Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Geschäftsführerhaftung für ein Verhalten nach Ausscheiden als Geschäftsführer oder für spekulatives Wirtschaften
Leitsatz (NV)
1. Ein Verhalten nach dem Ausscheiden als Geschäftsführer einer GmbH ist nicht geeignet, eine Geschäftsführerhaftung für Mineralölsteuern zu begründen.
2. Wird die Bestellung als Geschäftsführer widerrufen oder legt der Geschäftsführer sein Amt nieder, endet die Geschäftsführereigenschaft mit dem Zugang des Widerrufs oder der Erklärung über die Amtsniederlegung. Auf die Eintragung im Handelsregister kommt es hinsichtlich der Haftung für Steuern nicht an.
3. Aus der Pflicht zur Sicherstellung der Entrichtung von Mineralölsteuern am Fälligkeitstag bei Entnahme von Mineralöl aus dem Steuerlager kann nicht entnommen werden, daß der GmbH-Geschäftsführer über die Dauer seiner Bestellung hinaus für die Erfüllung dieser Pflicht Verantwortung trägt.
4. Es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß spekulatives Wirtschaften die Nichtzahlung von Steuern am Fälligkeitstag bewirkt.
Normenkette
AO §§ 103, 109; AO 1977 §§ 34, 69; HGB § 15; GmbHG §§ 38-39; MinöStDV § 36 Abs. 8-9
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war bis zum 8. August 1973 Geschäftsführer einer GmbH, die Inhaberin eines Mineralölsteuerlagers war. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt - HZA -) nahm den Kläger durch Steuerhaftungsbescheid vom 28. Juli 1975 unter anderem für Mineralölsteuern in Höhe von . . . DM, die durch Mineralölentnahmen im Monat Juli 1973 unbedingt geworden waren, nach § 112 der Reichsabgabenordnung (AO) sowie nach den §§ 103, 109 AO als Haftenden in Anspruch. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) begründet seine Entscheidung wie folgt: Der Kläger habe als Geschäftsführer der GmbH für die Entrichtung der Steuern aus den von ihm verwalteten Mitteln zu sorgen gehabt. Er sei insbesondere verpflichtet gewesen, dafür zu sorgen, daß die nötigen finanziellen Mittel termingemäß bereitstanden. Das Risiko eines zwar erlaubten spekulativen Wirtschaftens gehe voll zu seinen Lasten. Das gelte vor allem dann, wenn - wie im Streitfall - geringem Eigenkapital ein großer Geschäftsumfang mit entsprechend hohen Mineralölsteuerforderungen gegenüberstehe. Daher könne dahingestellt bleiben, ob die finanziellen Transaktionen ins Ausland durch Darlehensforderungen veranlaßt gewesen seien, wie der Kläger vortrage, oder ob, wovon das HZA ausgehe, diese Gelder bewußt dem Zugriff des Fiskus hätten entzogen werden und der Vermögensbildung im Ausland hätten dienen sollen. Die Kausalität der Pflichtverletzung für die Nichtentrichtung der Mineralölsteuer entfalle entgegen der Auffassung des Klägers nicht dadurch, daß, wie er behaupte, bei seinem Ausscheiden als Geschäftsführer etwa . . . DM vorhanden gewesen seien. Bedingt durch das System des Steuerlagers müsse sinnvollerweise von einem ausscheidenden Geschäftsführer verlangt werden, daß er bei einer riskanten Geschäftspolitik alles tue, um die Steuerschuld zu sichern und dafür zu sorgen, daß sein Nachfolger die Steuern auch tatsächlich zahle.
