Leitsatz (amtlich)
- Während der Geltung der Vorschriften des Preisstopps entsprach der Teilwert eines zum gewillkürten Betriebsvermögen gehörigen Grundstücks mindestens dem preisrechtlich höchstzulässigen und genehmigungsfähigen, nicht dem tatsächlich genehmigten niedrigeren Preis.
- Zur Frage der Gewinnrealisierung bei Veräußerung eines zum gewillkürten Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gehörigen, aber im Alleineigentum eines Gesellschafters stehenden Grundstücks unter Preis an einen anderen Gesellschafter.
Normenkette
EStG §§ 5, 6 Abs. 1/1, § 6 Abs. 1/2, § 6 Abs. 1/4
Streitjahr(e)
1951
Tatbestand
Im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung 1951 der OHG ist streitig, in welcher Höhe ein Gewinn aus der Veräußerung eines Gebäudes anzusetzen ist.
Gesellschafter der OHG waren im Streitjahr K mit zwei Drittel und R mit einem Drittel Gewinnanteil. 1951 veräußerte K das ihm gehörige, aber in der Bilanz der OHG ausgewiesene Hausgrundstück für 24.000 DM an seinen Mitgesellschafter R. Der Buchwert des Grundstücks betrug in diesem Zeitpunkt 22.108 DM.
Auf Grund einer Berichtigungsfeststellung nach einer Betriebsprüfung rechnete das Finanzamt (FA) dem Gewinn der OHG den Unterschied zwischen einem angenommenen Teilwert des Grundstücks von 41.108 DM und dem Buchwert von 22.108 DM = 19.000 DM hinzu. Mit der nach erfolglosem Einspruch eingelegten Berufung hatte die OHG zum Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:
Die Veräußerung des Grundstücks sei als Entnahme des Gesellschafters K nach § 6 Abs. 1 Ziff. 4 EStG mit dem Teilwert anzusetzen. Die Auffassung der OHG, der Teilwert entspreche dem Stoppreis, sei nicht schlüssig. Abgesehen davon, daß nichts dafür dargetan sei, daß die Preisbehörde nicht einen höheren Preis bewilligt haben würde, komme es für die Teilwertbestimmung darauf an, welchen Betrag ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das Grundstück unter Berücksichtigung der Tatsache, daß es den Vorschriften der Preisstoppverordnung vom 7. Juli 1942 unterliege, angesetzt hätte. Hierbei könne das Grundstück nicht isoliert, sondern müsse im Zusammenhang mit den übrigen Wirtschaftsgütern des Betriebs betrachtet werden. Auch komme es für die Ermittlung des Teilwerts nicht nur darauf an, welche Erwägungen der Erwerber für eine in seinem Interesse liegende Preissenkung anführen könnte, sondern auch darauf, ob der Veräußerer das Grundstück zu dem vorgeschlagenen Preis abgeben würde (so Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - I 108/60 U vom 20. September 1960, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 71 S. 565 - BFH 71, 565 -, BStBl III 1960, 461). In seinem Gutachten vom 27. April 1959 sei das Finanzbauamt zu einem in einem Mittelwert zwischen dem Sachwert von 86.054 DM und dem Ertragswert von 70.000 DM bestehenden gemeinen Wert von 75.000 DM gelangt. Freilich müsse dieser Wert mit Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse auf dem Grundstücksmarkt und dem Kapitalmarkt des Jahres 1951 erheblich reduziert werden. Aber auch der vom Steuerausschuß mit Rücksicht auf den Einheitswert des Grundstücks von 23.900 DM, einen geringen Ertragswert und das Alter des Hauses angesetzte Wert von 41.108 DM sei noch zu hoch. Mit Rücksicht auf die Marktverhältnisse des Jahres 1954 und der in einer anderen Sache getroffenen Feststellung, daß die für unbebaute Grundstücke erzielten Kaufpreise 1955 bis 1957 durchschnittlich 30 bis 40 % höher gelegen hätten als die Richtwerte des Jahres 1935, sei auch von dem Betrag von 41.108 DM noch ein Abschlag zu machen. Bei Abwägung aller Umstände halte das Gericht es für angemessen, den Entnahmewert mit 30.000 DM anzusetzen.
