Leitsatz (amtlich)
Ist bei einer Familiengesellschaft ein nicht unerheblicher Teil der Aktien zum Börsenhandel zugelassen, so werden auch die nichtnotierten Aktien mit dem Börsenkurs bewertet. Ein Abschlag wird bei den nichtbörsenfähigen Aktien nicht gemacht, wenn diese laut Vereinbarungen ebenfalls stets intern zum jeweiligen Börsenkurs verkauft werden.
Normenkette
BewG i.d.F. vor 1965 § 13 Abs. 1; BewG i.d.F. vor 1965 § 13 Abs. 2; VStR 1960 Abschn. 74, 76 ff.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die von den Klägern (Anteilseigner) begehrte Feststellung des gemeinen Wertes zum 31. Dezember 1959 gemäß § 13 Abs. 2 BewG für etwa 2/3 der Aktien der A-AG, die im Gegensatz zum anderen Drittel der Aktien zum amtlichen Handel an der Börse nicht zugelassen waren. Die Kläger als die Anteilseigner der nichtbörsenfähigen Aktien sind mit dem verstorbenen Gründer des Unternehmens verwandt oder verschwägert.
Die A-AG hatte am streitigen Stichtag ein Grundkapital von 2 900 000 DM; jedoch waren nur Aktien im Werte von 967 000 DM zum amtlichen Handel an der Börse zugelassen. Der Steuerkurswert dieser Aktien am 31. Dezember 1959 betrug 580 v. H. Von den nicht zum Börsenhandel zugelassenen Aktien im Nominalwert von 1 933 000 DM befanden sich am Stichtag 1 713 000 DM im Besitz der Beteiligten oder ihrer Rechtsvorgänger. Hinsichtlich der Verteilung wird auf das Urteil des FG verwiesen. Desgleichen ist dort anschließend auf die Beschlüsse der Hauptversammlung der A-AG und der B-AG über die verschmelzende Umwandlung der A-AG gemäß § 233 Nr. 1 AktG 1937 hingewiesen. Infolgedessen erfolgte die Beiladung der B-AG zum Verfahren.
Bis zum Jahre 1959 wurden auch die nicht zum Börsenhandel zugelassenen Aktien vom Beklagten (FA) statt im Wege einer besonderen einheitlichen und gesonderten Feststellung nach § 13 Abs. 2 BewG mit dem Steuerkurswert der zum Börsenhandel zugelassenen A-Aktien bewertet. Erstmals für den Stichtag 31. Dezember 1959 stellten die Anteilseigner den Antrag auf Feststellung des gemeinen Wertes dieser im Familienbesitz befindlichen Aktien gemäß § 13 Abs. 2 BewG abweichend vom Börsenkurs mit 307 v. H. je 100 DM Nennkapital. In den dem FA verspätet eingereichten Vermögenserklärungen hatten die Kläger die Aktien noch mit dem Steuerkurswert von 580 v. H. angesetzt. Das FA wies den Antrag wegen verspäteter Antragstellung lediglich unter Ausführungen zu § 67 Abs. 2 BewDV durch Bescheid als unbegründet zurück, ohne materiell-rechtlich die Anwendbarkeit des § 13 Abs. 2 BewG zu erörtern. Im weiteren Verfahren lehnte das FA auch materiell die beantragte niedrigere Bewertung nach § 13 BewG ab, die nach der Berechnung des FA einen gemeinen Wert von 317 v. H. für 100 DM Nennkapital ergeben würde. Der Einspruch der Kläger blieb ergebnislos.
Das FG sah die Versäumung der Antragsfrist des § 67 Abs. 2 BewDV und damit die beantragte Nachsichtgewährung als nicht entscheidend an, da nach § 66 Abs. 1 BewDV das Verfahren auch von Amts wegen eingeleitet werden könne. Dazu sei im Streitfall Anlaß gewesen, ähnlich wie bei Fortschreibungen der Einheitswerte von Amts wegen, zumal alsdann nach Auffassung des FG § 13 Abs. 2 BewG zur Anwendung gekommen wäre.
In der Revision der Kläger, in der Anschlußrevision des FA und in der Stellungnahme der Beteiligten wird dieser Punkt nicht mehr erwähnt, sondern nur die materielle Entscheidung jeweils angegriffen.