Wolle er die Steuern nicht bereits vor Fälligkeit zahlen, könnten die Gelder so festgelegt und bereitgehalten werden, daß sie im Normalfall nicht mehr disponibel seien. Anderenfalls könnte jeder Geschäftsführerwechsel dazu führen, daß Leerräume entstünden, indem der alte Geschäftsführer nach Entstehen der Steuerschuld aber vor deren Fälligkeit ausscheide, der neue Geschäftsführer die entstandenen Steuerschulden vorfinde und keinen Einfluß auf ihre Entstehung und daher auch nicht auf eine Absicherung zwecks Zahlung bei Fälligkeit habe. Da außerdem das Ausscheiden des Klägers erst später in das Handelsregister eingetragen worden sei, habe sich das HZA auf den öffentlichen Glauben der Registereintragung verlassen können. Dementsprechend sei der Kläger gegenüber dem HZA noch am 10. September 1973 als Geschäftsführer dafür verantwortlich gewesen, daß der Scheck über . . . DM für die fällige Mineralölsteuerschuld nicht eingelöst worden sei. Wo die von ihm bezeichneten . . . DM zu diesem Zeitpunkt gewesen seien, sei unerheblich. Entscheidend sei allein, daß nicht gezahlt worden sei, als dies noch im Verantwortungsbereich des Klägers gelegen habe. Hinzu komme, daß der Kläger in der ersten Zeit nach seinem formellen Ausscheiden auch tatsächlich noch Einfluß auf die GmbH gehabt habe.
Der Kläger begründet seine Revision im wesentlichen wie folgt:
Das angefochtene Urteil beruhe auf rechtlichen Fehlvorstellungen von den Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH, der Tragweite des § 15 des Handelsgesetzbuches (HGB) und der Haftung der Gesellschafter einer GmbH.
Während der Geschäftsführertätigkeit des Klägers seien sämtliche Mineralölsteuern pünktlich und vollständig gezahlt worden. Als er sein Amt am 8. August 1973 niedergelegt habe, habe er ein wohlgeordnetes Unternehmen hinterlassen, das über hinreichende Mittel verfügt habe, zum nächsten Fälligkeitstermin (10. September 1973) die aus Entnahmen im Juli 1973 sich ergebenden Steuerzahlungen zu leisten. Der ausscheidende Geschäftsführer habe aber weder das Recht noch gar die Pflicht, über sein Ausscheiden hinaus den Nachfolger zu ,,bevormunden". Mit der Amtsniederlegung, nicht erst mit deren Eintragung im Handelsregister, verliere der Geschäftsführer seine Organstellung.
Der Umstand, daß die Eintragung des Klägers als Geschäftsführer im Handelsregister erst am 13. September 1973 gelöscht worden sei, begründe keine persönliche Haftung Dritten gegenüber aus Vorgängen, die sich ohne jeden eigenen Beitrag zeitlich nach seinem Ausscheiden ereignet hätten. § 15 HGB besage in diesem Zusammenhang lediglich, daß die GmbH rechtsgeschäftliche Handlungen des - noch - eingetragenen Geschäftsführers gegen sich gelten lassen müsse.
Das FG habe keinen Sachverhalt festgestellt, aus dem sich eine persönliche Haftung des Klägers herleiten lasse. Ein Vorwurf träfe den Kläger nur dann, wenn festgestellt würde, daß er über die aus den Entnahmen im Monat Juli 1973 sich ergebenden Verkaufserlöse zweckwidrig verfügt hätte. Dafür gebe es keine Anhaltspunkte. Für das Revisionsverfahren sei vielmehr davon auszugehen, daß beim Ausscheiden des Klägers Barmittel von insgesamt . . . DM vorhanden gewesen seien. Danach habe es zur Auffüllung des am 10. September 1973 geschuldeten Betrages lediglich noch eines verhältnismäßig geringfügigen Teils des Erlöses aus dem Weiterverkauf bedurft. Die Abnehmer hätten in der Regel mit einem Zahlungsziel von 15 bis 30 Tagen gearbeitet. Die Forderungen der GmbH aus dem Weiterverkauf seien also erst zwischen Mitte und Ende August 1973 fällig geworden, zu einer Zeit also, als der Kläger sein Amt bereits niedergelegt habe.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Steuerhaftungsbescheid und die Einspruchsentscheidung hinsichtlich der streitbefangenen Mineralölsteuer aufzuheben.
Das HZA beantragt, die Revision abzuweisen.
Es führt aus: Das FG habe den Sachverhalt zutreffend und bindend festgestellt. Es habe den Sachverhalt auch zutreffend gewürdigt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung sowie des Haftungsbescheids und der Einspruchsentscheidung. Die Vorentscheidung ist rechtsfehlerhaft; denn die Feststellungen des FG rechtfertigen die Entscheidung, daß der Haftungsbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt.
