Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtskraftwirkung bei späterer Geltendmachung von Drittaufwand
Leitsatz (NV)
Die Rechtskraft eines Urteils, durch das eine auf den Abzug eigenen Aufwands (Zinsen aufgrund eigener Darlehensverpflichtung) gerichtete Klage abgewiesen wird, steht einer späteren gerichtlichen Prüfung gleichartigen Drittaufwands (Refinanzierungszinsen des Darlehensgebers) entgegen, wenn der Drittaufwand dem Gericht im früheren Verfahren bereits bekannt war. Dies gilt nicht nur für den Fall, daß der Steuerpflichtige unter diesem Gesichtspunkt eine Änderung der Steuerfestsetzung erstrebt, sondern auch für den Fall, daß er insoweit eine Rechtsfehlerberichtigung zu seinen Gunsten begehrt.
Normenkette
FGO § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; AO 1977 § 177 Abs. 1; FGO § 110 Abs. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und seine 1989 verstorbene Ehefrau (E), die seit 1982 als selbständige Heilpraktikerin tätig war, wurden in den Streitjahren (1982 bis 1984) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Um die Einrichtung für die Praxis der E zu finanzieren, belieh der Kläger 1982 verschiedene von ihm als Versicherungsnehmer abgeschlossene Lebensversicherungen. Die Versicherer überwiesen die Darlehensbeträge auf ein Konto einer GmbH, an der der Kläger beteiligt war; von dort wurden sie zur Begleichung der der E erteilten Rechnungen an deren Gläubiger weiterüberwiesen. Der Kläger zahlte in den Streitjahren für die Darlehen Zinsen in Höhe von 6 004 DM (1982), 10 023 DM (1983) und 8 043 DM (1984). Die GmbH erhielt von E erstmals Ende 1983 in unregelmäßigen Abständen Barzahlungen und Überweisungen, die als "Darlehensrückzahlung" bzw. -- in einem Fall -- als "Vorauszahlungszinsen" bezeichnet wurden. Die Zahlungen beliefen sich auf 1 900 DM (1983) bzw. 13 255 DM (1984). Grundlage dafür war nach den Angaben des Klägers eine mündliche Abrede zwischen ihm und E, wonach er ihr die von den Versicherern ausgezahlten Beträge als verzinsliches Darlehen zur Verfügung stellte. Zinsen und Rückzahlungen sollten sich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von E richten.
Der Kläger ist Eigentümer eines Zweifamilienhauses, dessen Hauptwohnung er -- bis 1989 zusammen mit E -- selbst bewohnt. Die 56,5 qm große Dachgeschoßwohnung war aufgrund eines Mietvertrags vom 6. Dezember 1974 bis Ende Februar 1991 zu einem Mietzins von anfangs 280 DM monatlich an seine Schwiegereltern vermietet. §29 des Mietvertrags sah vor, daß die Mieter dem Vermieter ein mit 10 v.H. verzinsliches Darlehen über 25 000 DM zu gewähren hatten, das nach fünf tilgungsfreien Jahren mit 10 v.H. jährlich zurückzuzahlen war. Die Mietbarzahlung für die ersten fünf Jahre wurde dementsprechend mit 71,66 DM angegeben. Die ortsübliche Vergleichsmiete belief sich 1982/ 83 auf 7,10 DM/qm und 1984/85 auf 8,10 DM/qm. Bei einer gemäß §194 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung (AO 1977) auf den Kläger erstreckten -- die Jahre 1979 bis 1981 betreffenden -- Außenprüfung gelangte der Prüer zu einem Jahresmietwert der selbstgenutzten Wohnung von (202,3 qm x 8,40 DM/qm x 12 =) 20 400 DM und einem solchen der vermieteten Wohnung (57 qm x 6 DM/qm x 12 =) 4 104 DM. Der Kläger hatte für diese Wohnung bis dahin lediglich die vertraglich vereinbarte Miete in Höhe von (280 DM x 12 =) 3 360 DM erklärt.
E ermittelte ihre freiberuflichen Einkünfte für die Streitjahre unter Abzug der vom Kläger für die Versicherungsdarlehen gezahlten Zinsen. Als Mieteinnahmen aus der Vermietung der Dachgeschoßwohnung erklärte der Kläger den vom Prüfer für diese Wohnung ermittelten Mietwert. In den als Werbungskosten angesetzten Schuldzinsen waren Zinsen gemäß §29 des Mietvertrags in Höhe von jährlich 2 500 DM enthalten.
