Entscheidungsstichwort (Thema)
Geographischer Zusatz in der Firma einer Steuerberatungsgesellschaft
Leitsatz (NV)
Der aus den Namen zweier Flüsse bestehende Zusatz in der Firma einer Steuerberatungsgesellschaft verstößt als "anderer" Hinweis auf die steuerberatende Tätigkeit gegen § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG.
Normenkette
StBerG § 43 Abs. 4 S. 2, §§ 53, 57 Abs. 1, § 72 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Steuerberatungsgesellschaft mit Niederlassungen in ... Sie wurde im Jahre 1987 unter der Firmenbezeichnung X-Steuerberatungsgesellschaft mbH vom Finanzministerium anerkannt. Ihre Gesellschafter beschlossen im Dezember 1990, den Sitz der Gesellschaft von K nach D zu verlegen, und im Februar 1991, künftig unter (dem Namen zweier Flüsse) "A-B-Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft mbH" zu firmieren. Dies teilte die Klägerin im Mai 1991 dem Finanzministerium mit. Das Finanzministerium setzte der Klägerin im März 1992 eine Frist, die von ihm als rechtswidrig angesehene Firmenbezeichnung abzuändern. Nach ergebnislosem Ablauf der Frist widerrief es im August 1992 unter Hinweis auf § 55 Abs. 2, § 43 Abs. 4 Satz 2, § 57 Abs. 1, § 72 Abs. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) die Anerkennung der Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft.
Die Klage der Klägerin führte zur Aufhebung des Widerrufsbescheids. Wegen der Begründung des Urteils des Finanzgerichts (FG) wird auf die Veröffentlichung in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 369 Bezug genommen.
Mit der Revision macht die Beklagte und Revisionsklägerin (OFD), auf die die Zuständigkeit für Aufgaben nach §§ 49 bis 55 und 155 StBerG übergegangen ist (§ 158 Abs. 2 StBerG in Verbindung mit der Verordnung ... ), geltend, die Firmierung der Klägerin sei unzulässig, weil sie einen geographischen Zusatz enthalte. Geographische Zusätze seien stets unzulässige Hinweise i. S. von § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG. Im Zusammenhang mit der Bezeichnung "Steuerberatungsgesellschaft" als Hinweis auf die steuerberatende Tätigkeit der Gesellschaft seien sie geeignet, bei Steuerberatungsuchenden den Eindruck zu erwecken, die Steuerberatungsgesellschaft nehme als solche und damit bei der Ausübung ihrer steuerberatenden Tätigkeit eine Sonderstellung ein. Das habe der Bundesfinanzhof (BFH) jedenfalls für die attributive Verwendung einer Ortsbezeichnung im Namen einer Steuerberatungsgesellschaft entschieden (Urteil des Senats vom 13. Mai 1987 VII R 37/84, BFHE 150, 108, BStBl II 1987, 606). Ob ein geographischer Zusatz attributiv oder -- wie im Streitfall -- substantivisch verwendet werde, könne seine Zulässigkeit nicht beeinflussen. Ein geographischer Namenszusatz stelle immer einen irgendwie gearteten Bezug zum angesprochenen Ort her.
Für den Fall, daß bei der Beurteilung auf den jeweiligen Einzelfall abzustellen sei, unterscheide sich die hier in Frage stehende Firmierung von der Firmierung, über die der Bundesgerichtshof (BGH) im Urteil vom 19. Oktober 1989 I ZR 193/87 (Der Betrieb -- DB -- 1990, 36) entschieden habe. Die Ortsangabe "A-B" werde nicht -- wie im Urteilsfalle des BGH -- beidseitig von weiteren Firmenbestandteilen eingerahmt. Vielmehr sei sie auffällig an erster Stelle plaziert und entfalte eine besonders ins Auge springende und einprägsame Wirkung.
Die geschäftliche Sonderstellung, auf die die Klägerin in ihrem Namenszusatz aufmerksam mache, ergebe sich aus dem daraus folgenden Hinweis auf ihre überregionale Betätigung. Ein unbefangener Leser verbinde mit der überregionalen Betätigung einer Gesellschaft ganz automatisch, daß diese Gesellschaft schon deshalb besser sein müsse als andere, weil sie zu überregionalem Tätigwerden in der Lage sei.
