Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewinn eines Personengesellschafters aus einem eigenen Gewerbebetrieb
Leitsatz (NV)
1. Zum Gewerbebetrieb einer Personengesellschaft, bei der die Gesellschafter Mitunternehmer sind, zählen auch Tätigkeiten eines Gesellschafters, die dieser für die Gesellschaft zum Nutzen seiner Gesellschaftsbeteiligung entwickelt. Die hierfür gezahlten Vergütungen werden im Gewinn der Mitunternehmerschaft erfaßt.
2. Führt ein Gesellschafter einen sachlich selbständigen Betrieb, der ausschließlich Dienste für die Personengesellschaft erbringt, so geht das Betriebsergebnis in vollem Umfang in den Gewinn der Personengesellschaft ein; erbringt ein Gesellschafter in einem sachlich selbständigen Betrieb nur teilweise Dienste für die Personengesellschaft, so geht das Betriebsergebnis nur mit einem entsprechenden Teil in den Gewinn der Personengesellschaft ein.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2; GewStG § 2 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine KG, betreibt einen Steinmetzbetrieb. Komplementär und Kommanditist sind Brüder. Zum 1. Juli 1979 gründete der Komplementär nach dem Vortrag der Klägerin einen eigenen Betrieb, in dem er die bisher von der Klägerin vollzogene Bearbeitung der Grabmale in eigener Person durchführte. Im Rahmen einer Betriebsprüfung stellte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) fest, daß die Tätigkeit des Komplementärs einen ununterscheidbaren Bestandteil des Gewerbebetriebs der Klägerin bilde. Es berücksichtigte deshalb auch das Ergebnis dieser Tätigkeit in den Gewerbesteuerveranlagungen der Klägerin für 1979 bis 1982.
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, daß eine Unternehmenseinheit aufgrund organisatorischer, finanzieller und wirtschaftlicher Beziehungen zwischen zwei Betrieben nur angenommen werden könne, wenn sie dieselben Unternehmer hätten. Dies treffe aber für den Betrieb einer KG und den Betrieb ihres Gesellschafters nicht zu.
Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des FA, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.
Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Auf die Revision des FA muß das angefochtene Urteil aufgehoben werden. Hinsichtlich des Streitjahres 1982 ist die Klage abzuweisen; im übrigen wird die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
1. Das FG hat übersehen, daß das FA für das Streitjahr 1982 einen Gewerbesteuermeßbetrag von 0 DM festgesetzt hat. Es hätte die Klage insoweit als unzulässig abweisen müssen, weil die Klägerin durch den angefochtenen Verwaltungsakt nicht beschwert ist.
2. Im übrigen ist das FG davon ausgegangen, daß die Klägerin und ihr Komplementär getrennte Betriebe unterhalten. Hierfür enthält das Urteil jedoch keine hinreichenden tatsächlichen Feststellungen.
a) Objekt der Gewerbesteuer ist der inländische Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG -). Als Gewerbebetrieb gilt nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung in vollem Umfang die Tätigkeit einer KG, bei der die Gesellschafter Mitunternehmer des Firmenbetriebs sind; Tätigkeit der Gesellschaft bedeutet hierbei die Tätigkeit der Gesellschafter in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21. Februar 1980 I R 95/76, BFHE 130, 403, BStBl II 1980, 465).
Zum Betrieb der Gesellschaft zählen aber auch Tätigkeiten des Gesellschafters, die dieser für die Gesellschaft zum Nutzen seiner Gesellschaftsbeteiligung entwickelt. Dies ergibt sich aus § 7 GewStG, der hinsichtlich der Ermittlung des Gewerbeertrags auf die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) zur Gewinnermittlung und damit auch auf § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung verweist. Damit entspricht der Gewerbeertrag der Personengesellschaft dem Gewinn der Mitunternehmerschaft, umfaßt also auch Sondervergütungen der Gesellschaft an ihre Gesellschafter sowie Aufwendungen und Erträge aus Vermögen, das die Gesellschafter der Gesellschaft überlassen oder sonst für ihre Beteiligung einsetzen (BFH-Urteile vom 6. Juli 1978 IV R 164/74, BFHE 125, 549, BStBl II 1978, 647; vom 6. November 1980 IV R 182/77, BFHE 132, 93, BStBl II 1981, 220; vom 9. April 1981 IV R 178/80, BFHE 133, 293, BStBl II 1981, 621). Hierdurch wird sichergestellt, daß der Gewerbeertrag für Personenunternehmen keinen unterschiedlichen Umfang hat und sich durch die Aufnahme eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen nicht verändert.
