Leitsatz (amtlich)
Berät ein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, die eingekaufte Stoffe verarbeitet, die Liefer-Firma in den technischen Fragen der Herstellung der Stoffe, so nimmt er damit Aufgaben wahr, die ihm als Geschäftsführer obliegen. Die Beratungstätigkeit bedarf daher, wenn sie und die dafür gezahlte Vergütung nicht der GmbH zugerechnet werden sollen, einer klaren und bis ins einzelne gehenden Abgrenzung, die im voraus durch Vertrag zwischen der GmbH und dem Geschäftsführer zu treffen ist.
Normenkette
KStG § 6 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige), eine GmbH, verarbeitet Stoffe, die ihr die K-GmbH liefert. Ihr Geschäftsführer ist G., dem 57 v. H. des Stammkapitals der Steuerpflichtigen gehören. In den Streitjahren 1959 bis 1962 bezog G. von der K-GmbH Vergütungen, die er in seinen Einkommensteuererklärungen als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit angab.
Im Anschluß an eine Betriebsprüfung behandelte der Revisionsbeklagte (das FA) die Vergütungen, die G. von der K-GmbH erhielt, als verdeckte Gewinnausschüttungen der Steuerpflichtigen, da es sich in Wirklichkeit um Preisnachlässe für die Warenbezüge der Steuerpflichtigen gehandelt habe.
Der Einspruch blieb in diesem Punkt ohne Erfolg.
Das FG, dessen Entscheidung in Entscheidungen der Finanzgerichte 1968 S. 431 veröffentlicht ist, hat die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Steuerpflichtigen. Die Steuerpflichtige rügt, das angefochtene Urteil verletze das Verfahrensrecht und das materielle Recht. Das FG habe den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt, die Beweisaufnahme nicht richtig gewürdigt und es unterlassen, ein Sachverständigen-Gutachten einzuholen. Die Steuerpflichtige rügt ferner, G. hätte im Verfahren vor dem FG beigeladen werden müssen, weil es darum gehe, ob die Vergütungen bei ihm Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder aus Kapitalvermögen seien.
Hilfsweise macht die Steuerpflichtige geltend: Wenn das FG davon ausgehe, daß die streitigen Beträge der Steuerpflichtigen zugestanden hätten, so hätte es prüfen müssen, ob es sich dann nicht um Tantiemen an den Geschäftsführer gehandelt habe.
Die Steuerpflichtige beantragt, das angefochtene Urteil, die Einspruchsentscheidung und die Körperschaftsteuerbescheide für die Streitjahre aufzuheben, die Sache an das FA zurückzuverweisen mit der Anweisung, die Veranlagungen ohne Ausnahme von verdeckten Gewinnausschüttungen vorzunehmen. Hilfsweise beantragt die Steuerpflichtige, die Sache wegen mangelnder Sachaufklärung an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet. Die Vergütungen, die G. in den Streitjahren von der K-GmbH bezogen hat, stellen verdeckte Gewinnausschüttungen der Steuerpflichtigen dar und sind zu ihrem Einkommen hinzuzurechnen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KStG).
G. war in den Streitjahren mit seiner Beteiligung von 57 v. H. des Stammkapitals beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer der Steuerpflichtigen (Urteil des BFH I R 91/66 vom 8. Januar 1969, BFH 95, 215, BStBl II 1969, 347). Wenn dieser auf dem gleichen Gebiet, auf dem er auch als Geschäftsführer der Gesellschaft tätig ist, eine eigene selbständige oder gewerbliche Tätigkeit entfaltet, hat er von vornherein für eine klare und bis ins einzelne gehende Abgrenzung seiner persönlichen Tätigkeit von seiner Geschäftsführertätigkeit in geeigneter Weise Sorge zu tragen. Fehlt es an einer derartigen Vereinbarung, so muß davon ausgegangen werden, daß der Gesellschafter-Geschäftsführer für die Gesellschaft tätig geworden ist (BFH-Urteile I 181/63 U vom 15. Dezember 1965, BFH 84, 342, BStBl III 1966, 123; I R 130/68 vom 30. September 1970, BFH 100, 240, BStBl II 1971, 68).
