Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Begriff "ortsfeste Anlagen" als Voraussetzung für die steuerbegünstigte Verwendung von Mineralöl zum Antrieb von Verbrennungsmotoren zwecks Erzeugung von Strom - Begründung der Revision durch Bezugnahme auf Revisionsbegründung in einem früheren Rechtsstreit
Leitsatz (amtlich)
Zum Begriff "ortsfeste Anlagen" im Mineralölsteuerrecht.
Orientierungssatz
1. Hier: Eine Asphaltmischanlage und Asphaltproduktionsanlage, deren Stromversorgung durch fest mit dem Erdboden verbundene Drehstromaggregate, die mit mineralöl-(heizöl-)betriebenen Verbrennungsmotoren angetrieben werden, erfolgt, von der aus hauptsächlich fünf Autobahnbaustellen beliefert werden und die anschließend demontiert wird, kann nicht als ortsfeste Anlage i.S. des § 17 Abs. 5 MinöStDV angesehen werden. Zwar ist das stationär-lokale Element des Begriffs "ortsfest" erfüllt, es fehlt jedoch das stationär-temporale Element. Die mineralölsteuerliche Verschiedenbehandlung einer solchen Anlage und als ortsfeste Anlagen anerkannter entsprechender Stromerzeugungsanlagen in Kiesgruben oder Bergwerken ist mit dem Gleichheitssatz vereinbar (vgl. BFH-Beschluß vom 11.8.1987 VII B 35/87).
2. Es bestehen keine Bedenken, daß der Verordnungsgeber nach § 15 Abs. 2 Nr. 3 MinöStG 1978 befugt war, den in § 8 des Gesetzes vorgegebenen Begriff "ortsfest" in § 17 Abs. 5 MinöStDV näher zu bestimmen, und daß sich diese Bestimmung im Rahmen der vorgenannten Ermächtigungsgrundlage hält (vgl. BFH-Beschluß vom 11.8.1987 VII B 35/87). Dabei genügt es im Hinblick auf die Einhaltung der Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, wenn --neben dem hier klar festgelegten Inhalt der Ermächtigung: nähere Begriffsbestimmung-- Zweck und Ausmaß der Ermächtigungsvorschrift nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen aus ihrem Sinnzusammenhang mit anderen Vorschriften des Gesetzes und aus dem von der gesetzlichen Regelung insgesamt verfolgten Ziel ermittelt werden können, wobei auch die Entstehungsgeschichte zur Klärung herangezogen werden darf (vgl. BFH-Urteil vom 18.2.1992 VII R 22/90).
3. NV: Es ist nicht zu beanstanden, wenn ein wesentlicher Teil der Revisionsbegründung, der auch die Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm enthält, durch Bezugnahme auf eine Revisionsbegründung in einem früheren Rechtsstreit, in dem das Urteil des FG aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben wurde, in das Verfahren eingebracht wird, wenn es sich aus der Sicht des Klägers in beiden Verfahren um die gleiche Rechtsfrage handelt, dieselben Personen beteiligt sind und der Kläger eine Abschrift der in Bezug genommenen Revisionsbegründung beifügt und ausdrücklich zum Gegenstand des Vortrags macht (vgl. BFH-Beschluß vom 30.6.1987 VIII R 104/83).
Normenkette
GG Art. 80 Abs. 1 S. 2; MinöStG 1978 § 15 Abs. 2 Nr. 3, § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; MinöStG 1988 § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; MinöStDV § 17 Abs. 5; GG Art. 3 Abs. 1; FGO § 120 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
Hessisches FG (Entscheidung vom 17.05.1993; Aktenzeichen 7 K 4470/92) |
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betrieb eine Asphaltmischanlage und Asphaltproduktionsanlage (Anlage), von der aus sie hauptsächlich fünf Autobahnbaustellen belieferte. Die Stromversorgung der Anlage erfolgte mittels etwa fünf Tonnen schwerer, über Betonplattenfundamente fest mit dem Erdboden verbundener Drehstromaggregate, die mit mineralöl-(heizöl-)betriebenen Verbrennungsmotoren angetrieben wurden. Die Klägerin demontierte die Anlage Ende 1992 und lagerte sie auf ihrem Bauhof ein.
Mit Steuerbescheid vom ... forderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) für die beim Betrieb der Anlage verwendete Heizölmenge Mineralölsteuer in Höhe von ... DM an. Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.
