Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Die den Geldinstituten auf Grund der 45. Durchführungsverordnung zum Umstellungsgesetz (Umstellungskosten) vergüteten Umstellungskosten haben die Eigenschaft von Zuschüssen, die nicht umsatzsteuerbar sind.
Normenkette
UStG § 5 Abs. 1, § 10/1
Tatbestand
Die Steuerpflichtige, ein Geldinstitut im Sinne der Währungsgesetze, versteuert ihre Solleinnahmen. Sie hat im Jahre 1950 auf Grund der 45. Durchführungsverordnung zum Umstellungsgesetz (Umstellungskosten) - 45. UGDV - eine Sonderausgleichsforderung wegen ihrer Umstellungskosten erlangt. Das Finanzamt hat die Steuerpflichtige auch hinsichtlich dieses Forderungsbetrages zur Umsatzsteuer herangezogen. Die Berufung der Steuerpflichtigen hatte Erfolg. Das Finanzgericht hat die Steuerbarkeit verneint, da kein Leistungsaustausch mit einem anderen vorgelegen habe, die Kosten vielmehr im Interesse des eigenen Betriebes der Steuerpflichtigen aufgewendet worden seien. Mangels Lieferungen könne auch von einem Eigenverbrauch im Sinne des § 1 Ziff. 2 des Umsatzsteuergesetzes nicht gesprochen werden.
Die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts rügt unrichtige Rechtsanwendung mit der Begründung, die Gewährung der Umstellungskosten stelle das Entgelt für die Kontenumstellungen dar.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung des Falles führt zu folgenden Erwägungen:
Die Geldinstitute waren zufolge des 3. Gesetzes zur Neuordnung des Geldwesens (Umstellungsgesetz) - UmstG - (innerhalb des amerikanischen und britischen Kontrollgebietes je Gesetz Nr. 63, innerhalb des französischen Kontrollgebietes Verordnung Nr. 160) verpflichtet, die Altgeldguthaben in Neugeldguthaben umzuschreiben. Um die aus der Umstellung des Geldwesens hervorgehenden Verbindlichkeiten der Geldinstitute zu decken, sah § 10 UmstG eine teilweise Gutschrift flüssiger Mittel auf die Girokonten der Geldinstitute vor, § 11 UmstG (mit hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen) die Zuteilung verzinslicher Ausgleichsforderungen gegen die Länder.
über die Kosten, die den Geldinstituten durch die Umstellungsarbeiten erwuchsen, war nichts bestimmt worden. Die Neunundzwanzigste Durchführungsverordnung zum Umstellungsgesetz (Umstellungskosten) - 29. UGDV - (öffentlicher Anzeiger für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet Nr. 61 vom 23. Juli 1949) brachte insoweit erstmalig eine Regelung, wonach die Geldinstitute berechtigt waren, für Umstellungskosten in bestimmter Weise bemessene Pauschbeträge als Rückstellungen für Umstellungskosten in ihre Umstellungsrechnung einzusetzen. Diese Kosten sollten zufolge § 1 der 29. UGDV als aus der Umstellung des Geldwesens hervorgehende Verbindlichkeiten im Sinne von § 11 UmstG gelten.
Die 29. UGDV ist durch § 6 der 45. UGDV (Bundesanzeiger 1950 Nr. 22) aufgehoben und durch diese 45. UGDV ersetzt worden. Die Geldinstitute können danach für die Umstellungskosten bestimmte, gegenüber der 29. UGDV erhöhte Pauschbeträge als Rückstellung in die Umstellungsrechnung mit der Wirkung einsetzen, daß sie gegen die Länder insoweit Ausgleichsforderungen mit bevorzugter Tilgung erhalten. Eine dem § 1 der 29. UGDV entsprechende Bestimmung enthält die 45. UGDV nicht.
Aus der im UmstG unterlassenen Regelung über die Kosten für die durch die Umstellung des Geldwesens bedingten zusätzlichen Arbeiten und aus dem verhältnismäßig späten Ergehen der 29. UGDV ist zu schließen, daß man sich zunächst über die Kosten der Umstellung keine Gedanken gemacht hat, weil man sie wohl für so gering erachtet hat, daß man meinte, sie könnten von den Geldinstituten ohne weiteres getragen werden. Jedenfalls hat sich aber im Laufe der Zeit herausgestellt, daß es sich dabei um beachtliche Beträge handelte. Als man dann im Juli 1949 mittels der 29. UGDV an die Regelung der Kostenfrage heranging, hat man diese Kosten als Verbindlichkeiten im Sinne des § 11 UmstG angesehen, sie also den Ausgleichsforderungen gleichgestellt, die die Geldinstitute gegen die Länder zum Zwecke ihrer Ausstattung mit Eigenkapital erhalten hatten. Daraus geht hervor, daß es sich bei diesen Kostenbeträgen um echte Zuschüsse handeln sollte und gehandelt hat. Derartige Zuschüsse sind aber von einem bestimmten fremden oder eigenen Leistungsaustausch unabhängig (vgl. hierzu Urteile des Bundesfinanzhofs V 75/54 vom 20. Januar 1955, Bundessteuerblatt 1955 III S. 112, und V 145/53 vom 20. Januar 1955, Bundessteuerblatt 1955 III S. 139, in denen sich der Bundesfinanzhof unter voller übernahme der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs zur Frage der Umsatzsteuerbarkeit von Zuschüssen rechtsgrundsätzlich ausspricht). Im vorliegenden Falle kann an dieser Auffassung nichts ändern, daß eine dem § 1 der 29. UGDV entsprechende Bestimmung in der 45. UGDV nicht enthalten ist; denn angesichts der sonst gleichartigen Regelung in diesen beiden UGDV ist nirgends ein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, daß sich die Auffassung über die rechtliche Eigenschaft der für die Kostenbeträge gewährten Deckung geändert hätte. Liegen aber echte Zuschüsse ohne Zusammenhang mit irgendeinem Leistungsaustausch vor, so ist für eine Umsatzsteuererhebung wegen dieser Zuschüsse kein Raum.
Die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts ist sonach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 309 des Reichsabgabenordnung.
Fundstellen
Haufe-Index 408192 |
BStBl III 1955, 235 |
BFHE 1956, 97 |
BFHE 61, 97 |