Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Die in der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung auf Grund preisrechtlicher Vorschriften gewährten Beitragsermäßigungen, die mit Folgeprämien verrechnet werden, können nicht als Gewinnanteile im Sinne des § 3 Abs. 2 VersStG angesehen werden.
Normenkette
VersStG § 3 Abs. 2
Tatbestand
Es ist streitig, ob Beitragsermäßigungen (Prämienrückvergütungen) in der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung auf Grund preisrechtlicher Vorschriften (Verordnung PR Nr. 13/54 über Beitragsermäßigungen in der Kraftfahrthaftpflicht- und Fahrzeugvollversicherung bei schadensfreiem Verlauf der Verträge vom 22. Dezember 1954, Bundesanzeiger (BA) Nr. 249 vom 28. Dezember 1954 (im folgenden: VOPR), die mit Folgeprämien verrechnet worden sind, als Gewinnanteile im Sinne des § 3 Abs. 2 des Versicherungsteuergesetzes (VersStG) 1937 anzusehen sind und dementsprechend das Versicherungsentgelt mindern.
I. - Der Bf. betreibt u. a. die Kraftfahrthaftpflicht- und -kaskoversicherung. Auf Grund der preisrechtlichen Vorschriften der VOPR gewährte er bei schadensfreiem Verlauf der Versicherung für das zurückliegende Kalenderjahr eine feste Beitragsermäßigung von 10 bis 20 v. H. des bei Ablauf des letzten Kalenderjahres maßgebenden Jahresbeitrags ohne Rücksicht darauf, ob ein sogenannter technischer überschuß vorlag, und eine weitere Beitragsermäßigung aus dem technischen überschuß, wenn letzterer eine gewisse Höhe überstieg (§§ 1 bis 7 VOPR). Die Ermäßigungsbeträge wurden ausgezahlt oder mit dem laufenden Beitrag verrechnet (ß 9 Abs. 6 VOPR)
Eine Versicherungsteuerprüfung ergab, daß der Bf. in den Fällen, in denen er die Ermäßigungsbeträge gemäß §§ 2 und 3 VOPR mit den Folgeprämien verrechnet hatte, die Versicherungsteuer unter Berufung auf § 3 Abs. 2 VersStG nur nach dem Unterschiedsbetrag entrichtet hatte.
Das Finanzamt hielt § 3 Abs. 2 VersStG nicht für anwendbar und forderte die Versicherungsteuer für die im Jahre 1955 nicht versteuerten Kürzungsbeträge nach.
Mit Einspruch und Berufung machte der Bf. unter Berufung auf das Urteil des Reichsfinanzhofs II 92/41 vom 28. August 1941, RStBl 1941 S. 702, Slg. Bd. 51 S. 1, erfolglos geltend, die erstmals in § 38 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) gesetzlich geregelte Gewinnbeteiligung werde den Versicherungsnehmern größtenteils in Form einer Beitragsrückerstattung wieder zugeführt. Auch die gesetzliche Beitragsrückvergütung in der Kraftfahrtversicherung nach der VOPR beruhe auf diesen Erwägungen. Nach den wirtschaftlichen Zusammenhängen seien Gewinnanteile im Sinne des § 3 Abs. 2 VersStG nicht benötigte bzw. zurückfließende Beitragsteile. Die Gewährung von Gewinnanteilen an die Versicherungsnehmer werde jetzt allgemein Beitragsrückerstattung, -rückgewähr oder -rückvergütung genannt. Gewinnanteile im Sinne des § 3 Abs. 2 VersStG seien also immer Beitragsteile des Vorjahres (der Vorjahre). Da der Versicherer während des abgelaufenen Jahres das volle Wagnis getragen habe, könne § 3 Abs. 2 VersStG nur die Verrechnung "verdienter" Prämien betreffen.
Das Finanzgericht vertrat demgegenüber die Auffassung, daß Gewinnanteil im Sinne des § 3 Abs. 2 VersStG der Anteil des Versicherungsnehmers an dem nach den Vorschriften des Handelsrechts und etwaigen Sonderbestimmungen für das Versicherungsgewerbe errechneten Bilanzgewinn sei, mit dem sich die Beitragsermäßigung im Sinne der VOPR als einer Verbindlichkeit nicht decke.