Ein Steuerberater als Einzelunternehmer dürfe die Bezeichnung "A-B-Steuerberater" nicht führen. Die Bezeichnung der Klägerin verstoße deshalb auch gegen das Gebot der Wettbewerbsgleichheit und gegen das Verbot der berufswidrigen Werbung (§ 57 Abs. 1 i. V. m. § 72 Abs. 1 StBerG).
Die OFD beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor, das FG habe zu Recht einen Verstoß ihres Firmenzusatzes "A-B" gegen § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG verneint. Nach der Rechtsprechung des BGH und des erkennenden Senats sei bei der Beurteilung von geographischen Zusätzen im Firmennamen einer Steuerberatungsgesellschaft danach zu unterscheiden, ob diese in attributiver oder in substantivischer Form verwendet würden, da die erstere eher geeignet sei, auf eine Sonderstellung der Steuerberatungsgesellschaft hinzuweisen. Eine konkrete Ortsangabe in substantivischer Form -- wie im Streitfall -- verstoße grundsätzlich nicht gegen § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG. Es bedürfe hier keiner Feststellung darüber, ob die Steuerberatungsgesellschaft nach Ausstattung und Umsatz auf den so bezeichneten Raum zugeschnitten sei. Der Firmenzusatz "A-B" diene lediglich der namensmäßigen Unterscheidung und sei nicht geeignet, auf eine Sonderstellung hinzuweisen. Dabei könne es nicht darauf ankommen, ob der geographische Zusatz von den weiteren Firmenbestandteilen eingerahmt werde oder diesen vorangestellt sei.
Die Eignung des Firmenzusatzes zum Hinweis auf eine Sonderstellung dürfe im übrigen nicht nur vermutet werden, sondern müsse anhand ausreichender Anhaltspunkte festgestellt werden. Das sei hier schon deshalb nicht möglich, weil es sich nicht um eine konkrete, abgrenzbare Ortsangabe, sondern -- wie das FG festgestellt habe -- um eine diffuse und unklare geographische Bezeichnung handele, bei der die räumliche oder auch gedankliche Verbindung zwischen den beiden genannten Flüssen -- ähnlich wie bei einer Phantasiebezeichnung -- offen bleibe.
Selbst wenn aber aus ihrem Firmennamen ein abgrenzbarer geographischer Raum entnommen werden könnte, wäre dieser nicht geeignet, auf eine geschäftliche Sonderstellung hinzuweisen. Aus einer überregionalen Bedeutung -- wie sie heute bei einem Großteil der Steuerberater und Steuerberatungsgesellschaften gegeben sei -- könne nicht auf eine Sonderstellung im Verkehr geschlossen werden. Sie sei im übrigen verpflichtet, auf ihren Praxisschildern und Geschäftsbögen ihrer auswärtigen Beratungsstellen auf die Zweigstelleneigenschaft und damit auf ihre überregionale Tätigkeit hinzuweisen. Die Beratungsuchenden seien es heute auch gewohnt, daß ihnen Steuerberatungsgesellschaften mit einem geographischen Firmenzusatz im Geschäftsverkehr begegneten. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen sei sie (die Klägerin) nach Ausstattung (Zahl der Mitarbeiter) und Umsatz für eine überregionale Betätigung, die sich aus ihrem Firmennamen ergeben sollte, bestens gerüstet. Der Zulässigkeit der Firmierung stehe aber nicht entgegen, daß sie zwischen A und B nicht über ein flächendeckendes Netz von Niederlassungen verfüge.
Daß ein einzelner Steuerberater keine entsprechende geographische Bezeichnung wie die in ihrem Firmennamen verwenden dürfe, führe nicht zu einer Ungleichheit im Wettbewerb, da sich dieser durch seinen Geburtsnamen von seinen Mitbewerbern unterscheide. Eine Steuerberatungsgesellschaft müsse dagegen aus Gründen der Unterscheidbarkeit einen Kunstnamen in der Firma führen. Ein Verstoß gegen die §§ 57 Abs. 1, 72 Abs. 1 StBerG liege nicht vor, weil der streitige Firmenzusatz keinen unzulässigen Werbeeffekt bewirke.