Die vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt -- FA --) aufgrund der Steuererklärungen erlassenen Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Nach einer bei E für die Streitjahre durchgeführten Betriebsprüfung ließ das FA u.a. die in ihren Gewinnermittlungen abgesetzten Zinszahlungen des Klägers für die Versicherungsdarlehen nicht mehr zum Abzug zu, weil es sich dabei nicht um Aufwendungen der E handele und Zinszahlungen von ihr an den Kläger nicht schriftlich vereinbart worden seien. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.
Der Kläger und E legten gegen die geänderten Bescheide Einsprüche ein, mit denen sie die Anerkennung der 1983 und 1984 von E an den Kläger geleisteten Zahlungen als deren eigene Zinsaufwendungen begehrten. Das FA wies die Einsprüche für 1983 und 1984 als unbegründet zurück.
Die daraufhin erhobene Klage, mit der der Kläger den Abzug der von E auf das Konto der GmbH geleisteten Zahlungen geltend machte, hatte keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) vom 5. Juni 1991 1 K ... wurde rechtskräftig.
Die Schwiegereltern des Klägers nahmen ihn nach dem Auszug aus dem gemeinsam bewohnten Haus erfolglos auf Rückzahlung des nach §29 des Mietvertrags zu gewährenden Darlehens in Anspruch. Das Landgericht sah es nicht als erwiesen an, daß der Kläger von ihnen ein Darlehen in der angegebenen Höhe erhalten habe. Es hielt es vielmehr für möglich, daß die Parteien die Darlehensabrede nur deshalb in den Mietvertrag aufgenommen hatten, um gegenüber dem FA eine Mietbarzahlung von lediglich 71,66 DM monatlich begründen zu können.
Nachdem der Schwiegervater des Klägers dem FA diesen Sachverhalt mitgeteilt hatte, leitete das FA gegen den Kläger wegen Verkürzung von Einkommensteuer für 1981 bis 1990 ein Strafverfahren ein und ordnete eine Betriebsprüfung bezüglich der Einkommensteuer für diesen Zeitraum an. Aufgrund der bei der Betriebsprüfung getroffenen Feststellungen kürzte es die auf die vermietete Wohnung entfallenden Werbungskosten um die darin enthaltenen Zinsen für das Darlehen der Schwiegereltern sowie darüber hinaus in dem Umfang, in dem die vereinnahmte Miete hinter der ortsüblichen Vergleichsmiete zurückblieb, und erließ u.a. für die Streitjahre entsprechend geänderte Bescheide vom 28. Februar und 7. Juni 1994.
Die gegen die geänderten Bescheide eingelegten Einsprüche, mit denen sich der Kläger erneut gegen die Nichtberücksichtigung von Zinsen bei den Einkünften von E als Betriebsausgaben wandte, blieben erfolglos.
Der Kläger hat daraufhin Klage erhoben, mit der er hinsichtlich der Änderungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machte, daß insoweit Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Hilfsweise begehrte er, die von ihm als Darlehensnehmer an die Versicherer gezahlten Zinsen als Betriebsausgaben der E zum Abzug zuzulassen. Seine Einwände gegen die Änderungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung hat er im Laufe des Klageverfahrens nicht mehr aufrechterhalten. Das FG wies die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 270 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Er beantragt, unter Aufhebung des Urteils des FG und der Einspruchsentscheidungen die Einkommensteuerbescheide für 1982, 1983 und 1984 dahin zu ändern, daß weitere Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit in Höhe von 6 004 DM (1982), 10 023 DM (1983) und 8 043 DM (1984) berücksichtigt werden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Sache ist derzeit nur hinsichtlich der Einkommensteuer 1983 und 1984 entscheidungsreif. Die Revision ist insoweit unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Das Verfahren bezüglich der Einkommensteuer 1982 war im Hinblick auf die beim Großen Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) anhängigen Verfahren GrS 1/97, GrS 2/97, GrS 3/97 und GrS 5/97 abzutrennen (§73 Abs. 1 Satz 1 FGO).