Mit der Rb. rügt der Bf. unrichtige Anwendung des § 3 VersStG. Er macht im wesentlichen ergänzend geltend, in dem nicht veröffentlichten Urteil II 148/55 vom 21. Dezember 1955 habe der Senat die Prämienrückvergütung dem Gewinnanteil gleichgestellt. Auch die satzungsmäßig oder vertraglich zugesicherten Gewinnanteile (Beitragsrückerstattungen) erschienen in der Bilanz als Verbindlichkeiten (Rückstellung für Beitragsrückerstattungen) und in der Gewinn- und Verlustrechnung als Aufwendungen (Prämienrückerstattungen). Gegebenenfalls sei zu prüfen, ob nicht schon nach § 3 Abs. 1 VersStG nur das nach Abzug der Beitragsrückvergütung geleistete Entgelt als "Barprämie" zu versteuern sei.
Auch in der mündlichen Verhandlung vertrat der Bf. die Auffassung, daß wegen Fehlens einer eigenen Begriffsbestimmung des Gewinnanteils in Anwendung entsprechender ertragsteuerrechtlicher Grundsätze über Abgrenzung und Behandlung des Gewinns und seiner Verwendung der Anspruch auf Beitragsermäßigung nach der VOPR dem Anspruch auf Gewinnanteil gleichzustellen sei.
Der Vertreter des Finanzamts wies demgegenüber darauf hin, daß die streitigen Beitragsermäßigungen als Betriebsausgaben nicht Gewinn sein könnten.
Entscheidungsgründe
II. -
Auch die Rb. kann keinen Erfolg haben. Die Verrechnung der Beitragsermäßigung nach §§ 2, 3 VOPR kann der Verrechnung eines Gewinnanteils im Sinne des § 3 Abs. 2 VersStG mit der Folgeprämie nicht gleichgestellt werden.
§ 3 Abs. 2 VersStG 1937 entspricht - soweit für den Streitfall wesentlich - dem § 5 Abs. 2 VersStG 1922. Danach war bei Verrechnung eines Gewinnanteils auf die vereinbarte Prämie nur der erhobene Unterschiedsbetrag (Barprämie) das Versicherungsentgelt. Diese Vorschrift sollte klarstellen, daß eine gegen die Tarifprämie ermäßigte Barprämie nur vorlag, wenn ein Gewinnanteil tatsächlich zur Ermäßigung der Prämienzahlung verwendet wurde (Begründung zu § 5 Abs. 2 Satz 2 VersStG 1922, Reichstagsdrucksache 1921 Nr. 2868, abgedruckt bei Gambke-Heiliger, Kommentar zum Versicherungsteuergesetz, 3. Auflage, 1938, S. 245, 252). Der Begriff der Barprämie wiederum geht zurück auf das Reichsstempelgesetz 1913; dort diente er als Legaldefinition für "gezahltes Entgelt" als Besteuerungsgrundlage u. a. nach Tarifnummer 12 C und D. Die Bezeichnung "Barprämie" sollte ausdrücken, daß, soweit den Versicherungsnehmern Dividenden zuflossen und zur Ermäßigung der Prämienzahlung verwendet wurden, die um diesen (Dividenden-) Betrag geminderte Tarifprämie Besteuerungsgrundlage war (Begründung zum Entwurf des Gesetzes zur änderung des Reichsstempelgesetzes, Reichstagsdrucksache 1912/1913 Nr. 873 S. 30). Dementsprechend verwendet bereits Greiff, Kommentar zum Reichsstempelgesetz, 2. Auflage, 1914, Anm. 75 zu Tarifnummer 12 S. 786, den Ausdruck Dividende gleichbedeutend mit Gewinnanteil (ebenso der Verfasser der o. a. Vorschriften zum Reichsstempelgesetz, Cuno, in Wirtschaft und Recht der Versicherung 1914 S. 138).