Der Widerruf ihrer Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft sei bereits im Hinblick auf die ständige Entscheidungspraxis des Finanzministeriums rechtswidrig. Dieses habe nämlich seinen Beurteilungsspielraum offenbar dahingehend eingeengt, geographische Bestandteile in der Firma einer Steuerberatungsgesellschaft regelmäßig nicht zu beanstanden bzw. derartige Firmen zu genehmigen. Der Widerruf der Anerkennung stelle deshalb eine krasse Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber anderen Steuerberatungsgesellschaften im Zuständigkeitsbereich des Finanzministeriums und im Bundesgebiet dar. Selbst wenn ihre Firmierung unzulässig sein sollte, verstoße der Widerruf im Hinblick auf das späte Tätigwerden des Finanzministeriums und die schweren Folgen des Widerrufs der Anerkennung gegen die Rechte der Klägerin aus Art. 12 und 14 des Grundgesetzes (GG).
Die beigeladene Steuerberaterkammer beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Die Anerkennung der Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft ist zu Recht widerrufen worden, da diese einen unzulässigen Firmennamen führt.
1. Nach § 55 Abs. 2 StBerG hat die für die Finanzverwaltung zuständige Behörde (hier die OFD, § 158 Abs. 2 StBerG in Verbindung mit der o. g. Verordnung) die Anerkennung zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung der Gesellschaft nachträglich fortfallen. Wie der Senat wiederholt entschieden hat (vgl. Urteil in BFHE 150, 108, BStBl II 1987, 606, 607 mit Hinweisen auf die vorangegangene Rechtsprechung), ist bei der Anerkennung einer Steuerberatungsgesellschaft und damit auch beim Widerruf nach § 55 Abs. 2 StBerG nicht nur zu beachten, ob die Voraussetzungen der §§ 49 ff. StBerG erfüllt sind, sondern auch, ob andere Vorschriften nicht eingehalten sind, die eine anerkannte Steuerberatungsgesellschaft beachten muß. Dazu gehört nach § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG, daß die Firma der Steuerberatungsgesellschaft keinen "anderen" Hinweis auf eine steuerberatende Tätigkeit enthält.
Nach § 53 StBerG besteht für eine Steuerberatungsgesellschaft die Pflicht, die Bezeichnung "Steuerberatungsgesellschaft" in der Firma zu führen. Andere Zusätze als Hinweis auf eine steuerberatende Tätigkeit sind nicht erlaubt. Das folgt für Steuerberatungsgesellschaften aus dem Zusammenhang der Regelungen in den §§ 43, 53 StBerG. Danach ist jene Verpflichtung der Steuerberatungsgesellschaft im Zusammenhang mit dem Verbot der Verwendung anderer Bezeichnungen zum Hinweis auf eine steuerberatende Tätigkeit nach § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG dahin auszulegen, daß eine Steuerberatungsgesellschaft andere -- also auch weitere -- Firmenzusätze, die auf eine steuerberatende Tätigkeit hinweisen, nicht führen darf (vgl. Urteile des Senats vom 3. Februar 1987 VII R 116/82, BFHE 149, 362, BStBl II 1987, 346, und in BFHE 150, 108, BStBl II 1987, 606, 607 m. w. N.).
Der Zusatz "A-B" in der Firma der Steuerberatungsgesellschaft ist als Hinweis auf eine steuerberatende Tätigkeit i. S. des § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG anzusehen, die zum Widerruf der Anerkennung der Klägerin berechtigt.
2. a) Der Senat hat in dem Urteil in BFHE 150, 108, BStBl II 1987, 606 die attributive Verwendung einer Ortsbezeichnung in der Firma einer Steuerberatungsgesellschaft ("A-dorfer ... ") als Hinweis auf eine steuerberatende Tätigkeit i. S. des § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG angesehen. Ein solcher Hinweis ist nach der Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn der Firmenzusatz im Zusammenhang mit der Bezeichnung "Steuerberatungsgesellschaft" wegen deren Bedeutung als allgemeiner Hinweis auf die steuerberatende Tätigkeit der Gesellschaft geeignet ist, bei denjenigen, die Hilfe in Steuersachen in Anspruch nehmen, den Eindruck zu vermitteln, die Steuerberatungsgesellschaft nehme als solche und damit bei der Ausübung ihrer steuerberatenden Tätigkeit eine Sonderstellung ein (vgl. Urteil des BGH vom 13. November 1981 I ZR 2/80, Steuerrechtsprechung in Karteiform -- StRK --, Steuerberatungsgesetz, § 57, Rechtsspruch 16, und Urteil des Oberlandesgerichts -- OLG -- Düsseldorf vom 13. September 1979 2 U 32/79, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht -- GRUR -- 1980, 315 -- zu "Düsseldorfer ... " --). Das trifft nicht nur dann zu, wenn dem Zusatz entnommen werden kann, die Steuerberatungsgesellschaft habe ihre steuerberatende Tätigkeit spezialisiert (vgl. Urteil des Senats in BFHE 149, 362, BStBl II 1987, 346 -- "Landtreuhand ... " --), sondern auch dann, wenn der Zusatz dahin verstanden werden kann, die Steuerberatungsgesellschaft nehme in der Ausübung ihrer steuerberatenden Tätigkeit am Ort bzw. in dem in ihrer Firma genannten geographischen Raum eine herausragende oder gar eine einzigartige Stellung ein. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Zusatz dahin gedeutet werden kann, die Steuerberatungsgesellschaft sei an dem Ort bzw. in dem Gebiet eine besonders bedeutsame oder die einzige ihrer Art.
