Leitsatz (amtlich)
1. Die Fiktion des inländischen gewöhnlichen Aufenthalts von Auslandsbeamten in § 14 Abs. 2 StAnpG kann auf nichtbeamtete - im Angestelltenverhältnis tätige - Personen des öffentlichen Dienstes nicht ausgedehnt werden.
2. Exterritoriale Mitglieder des Verwaltungs- oder technischen Personals der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Griechenland können für Zinsen, die aus Quellen in der Bundesrepublik Deutschland fließen, nicht den ermäßigten Steuersatz nach Art. VII Abs. 2 DBA-Griechenland in Anspruch nehmen.
Normenkette
StAnpG § 14 Abs. 2, § 1 Abs. 2; EStG §§ 1, 49-50; DBA GRC Art. II Abs. 1 Nr. 4, Buchst. A; DBA GRC Art. VII; Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (BGBl II 1964, 957) Art. 34, 37
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr 1970 als Bundesbediensteter im Angestelltenverhältnis an der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) in Athen beschäftigt. Er wohnte mit seiner Ehefrau in Athen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) hielt den Kläger bei der Veranlagung der Einkommensteuer 1970 für unbeschränkt steuerpflichtig. Das FA unterwarf bei der Zusammenveranlagung die Dienstbezüge des Klägers sowie die Kapitalerträge des Klägers und seiner Ehefrau in Höhe von ... DM, die sich aus Dividenden, Zinsen für festverzinsliche Wertpapiere, Kontoguthaben und Spareinlagen sowie Erträgen aus Investmentzertifikaten zusammensetzten, der Besteuerung. Das FA errechnete unter Zugrundelegung der Splitting-Tabelle eine Einkommensteuerschuld von ... DM, auf die es einbehaltene Lohnsteuer und Kapitalertragsteuer anrechnete.
Gegen die Steuerfestsetzung wandte sich der Kläger nach erfolglosem Einspruch mit der Klage. Er machte geltend, er sei während des Jahres 1970 nicht unbeschränkt steuerpflichtig gewesen, weil er im Inland keinen Wohnsitz gehabt habe. Die für Auslandsbeamte geltende Fiktion eines inländischen gewöhnlichen Aufenthalts (vgl. § 14 Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG -) sei auf ihn als Angestellten nicht anwendbar. Da bei beschränkt Steuerpflichtigen die Einkommensteuer für Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Arbeitslohn und vom Kapitalertrag unterliegen, durch den Steuerabzug abgegolten sei, müßten diese Einkünfte bei seiner Veranlagung außer Ansatz bleiben. Von den bisher bei der Veranlagung erfaßten Kapitalerträgen ohne Steuerabzug würden lediglich Wertpapierzinsen in Höhe von insgesamt ... DM durch § 49 Abs. 1 Nr. 5 des Einkommensteuergesetz (EStG) erfaßt. Nach Art. VII Abs. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie bei der Gewerbesteuer vom 18. April 1966 - DBA-Griechenland - (BGBl II 1967, 853, BStBl I 1967, 52) dürfe die Steuer für Zinsen in dem Vertragsstaat, aus dem sie stammten, 10 v. H. nicht übersteigen. Der Kläger beantragte in der Vorinstanz, die Einkommensteuer auf 10 v. H. der Wertpapierzinsen festzusetzen.
Das Finanzgericht (FG) änderte die Einkommensteuerfestsetzung antragsgemäß. Es bejahte die beschränkte Steuerpflicht des Klägers, weil dieser im Streitjahr im Inland weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe.