Dieser Begriffsbestimmung, die bereits auf die Kennzeichnung des Gewinnanteils gemäß § 3 Abs. 2 VersStG als des Anteils am "wirklichen" Geschäftsüberschuß im Sinne eines Bilanzüberschusses (Bilanzgewinns) deutet (vgl. insoweit auch Tosberg in Neumanns Zeitschrift für Versicherungswesen 1937 S. 795; Mählmann im Handwörterbuch des Versicherungswesens, Stichwort Prämienrückgewähr, Prämienrückerstattung, Sp. 1627), entspricht es, daß auch im Versicherungsrecht unterschieden wird zwischen der Verteilung eines echten (Bilanz-)überschusses (ß 38 VAG) und der Verteilung von rein technischen Prämienüberschüssen (unter verschiedenen Bezeichnungen, z. B. Beitragsrückgewähr, -rückvergütung; vgl. insoweit auch Mählmann a. a. O.). Es mag wirtschaftlich betrachtet zutreffen, daß in dem Bilanzüberschuß im Sinne des § 38 VAG (auch) noch unverbrauchte Prämienbeträge enthalten sind und daß deshalb ein Anspruch auf diesen überschußanteil als ein Recht auf teilweise Rückgewähr vorsorglich überhöht erhobener, tatsächlich aber nicht benötigter Prämien angesehen werden kann, wie dies u. a. im Geschäftsbericht des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung für das Jahr 1935 (Veröffentlichungen 1936 Nr. 1 S. 127) zum Ausdruck kommt, allerdings lediglich im Zusammenhang mit der Erörterung der Frage der ertragsteuerrechtlichen Behandlung der Gewinnrücklagen für Beitragsrückerstattungen, ohne daß dort der Begriff des Gewinns im übrigen erläutert ist. Auch Kassner (Versicherungsrecht 1954 S. 573, 574 rechte Spalte), auf den sich der Bf. beruft, weist bei Erörterung eines anderen Problems (Verwendung angesammelter Gewinnguthaben zur Abdeckung von Prämien) lediglich auf diese wirtschaftlichen Zusammenhänge hin und setzt das Vorliegen von Gewinnanteilen voraus, ohne aber den Begriff des Gewinnanteils selbst rechtlich zu fixieren.
Nach der im Versicherungsteuerrecht vorherrschenden bürgerlich-rechtlichen Betrachtungsweise (vgl. insoweit Urteil des Senats II 64/58 U vom 11. Oktober 1961, BStBl 1961 III S. 559, 560 linke Spalte unten, Slg. Bd. 73 S. 807, 810) kann aber nicht unbeachtet bleiben, daß nach herrschender Meinung im Versicherungsrecht der Anspruch auf einen Anteil am Bilanzüberschuß (Gewinnanteil) im Sinne des § 38 VAG ein aus der Vereinsmitgliedschaft als solcher fließendes, vom Verlauf des einzelnen Versicherungsverhältnisses dem Grundsatz nach unabhängiges Recht des Vereinsmitglieds ist, das sich nach Entstehung, aber auch nach Personenkreis und Bemessungsgrundlage von dem einzelvertraglichen, vom Verlauf des einzelnen Versicherungsverhältnisses abhängenden Anspruchs des Versicherungsnehmers auf Prämienrückvergütungen unterscheidet (im einzelnen vgl. Prölss, Kommentar zum Versicherungsaufsichtsgesetz, 4. Auflage 1963, § 38 Anm. 1; Kisch, Das Recht des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, S. 211 ff., 218; Haasen, Das Recht auf den überschuß bei den privaten Versicherungsgesellschaften, S. 21 f., 36, 38 oben). Für diese grundsätzliche Unterscheidung ist es unerheblich, daß das jedem Vereinsmitglied zustehende Mitgliedschaftsrecht auf Gewinnanteilsausschüttung satzungsgemäß an weitere Voraussetzungen geknüpft werden kann, z. B. an längere Mitgliedschaft oder auch an schadensfreien Verlauf der Versicherung (Prölss, a. a. O., Anm. 4; Haasen, a. a. O., S. 41). Wesentlich ist, daß sich die Verpflichtung zur Ausschüttung des Gewinnanteils lediglich auf den allein verteilungsfähigen Nettoüberschuß, also darauf bezieht, den Gesamtbilanzüberschuß aus der Rechnungslegung zu verteilen, der zum Teil durchaus von anderen Faktoren, z. B. Zins-, Miet- und anderen Einnahmen oder Aufwendungen, abhängt als von der Höhe der Vorprämie (Kisch, a. a. O., S. 212, 218), während sich das Ergebnis des technischen überschusses als Grundlage für die Rückgewähr des nicht verbrauchten Prämienrestes (Haasen, a. a. O., S. 22) jedenfalls bei der Beitragsermäßigung nach der VOPR aus einer reinen Einnahme- / Ausgaberechnung des Versicherungsgeschäfts selbst zusammensetzt. Bei aller Anerkennung, daß ein enger natürlicher Zusammenhang zwischen Prämie und überschuß im Sinn des § 38 VAG insofern besteht, als die überschüsse sich auch aus nicht verbrauchten Prämienresten zusammensetzen, weisen in übereinstimmung mit Haasen, a. a. O., S. 34, 38, und zur VOPR Wolff-Cuntz, "Prämienvergütung in der Kraftfahrthaftpflicht- und Fahrzeugvollversicherung", Karlsruhe 1952, § 2 A Allgemeines, auch Bruck-Möller, Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, 8. Auflage 1961 § 3 Tz. 40 a, ausdrücklich darauf hin, daß es sich bei § 38 VAG rechtlich nicht um die teilweise Rückgewähr vorausgezahlter Beiträge handelt, sondern daß ein "Bilanzgewinn eines Jahresabschlusses nur unter dem Bilanzstrich verteilt werden kann".
