Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorabentstandene Werbungskosten trotz Leerstehens einer Wohnung bei fortgesetzter Nutzungsabsicht
Leitsatz (NV)
1. Aufwendungen für eine leerstehende Wohnung können als vorabentstandene Werbungskosten abgezogen werden, wenn der Entschluß zur Einkunftserzielung endgültig gefaßt und später nicht wieder weggefallen ist (st. Rechtsprechung).
2. Zu subjektiven Gründen, die im Einzelfall den Schluß auf die fortbestehende Nutzungsabsicht trotz des Leerstehens der Wohnung rechtfertigen.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 4, §§ 7b, 9 Abs. 1 Sätze 1-2, 3 Nr. 1, § 21 Abs. 2, § 21a
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb 1980 ein mit einem Einfamilienhaus zu bebauendes Grundstück. Das Gebäude war am 13. August 1981 bezugsfertig. Das Einfamilienhaus stand zunächst leer. Erst ab März 1984 bewohnte der Kläger das Haus. Er führte in den Einkommensteuererklärungen für 1981 und 1982 jeweils aus, das Haus aus familiären Gründen noch nicht nutzen zu können. Die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (1983) vom 29. Februar 1984 enthält folgende Anmerkung: ,,Nach Änderung der familiären Verhältnisse (Tod der Mutter) habe ich mich jetzt entschieden, das Haus im Laufe dieses Jahres (1984) selbst zu beziehen; im Jahre 1983 stand es noch leer."
Die im Streitjahr als vorabentstandene Werbungskosten geltend gemachten erhöhten Absetzungen nach § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG), Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 4 EStG und Schuldzinsen in Höhe von insgesamt 20495 DM erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) auch im Einspruchsverfahren nicht an. Die Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung aus, bei einem längerzeitigen Leerstehen aus subjektiven Gründen fehle der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den Grundstücksaufwendungen und der angestrebten Erzielung der Einkünfte.
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, die er auf die Verletzung materiellen Rechts stützt.
Während des Revisionsverfahrens hat das FA den angefochtenen Einkommensteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Dezember 1984 hinsichtlich der Höhe des Grundfreibetrags für vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) erklärt. Der Kläger hat den geänderten Einkommensteuerbescheid gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).
Die Vorentscheidung ist aufzuheben, weil das FG die Einkunftserzielungsabsicht des Klägers im Streitjahr rechtsfehlerhaft verneint hat.
Allerdings ist das FG im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) davon ausgegangen, daß auch Aufwendungen für eine leerstehende Wohnung als vorabentstandene Werbungskosten abgezogen werden können, wenn der Entschluß zur Einkunftserzielung endgültig gefaßt (Senatsentscheidungen vom 26. Juli 1986 IX R 206/84, BFHE 147, 176, BStBl II 1986, 747, Nr. 2a der Gründe, und vom 19. September 1990 IX R 5/86, BFHE 161, 479, BStBl II 1990, 1030, m. w. N.) und später nicht wieder weggefallen ist (vgl. BFH-Urteil vom 26. August 1975 VIII R 120/72, BFHE 117, 54, BStBl II 1976, 9).
Die Annahme des FG, der Kläger habe sich im Streitjahr aus subjektiven Gründen nicht endgültig entschlossen, sein Einfamilienhaus zu nutzen, wird jedoch nicht von tatsächlichen Feststellungen getragen. Das FG hat für seine Annahme keine subjektiven Gründe angeführt, die den Kläger an der Nutzung seines Einfamilienhauses dauerhaft hinderten.
Der ursprünglich geplante, jedoch wegen der plötzlichen Erkrankung der dann pflegebedürftigen Mutter zunächst hinausgeschobene Umzug sowie die im Streitjahr durchgeführten Isolierungs- und Holzarbeiten begründen vielmehr die von vornherein bestehende und im Streitjahr nicht wieder aufgegebene Absicht des Klägers, in absehbarer Zeit aus der Nutzung des Gebäudes Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Hiermit stimmen auch die Angaben des Klägers in seinen Einkommensteuererklärungen für 1981 und 1982 überein, die ergeben, daß er das Einfamilienhaus entweder selbst nutzen oder vermieten wollte. Der vom FG festgestellte Sachverhalt enthält demgegenüber keine Anhaltspunkte dafür, der Kläger habe das Haus aus spekulativen Gründen besitzen oder dauerhaft leerstehen lassen wollen.
Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Klage ist stattzugeben. Die Einkunftserzielungsabsicht des Klägers ist aufgrund der angeführten tatsächlichen Feststellungen zu bejahen. Die einzelnen, unter den Beteiligten unstreitigen Aufwendungen sind als vorabentstandene Werbungskosten abziehbar.
Fundstellen
Haufe-Index 418993 |
BFH/NV 1993, 528 |