b) Der BGH hat allerdings in dem von der Klägerin zitierten Urteil in DB 1990, 36 die in substantivischer Form verwendete Ortsangabe in der Firma "Treuhand Bad S. Steuerberatungsgesellschaft" nicht als einen nach § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG verbotenen Hinweis auf eine geschäftliche/berufliche Sonderstellung angesehen, sondern sie als eine allein der Namensgebung dienende reine Ortsbezeichnung beurteilt, die nur wie die Angabe des Firmensitzes wirke und deshalb zulässig sei. Dabei hat er -- mit dem Berufungsgericht -- u. a. darauf abgestellt, daß die dortige Ortsangabe von den weiteren Firmenbestandteilen "Treuhand" und "Steuerberatungsgesellschaft" eingerahmt werde und deshalb neben diesen keine besonders ins Auge springende Wirkung entfalte. Nach den Ausführungen des BGH, auf die sich die Klägerin beruft, besteht eine Vermutung oder ein Erfahrungssatz, daß eine in einem Firmennamen verwendete Ortsangabe von einem nicht unerheblichen Teil des Verkehrs regelmäßig im Sinne einer Alleinstellungsbehauptung oder als Behauptung einer führenden oder besonders maßgeblichen Stellung verstanden werde, nicht. Vielmehr bedürfe es in jedem Einzelfall ausreichender tatsächlicher Anhaltspunkte, die die Annahme eines derartigen Verkehrsverständnisses trügen, wobei die Verwendung einer Ortsangabe in attributiver Form eher als die bloß subjektivische Wiedergabe einer geographischen Bezeichnung geeignet sei, als Inanspruchnahme einer Sonderstellung zu wirken.
c) Der Senat ist auch unter Berücksichtigung der BGH-Rechtsprechung -- entgegen der Vorentscheidung -- der Auffassung, daß im Streitfall dem Firmenzusatz "A-B" nicht nur namensmäßig-unterscheidende Bedeutung zukommt. Vielmehr ist dieser Zusatz geeignet, den Eindruck zu vermitteln, der Steuerberatungsgesellschaft komme in dem genannten geographischen Gebiet im Vergleich zu den beruflichen Mitbewerbern eine geschäftliche Sonderstellung zu. Hierzu ist es ausreichend, daß aufgrund des umfangreichen geographischen Raumes, der durch die beiden Flüsse bezeichnet wird, Anhaltspunkte für eine derartige Deutung bestehen. Maßgeblich ist dabei allein, daß der Zusatz geeignet ist, den aufgezeigten mit § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG nicht zu vereinbarenden Eindruck zu vermitteln, und daß er von den Hilfe in Steuersachen Suchenden so verstanden werden kann.
Weitere Feststellungen zur Bedeutung des Zusatzes sind entbehrlich; vor allem kommt es nicht darauf an, ob die Steuerberatungsgesellschaft mit dem Firmenzusatz tatsächlich den Eindruck einer herausgehobenen beruflichen Stellung erzielen wollte (vgl. Urteil des Senats in BFHE 150, 108, BStBl II 1987, 606, 608).