Bei der beschränkten Steuerpflicht sei die Einkommensteuer für die Dienstbezüge und die Kapitaleinkünfte, soweit diese aus Dividenden beständen, durch den Steuerabzug abgegolten (§ 50 Abs. 4 EStG). Die Zinsen aus Kontoguthaben und Spareinlagen und die Erträge aus Investmentzertifikaten unterlägen nicht der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Ihr unterlägen nur die Beträge von insgesamt ... DM, bei denen es sich nach den durch Bankbescheinigungen bestätigten Angaben des Klägers um Wertpapierzinsen handle, die nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG unter § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b EStG fielen. Die Besteuerung dieser Zinsen werde durch Art. VII DBA-Griechenland zugelassen. Allerdings dürfe nach Abs. 2 dieses Artikels die Steuer nicht mehr als 10 v. H. des genannten Betrages übersteigen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich das FA mit der Revision, die das FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat. Das FA führt aus:
Die Auffassung, daß nach § 14 Abs. 2 StAnpG lediglich Auslandsbeamte wie Personen behandelt würden, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt an dem Ort haben, an dem sich die öffentliche Kasse befindet, die die Dienstbezüge des Auslandsbeamten zu zahlen hat, könne durch die Entwicklung der Verhältnisse (§ 1 Abs. 2 StAnpG) als überholt angesehen werden. Diese Ansicht finde eine Stütze in Entschließungen der Länderfinanzminister, die im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen (BdF) ergangen seien. Da der Kläger als Bundesbediensteter im Ausland den Status eines Exterritorialen gehabt habe, habe er nicht der Hoheitsgewalt des Aufenthaltsstaates Griechenland unterlegen. Ihm gegenüber seien deshalb Hoheitsakte der Bundesrepublik auch auf steuerlichem Gebiet zulässig. Der inländische Gesetzgeber habe keine Veranlassung, hinsichtlich solcher Angestellter auf die eigene unbeschränkte Steuerpflicht zu verzichten. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe in der Entscheidung vom 18. Dezember 1968 III 199/64 (BFHE 95, 132, BStBl II 1969, 355) wesentlich darauf abgestellt, ob der Steuerpflichtige der ausländischen Steuerpflicht unterliege. Der BFH habe insoweit nicht zwischen exterritorialen Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes unterschieden, sondern zwischen exterritorialen Auslandsbediensteten des Bundes und den sich im Ausland befindenden Arbeitnehmern von Privatunternehmen, die der ausländischen Steuerhoheit unterlägen.
Das FA beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Kläger im Streitjahr nur mit seinen inländischen Einkünften i. S. des § 49 EStG beschränkt steuerpflichtig war (§ 1 Abs. 2 EStG).
Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die inländische Besteuerung ist nach § 1 EStG der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt. Nur ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in der Bundesrepublik löst die unbeschränkte Steuerpflicht aus (§ 1 Abs. 1 EStG). Fehlt es an einem inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, greift in der Regel nur beschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 2 EStG für die inländischen Einkünfte ein.
Die Begriffe des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthalts i. S. der Steuergesetze sind in den noch für das Streitjahr 1970 geltenden §§ 13, 14 StAnpG näher erläutert. Es ist unstreitig, daß der Kläger - gleiches gilt von dessen Ehefrau - während seiner Tätigkeit in Griechenland in der Bundesrepublik keine Wohnung unter den in § 13 StAnpG näher gekennzeichneten Umständen innehatte, somit keinen Wohnsitz im Inland hatte. Es liegt auf der Hand, daß der Kläger während seiner Auslandstätigkeit auch seinen gewöhnlichen Aufenthalt i. S. des § 14 Abs. 1 StAnpG nicht in der Bundesrepublik hatte.
Für Auslandsbeamte fingiert allerdings § 14 Abs. 2 StAnpG, der bis zum 31. Dezember 1974 mit mehrfachen Änderungen in Kraft war, einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Sie werden nach Satz 1 (in der bis zum 1. Januar 1974 geltenden Fassung) für die Zwecke der Einkommensteuer und Vermögensteuer wie Personen behandelt, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt an dem Ort haben, an dem sich die inländische Kasse befindet, die die Dienstbezüge des Auslandsbeamten zu zahlen hat. Nach Satz 2 gilt das gleiche von der Ehefrau des Auslandsbeamten, sofern sie nicht von dem Ehemann dauernd getrennt lebt, und von minderjährigen Kindern eines Auslandsbeamten, die zu seinem Haushalt gehören. Satz 3 gibt eine Begriffsbestimmung des Auslandsbeamten. Als solche gelten: Die unmittelbaren und mittelbaren Beamten des Deutschen Reiches (jetzt Bundesrepublik), Angehörige der Deutschen Wehrmacht (jetzt Bundeswehr), und Beamte der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft (jetzt Bundesbahn) und der Reichsbank (jetzt Bundesbank), die ihren Dienstort im Ausland haben. In der Entscheidung vom 30. November 1973 VI R 381/70 (BFHE 111, 212, BStBl II 1974, 230) hat der BFH die Auffassung vertreten, daß § 14 Abs. 2 StAnpG einen Aufenthaltsort im Inland nur für solche Beamte fingiert, denen von ihrem deutschen Dienstherrn an einem Dienstort im Ausland ein Amt übertragen ist und die von einer inländischen öffentlichen Kasse ihre Dienstbezüge erhalten.