I. Soweit der Kläger mit der Revisionsbegründung beantragt, die Einkommensteuerbescheide für 1983 und 1984 dahingehend zu ändern, daß Schuldzinsen in Höhe von 10 023 DM (1983) bzw. 8 043 DM (1984) berücksichtigt werden, fehlt es teilweise an einer formellen Beschwer als Voraussetzung für eine Sachentscheidung des Senats. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem FG beantragt, diese Einkommensteuerbescheide aufzuheben. Die Aufhebung hätte dazu geführt, daß die in den angefochtenen Bescheiden vorgenommenen Erhöhungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung um 3 066 DM (1983) bzw. 1 781 DM (1984) rückgängig gemacht worden wären. Weitergehende Minderungen der Einkünfte wären nicht vorzunehmen gewesen. Der Antrag, die Einkommensteuer für diese Streitjahre über die Rückgängigmachung der Änderungen hinaus herabzusetzen, stellt demnach eine Klageerweiterung dar, die im Revisionsverfahren unzulässig ist, weil es dazu an einer Entscheidung des FG als dem Gegenstand der revisionsgerichtlichen Nachprüfung fehlt (vgl. u.a. Senatsurteil vom 21. April 1983 IV R 217/82, BFHE 138, 292, BStBl II 1983, 532, und BFH-Beschluß vom 23. Oktober 1989 GrS 2/87, BFHE 159, 4, BStBl II 1990, 327, unter C. I. 2. der Gründe).
II. 1. Das FG hat die Klage gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide für 1983 und 1984 zu Recht als unbegründet abgewiesen. Für diese Streitjahre waren die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Umfang der Änderungen zu erhöhen, ohne daß vom Kläger gezahlte Darlehenszinsen als Betriebsausgaben der E berücksichtigt werden konnten. Deren Berücksichtigung steht vielmehr das rechtskräftige Urteil des FG vom 5. Juni 1991 im Verfahren 1 K ... entgegen.
a) Das FA durfte die ihm nachträglich bekanntgewordenen Tatsachen der Zahlung einer Miete für die Dachgeschoßwohnung von lediglich 71,66 DM monatlich und der Nichtgewährung des in §29 des Mietvertrags vorgesehenen Darlehens auch zum Anlaß nehmen, die auf die Dachgeschoßwohnung entfallenden Werbungskosten in dem Umfang zu kürzen, in dem die tatsächlich gezahlte Miete hinter der ortsüblichen Miete zurückblieb. Der Rechtserheblichkeit dieser Tatsachen für eine Änderung nach §173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 23. November 1987 GrS 1/86, BFHE 151, 495, BStBl II 1988, 180) steht nicht entgegen, daß der VIII. Senat des BFH vorübergehend angenommen hatte, die Zurechnung des Nutzungswerts selbst einer unentgeltlich überlassenen Wohnung beim Nutzenden hindere den Steuerpflichtigen nicht, Absetzungen für Abnutzung und andere auf diese Wohnung entfallende Werbungskosten bei seinen Einkünften geltend zu machen (Urteile vom 29. November 1983 VIII R 215/79, BFHE 140, 199, BStBl II 1984, 366, unter 5., und vom 29. November 1983 VIII R 184/83, BFHE 140, 203, BStBl II 1984, 371; davon abrückend erst das Urteil vom 30. Juli 1985 VIII R 71/81, BFHE 144, 376, BStBl II 1986, 327, a.E.). Der Bundesminister der Finanzen hatte diese Auffassung durch die Anweisung in Tz. 54 e i.V.m. Tz. 35a Satz 3 des Schreibens vom 15. November 1984 IV B 1 -- S 2253 -- 139/84 (BStBl I 1984, 561) der Sache nach abgelehnt. Da davon auszugehen ist, daß das FA einer solchen bindenden Verwaltungsanweisung folgt (BFH-Beschluß in BFHE 151, 495, BStBl II 1988, 180, und BFH-Urteil vom 10. Februar 1989 VI R 60/86, BFH/NV 1989, 623), wären Werbungskostenkürzungen schon bei den erstmaligen Veranlagungen vorgenommen worden, wenn dem FA damals die tatsächlich gezahlte Miete bekannt gewesen wäre.