Auch die Klage der Klägerin blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte unter Bezugnahme auf sein zwischen den Beteiligten ergangenes, vom erkennenden Senat auf die Revision der Klägerin hin aus verfahrensrechtlichen Gründen (durch Urteil vom 17. März 1992 VII R 70/90, BFHE 167, 478) aufgehobenes Urteil aus, im Streitfall lägen die Voraussetzungen für eine steuerbegünstigte Verwendung des Heizöls nicht vor, weil die Anlage nicht "ortsfest" i.S. von § 8 Abs. 2 Satz 1 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG) i.V.m. § 17 Abs. 5 der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes (MinöStDV) gewesen sei. Zwar könne man der Anlage eine feste Verbindung mit dem Erdboden nicht absprechen, doch habe nach dem Verwendungszweck eine Bestimmung, den Standort nicht nur vorübergehend beizubehalten, nicht festgestellt werden können. Wegen der weiteren Begründung wird auf den auszugsweisen Abdruck des vorinstanzlichen Urteils in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 125 verwiesen.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe die Tragweite des Begriffs "ortsfest" in § 17 Abs. 5 MinöStDV verkannt. Insbesondere dürfe das in § 95 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) enthaltene zeitliche Element für die Beurteilung der Verbindung mit dem Grund und Boden nicht auf die Bestimmung der Ortsfestigkeit einer Anlage im Sinne des Mineralölsteuerrechts übertragen werden. Durch die Wahl des Begriffs "ortsfeste Anlagen" statt "Kraftwerke" habe der Normgeber zu erkennen gegeben, daß nur solche Anlagen, die ihren Standort bestimmungsgemäß innerhalb von wenigen Wochen wechseln (Schaustellerbetriebe, Zirkusveranstaltungen u.a.), von der Mineralölsteuervergünstigung ausgeschlossen sein sollten, nicht jedoch auch Anlagen wie die streitgegenständliche, die zur Belieferung einer Vielzahl von Baustellen auf Dauer errichtet worden und immerhin über fünf Jahre fest an ihrem Standort installiert gewesen sei, ehe sie wegen der nicht voraussehbaren wirtschaftlichen Flaute im Straßenbau wieder demontiert worden sei. Diese tatsächliche Dauer des Betriebs der Anlage von fünf Jahren habe das FG bei seiner Würdigung nicht berücksichtigt. Eine differenzierte Behandlung gegenüber vergleichbaren, steuerbegünstigten Anlagen in Kiesgruben oder Bergwerken sei durch nichts gerechtfertigt und verstoße gegen den Gleichheitssatz.
Entscheidungsgründe
++/ Die Revision ist zulässig. Zwar hat die Klägerin einen wesentlichen Teil ihrer Revisionsbegründung, der auch die Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm enthält (§ 120 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), lediglich durch Bezugnahme auf ihre Revisionsbegründung in dem früheren Rechtsstreit VII R 70/90 in das vorliegende Verfahren eingebracht. Dieses Vorgehen ist indessen im Streitfall nicht zu beanstanden, da es sich in beiden Verfahren jedenfalls aus der Sicht der Klägerin um die gleiche Rechtsfrage handelt und dieselben Personen beteiligt sind. Außerdem hat die Klägerin eine Abschrift der in Bezug genommenen Revisionsbegründung aus dem Verfahren VII R 70/90 ihrer vorliegenden Revisionsbegründung beigefügt und ausdrücklich zum Gegenstand ihres Vortrags gemacht (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. Juni 1987 VIII R 104/83, BFH/NV 1988, 306 m.w.N.). /++
Die Revision ist nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht erkannt, daß das von der Klägerin zum Antrieb von Verbrennungsmotoren zwecks Erzeugung elektrischen Stroms eingesetzte Mineralöl mangels Ortsfestigkeit der Anlage nicht steuerbegünstigt verwendet worden ist. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision greifen nicht durch.
a) Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 MinöStG 1978 und dem insoweit unveränderten § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 MinöStG 1988 (BGBl I 1988, 2277), anzuwenden ab 1. Januar 1989, darf Gasöl unter Steueraufsicht zu einem ermäßigten Steuersatz u.a. zum Antrieb von Verbrennungsmotoren in ortsfesten Anlagen, die ausschließlich der Erzeugung von Strom dienen, verwendet werden. Im Streitfall ist allein streitig, ob die von der Klägerin zur Stromversorgung ihrer Asphaltmischanlage und Asphaltproduktionsanlage mit Heizöl betriebenen Drehstromaggregate ortsfeste Anlagen im Sinne dieser Vorschrift sind. Hierzu bestimmt § 17 Abs. 5 MinöStDV (in der im Streitfall maßgeblichen Fassung der 17. Änderungsverordnung vom 17. Dezember 1979, BGBl I 1979, 2282), daß ortsfest im Sinne des Gesetzes solche Anlagen sind, die durch Fundamente oder in anderer Weise fest mit dem Erdboden oder innerhalb von Gebäuden mit diesen verbunden sind und nach der Art der Verbindung, ihrer Bauweise und dem Verwendungszweck dazu bestimmt sind, ihren Standort nicht nur vorübergehend beizubehalten.
b) Wie der Senat bereits in seinem ein Verfahren der Aussetzung der Vollziehung betreffenden Beschluß VII B 35/87 vom 11. August 1987 (BFHE 150, 484) aufgrund summarischer Beurteilung entschieden hat, bestehen keine Bedenken dagegen, daß der Verordnungsgeber nach § 15 Abs. 2 Nr. 3 MinöStG 1978 befugt war, den in § 8 des Gesetzes vorgegebenen Begriff "ortsfest" in § 17 Abs. 5 MinöStDV näher zu bestimmen, und daß sich diese Bestimmung im Rahmen der vorgenannten Ermächtigungsgrundlage hält. Hieran ist festzuhalten.
Der Gesetzgeber hat dem Verordnungsgeber die nähere Bestimmung (Erläuterung) von im Gesetz verwendeten Begriffen überlassen, was zum Kernbereich der "Durchführung eines Gesetzes" gehört. Danach bestehen im Hinblick auf Art. 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) keine Bedenken dagegen, daß die Verordnung hinreichend eindeutige und damit auslegungsfähige Begriffe des Gesetzes konkretisieren und verdeutlichen darf, sofern sie sich damit nicht in Widerspruch zu den begrifflichen Vorgaben des Gesetzgebers setzt, sich diesen also unterordnet (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 4 AO 1977 Tz.24 mit weiteren Hinweisen). Dabei genügt es im Hinblick auf die Einhaltung der Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, wenn --neben dem hier klar festgelegten Inhalt der Ermächtigung: nähere Begriffsbestimmung-- Zweck und Ausmaß der Ermächtigungsvorschrift nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen aus ihrem Sinnzusammenhang mit anderen Vorschriften des Gesetzes und aus dem von der gesetzlichen Regelung insgesamt verfolgten Ziel ermittelt werden können, wobei auch die Entstehungsgeschichte zur Klärung herangezogen werden darf (Senatsurteil vom 18. Februar 1992 VII R 22/90, BFHE 167, 251).
"Ortsfeste Anlage" in § 8 Abs. 2 Satz 1 MinöStG bedeutet nach dem Wortsinn eine fest an einem Ort befindliche und mit diesem so verbundene Anlage, daß sie auch äußerlich erkennbar, sozusagen als Bestandteil dieses Ortes, diesen Ort mitprägt und nicht ohne weiteres davon entfernt werden kann. Im Sprachgebrauch bietet sich als Gegensatzbegriff "mobile Anlage" an. Der Begriff "ortsfest" kann daher auch im Sinne von "unbeweglich, immobil" verstanden werden.
Die Erläuterung des Begriffs "ortsfest" in § 17 Abs. 5 MinöStDV hält sich im Rahmen dieser Vorgabe, indem sie als charakteristische Merkmale des Begriffs zwei Voraussetzungen festlegt, die nebeneinander vorliegen müssen. Verlangt wird zum einen eine feste Verbindung mit dem Erdboden oder mit einem Gebäude (das selbst wiederum fest mit dem Erdboden verbunden ist), wodurch das dem Begriff "ortsfest" immanente stationär-lokale Element zum Ausdruck kommt. Mobile Stromerzeugungsanlagen, d.h. solche, die von vornherein keine feste Verbindung mit dem Erdboden aufweisen, sind daher schon auf dieser Stufe von der Steuerbegünstigung ausgeschlossen (vgl. BFHE 150, 484: Dieselaggregate auf sog. Hotelschiffen).
