl II 1977, 69 |
BFHE 1977, 208 |