Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung von Glattstellungen erworbener und eingeräumter Optionsrechte an der Deutschen Terminbörse (jetzt: EUREX)
Leitsatz (amtlich)
1. Der Steuerpflichtige, der seine an der Deutschen Terminbörse (jetzt: EUREX) erworbenen Optionsrechte innerhalb der Spekulationsfrist glattstellt, verwirklicht in Höhe der Differenz zwischen der bei Abschluss des Eröffnungsgeschäfts gezahlten und der bei Abschluss des Gegengeschäfts vereinnahmten Optionsprämien den Steuertatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG, und zwar unabhängig davon, welcher Basiswert den Gegenstand des Optionsgeschäfts bildet (Bestätigung des BFH-Urteils vom 24. Juni 2003 IX R 2/02, BFHE 202, 351, BStBl II 2003, 752).
2. Das Entgelt, das der Steuerpflichtige für eingeräumte Optionen als Stillhalter zur Entschädigung für die Bindung und die Risiken erhält, die er durch die Begebung des Optionsrechts eingeht, ist nach § 22 Nr. 3 EStG unabhängig davon zu versteuern, auf welchem Basiswert die Option beruht.
3. Stellt der Steuerpflichtige die eingeräumte Option glatt, so sind die im Gegengeschäft gezahlten Prämien als Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG abziehbar.
4. Für das Jahr 1994 bleibt § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst b EStG anwendbar, auch wenn das BVerfG diese Vorschrift, soweit sie Veräußerungsgeschäfte aus Wertpapieren betrifft, durch Urteil vom 9. März 2004 2 BvL 17/02 in der für 1997 und 1998 geltenden Fassung für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar und nichtig erklärt hat.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 22 Nr. 3, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger, Revisionsbeklagten und Anschlussrevisionskläger (Kläger) wurden im Streitjahr (1994) als Ehegatten zur Einkommensteuer zusammen veranlagt.
Der Kläger unternahm im Streitjahr wie auch im Jahr 1995 Optionsgeschäfte u.a. an der Deutschen Terminbörse (DTB). Er erwarb Rechte, innerhalb einer bestimmten Frist oder zu einem bestimmten Termin Devisen oder Wertpapiere zu einem festgelegten Basiswert zu kaufen und zu verkaufen (sog. long-Positionen). Hierfür zahlte er im Streitjahr Optionsprämien von 52 680 DM.
Überdies verpflichtete er sich als Verkäufer von Kauf- und Verkaufsoptionen und Stillhalter im Rahmen von sog. short-Positionen. Hierfür erhielt er Optionsprämien von 40 172 DM. Für short-Positionen auf den Deutschen Aktien-Index (DAX) vereinnahmte er 1 485,82 DM.
Jeweils innerhalb von sechs Monaten nach Erwerb oder Einräumung der Optionen schloss der Kläger in den long-Positionen in allen Fällen und in den short-Positionen in einigen Fällen sog. Glattstellungsgeschäfte (Gegengeschäfte zu den Eröffnungsgeschäften) ab. Dabei erhielt er für die glattgestellten, von ihm zuvor erworbenen Optionen (die long-Positionen) Optionsprämien von 68 080 DM und zahlte aufgrund von Glattstellungsgeschäften hinsichtlich der eingeräumten Optionen (short-Positionen) Optionsprämien von 7 008 DM sowie für die DAX-Kontrakte 667,24 DM.
Der Kläger erzielte dementsprechend im Streitjahr einen Differenzgewinn von 49 382,58 DM, der sich wie folgt berechnet:
long-Positionen: Vereinnahmte Optionsprämien (Gegengeschäft) Gezahlte Optionsprämien (Eröffnungsgeschäft) |
68 080,00 DM 52 680,00 DM |
Differenz short-Positionen (auf Devisen und Wertpapiere): Erlöste Prämien (Eröffnungsgeschäft) Gezahlte Prämien (Gegengeschäft) |
15 400,00 DM 40 172,00 DM 7 008,00 DM |
Differenz short-Positionen (auf DAX) Erlöste Prämien (Eröffnungsgeschäft) Gezahlte Prämien (Gegengeschäft) |
33 164,00 DM 1 485,82 DM 667,24 DM |
Differenz |
818,58 DM |
insgesamt |
49 382,58 DM |
Der Beklagte, Revisionskläger und Anschlussrevisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) unterwarf im Anschluss an eine Außenprüfung u.a. den Betrag von 49 382,58 DM der Besteuerung, und zwar die Differenz aus den long-Positionen als Veräußerungsgewinn nach § 22 Nr. 3, § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres (EStG) und die Differenz aus den short-Positionen als Einkünfte aus Leistungen gemäß § 22 Nr. 3 EStG.