Zum anderen wird als weitere Voraussetzung der Ortsfestigkeit einer Anlage gefordert, daß die Anlage unter Berücksichtigung dreier Kriterien (Art der Verbindung, Bauweise, Verwendungszweck) dazu bestimmt ist, ihren Standort nicht nur vorübergehend beizubehalten. Mit dieser Voraussetzung wird an ein stationär-temporales Element angeknüpft, welches das stationär-lokale Element des Begriffs "ortsfeste Anlage" sinnvoll ergänzt. Die feste Verbindung der Anlage mit dem Erdboden darf nicht nur vorübergehend, sondern muß auf Dauer angelegt sein.
Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß dem Begriff "ortsfest" schon nach dem Sprachgebrauch auch diese, auf die zeitliche Dauer abstellende Begriffsebene nicht verschlossen ist, so daß der Verordnungsgeber sie ohne weiteres ergänzend für die Konkretisierung des Begriffes nutzbar machen durfte. Dabei ist zu berücksichtigen, daß dieses zeitliche Element nicht völlig separat und losgelöst neben das rein örtliche Element gestellt ist, sondern jedenfalls durch zwei Kriterien für die Beurteilung der Einrichtung "auf Dauer" (Art der Verbindung und Bauweise) an dieses unmittelbar anknüpft, so daß teilweise sogar die Auffassung vertreten wird, § 17 Abs. 5 MinöStDV enthalte eine zeitliche Komponente nicht oder sei von einem Zeitfaktor im wesentlichen unabhängig (vgl. Grünberg, Ortsfeste Anlage, ein umstrittener Begriff, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 1988, 137, der sich hierfür allerdings zu Unrecht auf BFHE 150, 484 beruft; ebenso FG Düsseldorf, Beschluß vom 8. Januar 1988 4 V 378/87 A (VM), EFG 1988, 260; a.A. Schrömbges, Urteilsanmerkung in ZfZ 1988, 152).
Weiter ist auch zu berücksichtigen, daß für das zeitliche Element keine absolute Größe, etwa eine bestimmte Zeitdauer für den Betrieb der Anlage, festgelegt wird. Das wäre ohnehin nicht möglich, da sich das Vorliegen einer begünstigten Verwendung nicht erst im nachhinein nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne (ex post) entscheiden darf, sondern aus steuersystematischen Gründen bereits zu Beginn der Verwendung --beim Verbrauch des Mineralöls-- beurteilt werden und feststehen muß (vgl. die Regelungen zum Erlöschen und Unbedingtwerden der Steuer in § 23 Abs. 3 Nr. 5 und § 24 Abs. 4 Nr. 1 MinöStDV und zur Fälligkeit der Steuer in § 23 Abs. 8 MinöStDV). Es ist daher sachgerecht, wenn § 17 Abs. 5 MinöStDV in einem dritten Beurteilungskriterium (Verwendungszweck) für das zeitliche Element an die zu Beginn der Verwendung durch den Verwender zu treffende Zweckbestimmung der Anlage anknüpft.
Da sich die Definition des Begriffs "ortsfeste Anlage" durch den Verordnungsgeber bereits nach Wortlaut und Wortsinn im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben hält und die sich daraus ergebende Beschränkung der Vergünstigung als Ziel im Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 MinöStG angelegt ist (s. dazu bereits BFHE 150, 484), fällt nicht ins Gewicht, daß die Entstehungsgeschichte der Vorschrift nur wenig für deren Auslegung abgibt.