Der erkennende Senat braucht sich nicht mit der Frage zu befassen, inwieweit § 14 Abs. 2 StAnpG mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar ist (vgl. die Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit bei Tipke-Kruse, Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 7. Aufl., § 14 StAnpG, Rdnr. 4); denn er ist mit dem FG der Auffassung, daß die Fiktion eines inländischen Aufenthalts auf den Kläger nicht anzuwenden ist, weil er während seiner Tätigkeit bei der Deutschen Botschaft in Athen kein "Auslandsbeamter" war. Es ist dem FG uneingeschränkt zuzustimmen, daß angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 14 Abs. 2 Satz 1 StAnpG und angesichts der näheren Begriffsbestimmung in Satz 3 der Begriff des Auslandsbeamten nicht dahingehend verstanden werden kann, daß sich die Fiktion eines inländischen gewöhnlichen Aufenthalts auch auf nichtbeamtete - im Angestelltenverhältnis tätige - Personen erstreckt, die bei deutschen Dienststellen im Ausland beschäftigt sind und Bezüge aus einer inländischen öffentlichen Kasse erhalten. Die Fiktion des inländischen gewöhnlichen Aufenthalts von Auslandsbeamten geht auf § 2 Nr. 2 EStG 1925 und § 2 Nr. 1 Buchst. b des Vermögensteuergesetzes 1925 zurück. Wie das FG zutreffend ausführt, sollte durch diese Vorschriften das Territorialitätsprinzip für einen Personenkreis durchbrochen werden, der durch ein besonderes Pflicht- und Treueverhältnis - dem Beamtenverhältnis - an den Dienstherrn gebunden war. Im Jahre 1934 ist diese Regelung ohne inhaltliche Änderung in das Steueranpassungsgesetz eingegangen. Ab 1975 sind für das Gebiet der Einkommensteuer die Grundsätze des § 14 Abs. 2 StAnpG in § 1 EStG 1975 übernommen und erst dann auf nichtbeamtete Personen erweitert worden.
Die Auffassung, daß nur Auslandsbeamte im beamtenrechtlichen Sinn unter § 14 Abs. 2 StAnpG fallen, wird einhellig von der Literatur geteilt (Becker-Riewald-Koch, Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 9. Aufl., Band I, § 14 StAnpG, Anm. 4; Spanner in Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 14 StAnpG, Rdnr. 6; Mattern-Meßmer, Abgabenordnung, Kommentar, § 14 StAnpG Rdnr. 2804; Tipke-Kruse, a. a. O.). Dem BFH-Urteil III 199/64 ist entgegen der Auffassung des FA nichts Gegenteiliges zu entnehmen. In dieser Entscheidung hatte der BFH über die unbeschränkte Vermögensteuerpflicht eines Auslandsbeamten nebst seiner Familie, der im Empfangsstaat das Privileg der Exterritorialität genoß, zu befinden. Einen breiten Raum nimmt in dieser Entscheidung die Abhandlung der Frage ein, ob im Hinblick auf im Ausland tätige Deutsche - private oder öffentliche - Bedienstete, die nicht exterritorial sind, die Fiktion des inländischen gewöhnlichen Aufenthalts von Auslandsbeamten (§ 14 Abs. 2 StAnpG) den Wertmaßstäben des Grundgesetzes standhält. Es findet sich jedoch in dieser Entscheidung keine eindeutige Aussage in dem Sinn, daß unter den Begriff des Auslandsbeamten i. S. des § 14 Abs. 2 StAnpG auch im Ausland tätige Angestellte des öffentlichen Dienstes fallen.