1. Zutreffend hat das FG angenommen, daß die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids nach den §§ 103, 109 AO zu beurteilen ist. Für die Inanspruchnahme des Klägers als Haftenden ist nach der Überzeugung des FG dessen Verhalten maßgebend, das spätestens im September 1973 beendet worden ist. Nach Art. 97 § 11 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO 1977) sind die §§ 34, 69 der Abgabenordnung (AO 1977) im Streitfall nicht anwendbar, weil die Verwirklichung eines haftungsbegründenden Tatbestandes nach dem 31. Dezember 1976 nicht in Betracht kommt.
2. Das FG ist auch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß für die Haftung nach § 109 AO bereits eine leicht fahrlässige Verletzung von Pflichten i. S. des § 103 AO, die zu einer Verkürzung von Steueransprüchen durch Nichtzahlung fälliger Steuern führt, ausreicht.
3. Soweit das FG allerdings seine Entscheidung auf das Verhalten des Klägers nach dessen Ausscheiden als Geschäftsführer der GmbH stützt, kommt eine Haftung des Klägers schon deshalb nicht in Betracht, weil dieser insoweit nicht mehr als gesetzlicher Vertreter i. S. des § 103 AO tätig geworden ist.
a) Gesetzliche Vertreter einer GmbH i. S. des § 103 Abs. 1 AO sind deren Geschäftsführer (§ 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -). Die Geschäftsführereigenschaft und damit auch die Stellung als gesetzlicher Vertreter setzt aber eine - wirksame und andauernde - Bestellung voraus. Wird die Bestellung widerrufen oder legt der Geschäftsführer sein Amt nieder, so endet die Geschäftsführereigenschaft und damit auch die Stellung als gesetzlicher Vertreter mit dem Zugang des Widerrufs oder der Erklärung über die Amtsniederlegung (vgl. Koppensteiner in Rowedder, GmbH-Gesetz, 1985, § 38 Rdnr. 19, 23, 27 f.; Schneider in Scholz, GmbH-Gesetz, § 38 Rdnr. 12 f., 54 ff.; vgl. auch Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 14. Juli 1980 II ZR 161/79, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1980, 2415, 2417). Auf die Eintragung des Widerrufs oder der Amtsniederlegung im Handelsregister (vgl. § 39 GmbHG) kommt es für die Beendigung der Geschäftsführereigenschaft und der damit verbundenen Stellung als gesetzlicher Vertreter nicht an, da die Eintragung nur deklaratorische Bedeutung hat (Urteil des Senats vom 22. Januar 1985 VII R 112/81, BFHE 143, 203, 209, BStBl II 1985, 562; Roth, GmbH-Gesetz, 2. Aufl., § 38 Anm. 2.3).
Das FG hat ausgeführt, der Kläger sei bis zum 8. August 1973 Geschäftsführer der GmbH gewesen. Der Senat entnimmt daraus, daß die Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer an diesem Tag - durch Widerruf oder, wie der Kläger ausführt, durch Amtsniederlegung - beendet worden ist. Das bedeutet, daß der Kläger mit Ablauf des 8. August 1973 nicht mehr gesetzlicher Vertreter der GmbH i. S. des § 103 AO war und daß sein Verhalten nach diesem Zeitpunkt schon deshalb nicht mehr zu einer Pflichtverletzung i. S. des § 109 AO führen konnte.
b) Die entgegenstehende Auffassung des FG kann auch nicht mit der Erwägung gerechtfertigt werden, das HZA habe sich über den genannten Zeitpunkt hinaus darauf verlassen können, daß der Kläger Geschäftsführer sei, und zwar deshalb, weil er noch im Handelsregister als Geschäftsführer der GmbH eingetragen gewesen sei. Das FG verkennt, daß die Finanzbehörde sich hinsichtlich Steueransprüchen nicht auf die von der Eintragung im Handelsregister ausgehende und durch § 15 HGB geschützte Rechtsscheinwirkung berufen kann. Haftungsansprüche beruhen - wie Steueransprüche - nur auf Gesetz mit der Folge, daß ein Vertrauen auf eine Eintragung desjenigen, der als Haftender in Anspruch genommen wird, als Geschäftsführer einer GmbH im Handelsregister für die Inanspruchnahme keine Bedeutung erlangen kann (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. April 1978 V R 94/74, BFHE 125, 124, BStBl II 1978, 490, und in BFHE 143, 203, 209, BStBl II 1985, 562).
