Entscheidungsstichwort (Thema)
Miteigentumsanteil am ganzen Grundstück oder wirtschaftliches Eigentum an betrieblich genutztem Grundstücksanteil als Gegenstand eines Veräußerungsgeschäfts
Leitsatz (NV)
1. Vermietet eine Grundstücksgemeinschaft einen Teil des Grundstücks an eine freiberuflich tätige Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der ein Miteigentümer als Mitunternehmer beteiligt ist, so ist der von der Gesellschaft genutzte Grundstücksteil Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers, soweit er diesem anteilig gehört.
2. Ist der Mitunternehmer wirtschaftlicher (Allein)Eigentümer des von der Gesellschaft genutzten Grundstücksteils, so gehört dieser zum Sonderbetriebsvermögen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, § 18; BGB § 1008 ff.
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), seine Ehefrau und C erwarben im Jahre 1967 zu Miteigentum nach Bruchteilen das unbebaute Grundstück X-Straße 5 in B, und zwar der Kläger zu 1/6, seine Ehefrau zu 2/6 und C zu 3/6. Auf dem Grundstück errichteten die Miteigentümer ein dreigeschossiges Gebäude, dessen Wohnungen sie nach der Fertigstellung mit ihren Familien bezogen. In dem Gebäude richtete der Kläger 1969 außerdem die Büroräume des . . .büros K & Partner, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ein, an der er als Gesellschafter und Mitunternehmer beteiligt war. Auf diese Büroräume entfielen 257,31 qm, das sind 28,07 v. H. der gesamten Nutzfläche des Gebäudes. Der Kläger vermietete die Büroräume an die GbR. Nach einer für die Jahre 1967 bis 1969 bei der GbR durchgeführten Betriebsprüfung stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte ( das Finanzamt - FA -) sich auf den Standpunkt, der von der GbR genutzte Grundstücksteil sei notwendiges Sonderbetriebsvermögen des Klägers im Rahmen der GbR. Nach Auffassung des FA war der Kläger nicht als Miteigentümer des Grundstücks zu 1/6, sondern wirtschaftlicher Alleineigentümer des von der GbR genutzten Grundstücksteils. Der Kläger habe sich mit 28,07 v. H. an den Herstellungskosten und den laufenden Kosten des Gebäudes beteiligt. Es sei auch geplant gewesen, das Grundstück in Sonder- und Teileigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) aufzuteilen. Die notariell beurkundete Teilungserklärung vom 29. Februar 1972 rechne dem Kläger das Teileigentum an dem von der GbR genutzten Gebäudeteil mit insgesamt 280,73/1000 zu. Deshalb sei dem Kläger dieser Anteil auch schon für den Prüfungszeitraum als wirtschaftliches Eigentum zuzurechnen. Hiervon ausgehend erstellte der Prüfer eine vom FA übernommene Ergänzungsüberschußrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für diesen Grundstücksanteil, deren Ergebnis im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung des Gewinns der GbR für 1969 berücksichtigt wurde.
Aufgrund notariell beurkundeten Kaufvertrags vom 6. März 1974 veräußerten der Kläger und seine Ehefrau zum 1. Mai 1974 ihre Miteigentumsanteile von 1/6 und 2/6 an den Miteigentümer C, der dadurch Alleineigentümer wurde. Der Kaufpreis für die beiden Miteigentumsanteile betrug insgesamt 600 000 DM. Nach § 2 des Kaufvertrags sollten davon auf den Anteil des Klägers 65 000 DM und auf den Anteil seiner Ehefrau 535 000 DM entfallen. Nach einer Betriebsprüfung bei der GbR stellten sich der Prüfer und, ihm folgend, das FA auf den Standpunkt, der Anteil des Klägers am Veräußerungserlös betrage 28,07 v. H. von 600 000 DM; das sind 168 420 DM. Daraus ergab sich ein Anteil des Klägers am Veräußerungsgewinn in Höhe von 64 982,81 DM. Unter Berücksichtigung eines laufenden Überschusses aus dem Grundstücksteil von 67,88 DM wurde der Gewinn aus dem von der GbR genutzten Grundstücksteil mit insgesamt 65 050,69 DM ermittelt. Dieser Betrag wurde im Rahmen der Berichtigung der gesonderten und einheitlichen Feststellung des Gewinns der GbR durch Bescheid vom 26. Mai 1977 dem Kläger zugerechnet.
Die nach erfolglos gebliebenem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG.