Zur Sachentscheidung hatten die Kläger auf ihr Vorbringen in dem ebenfalls rechtshängigen Verfahren wegen der Bewertung der nicht börsenfähigen Anteile auf den 31. Dezember 1962 Bezug genommen. Nach diesem Vorbringen seien die durch Familienverträge gebundenen, nicht börsenfähigen Aktien funktionell anders zu bewerten als die börsenfähigen Aktien. Mangels freiwilliger Verwertung sei ihr innerer Wert wie bei GmbH-Anteilen nach dem Stuttgarter Verfahren (Abschn. 76 ff. VStR) zu ermitteln. Die Unternehmenspolitik der AG sei bis zur Fusion mit der B-AG als Familienunternehmen der Nachfolgefamilien des Gründers geführt worden. Die A-AG habe am Stichtag unter dem beherrschenden Einfluß einer Familie gestanden. Daher seien die nichtbörsenfähigen Aktien mit dem gemeinen Wert zu bewerten ohne Heranziehung des Kurswertes der börsenfähigen Aktien, der infolge des geringen Angebotes von 1/3 des Aktienbestandes außergewöhnlich hoch getrieben worden sei. Der Höchstkurs des Jahres 1960 mit 1 450 v. H. stehe in keinem Verhältnis zum inneren Wert von 307 v. H. am 31. Dezember 1959. Es habe sich markttechnisch bei den beiden Aktienarten je um ein verschiedenes Gut gehandelt. In jedem Falle müßte am Kurswert ein Abschlag von 20 bis 25 v. H. gemacht werden. Der gleichartige Umtausch gegen B-Aktien bei der Fusion stelle einen Sonderfall dar. Die Kläger beantragten, die in ihrem Eigentum befindlichen, nicht zum Börsenhandel zugelassenen Aktien mit dem gemeinen Wert nach dem Stuttgarter Verfahren anzusetzen.
Das FA beantragte Ablehnung der Feststellung des gemeinen Wertes, da der Kurswert der börsenfähigen Aktien maßgeblich sei, hilfsweise den Kurswert als den gemeinen Wert der nichtbörsenfähigen Aktien festzustellen.
Das FG gab der Klage zum Teil statt. Es führte aus, daß die in Frage stehenden Aktien am Stichtage nicht zum Börsenhandel zugelassen gewesen und daher nach § 13 BewG mit dem gemeinen Wert anzusetzen seien. Der gemeine Wert sei jedoch nicht nach dem sogenannten Stuttgarter Verfahren (Abschn. 76 ff. VStR 1960) zu ermitteln, da hier der Börsenkurs der börsenfähigen A-Aktien einen besseren Wertmaßstab biete. Die Einschränkung der Verkaufsmöglichkeit infolge Nichtzulassung zum Börsenhandel wirke sich jedoch wertmindernd aus. Aus dem Ansteigen des Börsenkurswertes in den nächsten Monaten nach dem Stichtage um mehr als 100 v. H. sei zu folgern, daß der Kurswert am Stichtage als nicht übermäßig hoch eine hinreichende Schätzungsgrundlage darstelle. Von dem Kurswert auf den 31. Dezember 1959 sei jedoch im Hinblick auf die Differenz zum gemeinen Wert nach dem Stuttgarter Verfahren und die fehlende Börsenfähigkeit ein Abschlag von 10 v. H. zu machen. Bei der Anteilsbewertung seien auch nach der Rechtsprechung des BFH gewisse Vergröberungen in Kauf zu nehmen; der 10 %ige Abschlag entspreche dem von den Länderfinanzministern zugebilligten Abschlag bei jungen, dividendenberechtigten, aber nicht börsenfähigen Aktien. Soweit die Kläger wegen der Familienbindung überhaupt eine vergleichbare Aktiengattung verneinten, werde dieser Wertverlust durch die Beherrschung des Unternehmens aufgewogen. Die ursprüngliche Bindung aus dem Jahre 1928 sei von den Beteiligten durch neue Bindungen ergänzt worden, habe also offensichtlich dem Vorteil der Beteiligten gedient (siehe BFH-Entscheidung III 21/64 vom 11. Juli 1967, BFH 89, 479, 481, BStBl III 1967, 666).