Auch der BGH schließt für geographische Firmenzusätze, die -- wie im Streitfall -- in substantivischer Form verwendet werden, die Inanspruchnahme einer Sonderstellung nicht schlechthin aus. Der streitige Zusatz in der Firma der Klägerin besteht nicht -- wie im Falle des genannten BGH-Urteils -- in einer reinen Ortsangabe, lediglich mit der Bedeutung eines Hinweises auf den Firmensitz. Die Bezeichnung "A-B" ist vielmehr nach der Wortbedeutung geeignet, auf eine Tätigkeit in einem größeren geographischen Raum hinzuweisen, der je nach der Betrachtungsweise, auf die es hier nicht näher ankommt, das Gebiet zwischen den beiden Flüssen bzw. entlang des Verlaufs der genannten Flüsse umfaßt. Damit ist der Firmenzusatz auch geeignet, auf einen der geographischen Deutung entsprechenden großen Geschäftsumfang und damit auf eine herausgehobene wirtschaftliche Stellung, auf einen weit gespannten Beratungsumfang und auf eine entsprechende Qualität der Beratungsleistungen hinzuweisen. Im Streitfall kommt hinzu, daß die Namen der beiden Flüsse geeignet sind, auf eine Betätigung der Klägerin sowohl im Gebiet der alten Bundesländer als auch im Beitrittsgebiet hinzudeuten. Dieser Umstand ist im Hinblick auf das sich erst im Aufbau befindliche Steuerberatungswesen im Beitrittsgebiet und die teilweise unterschiedlichen Schwerpunkte der steuerlichen Beratungstätigkeit in den beiden wiedervereinigten Teilen Deutschlands von besonderer werbewirksamer Bedeutung.
Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang zu Unrecht darauf, daß sich eine überregionale Betätigung von Steuerberatern und Steuerberatungsgesellschaften auch aus der Angabe der örtlichen Niederlassungen auf den Praxisschildern und Geschäftsbögen ergibt. Derartige Angaben sind mit dem augenfälligen Hinweis auf einen besonderen räumlichen Umfang der Beratungstätigkeit, der sich bereits aus der Firmierung ergibt, schon deshalb nicht vergleichbar, weil sie für das beratungsuchende Publikum in der Regel erst nach der Kontaktaufnahme mit dem steuerlichen Berater erkennbar werden. Ob die Klägerin nach Umsatz und Zahl ihrer Mitarbeiter für eine überregionale Tätigkeit, wie sie ihr Firmenname zum Ausdruck bringt, gerüstet ist, ist für die Beurteilung des Streitfalles ohne Bedeutung, da es für die Zulässigkeit nach § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG allein darauf ankommt, ob der streitige Firmenzusatz geeignet ist, einen zusätzlichen Hinweis auf die steuerberatende Tätigkeit zu vermitteln (anders ggf. für die Frage der berufswidrigen Werbung und des Verstoßes gegen §§ 1, 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, vgl. BGH in StRK, Steuerberatungsgesetz, § 57, Rechtsspruch 16, und OLG Düsseldorf in GRUR 1980, 315).
Der Streitfall unterscheidet sich schließlich von der Firmierung in dem Urteilsfall des BGH in DB 1990, 36 wesentlich dadurch, daß hier der geographische Zusatz nicht von anderen Firmenbestandteilen eingerahmt ist. Vielmehr enthält der Namensbestandteil "A-B" dadurch eine ins Auge springende Bedeutung mit besonders einprägsamer Wirkung, daß er als einziger Firmenzusatz der zwingenden Bezeichnung "Steuerberatungsgesellschaft" vorangestellt worden ist.
Wegen der -- auch nach Auffassung des BGH -- nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilenden Zulässigkeit eines geographischen Zusatzes nach § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG und der vorstehend dargestellten Unterschiede des Streitfalles gegenüber dem Urteilsfall des BGH kommt -- entgegen der Auffassung der Klägerin -- eine Abweichung der Senatsentscheidung von dem Urteil des BGH, die zur Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes zwingen würde, nicht in Betracht (§ 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes). Dasselbe hat der Senat bereits im Hinblick auf die Billigung des Firmenzusatzes "Allgemeine Deutsche ... " durch das BGH-Urteil in StRK, Steuerberatungsgesetz, § 57, Rechtsspruch 16, in seinem Urteil in BFHE 149, 362, BStBl II 1987, 346 für seine ablehnende Entscheidung für den Zusatz "Landtreuhand ... " ausgeführt.