Mit ihrer ab 1. Januar 1966 als Revision zu behandelnden Rb. macht die OHG vor allem geltend, die Finanzbehörde sei nicht berechtigt, als Teilwert einen höheren Betrag anzusetzen, als den im März 1951 für die Beteiligten verbindlichen Stoppreis. Dieser habe den Eigenerwerbskosten des K für das Grundstück im Jahre 1936 entsprochen. Ein Käufer des Betriebs würde keinen höheren Preis als den Stoppreis von 24.000 DM angelegt haben. Das um so weniger, als das Grundstück nur zum gewillkürten Betriebsvermögen gehört habe und nicht betriebsnotwendig gewesen sei. Auch im Fall der Veräußerung des Gesamtbetriebs wären daher die Beteiligten vom Stoppreis ausgegangen. Unerheblich sei das Argument des FG, es sei nichts dafür dargetan, daß die Preisbehörde nicht einen höheren Preis bewilligt haben würde. Es genüge die Tatsache, daß sich die Beteiligten an die strengen Preisstoppvorschriften gehalten und den von der Preisstoppverordnung zugelassenen Höchstpreis zugrunde gelegt hätten. Eine weitergehende Forderung des FG oder der Finanzbehörde bedeute einen verfassungswidrigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte. Es könnten die Steuerpflichtigen nicht einerseits durch hohe Strafandrohungen zur Einhaltung der Preisstoppvorschriften gezwungen, andererseits aber zugelassen werden, daß die Steuerbehörde über den Preisstopp hinaus einen fingierten Wert besteuere. Da die Entnahme ausschließlich zum Zwecke des Verkaufs des für den Betrieb überflüssigen Grundstücks erfolgt sei, könne der Entnahmewert nur mit dem damaligen Stoppreis angesetzt werden.
Die OHG machte noch einen Verstoß wider den klaren Inhalt der Akten geltend, ohne diesen jedoch näher zu substantiieren.
Entscheidungsgründe
Die Revision der OHG führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zu erneuten Entscheidung.
Der Auffassung des FG, der zu beurteilende Vorgang stelle eine Grundstücksentnahme durch den Gesellschafter K dar, ist nicht zuzustimmen. Es handelt sich um eine Veräußerung des Grundstücks durch K an R. Die rechtsirrtümliche Würdigung des Vorgangs durch das FG ist ursächlich für die Annahme einer möglicherweise unzutreffenden Gewinnrealisierung. Denn diese ist bei einem Veräußerungsgeschäft nach anderen Grundsätzen zu entscheiden als im Fall einer Entnahme.
- Zunächst ist zu prüfen, ob der Teilwert des Grundstücks, der dem Verkehrswert entspricht, da es sich um gewillkürtes Betriebsvermögen handelt, mit einem 24.000 DM übersteigenden Betrag angenommen werden konnte. Denn hiervon hängt es in erster Linie ab, ob auch bei Zugrundelegung eines Veräußerungsgeschäfts eine über dem Unterschied zwischen dem Buchwert des Grundstücks und dem tatsächlich vereinbarten Kaufpreis von 24.000 DM hinausgehende Gewinnrealisierung bejaht werden kann.
