Leitsatz (amtlich)
1. Die Uneinbringlichkeit der Kaufpreisforderung aus einer Betriebsveräußerung hat keine Auswirkungen auf die Höhe des bestandskräftig veranlagten Veräußerungsgewinns. Erlaß oder Erstattung der darauf entfallenden Einkommensteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen kommen nicht in Betracht.
2. Zu den Voraussetzungen einer Steuererstattung wegen persönlicher Unbilligkeit.
Normenkette
EStG § 16 Abs. 1 Nr. 1, § 24 Nr. 2; StAnpG § 4 Abs. 3 Nr. 2; AO § 131 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Die Klägerinnen und Revisionsklägerinnen (Klägerinnen) sind Erben nach dem verstorbenen Rentner S (Erblasser). Dieser veräußerte zum 1. Februar 1966 seinen Hotel- und Gaststättenbetrieb zum Preise von 260 000 DM. Der Kaufpreis setzte sich aus einer Barzahlung von 60 000 DM, der Übernahme von Grundschulden in Höhe von 110 000 DM und einer hypothekarisch gesicherten Restforderung von 90 000 DM zusammen. Auf den Restbetrag waren monatliche Raten von 600 DM für Zins und Tilgung zu leisten.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) ermittelte für das Streitjahr 1966 einen Veräußerungsgewinn von 105 732 DM und setzte die darauf entfallende Einkommensteuer auf 18 555 DM fest; insgesamt wurden der Erblasser und seine Ehefrau für 1966 zu einer Einkommensteuer von 18 645 DM veranlagt. Von diesem Betrag zahlte der Erblasser 8 535,30 DM. Da der Erwerber seiner monatlichen Ratenzahlungsverpflichtung aus dem Kaufvertrag ab November 1967 nicht mehr nachkam, wurde der Einkommensteuerrestbetrag in Höhe von 10 109,70 DM zunächst vom FA gestundet. Am 9. Juni 1968 erwarb der Erblasser das Grundstück im Wege der Zwangsversteigerung zu einem Preis von 214 913 DM zurück. Er stellte sich auf den Standpunkt, daß ihm die Veräußerung des Grundstücks in Wirklichkeit keinen Gewinn, sondern einen Verlust gebracht habe, und beantragte beim FA, die wegen des Veräußerungsgewinns festgesetzte Steuer von 18 555 DM aus Billigkeitsgründen zu erlassen. Auf Anweisung der OFD erließ daraufhin das FA die noch bestehende Einkommensteuerschuld 1966 in Höhe von 10 109,70 DM aus "wirtschaftlichen Billigkeitsgründen"; im übrigen lehnte es den Antrag ab.
Die Beschwerde blieb erfolglos. Die OFD führte u. a. aus, der Erblasser habe in seinem Erlaßantrag selbst dargelegt, daß die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Einkommensteuer richtig festgesetzt worden sei und der spätere Verlust im privaten Vermögensbereich liege. Diese Beurteilung sei zutreffend. Da die Rechtslage dem Willen des Gesetzgebers entspreche, sei sie auch nicht sachlich unbillig. Auch ein Erlaß aus persönlichen ("wirtschaftlichen") Billigkeitsgründen komme nicht in Betracht, weil die Erben derartige Gründe nicht vorgetragen hätten. Im Hinblick darauf, daß die Einkommensteuer zu Recht festgesetzt und auch bezahlt worden sei, hätten persönliche Billigkeitsgründe auch nicht berücksichtigt werden können.
Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG führte aus, der Klageantrag sei auf Erstattung der bereits gezahlten Steuer gerichtet. Er sei nur dann begründet, wenn jede andere Entscheidung des FA als die Erstattung ermessenswidrig sei. Dies müsse verneint werden. Maßgebend sei der Zeitpunkt, in dem das FA über den Erlaßantrag entschieden habe. Da die Entscheidung nach dem Tode des Erblassers (am 9. November 1970) ergangen sei, hätte ein Erlaß aus persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen die Verhältnisse der Klägerinnen berücksichtigen müssen. Diese hätten jedoch zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, daß ihre Existenz gefährdet sei, sondern lediglich, daß die Klägerinnen zu 2. und 3. als Kinder des Erblassers aus Pietätsgründen die Erbschaft, die im übrigen hoch verschuldet gewesen sei, angetreten hätten; auf diese Weise habe ihrer Mutter ein bescheidener Unterhalt gesichert werden sollen. Auch die Aufhebung des ablehnenden Bescheides des FA komme nicht in Betracht, weil dem FA kein Ermessensfehler unterlaufen sei. Insbesondere habe es berücksichtigen dürfen, daß die beantragte Erstattung im wesentlichen den Klägerinnen zu 2. und 3. zugutekommen würde.
Ein Erlaß aus sachlichen Billigkeitsgründen könne nur gewährt werden, wenn eine Entscheidung dem Rechtsprinzip der Zumutbarkeit und der Ausrichtung an der Natur der Sache nicht mehr gerecht werde. Das sei hier nicht der Fall. Bei einer Veräußerung ergebe sich die Möglichkeit, daß ein Gewinn entstehen könne, aus der Natur der Sache. Der spätere Rückerwerb sei zur Sicherung des privaten Vermögens erfolgt. Auch wirtschaftlich liege in dem Rückerwerb keine Rückgängigmachung des Kaufvertrages. Denn der Erblasser habe den Betrieb nicht fortgeführt; dieser sei vielmehr in seinem Privatvermögen geblieben.
Hiergegen richtet sich die Revision, mit der die Klägerinnen Verletzung der §§ 131 Abs. 1 Satz 1 AO, 102 FGO rügen. Sie tragen vor, das FG habe zunächst einmal auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (2. Februar 1971) abstellen müssen. Es habe sodann das Vorliegen sachlicher Billigkeitsgründe zu Unrecht verneint. Der Gesetzgeber habe zwar die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen geregelt, nicht aber die ertragsteuerliche Auswirkung im Falle eines Rückkaufs, der wirtschaftlich auf die Rückgängigmachung des Veräußerungsgeschäfts hinauslaufe. Denn tatsächlich sei der Gewerbebetrieb - nach dem Rückerwerb - fortgeführt worden; insoweit müsse es ausreichen, daß der Erblasser den - als ruhend zu betrachtenden - Gewerbebetrieb an die Klägerin zu 3. verpachtet habe. Es könne nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, Veräußerungsgewinne, die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht entstanden seien, als Besteuerungsgrundlage heranzuziehen, solange zwischen dem ursprünglichen Kaufvertrag und dem Rückkauf ein gewisser zeitlicher Zusammenhang bestehe. Dabei müsse auch der Rechtsgedanke des § 17 Abs. 2 GrEStG berücksichtigt werden. Einer solchen Vorschrift habe es im Grunderwerbsteuerrecht bedurft, weil dort die formaljuristische Betrachtung im Vordergrund stehe. Im Ertragsteuerrecht verstehe sich die wirtschaftliche Betrachtungsweise von selbst. Sie gebiete, Verkauf und Rückerwerb des Grundstücks als wirtschaftliche Einheit zu betrachten und die darauf entfallende Einkommensteuer in voller Höhe zu erlassen.
Die Entscheidung des FA sei auch ermessensfehlerhaft, soweit persönliche Billigkeitsgründe für die Erstattung verneint worden seien. Denn der Erblasser habe die gezahlten Beträge nicht aus eigenen Mitteln, sondern unter Inanspruchnahme von Krediten aufgebracht, die noch nicht hätten getilgt werden können. Die Tilgung der zur Entrichtung der Steuern aufgenommenen Kredite gefährde die Existenz und den Lebensunterhalt der Klägerinnen in gleicher Weise, wie sie durch die Zahlung des vom FA erlassenen Betrages gefährdet worden wären.
Die Klägerinnen beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und das FA zu verpflichten, die entrichtete Einkommensteuer in Höhe von 8 445,30 DM zu erstatten.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, der Beschwerdeentscheidung und des Verwaltungsakts des FA, soweit durch ihn die Steuererstattung abgelehnt wird.
Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Entscheidung über einen Antrag auf Erlaß aus Billigkeitsgründen gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 AO eine Ermessensentscheidung ist, die von dem FG gemäß § 102 FGO grundsätzlich nur auf Ermessensüberschreitung und Ermessensfehlgebrauch nachgeprüft werden kann; eine Verpflichtung zum Erlaß kann nur ausgesprochen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalles jede andere Entscheidung ermessensfehlerhaft wäre (Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603; Urteile des BFH vom 15. Februar 1973 V R 152/69, BFHE 108, 571, BStBl II 1973, 466, und vom 26. Oktober 1972 I R 125/70, BFHE 108, 146, BStBl II 1973, 271). Nach den Ausführungen des Gemeinsamen Senats in dem Beschluß GmS-OGB 3/70 unterliegt die Ermessensentscheidung allerdings einer weitgehenden richterlichen Nachprüfbarkeit. Dies beruht darauf, daß der Begriff "unbillig" in den Ermessensbereich hineinragt und der Maßstab der Billigkeit zugleich Inhalt und Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens bestimmt (BFH-Urteile V R 152/69 und I R 125/70). Daraus folgt, daß das FG anhand der ablehnenden Verfügung des FA und der hierüber ergangenen Beschwerdeentscheidung der OFD zu überprüfen hat, ob sich die Verwaltungsbehörde mit der Frage der Billigkeit (§ 2 Abs. 2 StAnpG) auseinandergesetzt hat.
I.
Sachliche Billigkeitsgründe sind im Bescheid des FA nicht erörtert worden. In der Beschwerdeentscheidung sind jedoch die Grundsätze für einen Erlaß wegen sachlicher Unbilligkeit zutreffend dargelegt; sie sind auch ermessensfehlerfrei angewandt worden.
Ein Erlaß aus sachlichen Billigkeitsgründen kann nur gewährt werden, wenn die Besteuerung eines Sachverhalts, der unter einen gesetzlichen Besteuerungstatbestand fällt, im Einzelfall mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht vereinbar ist, also den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderläuft (BFH-Urteil vom 22. April 1975 VII R 54/72, BFHE 116, 87, BStBl II 1975, 727). Umstände, die dem Besteuerungszweck entsprechen, oder die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines Tatbestandes bewußt in Kauf genommen hat, rechtfertigen einen Erlaß aus Billigkeitsgründen nicht (BFH-Urteil V R 152/69).
Im Streitfall ergibt sich die Besteuerung des nach dem vereinbarten Kaufpreis berechneten Veräußerungsgewinns aus § 16 EStG. Aufgrund der später eingetretenen Umstände kann weder eine Berichtigung des Einkommensteuerbescheides noch eine Erstattung der Steuer aus sachlichen Billigkeitsgründen erfolgen.
1. Zunächst ist der Auffassung der Klägerinnen entgegenzutreten, es könne eine Erstattung der gesamten gezahlten Steuer aus sachlichen Billigkeitsgründen in Betracht kommen, wenn unter Berücksichtigung des späteren Rückerwerbs überhaupt kein Veräußerungsgewinn eingetreten sei. Der Rückerwerb ist ein rechtlich und wirtschaftlich selbständiger Vorgang. Eine durch den Rückerwerb als solchen etwa eingetretene wirtschaftliche Verschlechterung ist für die hier streitige Besteuerung des Veräußerungsvorgangs von vornherein außer Betracht zu lassen. § 17 Abs. 2 GrEStG, auf den sich die Klägerinnen berufen, ist eine Sondervorschrift, die keinen auf den Bereich des Einkommensteuerrechts übertragbaren allgemeinen Rechtsgedanken zum Ausdruck bringt.