Das FG stellte unter Aufhebung des angefochtenen Ablehnungsbescheides und der Einspruchsentscheidung den gemeinen Wert der zum Börsenhandel nicht zugelassenen Aktien der A-AG, soweit sie sich im Besitze der Beteiligten bzw. ihrer Rechtsvorgänger befunden haben, auf den 31. Dezember 1959 auf 522 DM je 100 DM Nennkapital fest.
Gegen das Urteil legten die Kläger Revision, das FA Anschlußrevision ein.
Die Kläger beantragen, ihre nicht zum Börsenhandel zugelassenen Aktien mit dem gemeinen Wert nach Abschn. 77 ff. VStR zu bewerten und die Anschlußrevision des FA zurückzuweisen. Zur Begründung führen sie aus: Streitig sei, wie der gemeine Wert der oben genannten Aktien festzustellen sei, die das FA einfach mit dem Steuerkurswert der zum Börsenhandel zugelassenen A-Aktien, das FG zwar mit dem gemeinen Wert, aber abgeleitet vom Steuerkurswert angesetzt habe. Auch wenn das FA aus besonderen Gründen dem Stuttgarter Verfahren nicht folge, sei der Wert nach den Grundsätzen des § 13 Abs. 2 Satz 2 BewG aus Gesamtvermögen und Ertragsaussichten herzuleiten. Keinesfalls dürfe auf den Kurswert der börsenzugelassenen Aktien zurückgegriffen werden, die "funktionell und markttechnisch ein aliud" darstellten. Der Kurswert sei kein abgeleiteter Wert im Sinne des § 13 Abs. 2 Satz 2 BewG. Die ansteigende Börsenentwicklung bis 15. Mai und 30. Juni 1960 sei von kapitalmarkttechnischen und konjunkturabhängigen Faktoren beeinflußt worden und liege zudem nach dem Bewertungsstichtag. Die nichtzugelassenen Aktien stellten weder formell noch materiell Wertpapiere, die im Inland einen Kurswert hätten, dar. Damit sei zugleich die Anschlußrevision widerlegt. Die Grundsätze des Urteils des RFH III 201/39 vom 19. September 1940 (RStBl 1941, 103) über die Bewertung der nichtbörsenfähigen Aktien mit dem Kurswert der börsenfähigen Aktien derselben AG sei hier nicht anzuwenden. Die Bedingungen bei der Fusion im Jahre 1963 seien für die steuerliche Bewertung auf den früheren, hier maßgeblichen Stichtag ohne Bedeutung.
Das FA beantragt, unter Zurückweisung der Revision den Steuerkurswert auf den 31. Dezember 1959 mit 580 DM je 100 DM Nennkapital nach § 13 Abs. 1 BewG als maßgeblichen Wert anzusetzen, hilfsweise nach § 13 Abs. 2 BewG den gemeinen Wert der nicht börsenfähigen Aktien in Übereinstimmung mit dem Steuerkurswert von 580 v. H. je 100 DM Nennkapital festzustellen. Es führt aus, das FG habe trotz zutreffender Ablehnung der Abschn. 77 ff. VStR die Folgerung des Ansatzes des Steuerkurswertes nicht gezogen. Der gewährte Abschlag verstoße gegen den klaren Inhalt der Akten, wie er sich aus dem dem FG vorliegenden Verwaltungsvertrag vom 19. März 1928 und dem Nachtragsvertrag vom 10. Juli 1962 und einer Vereinbarung mit einer Anteilseignerin vom Juni 1961 über die Verkaufsmöglichkeit der nichtbörsenfähigen Aktien an Mitkontrahenten des Vertrages zum jeweiligen Börsenkurswert ergebe. In dem notariellen Vertrage von 1928 sei bestimmt, daß die Erben eines kinderlos gebliebenen Beteiligten verpflichtet seien, die Aktien nur zum Börsenkurs an die übrigen Beteiligten zu überlassen.