Mit ihrem Einspruch wandten sich die Kläger gegen die Besteuerung von 49 382,58 DM, weil es sich um Differenzgeschäfte mit Spielcharakter handele, die auf die Kursdifferenz ausgerichtet seien. Der Einspruch blieb erfolglos.
Ihre hiergegen erhobene Klage hatte zu einem Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) beurteilte in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 853 veröffentlichten Urteil die Überschüsse, die aus dem Glattstellungsgeschäft der zuvor erworbenen Optionen (long-Positionen) stammten, sowie die short-Positionen auf den DAX als nicht steuerbare Einkünfte. Es unterwarf aber die Einnahmen aus den glattgestellten zuvor eingeräumten Optionen (short-Positionen) als Leistung des Klägers als Stillhalter eines Optionsgeschäfts der Besteuerung nach § 22 Nr. 3 EStG, allerdings ohne die in den Gegengeschäften gezahlten Prämien als Werbungskosten davon abzuziehen. Es erfasste dementsprechend einen Betrag von 40 172 DM (Einnahmen aus den sog. short-Positionen).
Das Urteil wurde den Klägern am 21. März 2003 zugestellt.
Das FA hat Revision, die Kläger haben Anschlussrevision eingelegt.
Das FA wendet sich mit seiner Revision gegen die angefochtene Entscheidung, soweit sie das Streitjahr 1994 betrifft und rügt Verletzung materiellen Rechts. Die Gewinne und Verluste aus der Glattstellung erworbener Optionen innerhalb von sechs Monaten nach dem Kauf seien nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG steuerbar. Die Prämien im Anschluss an den Verkauf von Optionen auf den DAX seien nach § 22 Nr. 3 EStG wie auch die übrigen short-Positionen zu versteuern. Der Optionsgeber schulde in Form des Stillhaltens eine Sach- oder Dienstleistung und erhalte dafür ein Entgelt. Die Bindungsbereitschaft greife unabhängig davon ein, was Gegenstand der Option sei.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben und die Klage abzuweisen, als das Urteil das Streitjahr 1994 betrifft.
Die Kläger beantragen sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
Im Wege der Anschlussrevision wegen Einkommensteuer 1994 und 1995 beantragen sie, das angefochtene Urteil aufzuheben und ihrer Klage stattzugeben, hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Die Kläger wenden sich zunächst gegen die Besteuerung der Einkünfte aus dem Kauf und Verkauf von Devisenoptionen. Es handele sich hierbei zivilrechtlich um ein Differenzgeschäft und auch steuerrechtlich sei eine finale Verbindung von Leistung und Entgelt i.S. von § 22 Nr. 3 EStG ausgeschlossen. Jedenfalls seien die Prämien, die der Kläger beim Kauf von Optionen zur Beendigung eines bereits getätigten Stillhaltergeschäfts zu zahlen hatte, als Werbungskosten abziehbar.
Dem FG sei aber zu folgen, wenn es die Steuerbarkeit von Prämien für den Verkauf von Optionen auf den DAX verneine. Denn mit dem Verkauf der Optionen und den damit verbundenen Bindungen werde lediglich auf Indexveränderungen und damit auf einen Barausgleich spekuliert.
Das FA beantragt, die Anschlussrevision wegen Einkommensteuer 1995 als unzulässig zu verwerfen und im übrigen als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist begründet und führt nach § 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Die Anschlussrevision der Kläger ist unzulässig, soweit sie das Jahr 1995 betrifft; im übrigen ist sie unbegründet.
