Entscheidungsstichwort (Thema)
Kfz-Steuer als Masseverbindlichkeit
Leitsatz (NV)
Die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer ist Masseverbindlichkeit i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, solange die Steuerpflicht wegen der verkehrsrechtlichen Zulassung des Fahrzeugs auf den Schuldner noch andauert; es kommt nicht darauf an, ob sich das Fahrzeug schon vor Insolvenzeröffnung dem Leasinggeber zurückgegeben worden war (Ergänzung zum BFH-Urteil vom 29. August 2007 IX R 4/07).
Normenkette
KraftStG § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Nr. 1; InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Ein von einer Leasing-GmbH (im Folgenden: L) geleastes Fahrzeug war seit dem 28. Mai 2001 auf die X-GmbH (im Folgenden: GmbH) zugelassen. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 1. Oktober 2002 wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bestellt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ gegen ihn einen Kraftfahrzeugsteuerbescheid, mit dem er Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur am 20. November 2002 vollzogenen Abmeldung des Fahrzeugs festsetzte.
Dagegen wandte sich der Kläger. L habe das Fahrzeug nach einem Unfall bereits am 10. Juni 2002 wieder zurückgenommen und verkauft.
Die Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung aus, die Kraftfahrzeugsteuerpflicht dauere an, solange das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen sei. Die in der Zeit nach Insolvenzeröffnung entstehende Kraftfahrzeugsteuer sei Masseverbindlichkeit. Daran ändere sich auch dann nichts, wenn das Fahrzeug bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an L zurückgegeben und verkauft worden sei. Der Insolvenzverwalter sei wegen der weiter bestehenden Haltereigenschaft in Anspruch zu nehmen.
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers. Eine Masseverbindlichkeit könne im Streitfall nicht begründet werden. Denn der Kläger sei als Insolvenzverwalter nicht verfügungsbefugt gewesen. Das Fahrzeug habe nicht zur Ist-Masse gehört; es sei bereits vor Insolvenzeröffnung an die ansonsten aussonderungsberechtigte L zurückgegeben worden. Deshalb sei weiterhin der Schuldner als dessen Halter anzusehen. Das FA hätte den Steuerbescheid gegen den Schuldner richten müssen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil und den Kraftfahrzeugsteuerbescheid aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend das FA als berechtigt angesehen, den Kläger für die ab Insolvenzeröffnung bis zur verkehrsrechtlichen Abmeldung des Fahrzeugs entstandene Kraftfahrzeugsteuer durch Erlass des angefochtenen Kraftfahrzeugsteuerbescheides in Anspruch zu nehmen.
Die Kraftfahrzeugsteuer entsteht für das Fahrzeug auch für die Zeit ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Steuerpflicht dauert nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) bei einem --wie hier-- inländischen Fahrzeug, solange es zum Verkehr zugelassen ist; Steuerschuldner ist die Person, für die das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist (§ 7 Nr. 1 KraftStG).
Der Kläger muss als Insolvenzverwalter nach § 34 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 der Abgabenordnung die Steuer aus der Insolvenzmasse bezahlen. Dagegen spricht entgegen der Revision nicht die fehlende tatsächliche Verfügungsbefugnis des Klägers. Deshalb durfte das FG dahinstehen lassen, ob der Vortrag des Klägers, das Fahrzeug sei bereits vor der Insolvenzeröffnung dem Leasinggeber L zurückgegeben worden und habe sich nicht mehr im Besitz des Schuldners befunden, zutreffend ist. Nach der zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehenen Entscheidung des erkennenden Senats vom 29. August 2007 in der Sache IX R 4/07, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, ist die nach der Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer auch dann Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung, wenn sich das Kraftfahrzeug nicht mehr im Besitz des Schuldners befindet, die Steuerpflicht aber noch andauert. Der Senat folgt damit der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Dezember 1953 II 190/52 U (BFHE 58, 358, BStBl III 1954, 49), wonach dem Gesetz die rechtlich unwiderlegliche Vermutung zu entnehmen ist, dass das Fahrzeug von demjenigen, für den es zugelassen ist, bis zur Außerbetriebsetzung gehalten wird. Das unwiderlegbar rechtsvermutete Halten führt zu einer gesetzlich unterstellten Verwendungsmöglichkeit und Verfügungsgewalt "im Geschäft" des Schuldners (hier der GmbH) und damit im Rahmen der Insolvenzmasse.
Fundstellen