Gegenstand des Rechtsstreites sei in erster Linie nicht die anzuwendende Bewertungsmethode für den gemeinen Wert nach § 13 Abs. 2 BewG, sondern die Frage, ob die familiengebundenen Aktien mit dem Steuerkurswert nach § 13 Abs. 1 BewG anzusetzen seien. Im Streitfall liege ein Steuerkurswert vor; 33,35 v. H. aller Aktien würden an der Börse gehandelt, so daß nach der Rechtsprechung (RFH-Entscheidung III 201/39 vom 19. September 1940, a. a. O., und BFH-Entscheidung III 21/64 vom 11. Juli 1967, a. a. O.) auch für die nichtbörsenfähigen Aktien eine ander Bewertung als nach dem Börsenkurs nicht gerechtfertigt sei. Zudem bestände zwischen den familiengebundenen Aktien und den börsenfähigen Aktien bezüglich Stimmrecht, Gewinnbezugsrechte usw. kein Unterschied, sie seien funktionsgleich. Etwaige private Verfügungsbeschränkungen seien nach § 10 Abs. 3 BewG unbeachtlich. Das FG habe auch die Stellung und Bedeutung des § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Börsenzulassung umgestellter Wertpapiere (BZuWG) vom 27. Dezember 1951 (BGBl I 1951, 1004) verkannt. Nach Wortfassung und Sinnzusammenhang des § 1 Abs. 3 BZuWG erstrecke sich dessen Anwendungsbereich sowohl auf die Neuzulassung gemäß § 1 Abs. 1 als auch auf die erleichterte Form der prospektähnlichen Bekanntmachung des § 2 des Gesetzes. Deswegen halte das FA nach wie vor die Auskunft der zuständigen Börse vom 25. Februar 1970 für zutreffend, nach der gemäß §§ 1, 3 BZuWG das gesamte Grundkapital von 2 920 000 DM zum Handel und zur amtlichen Notierung an der Börse zugelassen war, jedoch lediglich 980 000 DM eingeführt und lieferbar waren. Die Berichtigung der Auskunft der Börse vom 11. Juni 1970, nach der vor und nach RM/DM-Umstellung an der Börse lediglich 980 000 DM zugelassen gewesen seien, beruhe auf einem Irrtum des Anwendungsbereichs des § 1 Abs. 3 BZuWG.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
1. Die Revision der Kläger ist unbegründet.
2. Die Anschlußrevision des FA ist begründet.
1a. Die in der Vorinstanz umstrittene Versäumung der Antragsfrist des § 67 Abs. 2 BewDV hat das FG unter Heranziehung des § 66 BewDV als der Einleitung eines Verfahrens von Amts wegen auf einheitliche und gesonderte Feststellung des gemeinen Werts von Anteilen und des § 225a AO über die Fortschreibung des Einheitswerts von Amts wegen unter dem Gesichtspunkt einer berectiigten Anregung zur Anteilsbewertung von Amts wegen verneint. Der Standpunkt des FG erscheint zutreffend. Das FA ist auf diesen Punkt in seiner Anschlußrevision nicht mehr eingegangen. Der Senat sieht daher keine Veranlassung, diese Frage erneut einer Prüfung zu unterziehen.
b. Nach § 13 Abs. 1 BewG sind Wertpapiere, die an einer deutschen Börse am Stichtage, hier 31. Dezember 1959, zum amtlichen Handel zugelassen sind, mit dem Steuerkurswert, Aktien, die nicht unter Abs. 1 fallen, mit dem gemeinen Wert anzusetzen (§ 13 Abs. 2 BewG). Die Feststellung des FG unter Heranziehung der Veröffentlichung des Vorstandes der A-AG über die Kapitalerhöhung vom Juli 1962 mit Unterscheidung zwischen dem zum Börsenhandel zugelassenen Aktienkapital von 967 000 DM und dem nicht zugelassenen Kapital von 1 933 000 DM ist trotz der an sich nicht notwendigen Erörterungen zum BZuWG eine tatsächliche Feststellung im Sinne des § 118 FGO darüber, daß in der hier streitigen Größenordnung am Stichtag zwischen börsenfähigen und nicht zur Börse zugelassenen Aktien der A-AG zu unterscheiden war. Mit Erwägungen über die Richtigkeit der Zulassungsentscheidung der zuständigen Börse kann die allein maßgebliche Tatsache nicht in Frage gestellt werden, inwieweit die A-Aktien zur Börse zugelassen wurden oder nicht. Infolgedessen kommt es auf die Erwägungen über die Richtigkeit dieser Entscheidung der Börse seitens des FG und des FA nicht entscheidend an, da die zuständige Börse unter ausdrücklicher Berichtigung einer früheren Auskunft erklärt, daß vor und nach der RM/DM-Umstellung lediglich ein Teil von 980 000 DM zum Börsenhandel und zur amtlichen Notierung zugelassen und an der Börse lieferbar gewesen seien. An diese Tatbestandsfeststellung der Organe der Börse sind die Beteiligten gebunden. Die rechtlichen Erwägungen, aus denen seinerzeit die Börse im Rahmen ihrer Zuständigkeit die A-Aktien nur zum Teil zum Börsenhandel zuließ, unterliegen nicht der Prüfung und Aufhebung durch die Finanzverwaltung. Infolge Fehlens der Zulassung am Stichtage an einer deutschen Börse zum amtlichen Handel ist für die im Streitfall zu bewertenden Aktien die nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BewG notwendige Voraussetzung für den Ansatz des amtlich notierten Kurses nicht gegeben. Die Bewertung dieser Aktien hat somit nach § 13 Abs. 2 BewG mit dem gemeinen Wert zu erfolgen.