b) Die Änderungen mußten auch nicht deshalb unterbleiben, weil die Festsetzungen für 1983 und 1984 materielle Rechtsfehler zuungunsten des Klägers in Gestalt eines unterlassenen Abzugs von Schuldzinsen als Betriebsausgaben bei den Einkünften der E aus selbständiger Arbeit aufweisen (§177 Abs. 1 AO 1977). Ungeachtet dessen, ob E insoweit eigener berücksichtigungsfähiger Aufwand entstanden ist oder ob ihr die vom Kläger als Darlehensnehmer gezahlten Schuldzinsen im Wege des sog. Drittaufwands zugerechnet werden können, steht dem Ansatz von Schuldzinsen als Betriebsausgaben für 1983 und 1984 zumindest die Vorschrift des §110 FGO entgegen.
Nach §110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGO binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Die Vorschriften der AO 1977 über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten bleiben davon zwar unberührt, allerdings nur, soweit sich aus der Rechtskraftwirkung nichts anderes ergibt (§110 Abs. 2 FGO). Dieser Vorrang der Rechtskraft gegenüber den Änderungsvorschriften (vgl. BFH-Urteil vom 7. Februar 1990 I R 145/87, BFHE 161, 387, BStBl II 1990, 1032; Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., §110 FGO Tz. 14) bedeutet, daß nicht nur eine Änderung, sondern auch eine Rechtsfehlerberichtigung anläßlich einer Änderung nach §177 AO 1977 ausgeschlossen ist, falls sich dadurch ein Widerspruch zur rechtlichen Beurteilung des Gerichts im rechtskräftigen Urteil ergeben würde (ebenso bereits zur Rechtslage vor Inkrafttreten der AO 1977: Fichtelmann, Deutsches Steuerrecht 1975, 390, 399). Dies wäre, wie das FG im Ergebnis zutreffend angenommen hat, hinsichtlich des vom Kläger im Wege des Drittaufwands begehrten Schuldzinsenabzugs der Fall. Der Begriff Streitgegenstand ist in §110 Abs. 1 Satz 1 FGO im Sinne von "Entscheidungsgegenstand" zu verstehen, d.h. als Teilmenge aller mit dem angefochtenen Verwaltungsakt erfaßten Besteuerungsgrundlagen, zu denen das Gericht selbstentscheidend Feststellungen getroffen hat. Es kommt demnach für die Bindungswirkung auf den vom Gericht seiner Entscheidung tatsächlich zugrunde gelegten Sachverhalt und die hierzu angestellten rechtlichen Erwägungen an. Das Gericht ist allerdings bei seiner Entscheidung nicht auf die Überprüfung der rechtlichen Begründung des Klägers beschränkt, sondern hat über dessen Rechtsbehauptung im Rahmen des Entscheidungsgegenstandes nach allen rechtlichen Gesichtspunkten jedenfalls insoweit zu entscheiden, als der Sachverhalt hierzu Anlaß gibt (BFH-Urteile vom 9. Mai 1984 II R 108/83, BFHE 141, 118, BStBl II 1984, 593; vom 21. November 1989 VII R 3/88, BFH/NV 1990, 650, und in BFHE 161, 387, BStBl II 1990, 1032).
Das FG hatte im Verfahren 1 K ... darüber zu entscheiden, ob die Einkünfte der E aus selbständiger Arbeit für 1983 und 1984 um als Schuldzinsen geltend gemachte Zahlungen an den Kläger in Höhe von 1 900 DM bzw. 13 255 DM zu mindern waren. Es hat dies im Urteil vom 5. Juni 1991 abgelehnt. Damit hat es entgegen der Auffassung des Klägers zugleich über die Abzugsfähigkeit der von ihm an die Versicherer gezahlten Schuldzinsen als der E zuzurechnender Drittaufwand entschieden. Es trifft zwar zu, daß es sich bei den Zahlungen der E an den Kläger einerseits und seinen Zahlungen an die Versicherer andererseits um voneinander unabhängige tatsächliche Vorgänge handelt. Auch hat das FG in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 5. Juni 1991 nicht ausdrücklich zur Abzugsfähigkeit der vom Kläger gezahlten Schuldzinsen als Drittaufwand Stellung genommen. Daß es darüber gleichwohl i.S. von §110 Abs. 1 Satz 1 FGO entschieden hat, folgt daraus, daß ihm die Zahlung von Schuldzinsen durch den Kläger an die Versicherer bekannt war, weshalb diese Zahlungen im Rahmen des seinerzeit geltend gemachten Begehrens zu prüfen waren, das FG die Klage aber gleichwohl als unbegründet abgewiesen hat.
