Entscheidungsstichwort (Thema)
Prüfungsanordnungen
Leitsatz (amtlich)
1. Prüfungsanordnungen gegen Ehegatten können auch unter der Geltung der Abgabenordnung 1977 in einer Verfügung zusammengefaßt werden.
2. Zur Bekanntgabe von zusammengefaßten Prüfungsanordnungen gegen Ehegatten.
3. Wird den Adressaten der Prüfungsanordnung die Rechtsbehelfsentscheidung ordnungsgemäß zugestellt, so sind Bekanntgabemängel der ursprünglichen Verfügung geheilt.
Orientierungssatz
1. Verwaltungsakte können äußerlich in einer Verfügung zusammengefaßt werden, falls hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, daß die Verfügung mehrere unterschiedliche Regelungsinhalte enthält (vgl. BFH-Rechtsprechung). Der Zusammenfassung von gegen Ehegatten gerichteten Prüfungsanordnungen steht das Steuergeheimnis nicht entgegen. Zusammengefaßte Prüfungsanordnungen sind inhaltlich hinreichend bestimmt, wenn für die Empfänger klar erkennbar ist, daß und in welchem Umfang sie sich an mehrere Personen richten.
2. Nachdem in § 155 Abs. 5 AO 1977 i.d.F. des StBereinG 1986 für Zusammenveranlagungsbescheide die Übersendung einer Ausfertigung an Ehegatten für ausreichend erachtet wird, erscheint es zumindest zweifelhaft, ob auch für die wirksame Bekanntgabe sonstiger in einer Verfügung verbundener Verwaltungsakte gegen Ehegatten an dem Erfordernis des Alleinbesitzes jedes Ehegatten an der den Verwaltungsakt verkörpernden Urkunde festgehalten werden kann.
3. NV: Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muß die Behörde von einer Außenprüfung Abstand nehmen, wenn die erforderliche Aufklärung auch mit Maßnahmen erreicht werden kann, die den Kläger weniger belasten. Die Gerichte können diese Entscheidung nur daraufhin prüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (vgl. BFH-Rechtsprechung).
4. NV: Wird eine Prüfungsanordnung auf § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 gestützt, so muß sie erkennen lassen, welche steuererheblichen Verhältnisse der Aufklärung bedürfen und warum eine Prüfung an Amtsstelle nicht zweckmäßig ist (vgl. BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
AO 1977 § 126 Abs. 2, § 193 Abs. 2 Nr. 2, § 197 Abs. 1, §§ 5, 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a, § 119 Abs. 1, § 122 Abs. 1, § 126 Abs. 1 Nr. 2, § 155 Abs. 3, 5, § 196; FGO § 102
Tatbestand
Tatbestand
I. Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer gegen die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) ergangenen Prüfungsanordnung.
Die Kläger sind Ehegatten, die für den Prüfungszeitraum (1979 bis 1981) die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer beantragt und sich entsprechend einer in den Einkommensteuererklärungsvordrucken der Streitjahre aufgenommenen Erklärung zur gegenseitigen Empfangnahme des Steuerbescheids und von Änderungsbescheiden bevollmächtigt haben. Der Kläger stellte im Prüfungszeitraum Fotosätze und Reprographien her. Er betrieb daneben ab 1.Februar 1979 die bis dahin von der Klägerin als Einzelunternehmerin ausgeübte Werbeberatung. Ab Februar 1981 übernahm er zusätzlich von der Klägerin, die ihr Gewerbe gleichzeitig abmeldete, ein Immobilienmaklerbüro. Im Jahre 1981 waren beide Ehegatten außerdem als Angestellte der B-GmbH (GmbH) tätig, deren Gründungsmitgesellschafter der Kläger ist. Die Klägerin bezog im Prüfungszeitraum ferner als Angestellte ihres Ehemannes Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sämtliche Betriebe der Ehegatten waren in den Streitjahren in die Größenklasse Kleinstbetrieb gemäß § 3 der Betriebsprüfungsordnung (Steuer) ―BpO(St)― vom 27.April 1978 (BStBl I 1978, 195) eingeordnet.