Der Begriff "ortsfeste Anlagen" ist erstmals durch Art. 4 Nr. 5 des Straßenbaufinanzierungsgesetzes vom 28. März 1960 (BGBl I, 201) in das MinöStG aufgenommen worden. Die Begründung dieser Vorschrift, die erst im letzten Stadium der Gesetzgebung durch den Finanzausschuß Eingang in den Gesetzesentwurf gefunden hat, gibt für die Auslegung des Begriffs nichts her (s. BTDrucks 3/1247 und 3/1616, S.5 und Bericht des Abgeordneten Krammig zu BTDrucks 3/1616 und 1617, S.8). Allgemein ist jedoch zu sagen, daß durch die Regelungen des steuerbegünstigten Verbrauchs von Heizöl in ortsfesten Anlagen damals die wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit der neu entwickelten mit Gasöl angetriebenen Gasturbinen zu den herkömmlich mit Kohle angetriebenen Dampfturbinen in Kraftwerken durch steuerliche Gleichbehandlung gesichert werden sollte (vgl. Grünberg, ZfZ 1988, 137, 138). Erst durch das 9. Gesetz zur Änderung des MinöStG vom 25. Juli 1978 (BGBl I, 1105, 1400) wurden auch mit Dieselkraftstoff betriebene Verbrennungsmotoren zur Stromerzeugung in die Steuerbegünstigung einbezogen. Als Begründung für diese Einbeziehung wurde angeführt, daß in der Bundesrepublik Deutschland wegen des bis dahin nicht begünstigten Steuersatzes für die Verbrennung von Mineralöl im Dieselmotor einer Stromerzeugungsanlage praktisch kein wirtschaftlich arbeitendes Dieselkraftwerk betrieben werden könne, obwohl die hohe Leistungsfähigkeit und die hervorragenden Einsatzmöglichkeiten von Dieselkraftanlagen bzw. Blockheizkraftwerken in zahlreichen anderen Staaten bereits in der Praxis erprobt und bewiesen seien (BTDrucks 8/1270, S.3). Immerhin läßt diese Begründung in ihrem Gesamtzusammenhang vor dem Hintergrund des vom Gesetzgeber damit beabsichtigten, im Gesetzestext schließlich allerdings nicht erreichten Ziels einer Kraft-Wärmekoppelung erkennen, daß nur kleinere Kraftwerke oder wenigstens kraftwerkähnliche Anlagen, die auf Dauer der Stromversorgung einer Einrichtung zu dienen bestimmt sind, im Interesse einer rationellen Energienutzung von der Ausweitung der Begünstigung erfaßt werden sollten.
c) Die hiernach vom Verordnungsgeber in rechtlich einwandfreier Weise konkretisierte Definition des Begriffs der ortsfesten Anlage führt in ihrer Anwendung auf den Streitfall zu dem von der Vorinstanz zutreffend erkannten Ergebnis. Die Asphaltmischanlage und Asphaltproduktionsanlage der Klägerin mit ihren Drehstromaggregaten zur Stromerzeugung kann nicht als ortsfeste Anlage i.S. des § 17 Abs. 5 MinöStDV angesehen werden.
Allerdings ist das FG rechtsfehlerfrei und auch in Übereinstimmung mit den Beteiligten davon ausgegangen, daß die Anlage fest mit dem Erdboden verbunden war. Die Aggregate waren nach den Feststellungen des FG nämlich auf Betonsockeln montiert, die im Erdboden verankert waren, und hatten zudem mit fünf Tonnen ein so erhebliches Gewicht, daß jedenfalls aus der Kombination dieser beiden Kriterien das geforderte stationär-lokale Element des Begriffs "ortsfest" zweifelsfrei erfüllt ist (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 4. Februar 1992 VII B 162/91, BFH/NV 1992, 772 --Hühnerfarm--; Hessisches FG, Urteil vom 4. Mai 1987 7 K 22/84, EFG 1987, 637 = ZfZ 1988, 150 mit im wesentlichen zustimmender Anmerkung von Schrömbges, 152; FG München, Urteil vom 20. Oktober 1992 3 K 1886/91, EFG 1993, 465). Es kann daher offenbleiben, ob für die Beurteilung einer festen Verbindung mit dem Erdboden und der Ortsfestigkeit die Bestimmungen der §§ 94, 95 BGB über die wesentlichen Bestandteile eines Grundstücks mit dem FG in entsprechender Anwendung herangezogen werden können (vgl. so für das Bewertungsrecht BFH-Urteil vom 23. September 1988 III R 67/85, BFHE 155, 228, BStBl II 1989, 113).
Die Anlage der Klägerin war jedoch nach den Feststellungen des FG, an die der Senat mangels zulässiger und begründeter Revisionsrügen gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), nicht dazu bestimmt, ihren Standort auf Dauer beizubehalten. Sie war daher wegen Fehlens des stationär-temporalen Elements nicht ortsfest i.S. des § 17 Abs. 5 MinöStDV.
Ohne Rechtsfehler ist das FG auch zu dem Ergebnis gekommen, daß die Klägerin keine ausreichenden Anhaltspunkte für ihre Absicht geliefert hat, den Standort der Anlage nicht nur vorübergehend beizubehalten. Dabei folgt der Senat dem FG zunächst im Ausgangspunkt, daß diese Bestimmung als ein in der Person des Verwenders liegendes subjektives Element nur anhand nach außen hin objektiv erkennbarer Handlungen nachgeprüft werden kann. Bloße Erklärungen des Verwenders genügen nicht; sie müssen sich vielmehr verifizieren lassen. Gelingt dies nicht, geht dies zu seinen Lasten, da es sich bei diesem Tatbestandsmerkmal um eine die Steuerbegünstigung begründende Voraussetzung handelt.
