Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsrecht
Leitsatz (amtlich)
Ein erster Mitarbeiter in einem schwierigen Veranlagungsbezirk eines FA hat nicht eine einem Sachbearbeiter gleichwertige Stellung im Sinne von § 8 Abs. 2 StBerG.
Normenkette
StBerG § 8 Abs. 2
Tatbestand
Der Kläger war seit 1946 bei einem Finanzamt (FA) in der Ostzone mehrere Jahre Angestellter; er war dort Mitarbeiter in Veranlagungsbezirken und wurde als Betriebsprüfer ausgebildet. Vom 1. November 1952 bis 30. Juni 1963 war er in der Bundesrepublik als Verwaltungsangestellter bei einem FA tätig, zuletzt in Vergütungsgruppe VI b des Bundesangestelltentarifs. Ab 1954 war er erster Mitarbeiter in einem schwierigen OHG-Bezirk, vom 15. Januar 1960 an Umsatzsteuer-Außenprüfer.
Den Antrag des Klägers vom 4. Februar 1964 auf prüfungsbefreite Bestellung als Steuerbevollmächtigter lehnte der Zulassungsausschuß für Steuerbevollmächtigte bei der Oberfinanzdirektion (OFD) ab, weil der Kläger die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten vom 16. August 1961 (StBerG) nicht erfülle. Die vom Kläger eingelegte Berufung hat das Finanzgericht (FG) als unbegründet zurückgewiesen.
Der Kläger hat Rb. eingelegt, die nunmehr als Revision zu behandeln ist. Er trägt insbesondere vor: Das FG stelle zu Unrecht auf formale Umstände ab. Die ausgeübte Tätigkeit werde aber nach § 8 Abs. 2 StBerG als Nachweis der Qualifikation gewertet; sie werde jedoch nicht durch ein Zeichnungsrecht berührt; nicht jeder Sachbearbeiter habe notwendig ein Zeichnungsrecht. Rechtsfehlerhaft seien auch die Erwägungen der Vorentscheidung, soweit ein Vergleich der Vergütungsgruppen vorgenommen werde. Der Kläger wünscht prüfungsbefreite Bestellung als Steuerbevollmächtigter.
Die OFD beantragt, die Revision als unbegründet kostenpflichtig zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers führt nicht zum Erfolg. Den Ausführungen des FG ist im Ergebnis darin beizutreten, daß der Kläger die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 StBerG nicht erfüllt. Er ist während der letzten zehn Jahre vor dem Ausscheiden aus der Finanzverwaltung, also in der Zeit vom 1. Juli 1953 bis zum 30. Juni 1963 nicht mindestens fünf Jahre lang auf dem Gebiet des Steuerwesens als Sachbearbeiter "oder in mindestens gleichwertiger Stellung" tätig gewesen. Er war in dieser Zeit vom 15. Januar 1960 ab Umsatzsteuer-Prüfer; mithin war er ungefähr 3 1/2 Jahre in einer einem Sachbearbeiter gleichwertigen Stellung tätig. Die Zeit ab 1954 bis Mitte Januar 1960, in der er erster Mitarbeiter in einem schwierigen OHG-Bezirk war, hat ihm das FG nicht im Sinne des § 8 Abs. 2 StBerG angerechnet. Der Ansicht des Klägers, der sich dagegen wendet, vermag der Senat nicht zu folgen. Das FG nimmt zutreffend auf die im Erlaßwege von den Finanzministern (Finanzsenatoren) der Länder gleichlautend erlassene Geschäftsordnung für die Finanzämter (FAGO) Bezug (vgl. BStBl 1954 II S. 66 ff., BStBl 1959 II S. 153, auch Mattern/ Meßmer, Reichsabgabenordnung, Vorschriften zu § 21 des Gesetzes über die Finanzverwaltung). Nach § 4 Abs. 1, 2 FAGO bearbeitet der Sachbearbeiter ein "Arbeitsgebiet", das ein Teil eines vom Sachgebietsleiter geleiteten "Sachgebiets" ist. Gemäß § 8 Abs. 2, 3, 5 FAGO sind Obersteuerinspektoren, soweit sie nicht zu Sachgebietsleitern bestellt sind, Steuerinspektoren und außerplanmäßige Steuerinspektoren Sachbearbeiter. Der FA- Vorsteher kann im Bedarfsfall Obersteuersekretäre und ausnahmsweise auch andere Beamte des mittleren Dienstes zu Sachbearbeitern bestellen. Beamte des mittleren Dienstes, soweit sie nicht zu "Sachbearbeitern" bestellt sind, und Steuerbetriebsassistenten sind "Mitarbeiter". Für Arbeiten, die nicht kraft besonderer Bestimmung Beamten vorbehalten sind, dürfen mit Zustimmung der OFD "Angestellte und Lohnempfänger" eingestellt werden, soweit Beamte nicht zur Verfügung stehen. Die Verantwortung für das Arbeitsgebiet trägt unter der Leitung des Sachgebietsleiters also der Sachbearbeiter. Der "Mitarbeiter" hilft dem "Sachbearbeiter" mit, auch dann, wenn er erster Mitarbeiter eines schwierigen Bezirks ist, also schwierige Arbeit leistet als normalerweise ein "Mitarbeiter". Das StBerG, das erheblich später als die FAGO ergangen ist, diese also zugrunde gelegt hat, geht, indem es eine ... Tätigkeit "als Sachbearbeiter oder in mindestens gleichwertiger Stellung" fordert, davon aus, daß entsprechend der FAGO der "Sachbearbeiter" eine selbständigere und verantwortungsvollere Tätigkeit ausübt als der ihm helfende "Mitarbeiter". Die Tätigkeit und die Stellung des "Mitarbeiters" sind also nach § 8 Abs. 2 StBerG derjenigen des "Sachbearbeiters" nicht "Gleichwertig". § 8 Abs. 2 StBerG fordert aber sogar, wie dargelegt, eine der Stellung eines "Sachbearbeiters" "mindestens gleichwertige Stellung". Davon kann bei einem "Mitarbeiter" keine Rede sein. Das Gesetz stellt auf das Merkmal des "Zeichnungsrechts" dabei nicht ab. Es stellt bei dem Tatbestandsmerkmal "als Sachbearbeiter oder in mindestens gleichwertiger Stellung" in § 8 Abs. 2 StBerG auch nicht auf die Vergütung der Tätigkeit des Bewerbers nach einer bestimmten Vergütungsgruppe ab. Das FG hat sonach darin recht, daß die Unterscheidung zwischen einem "Sachbearbeiter" und einem in einem schwierigen Veranlagungsbezirk tätigen ersten "Mitarbeiter" nicht nur rein formaler Art ist. Das Maß der Selbständigkeit und der Verantwortlichkeit ist vielmehr verschieden. Sonach bedurfte es im Streitfall auch nicht weiterer, vom Kläger geforderter Ermittlungen des FG. Der Kläger kann nicht beanspruchen, prüfungsbefreit als Steuerbevollmächtigter bestellt zu werden.
Fundstellen
Haufe-Index 412173 |
BStBl III 1966, 524 |
BFHE 1966, 414 |
BFHE 86, 414 |