Während einer noch laufenden Außenprüfung bei der GmbH ordnete der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) bei den Klägern gemäß § 193 Abs.1 und Abs.2 Nr.2 der Abgabenordnung (AO 1977) eine Außenprüfung an, die die Einkommen-, Gewerbe-, Umsatz- und Vermögensteuer sowie die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens umfassen sollte. Die an beide Ehegatten adressierte Prüfungsanordnung wurde den Klägern nur in einer Ausfertigung mit einfachem Brief bekanntgegeben.
Mit ihrer Beschwerde machten die Kläger geltend, daß die Voraussetzungen einer Betriebsprüfung bei zusammenhängenden Unternehmen nach § 18 BpO(St) im Streitfall nicht erfüllt seien und die Prüfungsanordnung gegen das Übermaßverbot verstoße, da eine Aufklärung der für die Besteuerung erheblichen Verhältnisse auch an Amtsstelle erfolgen könne. Die Außenprüfung ist im Hinblick auf das anhängige Rechtsbehelfsverfahren noch nicht begonnen worden.
Mit Beschwerdeentscheidung vom 19.August 1983, die dem gemeinsamen Bevollmächtigten der Kläger zugestellt wurde, wies die Oberfinanzdirektion (OFD) die Beschwerde als unbegründet zurück. Sie führte hierzu aus, daß beim Kläger die Voraussetzungen des § 193 Abs.1 AO 1977 während des gesamten Prüfungszeitraums vorgelegen hätten und im übrigen die steuerlichen Verhältnisse unklar und prüfungsbedürftig seien. Hinsichtlich der Klägerin beruhe die Anordnung für die Zeiträume, in denen sie keinen Gewerbebetrieb unterhalten habe, auf § 193 Abs.2 Nr.2 AO 1977.
Eine Prüfungsbedürftigkeit bestehe schon deshalb, weil die Klägerin ihre Gewerbebetriebe dem Ehemann übergeben und teilweise rückwirkend wieder abgemeldet habe. Aufgrund der unklaren steuerlichen Verhältnisse könne nicht ausgeschlossen werden, daß die Steuererklärungen unvollständig oder unrichtig seien. Da zur Aufklärung die Prüfung umfangreicher Unterlagen erforderlich sei, sei eine Ermittlung an Amtsstelle unzweckmäßig.
Auf die Klage hin hob das Finanzgericht (FG) die angefochtene Prüfungsanordnung aus verfahrensrechtlichen Gründen auf. Es vertrat die Auffassung, daß die Zusammenfassung der gegen die Kläger ergangenen Prüfungsanordnungen in einem Bescheid unzulässig sei, da § 155 Abs.3 AO 1977 nur die Zusammenfassung von Steuerbescheiden ermögliche und es darüber hinaus bei einer Außenprüfung wegen der höchstpersönlich geschuldeten Mitwirkungspflichten an einem Gesamtschuldverhältnis fehle. Eine Zusammenfassung steuerlich bedeutsamer Verwaltungsakte komme ferner aus Gründen der Wahrung des Steuergeheimnisses nicht in Betracht.
Die Prüfungsanordnung sei außerdem nicht wirksam bekanntgegeben worden, weil sie den Klägern lediglich in einer Ausfertigung übersandt worden sei. Zwar hätten beide Ehegatten die Einkommensteuererklärungen in den Streitjahren unterzeichnet. Im Hinblick auf die in den Steuererklärungsvordrucken seit dem Jahr 1979 enthaltene ausdrückliche Beschränkung der gegenseitigen Bevollmächtigung auf die Empfangnahme von Steuerbescheiden sei für die Annahme einer umfassenden stillschweigenden Bevollmächtigung zur Entgegennahme sonstiger Steuerverwaltungsakte, von der
der Bundesfinanzhof (BFH) noch im Urteil vom 5.November 1981 IV R 179/79 (BFHE 134, 395, BStBl II 1982, 208) ausgegangen sei, kein Raum mehr. Eine Erstreckung der stillschweigenden Vollmacht auf den Bereich der betrieblichen Steuern sei ohnehin ausgeschlossen. Mit seiner wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung der §§ 122 Abs.1, 155 Abs.3, 196 und 197 Abs.1 Satz 1 AO 1977.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 120 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Die Prüfungsanordnung, gegen deren Wirksamkeit keine verfahrensrechtlichen Bedenken bestehen, ist auch im übrigen rechtmäßig.
