Entscheidungsstichwort (Thema)

Unentgeltliche Nutzungsüberlassung durch die Kommanditisten einer GmbH & Co. KG

 

Leitsatz (NV)

Überlassen die Kommanditisten einer GmbH & Co. KG der Gesellschaft ein Grundstück zur unentgeltlichen Nutzung, so liegt in der Nutzungsüberlassung eine gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KVStG 1972 gesellschaftsteuerpflichtige Leistung.

 

Normenkette

KVStG 1972 § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c, § 5 Abs. 2 Nr. 3, § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland. Persönlich haftende Gesellschafterin war in der Zeit vom 1. 1. 1977 bis zum 31. 3. 1981 die M-GmbH. Kommanditist war K. Die Klägerin hatte bis zum 11. 12. 1980 mit A einen weiteren Komplementär. Dieser verstarb am 11. 12. 1980. Sein Komplementäranteil ging auf seine Erben über und wurde in Kommanditanteile der Erben umgewandelt. Seit dem 11. 12. 1980 sind deshalb die Erben des A weitere Kommanditisten der Klägerin.

Die Klägerin nutzt ein in X, Y-Straße 1-3, gelegenes Geschäftsgrundstück unentgeltlich zu betrieblichen Zwecken. Das Grundstück gehörte zunächst dem A zu 3/4 und dem K zu 1/4. Mit dem Tod des A ging dessen Grundstücksanteil auf die Erben über, die Kommanditisten der Klägerin wurden.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) behandelte die unentgeltliche Grundstücksüberlassung für die Zeit vom 1. Januar 1977 bis zum 31. März 1981, soweit sie von K und den Erben des A bewirkt wurde, als gesellschaftsteuerpflichte Leistung i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG) 1972. Den Jahresmietwert für das gesamte Geschäftsgrundstück setzte es für alle Jahre mit . . . DM an. Für 4 1/4 Jahre ergab sich damit als Steuermaßstab für die Gesellschaftsteuer der Betrag von . . . DM. Entsprechend setzte das FA durch Bescheid vom 19. Dezember 1984 die Gesellschaftsteuer auf . . . DM fest.

Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Mit ihrer vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision rügt die Klägerin die unrichtige Anwendung des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KVStG 1972.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KVStG 1972 unterliegt die Überlassung von Gegenständen durch einen Gesellschafter an seine inländische Kapitalgesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung dann der Gesellschaftsteuer, wenn die Überlassung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen. Ergänzend dazu regeln die §§ 5 und 6 KVStG 1972, was unter einer Kapitalgesellschaft i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 4 KVStG 1972 zu verstehen ist und wer als Gesellschafter der Kapitalgesellschaft gilt. Danach ist eine GmbH & Co. KG mit Sitz und Geschäftsleitung in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) inländische Kapitalgesellschaft (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 KVStG 1972). Die Kommanditisten gelten als Gesellschafter der Kapitalgesellschaft (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 KVStG 1972).

Zu diesen Voraussetzungen hat das FG in tatsächlicher Hinsicht und den erkennenden Senat bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), daß die Klägerin in der Zeit vom 1. Januar 1977 bis zum 31. März 1981 eine GmbH & Co. KG mit Sitz in der Bundesrepublik war. Persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin war die M-GmbH. Sie war Kapitalgesellschaft i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 3 KVStG 1972. Damit war die Klägerin Kapitalgesellschaft i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 3 KVStG 1972. Ihre Kommanditisten galten als Gesellschafter i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 4 KVStG 1972.

2. Nach dem auch insoweit vom FG für den erkennenden Senat bindend festgestellten Sachverhalt (§ 118 Abs. 2 FGO) nutzte die Klägerin das im Miteigentum ihrer Kommanditisten stehende Gebäude in der o. g. Zeit unentgeltlich. Hierin liegt anteilig eine freiwillige Leistung der Kommanditisten in der Form der Überlassung von Gegenständen an die Klägerin zu einer den (Nutzungs-)Wert nicht erreichenden Gegenleistung i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KVStG 1972. Dazu verweist der Senat auf seinen Vorlagebeschluß vom 28. Juni 1989 I R 110/85 (BFHE 157, 244, BStBl II 1989, 853). In diesem Beschluß hat er unter Bezugnahme auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß unter § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KVStG 1972 nicht nur Gesellschaftereinlagen im engeren Sinne, sondern ebenso sog. Erfolgsbeiträge in der Form von Nutzungsüberlassungen fallen. An dieser Auffassung hält der Senat fest. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft (EuGH) hat sie im Urteil vom 5. Februar 1991 Rs.C - 249/89 (noch nicht amtlich veröffentlicht) als richtlinienkonform bestätigt.

