Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Behandlung einer Kaufpreisrente für ein Mietwohngrundstück.

 

Normenkette

EStG §§ 9, 21-22

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) hat durch notariellen Vertrag vom 19. September 1951 ein Mietwohngrundstück von einer Witwe erworben. Die Tilgung des Kaufpreises in Höhe von 69.950 DM war wie folgt vereinbart worden:

kapitalisierte Rente --------------------- 39.600 DM kapitalisiertes Nießbrauchsrecht -------- 10.560 DM umgestellte Belastungen ------------------- 1.300 DM Umstellungsgrundschuld ------------------- 11.700 DM Soforthilfeabgabe ------------------------- 6.345 DM ------------------------------------------ 69.505 DM.In seiner Einkommensteuererklärung 1951 hat der Bf. die von ihm geleisteten Rentenbeträge (2.705 DM) als Werbungskosten abgesetzt. Das Finanzamt hat den Abzug abgelehnt. Der Bf. machte hiergegen geltend, er habe der Verkäuferin und ihrer Tochter gegenüber die Verpflichtung übernommen, lebenslänglich eine Rente von monatlich 300 DM zu zahlen. Diese Rente habe Versorgungscharakter. Sie diene dazu, ähnlich wie bei einem Altenteil der Verkäuferin und ihrer Tochter den Lebensunterhalt zu sichern. Im übrigen sei die Rente auch nach § 9 Ziff. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) abzugsfähig.

Die Berufung war ohne Erfolg. Das Finanzgericht war der Ansicht, daß nach § 9 EStG die Rente deshalb nicht abgezogen werden könne, weil dem Bf. die Absetzungen für Abnutzung (AfA) zugebilligt würden. Wollte man neben den Abnutzungsabsetzungen den Rentenbetrag als Werbungskosten anerkennen, so würden die gleichen Ausgaben doppelt geltend gemacht. Das Vorliegen einer Versorgungsrente lehnte das Finanzgericht ab. Es handele sich nicht um einen Altenteil, da nicht landwirtschaftliches Vermögen, sondern Mietwohngrundstücke übertragen worden seien. Im übrigen trat das Finanzgericht der Rechtsauffassung des Finanzgerichts Düsseldorf in dem Urteil II 60/52 vom 16. Juli 1952 (Der Betrieb 1952 S. 650) und der gleichgearteten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in dem Urteil IV 70/49 U vom 18. September 1952 (Slg. Bd. 56 S. 754, Bundessteuerblatt - BStBl - III S. 290) bei.

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) wendet sich in eingehenden Ausführungen gegen die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs hinsichtlich der Veräußerungsrente. Im übrigen ist sie der Auffassung, daß zum mindesten der Anteil von Zinsen, der in dem Rentenbetrag stecke, zu den Werbungskosten nach § 9 Ziff. 1 EStG gehöre, und beantragt, bei Berechnung der Zinsen einen Zinssatz von 6 % zugrunde zu legen. Ergänzend weist die Rb. darauf hin, daß die Rente der Versorgung der Verkäuferin und ihrer Tochter diene.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:

Die Rente beruht auf einem besonderen Verpflichtungsgrund und steht mit den Einkünften aus Vermietung in unmittelbarem Zusammenhang. Siehe hierzu die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs IV 215/50 U vom 14. November 1951, Slg. Bd. 55 S. 581, BStBl 1951 S. 235, und IV 523/53 U vom 25. November 1954, Slg. Bd. 60 S. 107, BStBl 1955 S. 42. Nach ihnen ist ein wirtschaftlicher Zusammenhang dann gegeben, wenn die Entstehung der Schuld ursächlich und unmittelbar auf Vorgänge zurückzuführen ist, die das Grundstück betreffen. Dies sei insbesondere bei Schulden der Fall, die der Anschaffung oder Verbesserung des Grundstückes gedient hätten. Diese Grundsätze, die sich bereits aus der Systematik des Gesetzes ergeben, hat der Gesetzgeber des EStG 1934 durch § 9 Ziff. 1 EStG ausdrücklich unterstrichen. Sie müssen hiernach auf Zinsen und Renten gleichmäßig angewendet werden. Die in der Rb. eingehend erörterte Frage der Behandlung von Kaufpreisrenten nach § 10 Abs. 1 Ziff. 1 EStG scheidet für die Beurteilung des Streitfalles aus. Es handelt sich auch nicht um eine Versorgungsrente im Sinne der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs IV 579/53 U vom 4. Mai 1955, BStBl 1955 III S. 302, und I 232/54 U vom 12. Juli 1955, BStBl 1955 III S. 302.