Der Kläger hat in der Klagebegründung im Verfahren 1 K ... ausdrücklich vorgetragen, daß sein Steuerberater in den Steuererklärungen für 1983 und 1984 die Zinsen als Betriebsausgaben der E angesetzt habe, die er, der Kläger, an die Versicherer gezahlt hat, er die Geltendmachung dieser Beträge indes wegen der insoweit ablehnenden Haltung des FA zugunsten der Zahlungen der E an ihn "umgestellt" habe. Dem FG war daher schon aufgrund des eigenen Vorbringens des Klägers bekannt, daß der Abzug von Schuldzinsen als Betriebsausgaben bei den Einkünften der E unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten in Betracht kam.
Das FG konnte sich der Prüfung der Abzugsfähigkeit der im Klageantrag im Verfahren 1 K ... bezeichneten Beträge (Zahlungen von E an den Kläger) unter dem Gesichtspunkt des Drittaufwands, d.h. der vom Kläger gezahlten Schuldzinsen, auch nicht mit der Erwägung entziehen, daß der Drittaufwand nicht vom Streitgegenstand i.S. von §65 Abs. 1 Satz 1 FGO i.d.F. vor Inkrafttreten des FGO-Änderungsgesetzes vom 21. Dezember 1992 umfaßt sei. Aufwand, der wegen seiner Gleichartigkeit nicht kumulativ, sondern lediglich alternativ, d.h. entweder beim Steuerpflichtigen oder bei einem Dritten, anfallen kann, kann steuerlich nur einmal berücksichtigt werden. So verhält es sich bei einem Darlehen, dessen Valuta der Einkünfteerzielung durch den Steuerpflichtigen dient. Erhält der Steuerpflichtige die Valuta aufgrund eines Darlehensvertrags mit einem Darlehensgeber, so können nur die von ihm zu zahlenden Zinsen Aufwand sein. Der Abzug von (Refinanzierungs-)Aufwand des Darlehensgebers in Ansehung der dem Steuerpflichtigen überlassenen Valuta beim Steuerpflichtigen kommt daneben nicht in Betracht; insofern kann allenfalls eigener Aufwand des Darlehensgebers vorliegen, wenn die Darlehensgewährung bei ihm der Erzielung von Einkünften in Gestalt eines Zinsüberschusses dienen soll. Fehlt es an einer Darlehensvereinbarung, weil der Dritte als Darlehensnehmer dem Steuerpflichtigen die Valuta ohne eine solche Vereinbarung überläßt, so mögen die von dem Dritten zu zahlenden Darlehenszinsen beim Steuerpflichtigen als Drittaufwand abziehbar sein, falls er und nicht auch der Dritte die Darlehensmittel zur Einkünfteerzielung nutzt (vgl. dazu u.a. den Vorlagebeschluß des VI. Senats vom 25. November 1996 VI R 8/90, BFHE 181, 377, BStBl II 1997, 215). Im einen wie im anderen Fall kann Zinsaufwand jedenfalls nur einmal beim Steuerpflichtigen Berücksichtigung finden. Liegt steuerrechtlich beachtlicher eigener Aufwand bei ihm nicht vor, weil -- wie im Streitfall -- die Darlehensvereinbarung des Steuerpflichtigen mit seinem Darlehensgeber einem Fremdvergleich nicht standhält, so ist sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht zu prüfen, ob die Einkünfte des Steuerpflichtigen im Umfang des bei dem Dritten hinsichtlich des Darlehens entstandenen Aufwands gemindert werden können. Die Rechtsbehauptung des Steuerpflichtigen, daß ihm abziehbarer Zinsaufwand entstanden sei, kann jedenfalls nicht auf die Prüfung eigenen Aufwands beschränkt werden, wenn -- wie im Verfahren 1 K ... -- die Tatsachen, aus denen sich der Drittaufwand ergibt, dem Gericht bekannt sind.