1. Revision des FA
Die Vorentscheidung verletzt § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG, indem sie die Glattstellung der long-Positionen nicht als Veräußerungsgeschäft beurteilt (a) und § 22 Nr. 3 EStG, weil sie die Optionsprämie, die der Kläger als Stillhalter (auf DAX-Kontrakte) erhalten hat, nicht der Besteuerung unterworfen hat (b). Zutreffend hat das FG aber die Optionsgeschäfte des Klägers als private Vermögensverwaltung gewertet, weil er in allen Fällen auf eigene Rechnung tätig geworden ist (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 30. Juli 2003 X R 7/99, BFHE 204, 419, BStBl II 2004, 408).
a) Die Glattstellung der vom Kläger erworbenen Optionsrechte ist als Veräußerungsgeschäft steuerbar. Ein Spekulationsgeschäft (§ 22 Nr. 2 EStG) ist gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG die Veräußerung von Wirtschaftsgütern, insbesondere von Wertpapieren, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als sechs Monate beträgt.
Die Regelung erfasst nur Veräußerungsgeschäfte über Wirtschaftsgüter. Das veräußerte Wirtschaftsgut muss mit dem erworbenen zumindest wirtschaftlich identisch sein. Zweck des § 23 EStG ist es, innerhalb der Spekulationsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsgutes im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen (st. Rechtsprechung, vgl. die BFH-Urteile vom 25. August 1987 IX R 65/86, BFHE 151, 132, BStBl II 1988, 248, m.w.N., und vom 2. Mai 2000 IX R 74/96, BFHE 192, 88, BStBl II 2000, 469).
aa) Zu den Wirtschaftsgütern, die Gegenstand eines Spekulationsgeschäfts sein können, zählen auch Optionen (BFH-Urteile vom 24. Juni 2003 IX R 2/02, BFHE 202, 351, BStBl II 2003, 752, und vom 24. Juli 1996 X R 139/93, BFH/NV 1997, 105). Denn es handelt sich um vermögenswerte Vorteile, die selbständig bewertbar und längerfristig nutzbar sind. Dies gilt entgegen der Auffassung der Kläger auch für an der DTB (jetzt: EUREX) gehandelte Optionen (BFH in BFHE 202, 351, BStBl II 2003, 752).
bb) Der Erwerber einer Option ―wie im Streitfall der Kläger― erlangt wie bei einer Option im konventionellen Handel das Recht, vom Stillhalter jederzeit während der Laufzeit der Option (amerikanische Variante) oder zu einem vorgegebenen Zeitpunkt (europäische Variante) die den Gegenstand des Optionsgeschäfts bildenden Basiswerte (z.B. Wertpapiere) zum vereinbarten Preis zu kaufen oder an ihn zu verkaufen (so BFH-Urteil vom 18. Dezember 2002 I R 17/02, BFHE 201, 234, BStBl II 2004, 126; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ―BMF― vom 12. Januar 2004, BStBl I 2004, 192). Für dieses Recht hat der Erwerber bei Abschluss des Optionsgeschäfts die Optionsprämie zu zahlen (vgl. zum Erwerbstatbestand BFH in BFH/NV 1997, 105).
Dies gilt auch für Devisenoptionen. Zwar wandelt sich hier die Verpflichtung aus der Option in einen Barausgleich. Das ändert aber entgegen der Auffassung der Kläger nichts daran, dass das Optionsrecht selbst als fungibler Gegenstand das für § 23 EStG maßgebende Wirtschaftsgut ist. Dem entspricht es, wenn der BFH in seinem Urteil in BFHE 192, 88, BStBl II 2000, 469 auch Fremdwährungsbeträge zu den Wirtschaftsgütern rechnet.
cc) Der Kläger hat die erworbenen Optionen durch Gegengeschäfte veräußert. Wie der Senat in seiner Entscheidung in BFHE 202, 351, BStBl II 2003, 752 ausgeführt hat, verwirklicht derjenige, der seine Optionsrechte durch Gegengeschäfte innerhalb der Spekulationsfrist glattstellt, in Höhe der Differenz zwischen der bei Abschluss des Eröffnungsgeschäfts gezahlten und der bei Abschluss des Gegengeschäfts vereinnahmten Optionsprämien den Steuertatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG.