Die Frage ist zu bejahen. Die Auffassung der OHG, der Teilwert betrage höchstens 24.000 DM, weil dies der Stoppreis für das Grundstück gewesen sei, ist nicht richtig. Mit Recht geht das FG davon aus, daß nichts dafür dargetan ist, daß die Preisbehörde nicht einen höheren Preis als 24.000 DM, genehmigt haben würde. Diese Feststellung bestreitet die OHG auch nicht, sie hält sie nur für unerheblich. Tatsächlich hat die zuständige Preisbehörde, wie aus ihrem Schreiben vom 26. Februar 1960 an das FA auf dessen Anfrage hervorgeht, den Verkauf des Grundstücks zu 24.000 DM zwar genehmigt, aber einen Stoppreis für das Grundstück nicht ermittelt, weil der Verkaufspreis nur um 200 DM über dem Einheitswert lag. Auch diese Feststellung, die durch Bezugnahme des FG auf die Schriftsätze der Beteiligten Inhalt des finanzgerichtlichen Urteils wurde, bestreitet die OHG nicht. Dann aber konnte das FG davon ausgehen, daß der höchstzulässige Stoppreis für das Grundstück tatsächlich um einiges über dem Erwerbspreis des Gesellschafters K aus dem Jahre 1936 lag. Denn nach allgemeiner Auffassung, wie sie im Urteil des Landesverwaltungsgerichts (LVG) Oldenburg vom 26. November 1959, Deutsche Wohnungswirtschaft 1960 S. 86, unter Bezugnahme auf den Erlaß des Reichskommissars für die Preisbildung vom 11. November 1942 - Nr. XI - 10-6317/42 und den Erlaß des Bundeswohnungsbauministers vom 19. Februar 1953 - I B 4/U/5726/53 dargestellt ist, war es gerade für Grundstücke keineswegs der Zweck des Preisstopps, die Vereinbarung angemessener Preise zu verhindern; ein Zuschlag zum Richtpreis bis zu 50 % galt seinerzeit als angemessen. Der Senat ist daher auch der Meinung, daß die sehr mäßige Schätzung des Grundstückswerts durch das FG mit 30.000 DM, die nur rund 25 % über dem Einheitswert und dem ehemaligen Erwerbspreis des Gesellschafters K liegt, andererseits die Wertschätzung des Finanzbauamts mit 70.000 DM und des Betriebsprüfers mit rund 41.000 DM erheblich unterschreitet, als Teilwert des Grundstücks zugrunde gelegt werden konnte. Sie überschreitet nach Auffassung des Senats nicht den seinerzeit preisbehördlich genehmigungsfähigen Preis für das Grundstück. Auf die Frage, ob der Teilwert nicht auch über einem preisbehördlich genehmigungsfähigen Preis liegen kann, braucht der Senat nicht einzugehen. 2. Bei der der Beurteilung richtigerweise zugrunde gelegten Annahme einer Grundstücksveräußerung anstatt einer Grundstücksentnahme ist für die Frage der Gewinnrealisierung zunächst von dem zwischen den Beteiligten vereinbarten Kaufpreis von 24.000 DM auszugehen. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Beteiligten sich eines Grundstücksmehrwerts nicht bewußt und darin einig waren, daß der Preis von 24.000 DM angemessen sei, z. B. deshalb, weil er den nach den Vorschriften des Preisstopps anzuhaltenden Stichtagspreis - Erwerbspreis des Gesellschafters K im Jahre 1936 - nicht überschritt. In diesem Falle kommt eine Gewinnrealisierung in Höhe des Unterschieds zwischen dem Kaufpreis von 24.000 DM und dem höheren Teilwert nicht in Betracht.
Andererseits ist aber ebenso nicht auszuschließen, daß die Beteiligten sich über das Vorhandensein eines Grundstücksmehrwerts im klaren waren und diesen dem Gesellschafter R ohne Entgelt zuwenden wollten. Das kann z. B. mit Rücksicht auf eine zwischen den Beteiligten in langjähriger unternehmerischer Zusammenarbeit erwachsene persönliche Freundschaft, aber auch unter dem Gesichtspunkt einer zusätzlichen Vergütung an den Gesellschafter R für der Gesellschaft geleistete Dienste der Fall gewesen sein. In beiden Fällen wäre im Rahmen der einheitlichen Gewinnfeststellung der OHG eine weitere Gewinnrealisierung in Höhe des Unterschieds zwischen dem Kaufpreis und dem Teilwert des Grundstücks zu bejahen und je nach den zugrunde liegenden Verhältnissen dem Gesellschafter K oder dem Gesellschafter R zuzurechnen.
Die Vorentscheidung wird aufgehoben; die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das FG zurückverwiesen. Dieses hat mit Rücksicht auf die dargelegten unterschiedlichen rechtlichen Schlußfolgerungen Feststellungen darüber zu treffen, aus welchen Gründen die am Grundstückskauf Beteiligten statt des preisbehördlich genehmigungsfähigen höheren Preises tatsächlich nur einen Preis von 24.000 DM für das Grundstück vereinbarten.
Fundstellen
Haufe-Index 425783 |
BFHE 1966, 686 |
BFHE 86, 686 |