Daß in diesem Fall der Drittaufwand Gegenstand der gerichtlichen Prüfung sein muß, zeigt der Vorbehalt in §110 FGO zugunsten der Änderungsvorschriften, soweit die Rechtskraft nicht entgegensteht: Ebensowenig wie ein materiell überprüfter Verwaltungsakt nach Bestandskraft aufgrund bekannter, lediglich noch einmal vorgebrachter Tatsachen geändert werden kann, ist es möglich, auf diese Art und Weise die Bindungswirkung eines rechtskräftigen Urteils zu unterlaufen (vgl. BFH-Urteile vom 7. April 1976 I R 24/75, BFHE 118, 542, BStBl II 1976, 501, und in BFHE 141, 118, BStBl II 1984, 593; Tipke, a.a.O., §110 FGO Tz. 12; Stockhausen, Finanz-Rundschau 1967, 350, 353). Der Kläger konnte aber, weil die Zahlung von Schuldzinsen durch ihn an die Versicherer bereits bekannt war, diesen Sachverhalt beim FA nicht erfolgreich zum Gegenstand eines Änderungsantrags nach §173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 machen. Um so weniger können diese Zahlungen nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils vom 5. Juni 1991 noch einmal Berücksichtigung finden.
Dem steht nicht entgegen, daß das FG in dieser Entscheidung nicht ausdrücklich auf die Abzugsfähigkeit der vom Kläger gezahlten Schuldzinsen eingegangen ist. Das FG hat die Zahlungen in seine tatsächlichen Feststellungen einbezogen. Da es die Klage abgewiesen hat, hat es den Abzug der mit dem Klageantrag als Eigenaufwand geltend gemachten Betriebsausgaben der E konkludent auch unter dem Gesichtspunkt des Drittaufwands verneint. Ausführungen in den Entscheidungsgründen sind für die Bestimmung des Rechtskraftumfangs zwar hilfreiche Anhaltspunkte, falls sich insoweit Zweifel ergeben. Zwingend erforderlich sind sie jedoch nicht, wenn sich dies schon aus dem allein der Rechtskraft fähigen Tenor des Urteils und den tatsächlichen Feststellungen mit hinreichender Klarheit ergibt. So verhält es sich im Streitfall. Die Abweisung der Klage trotz Einbeziehung der Tatsachen in die gerichtliche Feststellung, aus denen sich der Drittaufwand ergibt, bedeutet, daß das FG die Klage auch unter diesem Gesichtspunkt für unbegründet gehalten hat, auch wenn es dies nicht mehr ausdrücklich erörtert hat, weil der Kläger selbst diesen Gesichtspunkt seinerzeit als aus Rechtsgründen nicht durchgreifend angesehen hat.
Daraus folgt zugleich für das Streitjahr 1983, daß die Zahlungen des Klägers an die Versicherer auch insoweit nicht mehr berücksichtigt werden können, als sie den Betrag an Eigenaufwand der E, der für dieses Jahr Gegenstand des Klagebegehrens war (1 900 DM), übersteigen. Das FG hat durch die Abweisung der Klage über die Besteuerungsgrundlage "Drittaufwand" in vollem Umfang abschlägig entschieden. Eine betragsmäßige Aufteilung der vom Kläger geleisteten Zahlungen zwecks Begrenzung des Rechtskraftumfangs ist insoweit nicht möglich, weil sich hinsichtlich dieser Zahlungen keine unterschiedlichen rechtlichen Gesichtspunkte ergeben.
2. Ob das FG die Klage wegen Einkommensteuer 1982 zu Recht abgewiesen hat, weil dem Abzug der vom Kläger gezahlten Zinsen als Drittaufwand der E die eigene rechtliche Verpflichtung des Klägers gegenüber den Versicherern entgegensteht, kann ebenso wie die Frage, ob eine eigene Leistungsbeziehung des Steuerpflichtigen zum Dritten (hier: das behauptete Darlehensverhältnis mit Zinsabrede zwischen dem Kläger und E) den Abzug von Drittaufwand ausschließt, vom Ausgang der beim Großen Senat anhängigen Verfahren GrS 1/97, GrS 2/97, GrS 3/97 und GrS 5/97 abhängen. Das Verfahren bezüglich Einkommensteuer 1982 war deshalb abzutrennen, um die Entscheidung des Großen Senats in diesen Verfahren abzuwarten.
Fundstellen
Haufe-Index 171003 |
BFH/NV 1999, 788 |
HFR 1999, 471 |