Im Streitfall bedeutet dies, dass das FA zutreffend 15 400 DM als steuerbares Spekulationsgeschäft erfasst hat. Das ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Urteil vom 9. März 2004 2 BvL 17/02 (BGBl I 2004, 591, Der Betrieb ―DB― 2004, 628) die Besteuerung privater Wertpapiergeschäfte lediglich für die Jahre 1997 und 1998 für verfassungswidrig und § 23 EStG insoweit für nichtig erklärt. Zwar ist davon auszugehen, dass auch im Streitjahr 1994 ein vergleichbares Vollzugsdefizit gegeben war, wie es das BVerfG für die Jahre 1997 und 1998 festgestellt hat. Es ist indes ausgeschlossen, dass das BVerfG § 23 EStG für Wertpapiergeschäfte im Streitjahr für nichtig erklären würde. In seinem Urteil zur Zinsbesteuerung vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89 (BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654) hat das BVerfG zwar in Bezug auf § 20 EStG ein mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbares Vollzugsdefizit festgestellt, die darauf gestützte Verfassungsbeschwerde aber gleichwohl zurückgewiesen, weil die Verfassungsrechtslage bisher nicht erkannt worden sei und deshalb Anlass bestanden habe, das bisherige Recht noch für eine Übergangszeit hinzunehmen und dem Gesetzgeber Gelegenheit zu geben, sich binnen einer angemessenen Frist auf die nunmehr geklärte verfassungsrechtliche Lage einzustellen. Diese Erwägungen gelten ebenso für das Vollzugsdefizit, welches das BVerfG nunmehr für § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG festgestellt hat. Auch hier war die Verfassungsrechtslage seinerzeit nicht erkannt worden. Die dem Gesetzgeber insoweit zuzubilligende Übergangszeit umfasst auch noch das Streitjahr, weil die Frage des gleichheitswidrigen Vollzugsdefizits in der Fachwelt für die Vorschrift des § 20 EStG (vgl. die Nachweise in BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654 unter C. II. 1. b dd der Gründe) deutlich früher aufgeworfen worden ist als für § 23 EStG (vgl. dazu die Nachweise im Urteil des BVerfG in BGBl I 2004, 591, DB 2004, 628 unter A. I. 4. der Gründe, und das BFH-Urteil vom 1. Juni 2004 IX R 35/01, BFH/NV 2004, 1180 für Kalenderjahre bis einschließlich 1993).
b) Die Prämien, die der Kläger aus der Einräumung von Optionen auf den DAX-Index als Stillhalter vereinnahmte, sind als Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG (Einkünfte aus Leistungen) zu erfassen.
aa) Darunter fällt nach der ständigen Rechtsprechung des BFH auch das Entgelt, das der Stillhalter als Entschädigung für die Bindung und die Risiken, die er durch die Begebung des Optionsrechts eingeht, unabhängig vom Zustandekommen des Wertpapiergeschäfts allein für die Stillhaltung erhält (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 1990 X R 197/87, BFHE 163, 175, BStBl II 1991, 300). Dies gilt auch für den Optionshandel an der DTB (so BFH-Urteile in BFHE 201, 234, BStBl II 2004, 126, und in BFHE 202, 351, BStBl II 2003, 752).
Es kommt entgegen der Auffassung des FG auch nicht darauf an, worauf die Option beruht (vgl. Peter, in Finanz-Rundschau ―FR― 1998, 545, 548; Blümich/Glenk, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 23 EStG Rz. 95, m.w.N.; Philipowski, Deutsches Steuerrecht ―DStR― 2004, 978, 981). Zwar ist die effektive Abnahme oder Lieferung der Basiswerte in Bezug auf den DAX ausgeschlossen. Indes dient das vom Optionsverkäufer bezogene Entgelt allein seiner Entschädigung für die Bindung und die Risiken, die er eingeht, weil er ein Optionsrecht begibt. Dieses Stillhalten bedeutet eine wirtschaftlich und rechtlich selbständige Leistung, die losgelöst von dem nachfolgenden Effektengeschäft und damit auch unabhängig davon zu beurteilen ist, ob es zu einer Abnahme oder Lieferung von Basiswerten oder von vornherein lediglich zu einem Ausgleich in Geld kommt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 201, 234, BStBl II 2004, 126 unter II. 2. a).