Diese Zusammenhänge werden gerade hinsichtlich der streitigen "Beitragsermäßigungen" nach der VOPR besonders augenfällig. Vorweg sei bemerkt, daß die noch in § 2 der ersten Fassung der VOPR Nr. 51/50 vom 9. August 1950, BA Nr. 160 vom 22. August 1950, gewählte Fassung, wonach die Versicherer verpflichtet waren, die Versicherungsnehmer bei schadensfreiem Verlauf der Verträge im Falle eines Gewinns an diesem teilnehmen zu lassen, bereits durch die Neufassung gemäß VOPR Nr. 7/52 vom 25. Januar 1952, BA Nr. 22 vom 1. Februar 1952, beseitigt worden ist. Der von dieser Zeit ab gebrauchte Begriff "Beitragsermäßigung" läßt nach Wolff-Cuntz, a. a. O., § 1 Anm. 1, erkennen, daß die Vorschriften der VOPR sich ausschließlich auf die Prämienfestsetzung beschränken. Auch nach Ossewski, Zeitschrift für Versicherungswesen 1953 S. 429, 430, rechte Spalte, wurde diese Fassungsänderung bewußt gewählt, um von vornherein jeden Anschein zu vermeiden, daß der technische überschuß im Sinne der VOPR mit dem Bilanzgewinn des § 38 VAG identisch sei. Die feste Beitragsermäßigung nach § 2 VOPR von 10 bis 10 v. H. des letztmaßgebenden Jahresbeitrags ist davon, ob ein technischer überschuß vorliegt, völlig unabhängig. Auch die Beitragsermäßigung aus technischem überschuß nach § 3 VOPR ist unabhängig vom Geschäftsergebnis des Versicherers gemäß § 4 VOPR nach einer besonderen technischen Einnahme- / Ausgaberechnung zu ermitteln, die von der handels- und steuerrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung abweicht. Deshalb müssen Beiträge unter Umständen selbst dann "zurückvergütet" (zu diesem Ausdruck vgl. z. B. § 6 Abs. 1, § 7, § 8 Abs. 1, § 12 Abs. 2 VOPR) werden, wenn das Unternehmen mit einem echten Verlust abschließt (Brügelmann bei Prölss-Thüsen, Die versicherungstechnischen Rückstellungen im Steuerrecht, 2. Auflage, 1954 S. 123, und Ergänzungsband 1957 S. 37). Dagegen kann bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit die Gewährung eines (vom Schadensverlauf unabhängigen) Anteils am Jahresüberschuß gemäß § 38 VAG zwar neben der Beitragsermäßigung nach der VOPR und völlig unabhängig hiervon einherlaufen, aber erst nach der Durchführung dieser Beitragsermäßigung bei schadensfreiem Verlauf gewährt werden (Wolff-Cuntz, a. a. O., § 1 Anm. 5; Brügelmann, a. a. O., 2. Auflage, S. 120; vgl. auch Bruck-Möller, a. a. O., § 3 Tz. 42).