2. Auch der teilweise Ausfall der Restforderung in Höhe von 90 000 DM gegen den Erwerber berührt den Ansatz des Veräußerungsgewinns im Einkommensteuerbescheid 1966 nicht. Er rechtfertigt auch keine anteilige Erstattung der Einkommensteuer aus Billigkeitsgründen.
a) Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, daß der nach einer Betriebsveräußerung eintretende Ausfall der Kaufpreisforderung die einkommensteuerrechtliche Ermittlung des Veräußerungsgewinns unberührt lasse. Es kann zweifelhaft sein, ob dies auch dann gilt, wenn die Zahlungsunfähigkeit des Erwerbers in der Zeit bis zur Aufstellung der Schlußbilanz des Veräußerers eingetreten ist, die Ursache der späteren Zahlungsunfähigkeit aber bereits bei Abschluß des Veräußerungsgeschäfts vorlag. Der Senat kann diese Frage offenlassen, da der - den vereinbarten Veräußerungspreis berücksichtigende - Einkommensteuerbescheid 1966 vom 4. Juni 1968 bestandskräftig geworden ist, die Änderung eines Ansatzes in der Schlußbilanz aus dem vorerwähnten Grunde mithin nicht mehr in Betracht kommt.
Auch eine Berichtigung der Veranlagung für das Streitjahr scheidet aus. Die Voraussetzungen der Vorschrift des § 4 Abs. 3 Nr. 2 StAnpG, die als einzige Berichtigungsvorschrift in Betracht kommen könnte, sind nicht gegeben. Denn es ist kein Besteuerungsmerkmal nachträglich mit Wirkung für die Vergangenheit weggefallen. Dies könnte man nur dann annehmen, wenn der Veräußerungsvorgang selbst aufgrund ihm anhaftender Mängel später ganz oder teilweise fortgefallen wäre (Spanner in Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1. bis 6. Aufl., § 4 StAnpG, Anm. 6; Märkle, Finanz-Rundschau 1968 S. 161 [162]- FR 1968, 161 [162]-; Tipke-Kruse, Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 7. Aufl., § 4 StAnpG, Anm. 4 d). Das ist hier nicht der Fall.
b) Der IV. Senat des BFH hat im Urteil vom 23. November 1967 IV R 173/67 (BFHE 90, 378, BStBl II 1968, 93) entschieden, daß die Kaufpreisforderung aus einer Betriebsveräußerung ebenso wie der Erlös selbst unmittelbar in das Privatvermögen des Veräußerers übergeht. Der BFH hat diese Auffassung inzwischen in mehreren nichtveröffentlichten Entscheidungen bestätigt. Daraus folgt, daß ein Ausfall der Forderung den betrieblichen Bereich nicht mehr berühren und auch keinen nachträglichen Verlust aus Gewerbebetrieb (§ 24 Nr. 2 EStG) darstellen kann.
Gehört aber die Forderung zum privaten Vermögensbereich, so kann ihr Ausfall auch nicht - ganz oder teilweise - zu einem Erlaß oder einer Erstattung der für den Veräußerungsgewinn festgesetzten Einkommensteuer führen. Die Nichtberücksichtigung des im privaten Vermögensbereich eingetretenen Verlustes stellt keine im Erlaßwege zu korrigierende Unbilligkeit dar, sondern entspricht den Wertungen des Einkommensteuergesetzes. Die Besteuerung nach den Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 EStG beruht auf der Trennung von betrieblicher und privater Sphäre. Dies kann sich - je nach Lage des Falles - zum Vorteil oder zum Nachteil des Steuerpflichtigen auswirken. Die Scheidung beider Bereiche ist vom Gesetz streng durchgeführt. Eine Verlagerung privater Verluste in den betrieblichen Bereich soll in jedem Fall ausgeschlossen sein. Härten, die sich daraus ergeben, daß Verluste im privaten Vermögensbereich bei der Gewinnermittlung unberücksichtigt bleiben, hat der Gesetzgeber in Kauf genommen.
Dem entspricht es, einen im privaten Vermögensbereich eingetretenen Forderungsverlust bei der Besteuerung außer acht zu lassen, auch wenn die Forderung bei der Gewinnermittlung berücksichtigt worden ist. Ein die Annahme sachlicher Unbilligkeit rechtfertigender Ausnahmefall liegt auch dann nicht vor.