bb) Gegen die Steuerbarkeit der Prämien nach § 22 Nr. 3 EStG spricht nicht, dass die Einräumung der Option als "Veräußerung" eines Wirtschaftsguts beurteilt werden müsste, was zur Folge hätte, dass das Stillhalter-Geschäft unter § 23 EStG zu subsumieren wäre oder ―falls es nicht den Tatbestand des § 23 EStG erfüllte― auch nicht nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbar wäre (vgl. die ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 10. September 2003 XI R 26/02, BFHE 203, 448, BStBl II 2004, 218, und vom 14. September 1999 IX R 88/95, BFHE 189, 424, BStBl II 1999, 776).
(1) Der Steuertatbestand des § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es an einem der "Veräußerung" vorgeschalteten Erwerb fehlt.
(2) Auch § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist nicht einschlägig (a.A. Schultze/Grelck, in DStR 2003, 2103; Harenberg, in Kommentierte Finanzrechtsprechung ―KFR― F. 3 EStG § 23 4/03, S. 429, 431 f.; ders., FR 2003, 1140). Danach sind Spekulationsgeschäfte Veräußerungsgeschäfte, bei denen die Veräußerung der Wirtschaftsgüter früher erfolgt als der Erwerb.
Obschon die Norm Fälle abdecken soll, "in denen es dem Steuerpflichtigen regelmäßig nur auf die Differenz ankommt" (so die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 42 EStG 1925, zitiert nach Strutz, Kommentar zum Einkommensteuergesetz vom 10. August 1925, 1929, § 42 Anm. 2), ist sie nicht bloß auf den Unterschied zwischen dem vereinbarten Preis und dem Börsen- oder Marktpreis ausgerichtet, sondern setzt nach ihrem Wortlaut den "Erwerb" des vorher veräußerten Wirtschaftsgutes voraus (vgl. auch Strutz, a.a.O., Anm. 7). Deshalb sind die Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift so auszulegen wie in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG (vgl. Flume, DB 1978, 1097 ff.).
Nach diesen Maßstäben fehlt es im Streitfall bereits an der Veräußerung eines Wirtschaftsguts. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH erfüllt die im Rahmen eines Stillhaltergeschäfts eingeräumte Option beim Optionsgeber (hier der Kläger) nicht die Merkmale eines selbst geschaffenen Wirtschaftsguts (so BFH-Urteile vom 28. November 1984 I R 290/81, BFHE 143, 38, BStBl II 1985, 264; in BFHE 163, 175, BStBl II 1991, 300 unter I. 3.; in BFHE 201, 234, BStBl II 2004, 126, bereits zum Handel an der DTB).
(3) Ob das Glattstellen einer eingeräumten Option im Rahmen einer short-Position als Termingeschäft die Voraussetzungen eines privaten Veräußerungsgeschäfts i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I, 402, BStBl I 1999, 304) ―EStG n.F.―, erfüllt, muss der Senat offen lassen, weil dieser Tatbestand erst ab dem Veranlagungszeitraum 1999 anwendbar ist. Nach § 52 Abs. 39 Satz 2 EStG n.F. ist § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG n.F. auf Termingeschäfte anzuwenden, bei denen der Erwerb des Rechts auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil nach dem 31. Dezember 1998 erfolgt.
cc) Die Prämien aus den Stillhaltergeschäften auf DAX-Kontrakte in Höhe von 1 485,82 DM sind um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien (667,24 DM) als Erwerbsaufwendungen zu mindern. Denn diese bilden Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG und sind deshalb von den Einnahmen aus § 22 Nr. 3 EStG nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG abzusetzen (so auch die Finanzverwaltung, vgl. BMF-Schreiben vom 10. November 1994, BStBl I 1994, 816, Tz. 15, und BMF-Schreiben vom 27. November 2001, BStBl I 2001, 986, Tz. 26; dazu Harenberg, FR 2002, 109 ff.; Lohr, DStR 2002, 1893, 1894; Hamacher, Wertpapiermitteilungen ―WM― 1995, 777, 781). Die Prämien im Rahmen des Gegengeschäfts werden aufgewandt, um die Einnahmen aus dem Stillhaltergeschäft zu sichern. Ohne die Glattstellung der short-Position droht nämlich der Verlust der eingenommenen Stillhalterprämie. Deshalb hängt das im Gegengeschäft gezahlte Entgelt mit der erhaltenen Stillhalterprämie unmittelbar zusammen. Als Einkünfte aus § 22 Nr. 3 EStG versteuert werden darf nur die Differenz aus der im Eröffnungsgeschäft erhaltenen und der im Gegengeschäft gezahlten Prämie, also ―wie dies vom FA im angefochtenen Bescheid richtig vorgenommen wurde― die 818,58 DM.
