Leitsatz (amtlich)
Von einem Grundstück, das unmittelbar für gemeinnützige Zwecke benutzt werden soll, kann nur dann gesprochen werden, wenn darauf der gemeinnützige Hauptzweck selbst oder ein für die Verwirklichung dieses gemeinnützigen Hauptzwecks unentbehrlicher Hilfszweck erfüllt werden soll. Darunter fällt nicht die Wohnungsfürsorge für die Lehrer. Der Erwerb eines Einfamilienhauses für den Schuldirektor ist deshalb selbst dann nicht steuerfrei, wenn das pädagogische Konzept der Schule eine besonders enge Verbindung zwischen der Wohnung des Schuldirektors und der Schule wünschenswert macht, das Grundstück aber für die Erreichung des gemeinnützigen Hauptzwecks nicht unentbehrlich ist.
Normenkette
GrEStG Baden-Württemberg 1966 § 4 Abs. 1 Nr. 7; StAnpG § 17
Tatbestand
Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verein, der der Unterhaltung höherer Schulen und Internate (Erziehungsheime) dient. 1968 kaufte er ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück, das dem jeweiligen Schuldirektor des dortigen Internats als Dienstwohnung dienen sollte und auch schon vorher für diesen Zweck verwendet worden war.
Das FA zog den Kläger wegen des Erwerbs dieses Grundstücks mit Bescheid vom 7. Januar 1969 zur Grunderwerbsteuer heran, während der Kläger den Erwerb für steuerfrei nach § 4 Abs. 1 Nr. 7 des Baden-Württembergischen Grunderwerbsteuergesetzes i. d. F. vom 2. August 1966 (GesBl, 165, BStBl II, 200) - GrEStG Bad-Württ. - hielt.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Das FG begründete die Versagung der Steuerbefreiung damit, daß das Wohnhaus nicht unmittelbar für die gemeinnützigen Zwecke des Klägers habe benutzt werden sollen, sondern als Wohnung des Schuldirektors. Anders sei es, wenn die Benutzung des Grundstücks zu Wohnzwecken hinter seiner Bestimmung, die Schulzwecke zu fördern, zurückträte, wie dies z. B. bei Bereitschaftsräumen in Schullandheimen oder Erziehungsheimen der Fall sei; davon könne im vorliegenden Fall jedoch nicht ausgegangen werden.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 4 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG Bad-Württ., des § 17 StAnpG und der Gemeinnützigkeitsverordnung vom 24. Dezember 1953 (BGBl I, 1592).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Das vom Kläger gekaufte Grundstück sollte nicht gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG Bad-Württ. unmittelbar für gemeinnützige Zwecke benutzt werden.
Nach dieser Vorschrift ist der Erwerb eines Grundstücks unter zwei Voraussetzungen von der Besteuerung ausgenommen: Erstens muß der Erwerber des Grundstücks eine inländische Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse sein, die nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dient (sog. persönliches oder subjektives Tatbestandsmerkmal); die zweite Voraussetzung ist, daß das Grundstück unmittelbar für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke benutzt werden soll (sog. objektives Tatbestandsmerkmal).
Im Rahmen des ersten (persönlichen oder subjektiven) Tatbestandsmerkmals kommt es lediglich darauf an, daß der Kläger eine Personenvereinigung ist, die nach ihrer Verfassung und tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dient. Dabei muß - wie auch sonst in den Fällen des § 17 StAnpG und der dazu ergangenen Gemeinnützigkeitsverordnung - zwischen dem Zweck und dem Mittel zum Zweck unterschieden werden. Nur der Zweck braucht ein solcher zu sein, der die Allgemeinheit unmittelbar fördert; dagegen brauchen die Mittel, die die Erfüllung dieses Zwecks ermöglichen sollen, nicht unmittelbar der Allgemeinheit förderlich zu sein, soweit die Gemeinnützigkeit des Erwerbers in Frage steht (vgl. v. Wallis, Steuerbegünstigung gemeinnütziger Zwecke, Herne/Berlin, 3. Aufl. 1972 S. 52). Für die Erfüllung des zweiten (objektiven) Tatbestandsmerkmals, wonach das Grundstück unmittelbar für die gemeinnützigen Zwecke des Erwerbers benutzt werden muß, reicht es nicht aus, daß das Grundstück Mittel zur Erfüllung des gemeinnützigen Zwecks des Klägers ist; vielmehr muß sich die Benutzung des Grundstücks selbst unmittelbar als gemeinnützig darstellen.
Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht gegeben. Wie der Kläger selbst vorträgt, sollte der Grundstückserwerb dazu dienen, durch ein verbessertes Wohnangebot für die auf dem Land gelegene Internatsschule überhaupt noch qualifizierte Lehrer zu gewinnen. Das Grundstück sollte also als Mittel zur Gewinnung dieser Lehrer und damit nur mittelbar dem gemeinnützigen Schulbetrieb dienen. Aus dem Vortrag des Klägers, der Erwerb des Grundstücks sei auch notwendig gewesen, um entsprechend dem pädagogischen Konzept der Schule einen besonders engen Kontakt zwischen Lehrern und Schülern aufrechtzuerhalten, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Von einem Grundstück, das unmittelbar für gemeinnützige Zwecke benutzt werden soll, kann nur dann gesprochen werden, wenn darauf der gemeinnützige Hauptzweck selbst oder ein für die Verwirklichung dieses gemeinnützigen Hauptzwecks unentbehrlicher Hilfszweck erfüllt werden soll (vgl. Urteil des BFH vom 5. Juli 1972 II R 133/68, BFHE 107, 49, BStBl II 1972, 911 zu § 4 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. d des Hessischen Grunderwerbsteuergesetzes - Hess.GrEStG - i. d. F. vom 31. Mai 1965). Der gemeinnützige Hauptzweck des Klägers ist die Erziehung der Internatsschüler und nicht die Wohnungsfürsorge für die Lehrer. Da das streitige Einfamilienhaus als Wohnung für den Schuldirektor bestimmt ist, wird in ihm nicht der gemeinnützige Hauptzweck des Klägers erfüllt. Es wird in ihm auch kein für die Verwirklichung dieses Hauptzwecks unentbehrlicher Hilfszweck erfüllt. Der Begriff des unentbehrlichen Hilfszwecks spielt insbesondere bei der dem § 4 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG Bad-Württ. ähnlichen Vorschrift des § 4 Nr. 3 Buchst. b des Grundsteuergesetzes eine Rolle. Nach dieser Bestimmung hielt z. B. der III. Senat des BFH bei Verwaltungsgebäuden die Steuerbefreiung unter der Voraussetzung für möglich, daß die Verwaltung ausschließlich dem begünstigten Zweck gilt (BFH-Entscheidungen vom 10. Dezember 1954 III 78/54 S, BFHE 60, 165, BStBl III 1955, 63; vom 6. Oktober 1961 III 405/59 S, BFHE 73, 837, BStBl III 1961, 571). Ob diese Auslegung auch für die Befreiungsvorschrift des § 4 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG Bad-Württ. gilt, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn man sie hier zugrunde legt, erfüllt das streitige Grundstück nicht einen derartigen, für die Verwirklichung des Hauptzwecks unentbehrlichen Hilfszweck. Dem Kläger mag eingeräumt werden, daß bei dem pädagogischen Konzept seiner Schule eine besonders enge Verbindung zwischen Wohnung des Schuldirektors und Schule wünschenswert war, so daß die Entfernung von 10 Gehminuten zwischen Wohnung und Schule gerade noch als annehmbar angesehen werden konnte. Unentbehrlich für die Erreichung des Hauptzwecks, also für die Erziehung der Schüler, war das Grundstück jedoch nicht. Das FG hat zu Recht darauf hingewiesen, daß das streitige Einfamilienhaus trotz des besonderen pädagogischen Konzepts der Schule nicht etwa mit Bereitschaftsräumen in Schulland- oder Erziehungsheimen verglichen werden kann, wo i. d. R. sowohl räumlich als auch pädagogisch ein viel engerer Zusammenhang mit den gemeinnützigen Zwecken dieser Heime besteht, als dies bei dem hier zu beurteilenden Einfamilienhaus der Fall ist.
Fundstellen
Haufe-Index 70875 |
BStBl II 1974, 410 |
BFHE 1974, 86 |