Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwischenvermietung
Leitsatz (NV)
Der Eigentümer muß durch Vorlage von Anzeigen, Angeboten oder durch Schriftwechsel belegen, daß die Zwischenvermietung durch die Vermietungslage im Einzugsbereich der zwischenvermieteten Wohnung veranlaßt worden ist.
Normenkette
UStG 1980 § 4 Nr. 12a, § 9 Abs. 1, § 15 Abs. 2; AO 1977 § 42
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) beteiligte sich an der von der Z-AG (im folgenden: AG) gestalteten Bauherrengemeinschaft . . . zur Errichtung von Eigentumswohnungen in den Streitjahren 1983 und 1984 in A mit anderen Bauherren.
Entsprechend dem Modell der Bauherrengemeinschaft vermittelte die AG der Klägerin für ihre Eigentumswohnung mit Tiefgaragenplatz einen gewerblichen Zwischenvermieter - die R-GmbH (im folgenden: GmbH) in B - und übernahm die Bürgschaft, daß dieser Hauptmieter seine Verpflichtungen aus dem Mietvertrag mit der Klägerin erfüllte. Die Klägerin, vertreten durch einen Treuhänder, vermietete ihre Wohnung für 10 Jahre an die R-GmbH, diese vermietete die Wohnung an einen Endmieter. Über das Vermögen der AG und der GmbH wurde 1985 das Konkursverfahren eröffnet. Nach den Feststellungen des Finanzamts . . . war die R-GmbH nicht in der Lage gewesen, die mit den Bauherren vereinbarten Mieten zu zahlen. Sie erhielt deshalb von der AG Stützungszahlungen.
Die Klägerin hatte auf die Steuerbefreiung der Mietumsätze an die GmbH verzichtet und wurde zunächst erklärungsgemäß für die Streitjahre zur Umsatzsteuer veranlagt. Mit Bescheiden vom 9. Oktober 1985 änderte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Steuerfestsetzungen 1983 (nach § 165 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -) und 1984 (nach § 164 Abs. 2 AO 1977) und berücksichtigte Vorsteuerbeträge aus Rechnungen über die Herstellung der Wohnung nicht mehr. Das FA war der Ansicht, die Vermietung an die GmbH sei als Gestaltungsmißbrauch (§ 42 AO 1977) nicht anzuerkennen, weil dafür verständliche wirtschaftliche Gründe nicht bestanden hätten.
Nach erfolglosem Vorverfahren hob das Finanzgericht (FG) die angefochtenen Umsatzsteueränderungsbescheide für 1983 und 1984 und die dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen auf. Das FG begründete seine Entscheidung damit, daß die Klägerin ihre Wohnung wirksam an die GmbH vermietet habe, daß diese Vermietung steuerrechtlich anzuerkennen sei, weil die GmbH das Leerstands- und das Mietausfallrisiko getragen habe, und daß dem Vorsteuerabzug der Klägerin keine Ausschlußgründe entgegenstünden.
Mit der (vom FG zugelassenen) Revision rügt das FA Verletzung formellen und sachlichen Rechts.
Das FG habe, so führt das FA zur Begründung aus, seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts verletzt, weil es nicht ermittelt habe, an wen die Wohnung der Klägerin erstmals vermietet worden sei. Nach dem Konkurs der GmbH im September 1985 sei es nicht ausgeschlossen, daß die Wohnung erstmals durch Vermietung an den Endmieter steuerfrei und damit vorsteuerabzugsschädlich vermietet worden sei.
Die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts begründet das FA damit, daß das FG die Vermietung an die GmbH als angemessene Rechtsgestaltung beurteilt habe, ohne die zu § 42 AO 1977 im Zusammenhang mit Zwischenvermietungen entwickelte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu beachten.
Das FA beantragt Aufhebung der Vorentscheidung und Klageabweisung.
Die Klägerin ist der Revision entgegengetreten. Sie macht (unter Vorlage des Vertragsbündels) geltend, die AG habe Zahlungen an die GmbH nur für von dieser erbrachte Dienstleistungen, aber nicht als Auffüllung von nicht kostendeckenden Mieten gezahlt. Das Vorbringen des FA im Zusammenhang mit der Vermietung der Wohnung nach Konkurseröffnung über das Vermögen der GmbH sei, so führt die Klägerin weiter aus, neu und dürfe in der Revisionsinstanz nicht beachtet werden. Das Vorbringen treffe im übrigen auch nicht zu, weil die Wohnung an einen weiteren Zwischenvermieter vermietet worden sei.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage gegen die Umsatzsteueränderungsbescheide 1983 und 1984.