Die Rentenzahlungen müssen im Ergebnis im vollen Umfang als Ausgaben die Einnahmen aus Vermietung zur Ermittlung der Einkünfte mindern. Dies kann aber für das Streitjahr nicht zu dem in der Rb. angestrebten Ergebnis führen.

Der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ist der überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zugrunde zu legen. Der Begriff der Werbungskosten deckt sich nicht in vollem Umfang mit dem Begriff der Ausgaben. Bestimmte Ausgaben sind nicht im Jahre der Verausgabung als Werbungskosten abzuziehen, sondern zu verteilen. Dies gilt insbesondere von den Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Gebäudes. Sie sind nach § 7 EStG auf die Nutzungszeit zu verteilen und mindern die Einkünfte der einzelnen Jahre nur anteilig. Die Verteilung wird unter der Bezeichnung AfA durchgeführt. Allen Ausgaben ist wesentlich, daß sie als Werbungskosten nur einmal das Ergebnis mindern können.

Der Kaufpreisrente ist eigentümlich, daß sie sich aus einen gedachten Grundbetrag (Rentenstammrecht) und einer Verzinsung dieses Grundbetrages zusammensetzt. Der Kaufpreis wird hier nicht in einer Summe entrichtet, sondern zur Zahlung auf eine Reihe von Jahren verteilt. Außerdem ist der Umfang der Zahlungen mit einem Unsicherheitsfaktor belastet. Der Rb. ist darin beizupflichten, daß die in der Rente enthaltene Verzinsung unter § 9 Ziff. 1 EStG fällt und durch die Abnutzungsabsetzungen nicht berührt wird. Es müssen hier die gleichen Grundsätze angewendet werden, wie sie bereits in der Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 451/53 U vom 22. September 1955, BStBl III S. 320, (Kaufpreisrente für Einfamilienhaus) im einzelnen dargestellt sind.

Es ist die Frage zu entscheiden, ob die Rentenzahlungen, die auf den Grundbetrag der Rente (also ohne Berücksichtigung der Verzinsung) entfallen, nach § 7 EStG zu behandeln sind. Daß sie nicht doppelt berücksichtigt werden dürfen, wurde bereits oben ausgeführt. Die Vorschrift des § 7 ist eine Sondervorschrift, die der allgemeinen Bestimmung des § 11 Abs. 2 EStG vorgeht. Sie wird auch nicht durch die Fassung des § 9 Ziff. 1 EStG berührt. Es muß deshalb auch auf die Ausgaben, die in Form von Rentenzahlungen getätigt werden und die die Voraussetzungen des § 7 erfüllen, § 7 EStG angewendet werden. Da der Gesetzgeber ausdrücklich die Verteilung der Anschaffungskosten angeordnet hat, können die Rentenzahlungen nur insoweit für das Streitjahr das Einkommen mindern. Die Vorbehörden haben Abnutzungsabsetzungen auf das Mietwohngrundstück bereits zugelassen.

Dieses Ergebnis entspricht auch dem wirtschaftlich gegebenen Tatbestand. Die einkommensteuerliche Berücksichtigung der Kaufpreisrenten für Mietwohngrundstücke im Rahmen des § 21 Abs. 1 Ziff. 1 EStG muß zu einem im wesentlichen gleichartigen Ergebnis führen wie im Rahmen des § 4 Abs. 3 und § 4 Abs. 1 EStG. Auch diese Rente kann nicht anders behandelt werden als die Kaufpreisrente für ein Einfamilienhaus, das vom Erwerber selbst bewohnt wird (Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 451/53 U).

Die Vorentscheidung wird aufgehoben und die Sache zur Berücksichtigung der in den Renten enthaltenen Schuldzinsen entsprechend der Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 451/53 U vom 22. September 1955 an das Finanzamt zurückverwiesen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408286

BStBl III 1956, 194

BFHE 1957, 1

BFHE 63, 1

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