Aktienanteile an einer AG, die nicht unter § 13 Abs. 1 BewG fallen, sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Dieser Ermittlung dient beim Fehlen von Verkaufspreisen in erster Linie das in Abschn. 76 ff. VStR wiedergegebene sogenannte Stuttgarter Verfahren, das die Kläger anstreben. Ihnen ist zuzugeben, daß dieses Verfahren in ständiger Rechtsprechung als ein geeignetes Verfahren bezeichnet wurde. Andererseits hat aber der BFH hervorgehoben, daß dieses Verfahren die Gerichte nicht bindet, sondern im wesentlichen der Vereinfachung und notwendigen Typisierung dient. Infolge dieses freien Standpunktes der Rechtsprechung besteht auch keine Selbstbindung der Finanzverwaltung an die Richtlinien, wenn sich im Einzelfall eine ebenfalls einfache, dabei aber genauere Bewertung der Anteile anbietet. Diese Voraussetzung erfüllen bei Aktien die in § 13 BewG an erster Stelle genannten steuerlichen Kurswerte. Es ist zwar richtig, daß zur Bewertung nicht notierter Anteile ein Vergleich mit Börsenkursen der Aktien anderer gleichartiger Unternehmen keine geeignete Bewertungsgrundlage bietet (RFH-Entscheidung III 363/37 vom 17. Februar 1938, RStBl 1938, 423; BFH-Entscheidung III 396/58 S vom 19. Dezember 1960, BFH 72, 241, BStBl III 1961, 92). Dieser einen Vergleich mit Börsenkursen gleichartiger Unternehmen ablehnende Standpunkt bewirkt unter Ausschaltung des jedem Börsenkurs innewohnenden Spekulationsmomentes vor allem, daß der Anteil einer einzelnen Gesellschaft nach deren speziellen Wirtschaftslage am Stichtag, nicht aber nach der etwa durchschnittlichen Wirtschaftslage der Branche zu bewerten ist. Diese Erwägungen entfallen, wenn der Börsenkurs der eigenen Aktien zur Schätzung des gemeinen Werts der nichtbörsenfähigen Aktien derselben Gesellschaft herangezogen wird. Bereits der RFH hat in dem Urteil III 201/39 vom 19. September 1940 (a. a. O.) dahin entschieden, daß bei Familiengesellschaften, bei denen ein nicht unerheblicher Teil der Anteile zum Börsenhandel zugelassen oder sonst in fremden Händen ist, der innere Wert der Anteile nicht mehr maßgeblich ist, wenn die Aktien ganz oder teilweise an der Börse eingeführt sind. Da dann für die börsenfähigen Aktien kraft Gesetzes der Kurswert maßgebend und für den sogenannten inneren höheren oder niedrigeren Wert kein Raum sei, müsse auch für den nichtbörsenfähigen Teil der Aktien der innere Wert außer Betracht bleiben. Der erkennende Senat stimmt der Schlußfolgerung des RFH zu, daß es widerspruchsvoll und wirtschaftlich nicht gerechtfertigt wäre, gegenüber dem Bestand der an der Börse zugelassenen Aktien des Familienunternehmens die nichtbörsenfähigen Aktien anders zu bewerten nach dem inneren Wert. Die Heranziehung des Börsenkurses der eigenen notierten Aktien läßt sich auch aus dem für die Bewertung nichtnotierter Anteile geltenden Grundsatz herleiten, daß in erster Linie der Verkaufspreis maßgeblich ist, indem man den Börsenkurs mittelbar auch als pauschalen Verkaufspreis der nichtnotierten Aktien ansieht.