Nach dem eigenen Vorbringen der Steuerpflichtigen vor dem FG und in der Revisionsbegründung hat G. die Vergütungen von der K-GmbH für die wissenschaftliche und technische Beratung der K-GmbH (know-how) erhalten. Die Beratung bezog sich auf die Herstellung von Stoffen durch die K-GmbH, die diese an die Steuerpflichtige lieferte. Damit ist der Zusammenhang zwischen der Beratungstätigkeit des G. und der geschäftlichen Tätigkeit der Steuerpflichtigen hergestellt. Die Steuerpflichtige hatte ein eigenes Interesse daran, daß die Stoffe den Ansprüchen genügten, die die Käufer der mit Hilfe dieser Stoffe hergestellten Erzeugnisse stellten. Dieses Interesse wahrzunehmen, war Sache des Geschäftsführers (§§ 35, 43 GmbHG). Gewiß kann eine Gesellschaft von ihrem Geschäftsführer nicht verlangen, daß er technische Fähigkeiten entwickelt, die er nicht hat. Wenn aber der Geschäftsführer - wie im Streitfall vorgetragen - über einen reichen Schatz an Erfahrungen auf dem Gebiet der Herstellung bestimmter Stoffe, die die Gesellschaft verarbeitet, und über erfinderische Fähigkeiten verfügt, dann liegt der Einsatz dieser Erfahrungen und Fähigkeiten im Interesse der Gesellschaft und damit im Bereich der Geschäftsführertätigkeit, es sei denn, daß die Beratungstätigkeit durch klare und bis ins einzelne gehende Vereinbarungen von der Geschäftsführertätigkeit abgegrenzt ist, wie es das BFH-Urteil I 181/63 U (a. a. O.) verlangt.
Nach den Feststellungen des FG fehlt es im Streitfall an einer derartigen Vereinbarung. Die Revisionsrügen der Steuerpflichtigen sind in diesem Punkt unbegründet. Die Steuerpflichtige führt aus, die übrigen Gesellschafter seien - wie durch deren Vernehmung bewiesen werden könne - mit den anderen Tätigkeiten des G. einverstanden gewesen. Außerdem liege in dem Protokoll über die außerordentliche Gesellschafterversammlung vom 12. Dezember 1964 keine Genehmigung, sondern eine nachträgliche schriftliche Bestätigung, daß die Tätigkeit des G. für die K-GmbH den Gesellschaftern der Steuerpflichtigen in den Streitjahren bekannt gewesen sei und daß die Gesellschafter damit einverstanden gewesen seien. Diese Tatsachen - ihre Richtigkeit einmal unterstellt - ergeben nicht die von der Rechtsprechung geforderte vorherige klare und bis ins einzelne gehende Abgrenzung der eigenen Tätigkeit des Geschäftsführers von seiner Geschäftsführertätigkeit. Es reicht nicht aus, daß die übrigen Gesellschafter mit der Tätigkeit einverstanden sind und daß sie dies nachträglich bestätigen. Vielmehr muß ein Vertrag zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer vorliegen, der im voraus die Tätigkeit als Geschäftsführer und die eigene Tätigkeit klar und bis ins einzelne abgrenzt. Daß im Streitfall ein solcher Vertrag geschlossen worden sei, kann dem tatsächlichen Vorbringen der Steuerpflichtigen nicht entnommen werden. Daher stellt es keinen Verfahrensmangel dar, wenn das FG die übrigen Gesellschafter der Steuerpflichtigen nicht vernommen hat. Ferner ist es unbeachtlich, ob das Protokoll vom 12. Dezember 1964 inhaltlich eine Genehmigung oder eine nachträgliche Bestätigung darstellt.
Fehlt es somit im Streitfall an der erforderlichen Abgrenzung der Tätigkeiten des G., so gilt nach dem BFH-Urteil I 181/63 U (a. a. O.), daß seine Beratungstätigkeit für die K-GmbH und damit auch die Vergütungen für diese Tätigkeit der Steuerpflichtigen zuzurechnen sind. Die Vergütungen an G. stellen damit verdeckte Gewinnausschüttungen dar.
Bei dieser Sachlage braucht auf die weiteren Rügen der Steuerpflichtigen nicht eingegangen zu werden. Es kann auf sich beruhen, ob die Vergütungen in Wirklichkeit Preisnachlässe waren, ob ihnen eine Gegenleistung des G. gegenüberstand und auf welche technische Einzelheiten sich das behauptete know-how des G. bezog.
Unbegründet ist auch die Rüge, G. hätte beigeladen werden müssen. Ein Fall der notwendigen Beiladung (§ 60 Abs. 3 FGO) lag nicht vor. Eine einfache Beiladung (§ 60 Abs. 1 FGO) ist in das Ermessen des Gerichts gestellt. Die Steuerpflichtige hat nicht dargetan, daß das FG hier von seinem Ermessen einen fehlerhaften Gebrauch gemacht habe.
Schließlich können die Vergütungen, die G. von der K-GmbH bezogen hat, nicht in Tantiemen umgedeutet werden. Denn Tantiemen eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführes müssen nach strändiger Rechtsprechung von vornherein klar und eindeutig vereinbart sein.
Fundstellen
Haufe-Index 69421 |
BStBl II 1971, 352 |
BFHE 1971, 361 |