1. Das FA durfte die gegen die Kläger ergangenen Prüfungsanordnungen in einem Bescheid zusammenfassen.
a) Will die Finanzbehörde bei Ehegatten eine Außenprüfung durchführen, so muß gegen jeden Ehegatten, der auch im Falle der Zusammenveranlagung eigenständiger Steuerschuldner und damit selbständiges Prüfungssubjekt bleibt, eine Prüfungsanordnung ergehen. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann die Finanzbehörde Prüfungsanordnungen gegen Ehegatten allerdings grundsätzlich in einer Verfügung zusammenfassen (vgl. Urteile in BFHE 134, 395, BStBl II 1982, 208, und vom 13.März 1987 III R 236/83, BFHE 149, 399, BStBl II 1987, 664; vgl. auch Schick in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 196 AO 1977 Rdnr.38).
b) Die vom FG gegen diese Rechtsprechung erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Die Entscheidung des FG Düsseldorf vom 19.Januar 1984 II 274/83 AO (Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 1984, 534), auf die sich die Vorinstanz hierbei im wesentlichen stützt, hat der erkennende Senat mit nicht veröffentlichtem Urteil vom 30.September 1988 III R 218/84 aufgehoben.
aa) Richtig ist allerdings, daß die Berechtigung des FA zum Erlaß einer zusammengefaßten Prüfungsanordnung nicht auf § 155 Abs.3 AO 1977 gestützt werden kann. Denn diese Vorschrift betrifft lediglich inhaltsgleiche Steuerbescheide gegen mehrere Gesamtschuldner, die in einem Steuerbescheid zusammengefaßt sind (vgl. BFH-Urteil vom 26.März 1985 VIII R 225/83, BFHE 143, 491, BStBl II 1985, 603). Zu Unrecht folgert das FG aus dieser Sonderregelung jedoch, daß die Verbindung von Steuerverwaltungsakten in einer Verfügung unzulässig ist, soweit kein Gesamtschuldverhältnis vorliegt. Da dem formellen Abgabenrecht ein derartiges Verbot nicht zu entnehmen ist, ist die Finanzbehörde nicht gehindert, mehrere Verwaltungsakte in einer Verfügung zusammenzufassen, soweit hierdurch das Bestimmtheitsgebot des § 119 AO 1977 nicht verletzt wird.
Auch die Rechtsprechung hat die äußerliche Zusammenfassung von Verwaltungsakten in einer Verfügung stets gebilligt, falls hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, daß die Verfügung mehrere unterschiedliche Regelungsinhalte enthält (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16.November 1984 VI R 176/82, BFHE 143, 27, BStBl II 1985, 266, zur Zusammenfassung eines Pauschalierungssteuerbescheides mit einem Haftungsbescheid; BFH-Urteil vom 10.November 1967 III R 5/67, BFHE 91, 135, BStBl II 1968, 292, zur Verbindung eines Einheitswertbescheids mit einem Grundsteuermeßbescheid) und zwar auch für den Fall, daß sich die in einer Verfügung zusammengefaßten Bescheide gegen Ehegatten richten (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10.Juni 1964 II 143/61, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ―HFR― 1964, 425).
bb) Zusammengefaßte Prüfungsanordnungen sind inhaltlich hinreichend bestimmt, wenn für die Empfänger klar erkennbar ist, daß und in welchem Umfang sie sich an mehrere Personen richten. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Zwar hätte es der gebotenen Klarheit gedient, wenn die zugleich auf § 193 Abs.1 und Abs.2 Nr.2 AO 1977 gestützte Prüfungsanordnung im Hinblick auf die von beiden Ehegatten im Prüfungszeitraum unterhaltenen Gewerbebetriebe nähere Angaben zum sachlichen Prüfungsumfang enthalten hätte; mögliche Zweifel sind jedoch dadurch wirksam ausgeräumt worden, daß die insoweit erforderlichen Angaben bis zum Abschluß des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens nachgeholt worden sind.