4. Soweit das FG seine Entscheidung darauf gestützt hat, ein ausscheidender Geschäftsführer müsse zur Sicherung der Steuerforderungen dafür sorgen, daß sein Nachfolger die Steuern auch tatsächlich zahle, und die bereitgehaltenen Gelder so festlegen, daß sie im Normalfall nicht mehr disponibel seien, verkennt es die Grenzen der Pflicht eines gesetzlichen Vertreters i. S. des § 103 AO. Der Senat (Urteil vom 4. März 1986 VII R 38/81, BFHE 146, 336, 339, BStBl II 1986, 577) hat zwar entschieden, daß der Inhaber eines Steuerlagers die Verfügbarkeit der Mittel zur Entrichtung der Steuern am Fälligkeitstag sicherzustellen hat und daß darin eine Pflicht i. S. des § 103 Satz 1 AO liegt. Aus dieser Vorschrift kann aber nicht entnommen werden, daß der Geschäftsführer einer GmbH, der ein Steuerlager bewilligt ist, als deren gesetzlicher Vertreter über die Dauer seiner Bestellung hinaus für die Erfüllung dieser Pflicht Verantwortung trägt.
Eine solche Verantwortung kann auch nicht, wie das FG meint, damit gerechtfertigt werden, daß ohne sie ,,Leerräume" entstünden, in denen der Geschäftsführer die entstandenen Steuerschulden vorfinde, ohne auf ihre Entstehung und auf die Absicherung der Zahlung bei Fälligkeit noch Einfluß nehmen zu können. Diese Bedenken mögen im Einzelfall die Frage rechtfertigen, ob der Mangel an Mitteln zur Entrichtung der Steuern am Fälligkeitstag auf ein Verhalten des ausgeschiedenen Geschäftsführers während der Zeit seiner Bestellung zurückzuführen ist und ob, sofern das zutrifft, der Geschäftsführer durch das Verhalten eine Pflicht i. S. des § 103 Satz 1 AO verletzt hat. Zu einer Ausdehnung der Verantwortung für die Sicherung der Erfüllung von Steueransprüchen über die Dauer der Bestellung als Geschäftsführer hinaus geben aber auch die Bedenken des FG keinen Anlaß.
5. Soweit das FG seine Entscheidung damit begründet hat, der Kläger habe - während der Dauer seiner Bestellung als Geschäftsführer - spekulativ gewirtschaftet, hat es zumindest die Bedeutung der Ursächlichkeit einer Pflichtverletzung für die Nichterfüllung der Steueransprüche am Fälligkeitstag verkannt (§ 36 Abs. 9 der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes - MinöStDV - i. d. F. der Elften Verordnung zur Änderung der MinöStDV vom 6. April 1967, BStBl I 1967, 407), so daß nicht entschieden zu werden braucht, ob den insoweit bedeutsamen Verhaltensweisen des Klägers überhaupt eine Pflichtverletzung entnommen werden kann.
a) Das FG ist, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, zutreffend davon ausgegangen, daß der Geschäftsführer einer GmbH, der ein Mineralölsteuerlager bewilligt ist, während der Dauer seiner Bestellung dafür zu sorgen hat, daß zur Entrichtung der infolge der Entnahme von Mineralöl aus dem Steuerlager unbedingt gewordenen Steuern am Fälligkeitstage hinreichende Mittel zur Verfügung stehen. Ein Verhalten des Geschäftsführers, das mit dieser Verpflichtung nicht vereinbar ist, kann aber nur dann eine Haftung nach § 109 AO begründen, wenn feststeht, daß es im Einzelfall tatsächlich dazu geführt hat, daß die Steuern am Fälligkeitstag nicht gezahlt werden konnten. Das folgt aus der Regelung in § 109 Abs. 1 AO, nach der die Haftung davon abhängig ist, daß ,,durch" die Verletzung von Pflichten i. S. des § 103 AO Steueransprüche ,,verkürzt" worden sein müssen. Das kann nur dahin verstanden werden, daß eine Haftung lediglich in Betracht kommt, wenn die Steuerverkürzung im Einzelfall tatsächlich auf die Pflichtverletzung zurückzuführen ist.