II.
Die Verneinung persönlicher Billigkeitsgründe durch die Verwaltungsbehörden ist im Streitfall nicht frei von Ermessensfehlern. Der ablehnende Bescheid des FA enthält hierzu keine Begründung und auch die Beschwerdeentscheidung läßt nicht erkennen, daß die OFD das Für und Wider einer Steuererstattung aus persönlichen Billigkeitsgründen gegeneinander abgewogen hätte. Es fehlt damit ein wesentliches Erfordernis einer fehlerfreien Ermessensentscheidung (BFH-Urteil vom 1. Dezember 1966 V 137/64, BFHE 87, 405, BStBl III 1967, 156). Die Bemerkung, die Klägerinnen hätten hierzu nichts vorgetragen, reichte zur Begründung der Ablehnung nicht aus, da das FA selbst den Erlaß hinsichtlich des noch offenen Teils der Steuerforderung ohne nähere Begründung auf persönliche Billigkeitsgründe gestützt hat. Auch die weiteren Ausführungen der OFD, die darauf hinauslaufen, daß eine richtig festgesetzte und tatsächlich bezahlte Steuer nicht erlassen werden könne, sind zu beanstanden. Träfe die Ansicht der OFD zu, so käme eine Erstattung aus persönlichen Billigkeitsgründen nie in Betracht.
Das FG hat der OFD unterstellt, sie habe für die Frage der Erlaßbedürftigkeit auf die Vermögensverhältnisse der Klägerinnen abgestellt. Es hat damit zugleich den Versuch unternommen, die Begründung der Beschwerdeentscheidung nachzuholen. Aber abgesehen davon, daß die Voraussetzungen für die Nachprüfbarkeit nicht durch das Gericht, das die Überprüfung vornehmen soll, nachgeholt werden können, hat das FG zu Unrecht auf die Vermögensverhältnisse der Klägerinnen abgestellt. Es ist zwar richtig, daß nach einem Wechsel in der Person des Steuerpflichtigen für den Erlaß die Verhältnisse des Nachfolgers maßgebend sind (Tipke-Kruse, a. a. O., § 131 AO Anm. 13). Für eine Erstattung aus persönlichen Billigkeitsgründen ist jedoch erforderlich und ausreichend, daß die Einziehung im Zeitpunkt der Zahlung der Steuer unbillig war (BFH-Urteile vom 13. September 1968 III R 20/67, BFHE 94, 75, BStBl II 1969, 29; vom 25. August 1967 III 157/64, BFHE 91, 289, BStBl II 1968, 325; vom 23. Januar 1964 IV 393/61 U, BFHE 79, 54, BStBl III 1964, 252).
III.
Danach sind die Vorentscheidung, die Beschwerdeentscheidung und die Entscheidung des FA, soweit in ihr die Steuererstattung abgelehnt worden ist, aufzuheben. Gemäß § 102 FGO ist es dem Senat verwehrt, die beantragte Ermessensentscheidung selbst zu treffen. Da die Sache nicht spruchreif ist, ist die Verpflichtung auszusprechen, daß das FA die Klägerinnen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats bescheidet (§ 101 Satz 2 FGO).
IV.
Hinsichtlich der Kosten des Verfahrens hält der Senat eine Teilung je zur Hälfte für angemessen (§ 136 Abs. 1 Satz 1 FGO). Er berücksichtigt dabei, daß die Klägerinnen mit ihrem weitergehenden Antrag, das FA zur Erstattung zu verpflichten, nicht durchgedrungen sind, die Erstattungsfrage vielmehr erneut zu prüfen ist. Andererseits kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß auch das FA mit seinem Begehren, die Ablehnung der Erstattung zu bestätigen, keinen Erfolg gehabt hat (vgl. BFH-Urteil vom 31. März 1976 I R 51/74, BFHE 118, 537, BStBl II 1976, 499).
Fundstellen
Haufe-Index 72161 |
BStBl II 1977, 127 |
BFHE 1977, 212 |