cc) Der Zusammenfassung von gegen Ehegattengerichteten Prüfungsanordnungen steht auch nicht das Steuergeheimnis entgegen. Hierbei kann offenbleiben, ob der vom FG angenommene Verstoß gegen § 30 AO 1977, der grundsätzlich nur für den unbefugt offenbarenden Amtsträger Folgen zeitigt, überhaupt die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides berührt. Ebenso kann dahinstehen, inwieweit die für die Festlegung des sachlichen und zeitlichen Umfangs einer Außenprüfung erforderlichen Angaben überhaupt Verhältnisse eines Steuerpflichtigen i.S. des § 30 Abs.2 Nr.1 AO 1977 zum Gegenstand haben. Denn durch die Anordnung einer Außenprüfung werden Ehegatten jedenfalls keine Verhältnisse bekannt, die nicht im Rahmen der für eine Zusammenveranlagung zu treffenden Feststellungen zulässigerweise offenbart werden können.
2. Entgegen der Auffassung des FG ist die Prüfungsanordnung auch nicht mangels ordnungsmäßiger Bekanntgabe unwirksam.
a) Das FG ist unter Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung davon ausgegangen, daß es für die Bekanntgabe von zusammengefaßten Prüfungsanordnungen gegen Ehegatten nach § 122 Abs.2 AO 1977 der Aushändigung gesonderter Ausfertigungen an jeden Ehegatten bedarf. Diese Auffassung ist zumindest nicht zweifelsfrei.
Zwar hat der VIII.Senat des BFH bei Zusammenveranlagungsbescheiden auch für den Geltungsbereich der AO 1977 daran festgehalten, daß zur Bekanntgabe jedem Ehegatten eine Urschrift des Steuerbescheids zu übermitteln ist (Urteil in BFHE 143, 491, BStBl II 1985, 603). Der BFH hat sich damit gegen die in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung überwiegend vertretene Auffassung gestellt, daß zusammengefaßte Bescheide durch den Einwurf in den gemeinsamen Briefkasten derart in den Machtbereich beider Ehegatten gelangen, daß beiden die Kenntnisnahme möglich und nach den Gepflogenheiten des Verkehrs auch zu erwarten ist (vgl.Urteile des FG Baden-Württemberg vom 24.September 1981 III 409/80, EFG 1982, 167; FG Rheinland-Pfalz vom 13.Juli 1982 2 K 143/80, EFG 1983, 98, und FG Köln vom 24.August 1983 I 147/82 E, EFG 1984, 157 sowie die Literaturnachweise bei Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Lieferung 48 November 1985, § 155 AO 1977 Tz.10). Der VIII.Senat hat jedoch ebenso wie der IV.Senat im Urteil in BFHE 134, 395, BStBl II 1982, 208 ausdrücklich offengelassen, ob dies auch für Prüfungsanordnungen gelten soll, für die vor Inkrafttreten der AO 1977 die Aushändigung nur einer Ausfertigung für beide Ehegatten für ausreichend erachtet wurde (vgl. BFH-Urteil vom 14.Februar 1978 VII R 51/77, BFHE 124, 408, BStBl II 1978, 416). Nachdem der Gesetzgeber in dem durch das Steuerbereinigungsgesetz 1986 vom 19.Dezember 1985 (BGBl I 1985, 2436) eingefügten § 155 Abs.5 AO 1977 für Zusammenveranlagungsbescheide die Übersendung einer Ausfertigung an Ehegatten für ausreichend erachtet und damit im Ergebnis der finanzgerichtlichen Auffassung gefolgt ist, erscheint es zumindest zweifelhaft, ob auch für die wirksame Bekanntgabe sonstiger, in einer Verfügung verbundener Verwaltungsakte gegen Ehegatten an dem Erfordernis des Alleinbesitzes jedes Ehegatten an der den Verwaltungsakt verkörpernden Urkunde festgehalten werden kann.
b) Ob zusammengefaßte Prüfungsanordnungen gegen Ehegatten durch Übermittlung einer Ausfertigung an die gemeinsame Anschrift wirksam bekanntgegeben werden können, bedarf jedoch auch im Streitfall keiner abschließenden Entscheidung. Ebensowenig muß auf die vom FG verneinte Frage eingegangen werden, ob sich die ausdrücklich erklärte gegenseitige Empfangsvollmacht der Kläger zur Entgegennahme von Steuerbescheiden auch auf den Empfang von sonstigen Steuerverwaltungsakten erstreckt, die Ehegatten in einer Ausfertigung bekanntgegeben werden. Denn die Anordnung der Außenprüfung ist den Klägern jedenfalls dadurch wirksam bekanntgegeben worden, daß ihrem gemeinsamen Bevollmächtigten die Beschwerdeentscheidung zugestellt worden ist.