Die Vorentscheidung war aufzuheben, weil das FG § 9 Satz 1, § 15 Abs. 2 Nr.1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980, § 42 AO 1977 unzutreffend angewendet hat. Die Klägerin hat ihre Wohnung steuerfrei vermietet (§ 4 Nr.12a UStG 1980). Die Vermietung an den gewerblichen Zwischenvermieter ist wegen Mißbrauchs von rechtlichen Gestaltungen bei der Umsatzsteuerfestsetzung nicht zu berücksichtigen (§ 42 Satz 2 AO 1977). Die Steuern aus Rechnungen über Bauleistungen zur Herstellung der Eigentumswohnung waren vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, weil die Klägerin ihre Wohnung erstmals zur Ausführung von steuerfreien Mietumsätzen verwendet hatte (§ 15 Abs. 2 Nr.1 i.V.m. § 4 Nr.12a UStG 1980).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats erfüllt die Einschaltung von Zwischenmietern, d.h. von Personen, die das Mietverhältnis eingehen, um die gemietete Wohnung an Dritte zur Nutzung weiterzuvermieten, den Tatbestand des Rechtsmißbrauchs i.S. von § 42 AO 1977, wenn für die Einschaltung - abgesehen von dem Ziel der Vorsteuererstattung - wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen (vgl. z.B. Beschluß des BFH vom 29. Oktober 1987 V B 109/86, BFHE 151, 247, BStBl II 1988, 96 m.w.N.).
Diese Rechtsprechung deckt aber nicht die Grundsätze, aufgrund deren das FG die Übertragung des Vermietungs- und des Mietausfallrisikos von der Klägerin auf den gewerblichen Zwischenvermieter als wirtschaftlich beachtlich für die Vermietung der Wohnung an die GmbH angesehen hat.
Die Sicherung des Mietertrags durch Zwischenvermietung schließt einen Gestaltungsmißbrauch erst dann aus, wenn der Eigentümer zum Zeitpunkt des Abschlusses der Zwischenvermietung ernsthaft aufgrund objektiv nachprüfbarer Beweisanzeichen mit einem Mietausfall rechnen muß. Dafür muß der Eigentümer glaubhaft machen, wie die Vermietungslage im Einzugsgebiet des Mietobjekts gewesen war, welche konkreten Schritte er zur Vermietung an Wohnungsuchende (Endmieter) unternommen hat und warum diese Bemühungen ergebnislos geblieben sind. Objektiv nachprüfbar sind diese Umstände, wenn sie anhand von Anzeigen, Angeboten, Schriftwechsel belegt werden können (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 11.Februar 1991 V B 175/89, BFH/NV 1991, 710; BFH-Beschluß vom 29. Oktober 1987 V B 61/87, BFHE 151, 251, BStBl II 1988, 45 unter 2.). Im Streitfall hat die Klägerin keine derartigen Bemühungen unternommen. Sie hat die Zwischenvermietung als eine von zahlreichen Leistungen des für die Bauherrengemeinschaft gestalteten Vertragsbündels angenommen. Daß sie durch die Zwischenvermietung die mit der Vermietung verbundenen Risiken nicht ausschalten konnte, zeigt der Streitfall. Sie blieben bestehen und verwirklichten sich nur gegenüber einem anderen Mieter.
Der Zwischenmieter in B war der Wohnung der Klägerin in C nur geringfügig näher als der Endmieter in A, so daß auch die Entfernung zur Wohnung in A kein beachtlicher Grund für die Zwischenvermietung sein kann. Auf den Grund und die Höhe der Stützungszahlungen der AG an die GmbH und auf die Kenntnisse der Klägerin davon kommt es ebenfalls bei der Beurteilung des Gestaltungsmißbrauchs nicht an. Weitere Gründe, die im Streitfall die durchgeführte Zwangsvollstreckung als beachtlich rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.
Aus den vorangegangenen Ausführungen ergibt sich, daß der Steueranspruch wegen des Mißbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts (§ 42 Satz 1 AO 1977) so entsteht, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht (§ 42 Satz 2 AO 1977). Bei einer angemessen rechtlichen Gestaltung hätte die Klägerin steuerfrei an den Endmieter vermietet (§ 4 Nr.12a UStG 1980). Der Abzug von Vorsteuerbeträgen aus Rechnungen über die Herstellung der Wohnung wäre gemäß § 15 Abs. 2 Nr.1 UStG 1980 ausgeschlossen.
Fundstellen
Haufe-Index 418431 |
BFH/NV 1993, 392 |