Schon hieraus ergibt sich, daß die Beitragsermäßigung nach der VOPR auch bei Verrechnung mit der Folgeprämie der Verrechnung eines Gewinnanteils im Sinne des § 3 Abs. 2 VersStG nicht gleichgestellt werden kann.
Dieses Ergebnis rechtfertigt sich auch aus der allgemeinen Systematik des Versicherungsteuerrechts und aus dem mit der Vorschrift des § 3 Abs. 2 VersStG verfolgten Zweck. Gestattet es die allgemein günstige Geschäftslage des Versicherers, daß er dem Versicherungsnehmer - zunächst auch ohne allgemeine Senkung des Beitragstarifs - mit oder ohne Rechtsanspruch einen Anteil am Unternehmensgewinn zufließen läßt (und zwar im grundsätzlichen auch ohne Rücksicht auf den Verlauf des einzelnen Versicherungsverhältnisses), und wird ein solcher Gewinnanteil durch Verrechnung zur Ermäßigung der Folgeprämie und dadurch zur weiteren Durchführung des Versicherungsverhältnisses verwendet, so wird der künftige Versicherungsschutz gegen die niedrigere Barprämie gewährt. Es handelt sich der Sache nach um die Ermäßigung der Prämie für das neue Versicherungsjahr. Deshalb kommt dieser Prämienvorteil (einschließlich des damit verbundenen Steuervorteils des § 3 Abs. 2 VersStG) nur dem Mitglied zugute, das die Versicherung im neuen Jahr fortsetzt. In diesem Sinn ist auch das Urteil des Reichsfinanzhofs II 92/41 vom 28. August 1941, a. a. O., zu verstehen. Der Umstand, daß in dem verrechneten Gewinnanteils auch "verdiente" Prämien im Sinne der Rechtsprechung des Senats enthalten sind (Urteile des Bundesfinanzhofs II 143/54 U vom 11. Januar 1956, BStBl 1956 III S. 59, Slg. Bd. 62 S. 160; II 132/57 U vom 7. Oktober 1959, BStBl 1959 III S. 478, Slg. Bd. 69 S. 588), die eine Erstattung der Versicherungsteuer gemäß § 10 VersStG nicht zulassen, ist deshalb in diesem Zusammenhang unerheblich. Das o. a. Urteil des Reichsfinanzhofs unterscheidet sich im übrigen noch wesentlich vom Streitfall dadurch, daß die Ausschüttungen an jedes Mitglied erfolgten, ohne Rücksicht darauf, ob ein Schadensfall angemeldet war oder nicht.
Demgegenüber erweist sich, wie schon der Wortlaut des § 1 VOPR zeigt, die streitige Beitragsermäßigung als eine nachträgliche Prämienkorrektur, durch die ein Teil der Prämie für das zurückliegende Kalenderjahr rückvergütet wird, während die Folgeprämie durch die Beitragsermäßigung gerade nicht berührt wird (vgl. auch Wolff-Cuntz, a. a. O., § 1 Anm. 5; Brügelmann, a. a. O., 2. Auflage, S. 123; Haasen, a. a. O. S. 22, und insoweit auch Weber, Versicherungswirtschaft 1955 S. 599 ff., 602 rechte Spalte Mitte). Die rückwirkende Prämienermäßigung ist abhängig vom und begründet im schadensfreien Verlauf des einzelnen Versicherungsverhältnisses in der Vergangenheit, für das jedoch das volle Versicherungswagnis im Sinne der verdienten Prämie bestanden hat. Deshalb ist es auch geboten, daß eine solche, in die Vergangenheit wirkende Beitragsermäßigung auch den Anspruchsberechtigten zu gewähren ist, mit denen zwischenzeitlich ein Versicherungsvertrag nicht mehr besteht (ß 9 Abs. 6 Satz 3 VOPR). Im letzteren Fall sind die Ermäßigungsbeträge auszuzahlen. Ein Anspruch auf Erstattung der auf die ausgezahlten Ermäßigungsbeträge entfallenden Versicherungsteuer gemäß § 10 VersStG besteht nicht, wie der Senat gerade zur VOPR in dem o. a. Urteil II 143/54 U vom 11. Januar 1956 dargelegt hat und wie auch der Bf. anerkennt.