Wird den Adressaten eines Verwaltungsakts die Rechtsbehelfsentscheidung ordnungsgemäß zugestellt, so kommt es auf Bekanntgabemängel des ursprünglichen Bescheides grundsätzlich nicht mehr an (vgl. BFH-Urteile vom 8.Juli 1982 IV R 20/78, BFHE 136, 252, BStBl II 1982, 700, unter 2 b; vom 11.Dezember 1985 I R 352/82, BFH/NV 1986, 644, und vom 18.März 1986 II R 214/83, BFHE 147, 99, BStBl II 1986, 78). Soweit dem Urteil in BFH/NV 1986, 644 die Einschränkung zu entnehmen sein sollte, daß Bekanntgabemängel eines Steuerbescheides durch eine sich in der bloßen Zurückweisung des Rechtsbehelfs erschöpfende Entscheidung nicht geheilt werden können, weil es an einer wirksamen Steuerfestsetzung fehlt, wäre diese Beschränkung der Heilungsmöglichkeiten bei Prüfungsanordnungen nicht geboten. Denn der Regelungsinhalt dieser Verfügung erschöpft sich in der Mitteilung des sachlichen und zeitlichen Prüfungsumfangs. Den Anforderungen des § 196 AO 1977 genügt deshalb auch eine Beschwerdeentscheidung, in deren Gründen der Inhalt der angefochtenen Prüfungsanordnung wiedergegeben wird.
3. Die Prüfungsanordnung in Gestalt der Beschwerdeentscheidung, deren Zulässigkeit getrennt nach den Verhältnissen des jeweils betroffenen Ehegatten zu beurteilen ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 149, 399, BStBl II 1987, 664), ist auch frei von materiellen Rechts- und Ermessensfehlern.
a) Die Rechtmäßigkeit der gegen den Kläger angeordneten Außenprüfung hängt nicht davon ab, ob das FA bei ihm lediglich eine Routineprüfung oder, wie der Kläger behauptet, eine Prüfung aus besonderem Anlaß durchführen will.
aa) Das FA konnte gegen den Kläger, der während des gesamten Prüfungszeitraums gewerblich tätig war, jederzeit eine routinemäßige Außenprüfung anordnen, für die nach ständiger Rechtsprechung der Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift als ausreichende Begründung anzusehen ist (vgl. BFHE 149, 399, BStBl II 1987, 644, mit weiteren
Rechtsprechungsnachweisen). Denn § 193 Abs.1 AO 1977 geht davon aus, daß die Heranziehung der dort genannten Steuerpflichtigen zu einer routinemäßigen Außenprüfung regelmäßig ermessensgerecht ist. Auch die BpO(St), mit der die Finanzbehörde das ihr insoweit zustehende Ermessen selbst eingeschränkt hat, sieht für Kleinstbetriebe keine abweichende Behandlung gegenüber den Betrieben anderer Größenklassen nach § 3 BpO(St) vor.
bb) Sollte beim Kläger dagegen aus besonderem Anlaß außerhalb des allgemeinen Prüfungsrhythmus eine Außenprüfung stattfinden, was nach den Ausführungen in der Beschwerdeentscheidung zumindest nicht auszuschließen ist, so genügen die dort dargelegten Gründe, die zulässigerweise nachgeholt werden konnten (§ 126 Abs.1 Nr.2 AO 1977), den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen (vgl.hierzu BFH-Urteile vom 24.Januar 1985 IV R 232/82, BFHE 143, 210, BStBl II 1985, 568, und vom 16.Dezember 1987 I R 238/83, BFHE 152, 32, BStBl II 1988, 233).