Zwar betrifft der Beschluß in BFHE 157, 244, BStBl II 1989, 853 nur die zinslose Überlassung eines Darlehens. Für die Anwendung des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KVStG 1972 kann es aber keinen Unterschied machen, ob als Gegenstand Geld oder ein Grundstück überlassen wird. Soweit die Klägerin in ihrer Klage- und Revisionsbegründung eine andere Rechtsauffassung vertritt, steht sie mit dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KVStG 1972 nicht in Einklang. Dort ist von der Überlassung eines Gegenstandes und nicht von der Übertragung desselben in das Vermögen der Gesellschaft die Rede.

3. Für die Anwendung des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KVStG 1972 ist es unerheblich, ob die Überlassung des Gegenstandes eine vertragliche Rechtsgrundlage hat oder ob sie nur faktischer Natur ist. Ebensowenig kommt es darauf an, ob die Gesellschafter jederzeit in der Lage waren, der Klägerin die Nutzung zu entziehen. Der Begriff ,,Überlassen" erfaßt zwar nur Nutzungen, die im Einverständnis mit dem den Gegenstand überlassenden Gesellschafter gezogen werden. Deshalb ist aber eine vertragliche Rechtsgrundlage keine Voraussetzung des Überlassenstatbestandes. Sollten der oder die Gesellschafter der Gesellschaft das Recht zur Nutzung entziehen, so wird dadurch in der Regel der Überlassungstatbestand beendet. Die Beendigung läßt jedoch die zuvor verwirklichte Überlassung unberührt. Sie bleibt deshalb steuerbar.

4. Für die Anwendung des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KVStG 1972 ist es schließlich unerheblich, ob die Nutzungsüberlassung bilanziell als Einlage ausgewiesen werden kann. Die Gesellschaftsteuer knüpft als Rechtsverkehrsteuer nicht an die bilanzielle Behandlung an. Deshalb geht auch der Hinweis der Klägerin auf den Beschluß des erkennenden Senats vom 20. August 1986 I R 41/82 (BFHE 147, 502, BStBl II 1987, 65), und auf § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) fehl. Der Besteuerungstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KVStG 1972 ist verwirklicht, weil die Klägerin auf Grund der Leistungen ihrer Kommanditisten eigene Mietaufwendungen ersparte. Dadurch erhöhte sich ihr Gewinn bzw. es verminderte sich ihr Verlust. Beides führte zu einer Verstärkung des Eigenkapitals. Diese Vermögensmehrung besaß zwangsläufig die Eignung, den Wert der Gesellschaftsrechte an der Klägerin zu erhöhen.

Zu Unrecht vertritt die Klägerin die Auffassung, die Werterhöhung der Gesellschaftsrechte sei das Entgelt für die Nutzungsüberlassung. Entgelt kann nur sein, was im Rahmen eines schuldrechtlichen Leistungsaustausches als Gegenleistung von der Gesellschaft geschuldet wird. Die Gesellschaft ,,schuldet" jedoch die Werterhöhung nicht. Diese ist vielmehr bloßer Reflex der von den Kommanditisten erbrachten Leistung. Damit vollzieht sich die Werterhöhung der Gesellschaftsrechte auf gesellschaftsrechtlicher Ebene. Dies ergibt sich nicht zuletzt daraus, daß der einzelne Gesellschafter die Werterhöhung nur in der Form der Gewinnausschüttung (Gewinnverteilung), im Rahmen der Liquidation der Gesellschaft oder aber durch Anteilsveräußerung realisieren kann. Wollte man die Rechtslage anders beurteilen, müßte man die Werterhöhung als Entgelt auch beim Gewinn i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG bzw. in anderen Fällen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) erfassen. Eine solche Konsequenz hat aber schon der Große Senat des Bundesfinanzhofs in seinem Beschluß vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86 (BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348, unter C. I. 3. c) abgelehnt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417651

BFH/NV 1991, 764

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