b) Diese Grundsätze hindern die Gesellschafter einer Personengesellschaft nicht an der Einrichtung und Unterhaltung eines eigenen Gewerbebetriebs; soweit sie nicht eingreifen, sind geschäftliche Beziehungen zwischen dem Betrieb der Gesellschaft und demjenigen des Gesellschafters uneingeschränkt zu berücksichtigen (zu Einzelheiten Schmidt, Einkommensteuergesetz, 7. Aufl., § 15 Anm. 82). Dies setzt aber voraus, daß der Gesellschafter einen sachlich selbständigen Betrieb führt, der nicht ausschließlich Dienste für die Personengesellschaft erbringt (BFH-Urteil vom 14. April 1988 IV R 271/84, BFHE 153, 125, BStBl II 1988, 667). Ist letzteres der Fall, geht sein Ergebnis in vollem Umfang in den Gewerbeertrag der Personengesellschaft ein. Hätte der Gesellschafter nur teilweise Dienste für die KG geleistet, ginge das Betriebsergebnis auch nur teilweise in den Gewerbeertrag der KG ein (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juli 1979 I R 199/75, BFHE 128, 516, BStBl II 1979, 750).
Zu Unrecht nimmt das FG deshalb an, die Tätigkeit des Gesellschafters müsse schon deswegen als gesonderter Gewerbebetrieb angesehen werden, weil sein Betrieb und der Betrieb der Personengesellschaft unterschiedliche Inhaber hätten. Es hat auch nicht die Möglichkeit berücksichtigt, daß der Gesellschafter im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses tätig geworden ist und seine Tätigkeit lediglich buchmäßig verselbständigt wurde, um ihm einen Vorabgewinn zukommen zu lassen; der ihm zugerechnete Erfolg wäre dann Bestandteil seines Gewinnanteils.
c) Das FG wird deshalb feststellen müssen, ob der Betrieb des Gesellschafters nur buchmäßig ausgegliedert war oder ob er einen vom Betrieb der Gesellschaft abgegrenzten, sachlich selbständigen Betrieb geführt hat (hierzu BFH-Urteil vom 19. November 1985 VIII R 310/83, BStBl II 1986, 719). Dies würde voraussetzen, daß der Gesellschafter über eigene Werkstatträume verfügte, daß er das erforderliche Material selbst beschaffte, soweit erforderlich eigene Arbeitskräfte beschäftigte, seine Erzeugnisse selbst verkaufte und den Betrieb so abwickelte, wie dies für ein selbständiges Steinmetzunternehmen üblich ist. Hierzu gehörte auch, daß Leistungen der Klägerin jeweils gesondert in Rechnung gestellt wurden, und daß der Gesellschafter eigene Ausgangsrechnungen an die Kunden erteilte. Hätte der Gesellschafter Leistungen an die KG erbracht, würde dies ihren Gesamtgewinn und ihren Gewerbeertrag erhöhen.
Das FG hat in diesem Zusammenhang lediglich festgestellt, daß der Gesellschafter eigene Ausgangsrechnungen erteilt habe und sich insoweit auf den Betriebsprüfungsbericht für das Einzelunternehmen bezogen. In diesem Bericht ist jedoch nur festgehalten, daß Ausgangsrechnungen über die Grabmale erteilt wurden und daß die Verkaufsabwicklung über das Büro der KG erfolgte; daß die Ausgangsrechnungen auf den Namen des Gesellschafters lauteten, ergibt sich daraus nicht. Das Urteil verstößt insoweit gegen den klaren Inhalt der Akten; dieser Verstoß ist auf die Verfahrensrüge des FA hin zu berücksichtigen.
Das FG wird in diesem Zusammenhang auch erwägen müssen, ob der Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag die Steinmetztätigkeit überhaupt aus dem Gesellschaftsbetrieb ausgliedern durfte und ob er mit seiner Tätigkeit nicht gegen ein Wettbewerbsverbot (§ 112 des Handelsgesetzbuches) verstieß. Eine nur buchmäßige Ausgliederung von Aufgaben der KG kann nicht zur doppelten Berücksichtigung des Freibetrags aus § 36 Abs. 1 Satz 3 GewStG führen.
Fundstellen
Haufe-Index 416082 |
BFH/NV 1989, 439 |