(1) Ob eine Außenprüfung angezeigt ist, entscheidet die Finanzbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen; sie muß hierbei Art und Umfang des zu prüfenden Sachverhalts berücksichtigen und zusätzlich beachten, daß die Außenprüfung für den Steuerpflichtigen eine erhebliche Belastung bedeutet. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muß die Behörde von einer Außenprüfung Abstand nehmen, wenn die erforderliche Aufklärung auch mit Maßnahmen erreicht werden kann, die den Kläger weniger belasten (BFH-Urteile vom 7.November 1985 IV R 6/85, BFHE 145, 23, BStBl II 1986, 435, und in BFHE 143, 210, BStBl II 1985, 568). Die Gerichte können diese Entscheidung nur daraufhin prüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 102 FGO; vgl. zur gerichtlichen Überprüfung von Ermessensentscheidungen: BFH-Urteil vom 24.September 1976 I R 41/75, BFHE 120, 212, BStBl II 1977, 127).
(2) Die von der Beschwerdebehörde angestellten Ermessenserwägungen lassen weder eine Ermessensüberschreitung noch Ermessensfehlgebrauch erkennen.Die Beschwerdeentscheidung enthält insbesondere ausreichende Erwägungen zu der Frage, ob sich die im einzelnen aufgeführten klärungsbedürftigen Verhältnisse (insbesondere Übertragung der Gewerbebetriebe auf den Kläger und Zusammenhang zwischen den getätigten Grundstücksgeschäften und dem Immobilienunternehmen) sachgerechter im Wege einer Außenprüfung als durch die Veranlagungsstelle ermitteln lassen.
Es kann dahinstehen, ob die erforderlichen Feststellungen nicht auch an Amtsstelle getroffen werden könnten. Denn die Ermessensgrenzen sind im Streitfall nicht derart eingeengt, daß nur eine bestimmte Entscheidung möglich wäre (vgl. zur sog. Ermessensreduzierung auf Null die Nachweise bei Tipke/Kruse, a.a.O., § 102 FGO Tz.1).
cc) Schließlich kommt es im Streitfall nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 18 BpO(St) erfüllt sind. Denn die Finanzbehörden, die die angefochtene Verfügung ohnehin nicht auf diese Vorschrift gestützt haben, konnten beim Kläger eine Außenprüfung ohne Rücksicht auf diebei der GmbH stattfindende Prüfung anordnen.
b) Die Anordnung der Außenprüfung bei der Klägerin läßt ebenfalls keine Ermessensfehler erkennen. Allerdings kommt bei ihr für die Zeiträume, in denen sie keine Gewinneinkünfte erzielt hat, als Rechtsgrundlage der Prüfungsanordnung lediglich § 193 Abs.2 Nr.2 AO 1977 in Betracht. Wird eine Prüfungsanordnung auf diese Vorschrift gestützt, so muß sie erkennen lassen, welche steuererheblichen Verhältnisse der Aufklärung bedürfen und warum eine Prüfung an Amtsstelle nicht zweckmäßig ist (Urteile in BFHE 145, 23, BStBl II 1986, 435, und vom 16.Dezember 1986 VIII R 123/86, BFHE 148, 426, BStBl II 1987, 248).
Die Beschwerdebehörde hat ein Aufklärungsbedürfnis i.S. von § 193 Abs.2 Nr.2 AO 1977 bereits mit dem Hinweis hinreichend dargetan, es lägen aufgrund der im einzelnen aufgeführten Unklarheiten Anhaltspunkte dafür vor, daß die Klägerin ihre Steuererklärungen nicht vollständig oder mit unrichtigem Inhalt abgegeben hat (vgl. hierzu Urteile in BFHE 134, 395, BStBl II 1982, 208, und in BFHE 145, 23, BStBl II 1986, 435). Bezüglich der Frage der Zweckmäßigkeit einer Außenprüfung entspricht die für die Anordnung nach § 193 Abs.2 Nr.2 AO 1977 erforderliche Begründung weitgehend den Ermessenserwägungen, die bei einer Außenprüfung aus besonderem Anlaß nach § 193 Abs.1 AO 1977 anzustellen sind und die, wie vorstehend unter 3 a bb (2) dargelegt wurde, in der Beschwerdeentscheidung rechtsfehlerfrei getroffen worden sind.
Fundstellen
Haufe-Index 611165 |
BFH/NV 1989, 9 |
BFH/NV 1990, 4 |
BFHE 1989, 238 |