An der Qualifizierung der im Gegengeschäft gezahlten Prämien als Werbungskosten ist der Senat nicht durch die Entscheidung des BFH in BFHE 163, 175, BStBl II 1991, 300 (unter II.) gehindert. Denn es handelt sich bei den aufgrund des Gegengeschäfts gezahlten Prämien nicht um Werteinbußen auf der Vermögensebene. Auch eine Optionskombination vor Tätigwerden der DTB liegt nicht vor.
c) Da die Vorentscheidung diesen Maßstäben nicht entspricht, ist sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen. Der Gewinn aus der Veräußerung der long-Positionen ist in Höhe von 15 400 DM der Besteuerung nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG zu unterwerfen. Die Einkünfte aus den Optionen auf den DAX sind in Höhe von 818,58 DM steuerbar und steuerpflichtig. Die Besteuerung, wie sie vom FA im angefochtenen Bescheid vorgenommen wurde, ist deshalb nicht zu beanstanden. Beide Beträge zusammen (nämlich 15 400 DM und 818,58 DM) übersteigen schon den Betrag, um den die vom FA im angefochtenen Bescheid erfassten Einkünfte (49 382,58 DM) von denen abweichen, die das FG in der Vorentscheidung berücksichtigt hat (nämlich 40 172 DM).
Zwar hat das FG lediglich die Einnahmen aus den Stillhaltergeschäften auf Devisen und Aktien gemäß § 22 Nr. 3 EStG der Besteuerung unterworfen. Es hat die im Gegengeschäft gezahlten Prämien abweichend von oben unter II. b cc nicht als Werbungskosten berücksichtigt. Die Revision ist aber auch dann schon in vollem Umfang begründet, wenn man diese Aufwendungen zur Kompensation als Werbungskosten in Abzug bringt.
2. Anschlussrevision der Kläger
Die Anschlussrevision der Kläger ist unzulässig, soweit sie das Jahr 1995 betrifft; im übrigen ist sie unbegründet.
a) Die Anschlussrevision der Kläger ist unselbständig, weil sie nicht innerhalb der Revisionsfrist des § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO eingelegt wurde (vgl. Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz. 326, 331 und 343). Sie ist unzulässig, soweit sie sich auf das Kalenderjahr 1995 bezieht. Ist die Revision nur wegen eines Streitjahres eingelegt worden (hier die Revision des FA bezogen auf 1994), kann die unselbständige Anschlussrevision die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung nicht auf ein anderes Streitjahr (hier 1995) ausdehnen (BFH-Urteil vom 17. Oktober 1984 I R 22/79, BFHE 142, 276, BStBl II 1985, 69 unter II. 1., m.w.N.).
b) Im übrigen ist die Anschlussrevision unbegründet. Zutreffend hat das FG die Einnahmen des Klägers als Stillhalter aus erworbenen Optionsrechten der Besteuerung unterworfen (vgl. dazu im einzelnen oben II. 1. b). Zwar hat es die in den Gegengeschäften im Rahmen der Glattstellung gezahlten Prämien nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG berücksichtigt. Der hierin liegende Rechtsfehler wirkt sich aber nicht aus (vgl. oben II. 1. c).
Fundstellen
Haufe-Index 1206544 |
BFH/NV 2004, 1467 |
BStBl II 2004, 995 |
BFHE 2005, 418 |
BFHE 206, 418 |
BB 2004, 1894 |
BB 2004, 2227 |
DB 2004, 1862 |
DStRE 2004, 1068 |
DStZ 2004, 623 |
HFR 2004, 979 |