d) Der geographische Zusatz im Firmen namen der Klägerin ist nicht -- wie das FG meint -- diffus und unklar in dem Sinne, daß ihm deshalb -- wie einer freigestalteten Phantasiebezeichnung -- nur namensgebende Bedeutung beigemessen werden könnte. Wenn auch die Kombination der beiden Flußnamen keinen eindeutig abgegrenzten Raum bezeichnet, so ist sie doch zu einem Hinweis auf die überregionale Betätigung der Klägerin in einem großen, durch den Lauf der beiden Flüsse geprägten Gebiet geeignet. Da es sich um Flüsse handelt, die große Teile Deutschlands durchfließen, sind ihre Namen auch geeignet, auf den Umfang des Tätigkeitsbereichs der Klägerin hinzuweisen. Der hinreichend räumlich konkrete Firmenzusatz "A-B" unterscheidet sich damit deutlich von geographischen Phantasiebezeichnungen, wie etwa "Nordpol-Südpol"- oder "Mississippi"-Steuer beratungsgesellschaft, die mangels Hin weises auf den Tätigkeitsbereich bei einer deutschen Steuerberatungsgesellschaft nur namensgebende Funktion haben könnten.
e) Da der streitige Firmenzusatz nach Auffassung des Senats geeignet ist, auf eine Sonderstellung der Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft hinzuweisen, liegt mit dem Verstoß gegen § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG zugleich auch eine nach den §§ 57 Abs. 1, 72 Abs. 1 StBerG verbotene Werbung vor (vgl. Urteile des Senats vom 9. Dezember 1980 VII R 20/77, BFHE 132, 372, BStBl II 1981, 343, und in BFHE 150, 108, BStBl II 1987, 606, 607, sowie BGH in StRK, Steuerberatungsgesetz, § 57, Rechtsspruch 16, jeweils m. w. N.).
Mit dem Verbot der berufswidrigen Werbung soll insbesondere die Wettbewerbsgleichheit gewahrt werden. Mit diesem Ziel ist ein Zusatz in der Firma einer Steuerberatungsgesellschaft, dem eine Sonderstellung (besondere Bedeutung) dieser Gesellschaft in einem bestimmten räumlichen Bereich entnommen werden kann, insbesondere deshalb nicht vereinbar, weil Steuerberatungsgesellschaften, wenn ihnen die Führung eines solchen Zusatzes in der Firma gestattet wäre, einen Vorteil gegenüber Steuerberatern erlangen würden, die ihre Berufstätigkeit ohne Zusammenschluß in einer Steuerberatungsgesellschaft und damit ungebunden ausüben. Denn Steuerberater dürfen aufgrund der Regelungen in § 43 StBerG unter keinen Umständen einen Zusatz zu ihrer Berufsbezeichnung führen, dem eine Sonderstellung am Ort oder in dem Raum ihrer Tätigkeit entnommen werden könnte. Eine derartige Ungleichbehandlung wäre mit dem Gleichheitssatz vor allem deshalb nicht vereinbar, weil die Ausübung des Berufs als Steuerberater in der Form einer Gesellschaft eine Ausnahme darstellt, die im Grunde dem höchstpersönlichen Charakter des Steuerberaterberufs widerspricht (Senat in BFHE 150, 108, BStBl II 1987, 606, 607 m. w. N.).
Wenn es auch Steuerberatungsgesellschaften -- wie die Klägerin vorträgt -- aus Gründen der Unterscheidbarkeit im Wettbewerb gestattet sein muß, einen "Kunstnamen" zu führen, weil sie als Gesellschaft nicht wie ein einzelner Steuerberater über einen natürlichen Geburts- oder Familiennamen verfügen, so müssen sie doch bei der grundsätzlich nicht ausgeschlossenen Wahl geographischer Zusätze darauf achten, daß diese nicht den Eindruck vermitteln, sie würden sich aus dem Kreis ihrer Mitbewerber (Steuerberater und andere Steuerberatungsgesellschaften) hervorheben. Eine berufswidrige Werbung in diesem Sinne liegt -- wie ausgeführt -- auch dann vor, wenn der gewählte geographische Firmenzusatz -- wie im Streitfall -- auf eine Sonderstellung hinsichtlich des Geschäftsumfangs und des räumlichen Bereichs der steuerberatenden Tätigkeit hinzuweisen geeignet ist.
