Leitsatz (amtlich)
Geht ein Steuerpflichtiger von der Gewinnermittlung durch Überschußrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) zum Vermögensvergleich über (§ 5 EStG) und wird die Gewinnkorrektur antragsgemäß auf drei Jahre verteilt, ist für die Berechnung des begünstigten nicht entnommenen Gewinns (§ 10a EStG) in allen drei Jahren von dem jeweiligen berichtigten Gewinn auszugehen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, 3, §§ 4-5, 10a; EStR 1963 Abschn. 19 Abs. 2 S. 3
Tatbestand
Streitig ist, in welcher Höhe der steuerbegünstigte nicht entnommene Gewinn (§ 10a EStG) im Jahre 1963 als Sonderausgabe abgezogen werden kann.
Die Revisionsklägerin (Ehefrau) ist Alleinerbin ihres im Laufe des Revisionsverfahrens verstorbenen Ehemannes. Dieser ermittelte als Gewinn bis zum Ablauf des Jahres 1961 den Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 3 EStG) und ging ab 1. Januar 1962 zur Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich über. Er beantragte, den sich auf Grund des Wechsels der Gewinnermittlungsart ergebenden Zurechnungsbetrag von 22 330,55 DM entsprechend Abschn. 19 Abs. 2 Satz 2 EStR gleichmäßig auf das Jahr 1962 und die beiden folgenden Jahre zu verteilen. Im Streitjahre bat er, ihm die Steuerbegünstigung des nicht entnommenen Gewinns in Höhe der Summe aus dem laufenden Gewinn von 16 053,71 DM und dem Zurechnungsteilbetrag von 7 443 DM zu gewähren. Das FA berechnete den nicht entnommenen Gewinn nur aus dem laufenden Gewinn. Die Sprungberufung blieb ohne Erfolg, und zwar auch hinsichtlich des Hilfsantrags, daß, wenn der nicht entnommene Gewinn nicht in der beantragten Höhe als Sonderausgabe abgezogen werde, der Gewinn nicht um den Hinzurechnungsteilbetrag erhöht werden dürfe.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision der Ehefrau führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Die Anwendung des § 10a EStG setzt unter anderem voraus, daß der Gewinn des Veranlagungszeitraums, für den die Steuerbegünstigung in Anspruch genommen wird, auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung (§ 4 Abs. 1 oder § 5 EStG) ermittelt wurde. Zum Zwecke der Ermittlung des maßgeblichen steuerlichen Gewinns kann es erforderlich sein, dem Bilanzgewinn außerhalb der Bilanz Beträge zuzurechnen oder von ihm abzuziehen, wenn in der Steuerbilanz keine entsprechenden Buchungen vorgenommen wurden, z. B. bei nicht abziehbaren Lebenshaltungskosten oder beim Sanierungsgewinn (Urteil des BFH IV 647/54 U vom 29. September 1955, BFH 61, 386, BStBl III 1955, 348). Eine solche Gewinnkorrektur ist beim Übergang von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zum Vermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG entgegen der Auffassung des Steuerpflichtigen auch ohne gesetzliche Regelung vorzunehmen (vgl. BFH-Urteile IV R 202/67 vom 28. Mai 1968, BFH 92, 555, BStBl II 1968, 650, und I 113/65 vom 3. Juli 1968, BFH 93, 230, BStBl II 1968, 736). Ein sich dabei ergebender Zurechnungsbetrag ist ein Teil des Gewinns nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG im Übergangsjahr. Die Zu- und Abrechnungen im Übergangsjahr beruhen nicht auf den Aufzeichnungen während der Jahre der Einnahme-Überschußrechnung, sondern auf der Buchführung des Jahres, in dem die Gewinnermittlungsart gewechselt wird (vgl. BFH-Urteile VI 340/65 vom 22. Juni 1966, BFH 86, 509, BStBl III 1966, 540, und VI 384/65 vom 20. Januar 1967, BFH 88, 49, BStBl III 1967, 287). Ist die Buchführung ordnungsmäßig, kann es keinen Unterschied machen, ob der steuerliche Bilanzgewinn um den vollen Hinzurechnungsbetrag oder um einen Hinzurechnungsteilbetrag zu erhöhen ist. § 10a EStG stellt nicht die Voraussetzung auf, daß der Gewinn in dem Jahr erwirtschaftet sein muß, in dem der nicht entnommene Gewinn geltend gemacht wird (vgl. Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 9. Auflage, §§ 4, 5 Rdnr. 1018; Lademann-Lenski-Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 3. Auflage, § 10a Anm. 7 Ziff. 1; Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 13. Auflage, § 10a EStG Anm. 23).
Dem steht auch nicht entgegen, daß Abschn. 19 Abs. 2 EStR seine Rechtsgrundlage in § 131 Abs. 1 Ietzter Satz AO hat. Nach § 131 Abs. 1 Satz 3 AO kann u. a. mit Zustimmung des Steuerpflichtigen bei den Steuern vom Einkommen zugelassen werden, daß einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit berücksichtigt werden. Die Billigkeitsmaßnahme nach Abschn. 19 Abs. 2 EStR wirkt sich deshalb nicht nur bei der Berechnung der Steuer, sondern auch dahin aus, daß der Gewinn endgültig verändert wird. Dem entspricht auch die Rechtsprechung des VI. Senats (BFH-Urteil VI 340/65 vom 22. Juni 1966, a. a. O.).
Fundstellen
Haufe-Index 69122 |
BStBl II 1970, 755 |
BFHE 1970, 531 |