b) Den Ausführungen des FG muß entnommen werden, daß es dieses Erfordernis bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hat. Das FG hat lediglich ausgeführt, weshalb es das als spekulatives Wirtschaften bezeichnete Verhalten des Klägers für pflichtwidrig gehalten hat und weshalb es die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Nichterfüllung der Steueransprüche für gegeben hält, obschon nach den Angaben des Klägers bei seinem Ausscheiden als Geschäftsführer noch . . . DM vorhanden waren. Das reicht nicht aus, um erkennen zu können, daß die hier maßgeblichen Verhaltensweisen des Klägers tatsächlich dazu geführt haben, daß die Mineralölsteuern am Fälligkeitstag nicht gezahlt worden sind.
c) Die Ursächlichkeit in diesem Sinne kann insbesondere nicht bereits aus den genannten Verhaltensweisen selbst und deren Würdigung durch das FG entnommen werden. Es kann zumindest nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß spekulative Geschäftspolitik bei geringem Eigenkapital und großem Geschäftsumfang mit hohen Mineralölsteuerschulden spekulatives Wirtschaften auch unter den vom FG aufgezeigten besonderen Verhältnissen (geringes Eigenkapital, großer Geschäftsumfang und hohe Mineralölsteuerschulden) die Nichtzahlung bestimmter Mineralölsteuern an einem bestimmten Fälligkeitstag bewirkte. Dazu wäre erforderlich, daß ein spekulatives Geschäftsgebaren unter den genannten Verhältnissen erfahrungsgemäß zur Illiquidität führen mußte. Diese Annahme erscheint dem Senat aber nicht gerechtfertigt. Den vom FG aufgezeigten Verhaltensweisen des Klägers kann unter Berücksichtigung der genannten besonderen Verhältnisse allenfalls entnommen werden, daß durch sie die pünktliche Zahlung der Mineralölsteuer gefährdet worden ist. Das reicht aber für eine Haftung nach § 109 AO nicht aus.
6. Auch andere Anhaltspunkte dafür, daß ein Fehlverhalten des Klägers während seiner Bestellung als Geschäftsführer die Nichtzahlung der streitbefangenen Mineralölsteuer verursacht hätte, sind nicht ersichtlich.
Insoweit können außer dem vom FG berücksichtigten und nach den vorstehenden Ausführungen zur Begründung der Ursächlichkeit nicht geeigneten Verhaltens nur noch die vom HZA zur Begründung des Steuerhaftungsbescheids aufgezeigten Verhaltensweisen des Klägers in Betracht kommen, die das FG nicht in seine Erwägungen einbezogen hat. Das sind vor allem Unterpreisverkäufe und Beiseiteschaffen von Vermögenswerten (Transferierung von Geldbeträgen ins Ausland), die - nach Annahme des HZA - dazu geführt haben sollen, daß die streitbefangenen Mineralölsteuern nicht bezahlt worden sind. Auch diesen Vorgängen kann selbst unter Berücksichtigung der Darlegungen des HZA nicht entnommen werden, daß sie tatsächlich zur Nichtzahlung der streitbefangenen Mineralölsteuer geführt haben. Denn es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß Unterpreisverkäufe und Geldüberweisungen ins Ausland im Einzelfall die Nichtzahlung einer bestimmten Steuer zu einem bestimmten Zeitpunkt bewirken.
7. Schließlich kommt eine Haftung nach § 112 AO wegen Steuerhinterziehung, auf die der angefochtene Haftungsbescheid - ebenfalls - gestützt ist, nicht in Betracht. Auch sie würde eine durch bestimmte Verhaltensweisen des Klägers bewirkte (verursachte) Steuerverkürzung erfordern (§ 392 Abs. 1 AO).
Fundstellen
Haufe-Index 415401 |
BFH/NV 1988, 485 |