Nicht zu beanstanden ist auch die konkrete Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals durch das FG. Hiernach muß die Absicht des Verwenders im Zeitpunkt der Errichtung der Anlage auf eine dauernde Beibehaltung der Anlage gerichtet sein. Eine zu diesem Zeitpunkt auch nur aus den Umständen sich ergebende zeitliche Befristung ihrer Beibehaltung ist bereits schädlich. Diese Auffassung wird am ehesten einer --wie oben ausgeführt-- am Wortlaut und an Sinn und Zweck der Vorschrift einschließlich ihrer Entstehungsgeschichte orientierten Auslegung gerecht.
Entgegen der Auffassung der Klägerin wird damit keine "Ewigkeitsbestimmung" verlangt. Zu fordern ist nur, daß ein Abbau der Anlage, ein Wechsel ihres Standorts, im Zeitpunkt der Errichtung nicht abzusehen ist, wie typischerweise beim Bau eines Hauses auf einem Grundstück. Das ist bei Anlagen auf Baustellen oder solchen in der Nähe von Baustellen, die diese mit zu produzierenden Materialien beliefern sollen, anders. Eine Baustelle ist schon begrifflich nicht auf Dauer angelegt; ein Ende der Bauarbeiten, und mögen sie sich auch über Jahre hinziehen, ist von Anfang an das zu erreichende Ziel. Bauarbeiten an Baustellen tragen typischerweise ihre zeitliche Begrenzung in sich. Damit ist auch bei auf Baustellen ausgerichteten Anlagen ein künftiger Abbau der Anlage oder ein Wechsel ihres Standorts absehbar. Sie sind daher nicht dazu bestimmt, ihren Standort nicht nur vorübergehend beizubehalten. Der später tatsächlich eintretende Geschehensablauf muß im übrigen außer Betracht bleiben, da es bei der gebotenen Prognose im Zeitpunkt der Errichtung der Anlage nicht auf später eintretende Ereignisse ankommen kann. Mit Recht hat daher das FG im Streitfall der tatsächlichen Dauer der Beibehaltung der Anlage an ihrem Standort von über fünf Jahren keine entscheidende Bedeutung beigemessen. Die entsprechende Rüge der Klägerin geht somit fehl.
d) Schließlich kann die Klägerin sich nicht mit Erfolg darauf berufen, daß entsprechende Stromerzeugungsanlagen in Kiesgruben oder Bergwerken als ortsfeste Anlagen anerkannt sind und steuerbegünstigt betrieben werden können. Diese Anlagen sind eben typischerweise bei ihrer Errichtung dazu bestimmt, ihren Standort dauernd beizubehalten. Dabei spielt es keine Rolle, wenn es sich im Einzelfall ergibt, daß der Betrieb einer solchen Anlage, z.B. wegen der nicht absehbaren Erschöpfung der Kiesvorräte, bereits nach Ablauf einer Zeitspanne eingestellt wird, die kürzer als die Dauer des Betriebs der Anlage der Klägerin sein mag. Daß die mineralölsteuerliche Verschiedenbehandlung dieser Fälle mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist, hat der Senat bereits ausführlich in seinem Beschluß in BFHE 150, 484 dargelegt. Hieran hält er auch nach erneuter Überprüfung fest.
e) Der Senat sieht sich auch durch die weitere Entwicklung des § 17 Abs. 5 MinöStDV in seiner Auffassung bestätigt. Der Regelungsbereich der Vorschrift, die Definition der Ortsfestigkeit einer Anlage, ist durch Art. 32 Nr. 3 des Steueränderungsgesetzes 1992 vom 25. Februar 1992 (BGBl I, 297, 333) mit Wirkung ab 1. März 1992 in das Gesetz (§ 8a Abs. 3 MinöStG) aufgenommen und dabei inhaltlich im Sinne der vorstehenden Auffassung präzisiert worden. Diese Vorschrift ist wiederum identisch mit dem seit 1. Januar 1993 geltenden § 3 Abs. 4 MinöStG i.d.F. des Art. 5 des Verbrauchsteuer-Binnenmarktgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, 2150, 2185).
Fundstellen
Haufe-Index 65243 |
BFH/NV 1995, 28 |
BFHE 176, 175 |
BFHE 1995, 175 |
BB 1995, 398 (L) |
HFR 1995, 211-212 (LT) |
StE 1995, 149 (K) |