Bei der Heranziehung der Börsenkurse desselben Unternehmens handelt es sich nach § 13 Abs. 2 Satz 2 BewG um eine Schätzung, die nach den hier vorangegangenen Ausführungen an Hand der Börsenkurse der eigenen notierten Aktien zu einem wirklichkeitsnäheren gemeinen Wert führt und des weiteren, daß die Schätzungsmethode der Verwaltungsvorschriften über die Bewertung nichtnotierter Anteile nach ständiger Rechtsprechung die Gerichte nicht bindet (siehe BFH-Entscheidung III 396/58 S vom 19. Dezember 1960, a. a. O.).
Für die Richtigkeit der Erwägungen, den gemeinen Wert der nichtnotierten Aktien in Anlehnung an den Kurswert der börsenfähigen Aktien derselben AG festzustellen, spricht des weiteren im vorliegenden Fall, daß nach den Vertragsbestimmungen von 1928 und bei sonstigen Vereinbarungen der Anteilseigner über gegenseitige Veräußerungen der nichtbörsenfähigen Aktien der Börsenkurs der börsenfähigen Aktien der Grundpreis ist. Des weiteren besteht nach den unwidersprochenen Darlegungen des FA zwischen den sogenannten familiengebundenen Aktien und den übrigen Aktien der A-AG zum Stichtag bezüglich der Stimmrechte und Gewinnbezugsrechte kein Unterschied. Die Richtigkeit dieser Betrachtung ergibt sich auch aus der späteren Fusion mit der B-AG, bei der alle Aktien der A-AG gleichwertig umgetauscht wurden, ohne daß in der Zwischenzeit eine Statusänderung der nichtbörsenfähigen Aktien eingetreten wäre.
Somit ist das Revisionsbegehren der Kläger auf Bewertung ihrer nicht zum Börsenhandel zugelassenen Aktien nach den Abschn. 77 ff. VStR unter Nichtbeachtung des Kurswertes der eigenen börsenfähigen Aktien abzulehnen.
2. Die Anschlußrevision des FA ist nach den Ausführungen zu 1b insoweit in ihrer Begründung unzutreffend, als das FA in erster Linie die unmittelbare Anwendung des § 13 Abs. 1 BewG auf die nichtbörsenfähigen Aktien begehrt. Es erfolgt vielmehr Feststellung des gemeinen Wertes dieser Anteile nach § 13 Abs. 2 BewG in Anlehnung an den Steuerkurswert der börsenfähigen Aktien. Aus diesem Grunde gehen die Ausführungen des FA ins Leere, bei Bewertung der Aktien nach dem Kurswert gemäß § 13 Abs. 1 BewG sei dem Grunde nach kein Abschlag wegen Verfügungsbeschränkung oder Wertminderung irgendwelcher Art zulässig. Trotzdem ist das Revisionsbegehren des FA, keinen Abschlag zu gewähren, berechtigt. Die Kläger haben den seinerzeit hilfsweise geforderten Abschlag von 20 bis 25 v. H. des Börsenkurses weder damals noch später im einzelnen begründet. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist ein Abschlag nicht gerechtfertigt, da die nichtnotierten Aktien nach den tatsächlichen Feststellungen und nach den verschiedenen, zu den Akten eingereichten Unterlagen zum vollen Kurswert verkauft wurden, wenn auch nur innerhalb eines beschränkten Käuferkreises. Es ist daher für einen Pauschalabschlag von 10 v. H. kein Raum. Aus der Herabsetzung der Steuerkurswerte für junge Aktien gemäß dem früheren § 62 Abs. 1 Nr. 3 BewDV läßt sich ein Abschlag nicht herleiten, da es sich hier um keine sogenannten jungen Aktien handelt. Das gleiche gilt von dem im FG-Urteil herangezogenen Ergebnis der Länder-Referentenbesprechung vom Oktober 1963 (vgl. DB 1963, 1551); dazu kommt, daß dort ein Abschlag von höchstens 15 Punkten in Frage kam, während im Streitfall der vom FG gewährte Abschlag eine bedeutend höhere Punktzahl gewähren würde.
Fundstellen
Haufe-Index 70231 |
BStBl II 1973, 46 |
BFHE 1973, 303 |