1. Das FG geht davon aus, Gegenstand der Veräußerung sei entsprechend dem Wortlaut des notariellen Vertrags der Miteigentumsanteil des Klägers an dem Grundstück gewesen. Dies setzt voraus, daß der Kläger nicht nur bürgerlich-rechtlicher, sondern - entgegen seinem Vorbringen schon im Verfahren vor dem FG - auch wirtschaftlicher Miteigentümer des ganzen Grundstücks war. Beim Bruchteilseigentum nach den §§ 1008 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erstreckt sich das Eigentumsrecht eines jeden Miteigentümers auf die ganze Sache, beim Bruchteilseigentum an einem Grundstück somit auf den gesamten Grund und Boden und das aufstehende Gebäude, nicht dagegen auf reale einzelne Teile des Grundstücks (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 44. Aufl., 1985, § 1008 Anm. 1). Daraus folgt, daß - vorbehaltlich der Ausführungen unter 2. - auch die Ehefrau des Klägers und C Miteigentümer der von der GbR betrieblich genutzten Grundstücksteile waren. Für die steuerrechtliche Beurteilung ergibt sich hieraus nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), daß zum Sonderbetriebsvermögen des Klägers nicht der von der GbR betrieblich genutzte Grundstücksteil gehörte, sondern sein Miteigentumsanteil an dem ganzen Grundstück, soweit die Anschaffungskosten des Grund und Bodens und die Herstellungskosten des Gebäudes anteilig auf diesen Grundstücksteil entfallen (vgl. Urteil vom 18. März 1958 I 147/57 U, BFHE 66, 683, BStBl III 1958, 262). Der Anteil des Klägers am Veräußerungserlös, nach welchem Schlüssel auch immer man ihn ermitteln mag, entfiel demnach zwangsläufig auch auf seinen Anteil an den nicht von der GbR genutzten und somit nicht zu seinem Sonderbetriebsvermögen gehörenden Grundstücksteilen.
Das Urteil des FG war danach aufzuheben. Kommt das FG auch nach erneuter Verhandlung zu dem Ergebnis, der Kläger habe seinen Miteigentumsanteil an dem Grundstück veräußert, wird das FG die Höhe des im Sonderbetriebsvermögen angefallenen Gewinns auf der Grundlage eines Buchwerts und eines Veräußerungserlöses zu ermitteln haben, die dem Umstand Rechnung tragen, daß der Kläger nur Miteigentümer zu 1/6 war.
2. Das FG wird sich allerdings auch mit dem Vorbringen des Klägers befassen müssen, er sei abweichend von der bürgerlich-rechtlichen Rechtslage alleiniger wirtschaftlicher Eigentümer des an die GbR vermieteten Grundstücksteils gewesen. Träfe es nämlich zu, daß die Miteigentümer das Grundstück nicht gemeinsam genutzt, sondern daß jeder Miteigentümer bestimmte Grundstücksteile gesondert und auf eigene Rechnung genutzt hat, daß jeder Miteigentümer auch die Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie die laufenden Kosten entsprechend dem Verhältnis des von ihm genutzten Grundstücksteils zum gesamten Grundstück getragen hat und daß jeder Miteigentümer entsprechend der vorgesehenen und beurkundeten Teilungserklärung den für ihn bestimmten Grundstücksteil auch im Alleinbesitz gehabt hat, dann wäre nicht auszuschließen, daß der Kläger entsprechend seiner und der Auffassung des FA als (alleiniger) wirtschaftlicher Eigentümer des von der GbR genutzten Grundstücksteils angesehen werden muß. In diesem Falle hätte der Kläger nicht einen Miteigentumsanteil an einem teilweise betrieblich genutzten Grundstück veräußert, sondern Alleineigentum an dem von der GbR genutzten Gebäudeteil, verbunden mit einem entsprechenden Anteil am Grund und Boden.
Sollte das FG zu dem Ergebnis gelangen, der Kläger sei nicht wirtschaftlicher Eigentümer des von der GbR genutzten Grundstücksteils gewesen, so wird es weiter zu prüfen haben, ob dem Kläger von den anderen Miteigentümern Nutzungsrechte hinsichtlich dieses Grundstücksteils eingeräumt worden sind, die vom Kläger in sein Sonderbetriebsvermögen eingelegt worden sind (vgl. BFH-Urteil vom 22. Januar 1980 VIII R 74/77, BFHE 129, 485, BStBl II 1980, 244). In diesem Falle wäre davon auszugehen, daß der Kläger sich mit dem auf ihn entfallenden Anteil am Kaufpreis auch eine Vergütung für die von ihm (auch) aufgrund des Nutzungsrechts getätigten Bauaufwendungen hat zahlen lassen.
Fundstellen
Haufe-Index 415011 |
BFH/NV 1987, 497 |