Wollte man der Auffassung des Bf. folgen, so müßte die Beitragsermäßigung nach der VOPR bei der Verrechnung mit der Folgeprämie zu einer Minderung des versicherungsteuerpflichtigen Entgelts führen, während - bei im übrigen gleicher Sachlage - bei Auszahlung des Ermäßigungsbetrags in den Fällen, in denen eine Verrechnung mangels Fortsetzung des Versicherungsvertrags nicht mehr möglich ist, die Versicherungsteuerbelastung in der ursprünglichen Höhe bestehen bliebe. Eine solche ungleichmäßige Belastung letztlich des Versicherungsnehmers als des Steuerschuldners (ß 8 VersStG) kann aber nicht mit dem Hinweis lediglich auf die unterschiedliche Rückvergütungsregelung (Barauszahlung oder Aufrechnung) gerechtfertigt werden. Zwar hat der Senat in anderem Zusammenhang noch kürzlich entschieden (Urteil II 175/61 U vom 14. Oktober 1964 zu II 2, BStBl 1964 III S. 667, 669), daß § 10 VersStG nur eine Vorschrift über die Erstattung bereits entrichteter Versicherungsteuer ist und daß Steuerbarkeit und Höhe des Versicherungsentgelts nur aus §§ 1, 3 VersStG selbst zu bestimmen sind. Andererseits zeigt der Zusammenhang dieser Vorschriften, daß die Steuerbarkeit eines einmal gezahlten Versicherungsentgelts im Grundsatz, soweit nicht eine abweichende gesetzliche Regelung eingreift, nur ausnahmsweise entfällt, wenn es sich nachträglich erweist, daß eine Prämie unverdient gezahlt war und deshalb zurückgezahlt (auch verrechnet) wird. Hiervon macht § 3 Abs. 2 VersStG nur eine scheinbare (in Wirklichkeit aber nicht zutreffende) Ausnahme, weil er bei richtiger Anwendung - wie bereits dargelegt - gar nicht die Rückgewähr von verdienten oder nicht verdienten Prämien für einen vergangenen Versicherungszeitraum, sondern die Ermäßigung der laufenden Prämie für einen neuen Versicherungszeitraum (durch Aufrechnung gegen einen Gewinnanteil) betrifft.
Aus dem nicht veröffentlichten Urteil des Senats II 148/55 vom 21. Dezember 1955 kann der Bf. schon deshalb keine für sich günstigen Schlüsse ziehen, weil dort die Beträge tatsächlich zurückgezahlt worden waren, der Senat also schon deshalb keinen Anlaß hatte, sich zu dem hier streitigen Problem zu äußern.
Unter Würdigung der vorstehend zu 1 bis 3 dargelegten besonderen versicherungsrechtlichen Gesichtspunkte, insbesondere nach der VOPR, und den daraus sich ergebenden versicherungsteuerrechtlichen Folgerungen des Streitfalls konnten auch die allgemeinen ertragsteuerrechtlichen Ausführungen des Bf. zur Abgrenzung und Behandlung des Gewinns nicht zu dem mit der Rb. erstrebten Erfolg führen.
Schließlich kann die Minderung des Versicherungsentgelts um die Beitragsermäßigung nach der VOPR entgegen der Ansicht des Bf., der dies für möglich hält, nicht bereits aus § 3 Abs. 1 VersStG abgeleitet werden. Wie bereits zu 1 dargelegt, ist der Begriff der Barprämie dem § 3 Abs. 2 VersStG zuzuordnen in der Bedeutung der um einen Gewinnanteil gekürzten Tarifprämie. Es trifft zwar zu, daß die Versicherungssteuerpflicht an die Zahlung des Versicherungsentgelts geknüpft ist (vgl. zuletzt noch Urteil des Senats II 175/61 U, a. a. O.). Diese Zahlung kann aber nicht nur durch Barzahlung, sondern auch durch Zahlungssurrogate, z. B. durch Aufrechnung geleistet werden. Im Streitfall sind die vollen Prämien durch Barzahlung und unter Verrechnung (Aufrechnung) der Beitragsermäßigung nach der VOPR getilgt.
Nach alledem war die Rb. als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 411451 |
BStBl III 1965, 156 |
BFHE 1965, 438 |
BFHE 81, 438 |