Eine Erstreckung des in § 14 Abs. 2 StAnpG näher definierten Begriffs des Auslandsbeamten auf im Ausland tätige Angestellte oder Arbeiter des öffentlichen Dienstes läßt sich auch nicht aus der Entwicklung der Verhältnisse (§ 1 Abs. 2 StAnpG) rechtfertigen, obwohl in der Nachkriegszeit zunehmend auch nichtbeamtete Personen im Auslandsdienst Verwendung gefunden haben. Die Fiktion des inländischen gewöhnlichen Aufenthalts soll dazu dienen, die inländische unbeschränkte Steuerpflicht zu begründen. Wie schon in der BFH-Entscheidung III 199/64 näher ausgeführt ist, hängt es von den wirtschaftlichen und persönlichen Umständen des jeweiligen Steuerpflichtigen ab, ob die unbeschränkte Steuerpflicht zu einer höheren Besteuerung führt als die beschränkte Steuerpflicht. Im Falle des Klägers würde die unbeschränkte Steuerpflicht zu einer für ihn ungünstigen Besteuerung führen. § 1 Abs. 2 StAnpG stellt Verwaltung und Gerichte nicht über das Gesetz und gibt ihnen nicht die Befugnis, neue Besteuerungstatbestände zu schaffen. Bei der Auslegung der Steuergesetze sind ihr Zweck und ihre wirtschaftliche Bedeutung sowie die Entwicklung der Verhältnisse nur zu "berücksichtigen". Die Auslegung findet ihre Grenze am möglichen Wortsinn der jeweiligen Vorschrift. Die Schaffung neuer Steuertatbestände durch Analogie ist im Steuerrecht nicht möglich (BFH-Urteile vom 10. Februar 1972 I R 205/66, BFHE 105, 15, BStBl II 1972, 455; vom 16. Dezember 1975 VIII R 3/74, BFHE 117, 563, BStBl II 1976, 246; vom 18. Februar 1977 VI R 177/75, BFHE 121, 572, BStBl II 1977, 524, und vom 21. Dezember 1977 I R 20/76, BFHE 124, 317, BStBl II 1978, 346).
An Verwaltungsanweisungen (vgl. Erlaß des Finanzministers Nordrhein-Westfalen vom 31. Oktober 1968 - S 2378-1-V B 2 -, Der Betrieb 1968 S. 2153), die mit Rücksicht auf die Entwicklung der Verhältnisse und im Vorgriff auf eine bevorstehende gesetzliche Neuregelung unter den Begriff des Auslandsbeamten i. S. des § 14 Abs. 2 StAnpG auch die in das Ausland entsandten Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes einbeziehen, sind die Steuergerichte nicht gebunden. Diese Anweisungen sind vornehmlich deshalb ergangen, um dem angesprochenen Personenkreis im Wege einer Art Billigkeitsregelung die Steuervergünstigungen zugute kommen zu lassen, die an die unbeschränkte Steuerpflicht geknüpft sind, bei beschränkter Steuerpflicht aber versagt werden müssen.
2. Die Vorentscheidung ist aber aus anderen Gründen rechtsfehlerhaft.
a) Das FG hat die Wertpapierzinsen, die es in die Veranlagung einbezog, nach Art. VII Abs. 2 DBA-Griechenland mit einem Satz von 10 v. H. der Besteuerung unterworfen. Die Anwendung dieser Vorschrift kommt aber im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Welche Zinsen von dem DBA-Griechenland erfaßt werden, ist in Art. VII Abs. 4 des Abkommens geregelt. Hinsichtlich ihrer Besteuerung bestimmt Art. VII Abs. 1 DBA-Griechenland folgendes: Zinsen, die aus einem Vertragsstaat stammen und an eine in dem anderen Vertragsstaat ansässige Person gezahlt werden, können in dem anderen Vertragsstaat besteuert werden. Nach Abs. 2 können "diese" Zinsen, nämlich die des Abs. 1, jedoch in dem Vertragsstaat, aus dem sie stammen, nach dem Recht dieses Staates besteuert werden, wobei die Steuer 10 v. H. des Betrags der Zinsen nicht übersteigen darf. Bezieht z. B. eine in Griechenland ansässige Person Zinsen aus einer Anleihe, die ein in der Bundesrepublik ansässiger Schuldner ausgegeben hat, darf der Quellenstaat Bundesrepublik diese Erträge im Ergebnis nur mit 10 v. H. besteuern. Der Kläger und seine Ehefrau als Empfänger der Zinsen sind jedoch keine in dem anderen Staat - hier in Griechenland - ansässigen Personen. Der Begriff "eine in einem anderen Vertragsstaat ansässige Person" ist in Art. II Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a DBA-Griechenland