f) Ob geographische Bezeichnungen der vorliegenden Art nach den Richtlinien für die Berufsausübung der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten (Standesrichtlinien) in der Firma einer Steuerberatungs gesellschaft geführt werden dürfen -- wie zwischen den Beteiligten umstritten ist --, bedarf keiner Entscheidung. Die Standesrichtlinien sind nicht rechtsverbindlich, da sie keinen normativen Charakter haben. Sie können auch -- wie der Senat im Urteil vom 27. Juli 1993 VII R 21/93 (BFHE 172, 266, BStBl II 1994, 262) unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den vergleichbaren Richtlinien des anwaltlichen Standesrechts entschieden hat, nicht zur Konkretisierung und Auslegung von Vorschriften über Berufspflichten herangezogen werden. Da somit die Berufspflichten und die Zulässigkeit einer Firmierung allein aus dem Gesetz (hier § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG) ab zuleiten sind, war die Klägerin -- wie oben ausgeführt -- nicht befugt, den geographischen Zusatz "A-B" in ihrem Firmen namen zu führen.
3. Das Finanzministerium war nicht gehindert, die Anerkennung der Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft gemäß § 55 Abs. 2 StBerG im Hinblick auf die nach §§ 43 Abs. 4 Satz 2, 57 Abs. 1, 72 Abs. 1 StBerG unzulässige geographische Bezeichnung in dem Firmennamen zu widerrufen.
a) Wie der Senat in seinen Urteilen in BFHE 149, 362, BStBl II 1987, 346, 349 und in BFHE 150, 108, BStBl II 1987, 606, 609 entschieden hat, ist es für die Rechtmäßigkeit eines Ablehnungs- oder Widerrufsbescheids ohne Bedeutung, ob das Finanzministerium in anderen Fällen Steuerberatungsgesellschaften anerkannt hat, deren Firmen Zusätze enthalten, die mit dem hier streitigen Zusatz vergleichbar sind. Der Senat braucht deshalb auf die Rechtmäßigkeit der von der Verwaltung anerkannten Firmierung in anderen Fällen nicht einzugehen, zumal sich diese -- wie oben ausgeführt -- nach den Umständen des Einzelfalls bestimmt. Aus einer Zulassungspraxis, die dem geltenden Recht (§ 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG) nicht entspricht, kann die Klägerin nach der Rechtsprechung des Senats weder nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes noch nach dem Gleichheitssatz eine Bindung der Verwaltung in dem Sinn herleiten, daß diese verpflichtet wäre, den streitigen Zusatz unbeanstandet zu lassen. Durch ein früheres Verhalten der Behörde, das mit dem Gesetz nicht vereinbar ist, kann auch nicht -- wie die Klägerin meint -- eine Selbstbindung der Verwaltung entstehen, da die Verwaltung insoweit keine Entscheidungsfreiheit für den Einzelfall oder für Gruppen von Einzelfällen hat (Senat in BFHE 150, 108, BStBl II 1987, 606, 609). Die Klägerin kann somit nicht unter Berufung auf den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) die Fortführung einer gesetzeswidrigen Anerkennungspraxis für Steuerberatungsgesellschaften verlangen.
b) Der Widerruf der Anerkennung einer Steuerberatungsgesellschaft wegen unzulässiger Firmierung verstößt, wie der Senat in BFHE 149, 362, BStBl II 1987, 346, 350 entschieden hat, auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das gilt auch hinsichtlich der hier geltend gemachten Beeinträchtigung von Grundrechten aus Art. 12 und 14 GG. Die Klägerin konnte im Streitfall auf den Bestand der ihr erteilten Anerkennung auch deshalb nicht vertrauen, da ihr diese für einen anderen Firmennamen erteilt worden war. Es stellt schließlich unter Berücksichtigung des Neuaufbaus der Landesbehörden in den neuen Bundesländern auch keine unverhältnismäßige Verzögerung des Tätigwerdens des Finanzministeriums dar, wenn dieses erst 10 Monate nach der Mitteilung der Klägerin über die Firmenänderung (Mai 1991) im März 1992 die Aufforderung erließ, die unzulässige Firmenbezeichnung wieder abzuändern.
4. Da die Vorentscheidung auf einer anderen Rechtsauffassung beruht, war sie aufzuheben. Die spruchreife Klage gegen den Widerrufsbescheid war abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 420723 |
BFH/NV 1995, 1099 |