näher erläutert. Er bezeichnet eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort aufgrund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist. Als Angehöriger der Botschaft der Bundesrepublik in Athen war der Kläger mit seinen dort wohnenden Familienangehörigen in Griechenland nicht steuerpflichtig, jedenfalls nicht für die vom FG der Veranlagung zugrunde gelegten Kapitalerträge. Er gehörte zu den in Griechenland exterritorialen Personen. Der persönliche und sachliche Umfang der Exterritorialität der Diplomaten und der sonstigen Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals einer ausländischen Mission im Empfangsstaat ist in dem am 18. April 1961 unterzeichneten Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (BGBl II 1964, 957 - WÜD -), das die Bundesrepublik und Griechenland mitunterzeichnet haben, geregelt. Nach Art. 34 dieses Übereinkommens sind Diplomaten von allen staatlichen, regionalen und kommunalen Personal- und Realsteuern oder -abgaben des Empfangsstaates befreit; ausgenommen von dieser Befreiung sind lediglich private Einkünfte, deren Quelle sich im Empfangsstaat befindet. Nach Art. 37 WÜD genießen die zum Haushalt des Diplomaten gehörenden Familienangehörigen, ferner die Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals der Mission und die zu ihrem Haushalt gehörenden Familienangehörigen die gleichen Vorrechte. Da der Kläger im Streitjahr jedenfalls Mitglied des Verwaltungs- oder technischen Personals der Mission i. S. des Art. 37 Abs. 2 WÜD war, fehlt somit bei ihm und den zu seinem Haushalt gehörenden Familienangehörigen das Merkmal der Ansässigkeit in Griechenland. Art. VII DBA-Griechenland und die dort ausgesprochene Ermäßigung der Steuer auf 10 v. H. der Zinsen ist daher nicht anzuwenden.
b) Das FG hat Zinsen im Gesamtbetrag von ... DM in die Veranlagung des Klägers einbezogen, von denen ein Abzug der Kapitalertragsteuer nicht stattgefunden hat. Aus der Vorentscheidung ergibt sich nicht, aus welcher Art von Wertpapieren diese Zinsen geflossen sind und ob sie etwa zu den steuerabzugspflichtigen Kapitalerträgen i. S. des § 43 EStG gehören. Derartige Feststellungen sind für die Zwecke der Besteuerung beschränkt steuerpflichtiger Personen erforderlich. Nach § 50 Abs. 4 EStG gilt die Einkommensteuer bei steuerabzugspflichtigen Einkünften durch den Steuerabzug als abgegolten, es sei denn, was hier jedoch nicht in Betracht kommt, daß diese Einkünfte Betriebseinnahmen eines inländischen Betriebs sind. Eine Veranlagung findet insoweit nicht statt (BFH-Urteil vom 10. April 1975 I R 261/72, BFHE 115, 389, BStBl II 1975, 586). Ist der Steuerabzug zu Unrecht unterblieben, kann das FG allenfalls den Schuldner des beschränkt Steuerpflichtigen in Anspruch nehmen, nicht aber wegen des unterlassenen Abzugs eine Veranlagung durchführen (Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 17. Aufl., § 50 EStG, Rdnr. 8; Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz, 11. Aufl., § 50, Anm. 6; Lademann-Lenski-Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 50 Anm. 5).
c) In den vom FG in die Veranlagung des Klägers einbezogenen Zinsen im Gesamtbetrag von ... DM sind ausweislich der Bankbescheinigungen, auf die das FG in seiner Entscheidung Bezug genommen hat, ... DM Zinsen enthalten, die der Ehefrau des Klägers zugeflossen sind. Eine Zusammenveranlagung von Ehegatten ist nach § 26 Abs. 1 EStG nur zulässig, wenn, was für das Streitjahr nicht vorliegt, beide Ehegatten unbeschränkt steuerpflichtig sind.
3. Die Vorentscheidung ist aus den unter 2 a bis c genannten Gründen aufzuheben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat unter Beachtung der vorstehenden Rechtsgrundsätze im Rahmen der vom Kläger gestellten Anträge über den Steuerfall neu zu entscheiden.
Fundstellen
Haufe-Index 72851 |
BStBl II 1978, 628 |
BFHE 1979, 375 |