Leitsatz (amtlich)
Die Vereinigung aller Anteile einer GmbH in einer Hand unterliegt nach Maßgabe des § 1 Abs. 3 GrEStG auch dann der Grunderwerbsteuer, wenn sie zum Zweck einer beabsichtigten Umwandlung der GmbH in eine KG erfolgt. Durch § 1 Abs. 1 des Hamburgischen Umwandlungsgrunderwerbsteuergesetzes werden derartige, die Umwandlung nur vorbereitende Rechtsvorgänge nicht von der Besteuerung ausgenommen.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 3; UmwGrEStG Hamburg § 1 Abs. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war bis Oktober 1957 an dem Stammkapital der X-GmbH beteiligt. Der Rest des Stammkapitals verteilte sich auf verschiedene andere Personen. Ferner war der Kläger als persönlich haftender Gesellschafter an der Y-KG beteiligt.
Im Oktober 1957 wollte der Kläger die X-GmbH auf den Stichtag vom 31. Dezember 1956 auf die Y-KG umwandeln. Zu diesem Zweck erwarb er durch jeweils besondere, jedoch am gleichen Tage, nämlich am 30. Oktober 1957, notariell beurkundete Verträge, die GmbH-Anteile der übrigen Gesellschafter.
Mit dem Abschluß dieser Verträge waren sämtliche Anteile der GmbH in der Hand des Klägers vereinigt. Durch einen weiteren notariell beurkundeten Vertrag vom selben Tag übertrug er die Anteile an der GmbH auf die KG, die damit alleinige Gesellschafterin der GmbH wurde. Die KG beschloß nunmehr ebenfalls am 30. Oktober 1957 die Übertragung des Vermögens der GmbH auf sich selbst nach dem Gesetz über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften vom 12. November 1956 (Umwandlungsgesetz - UmwG -).
Die GmbH war Eigentümerin mehrerer Grundstücke.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) unterwarf die Vereinigung aller Anteile der GmbH in der Hand des Klägers gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG sowie die Übertragung der Anteile auf die KG nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer, während es den durch die Umwandlung der GmbH auf die KG bewirkten Erwerbsvorgang nach dem Gesetz über die Grunderwerbsteuerbefreiung bei der Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften (Umwandlungs-Grunderwerbsteuergesetz) vom 18. Oktober 1957 (BStBl II 1957, 186, GVBl Hamburg, 1957, 471) steuerfrei ließ. Dementsprechend wurde der Kläger wegen der Anteilsvereinigung zur Grunderwerbsteuer herangezogen.
Der Einspruch des Klägers hatte insoweit Erfolg, als das FA die Grunderwerbsteuer anders berechnete und herabsetzte.
Die Klage blieb erfolglos.
Mit der Revision beantragt der Kläger, den angefochtenen Bescheid, die Einspruchsentscheidung sowie das Urteil des FG ersatzlos aufzuheben. Zur Begründung trägt er vor, das FG betrachte den Sachverhalt zu Unrecht rein formal. Es müsse auf den zivilrechtlichen oder sogar auf den wirtschaftlichen Vorgang abgestellt werden. Eine formale Betrachtung sei auch dem Grunderwerbsteuerrecht fremd. Das FG habe nicht geprüft, ob bürgerlich-rechtlich eine Mehrheit von Geschäften gegeben sei oder nicht. Es gehe - von seiner formalen Betrachtungsweise her folgerichtig - von einem dreifachen Grunderwerbsteuertatbestand aus (Anteilsvereinigung, Anteilsübertragung, Umwandlung). Ein derartiger dreistufiger Vorgang liege im Streitfall aber nicht vor. Bürgerlich-rechtlich existiere nämlich nur ein einziges Rechtsgeschäft. Zwar seien darüber verschiedene notarielle Urkunden aufgenommen. Gleichwohl bildeten alle diese Urkunden eine Einheit. Ein Indiz hierfür sei bereits die zeitliche unmittelbare Aufeinanderfolge aller Teilakte. Auch in bezug auf ihren Inhalt bedingten die Teilakte einander. Nach der Zwecksetzung der Parteien habe sich der gesamte Vorgang auf Umwandlung der GmbH in die KG gerichtet.
Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung alle Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden. Dieser Tatbestand wurde durch die Verträge vom 30. Oktober 1957 erfüllt.
Zu Unrecht wendet der Kläger ein, daß wegen des mit der Anteilsvereinigung verfolgten Zwecks der Umwandlung der GmbH in eine KG die Übertragung der Anteile von den anderen Anteilsinhabern auf ihn grunderwerbsteuerfrei sein müsse. Weder aus der Wortfassung noch aus dem Sinn des Hamburgischen Umwandlungs-Grunderwerbsteuergesetzes vom 18. Oktober 1957 (GVBl 1957, 471, BStBl II 1957, 186) läßt sich eine so weitgehende Folgerung herleiten. Der Rechtsvorgang der Anteilsvereinigung in der Hand des Klägers mag zwar die Einbringung des GmbH-Vermögens in die KG vorbereitet haben. Dies rechtfertigt indes eine Freistellung von der Grunderwerbsteuer nicht. Nach dem Umwandlungsgrunderwerbsteuergesetz ist der Erwerbsvorgang von der Besteuerung nach dem Grunderwerbsteuergesetz ausgenommen, "durch den bei der Umwandlung Grundstücke von der umgewandelten Kapitalgesellschaft ... in das inländische Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers übergehen". Die Anwendbarkeit der Vorschrift ist damit eindeutig nur auf den unmittelbaren Übergang der Grundstücke von der GmbH an die KG beschränkt und erfaßt nicht auch solche Rechtsvorgänge, die "GmbH-intern" diese Übertragung vorbereiten.
Auch abgesehen von dieser Eindeutigkeit des Gesetzeswortlauts ist kein Grund ersichtlich, warum die Übernahme von Gesellschaftsanteilen und damit das Ausscheiden von Gesellschaftern aus einer GmbH nur deshalb entgegen der ausdrücklichen Vorschrift des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG grunderwerbsteuerfrei sein soll, weil der Erwerber beabsichtigt, die nunmehr in seiner Hand vereinigten Anteile der GmbH auf eine KG zu übertragen. Eine solche Auslegung ginge über den Sinn des Umwandlungsgrunderwerbsteuergesetzes hinaus, der ausschließlich darin liegt, die Umwandlung von Gesellschaften zu begünstigen, nicht aber den nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerpflichtigen Anteilserwerb von der Steuer freizustellen, der im Zuge einer personellen Umschichtung der Gesellschafter vorgenommen wird. Mit Urteil vom 27. April 1966 II 5/62 (BFHE 86, 406) hat der Senat zwar in einem scheinbar ähnlich gelagerten Fall einen einheitlichen Rechtsvorgang angenommen. Der dort zur Entscheidung stehende Sachverhalt lag indes anders als der vorliegende. Dort wurden innerhalb einer KG vorübergehend GmbH-Anteile vereinigt, als bereits deren nachfolgende Trennung durch ein verbindliches Kaufangebot in die Wege geleitet war. Im vorliegenden Fall dagegen erwarb ein mit der Gesellschaft nicht identischer Rechtsträger - der Kläger - durch einen schuldrechtlichen Vertrag, an dem die GmbH selbst nicht beteiligt war, von dritter Seite Anteile hinzu, um diese anschließend - ohne eine zuvor eingegangene verbindliche Verpflichtung - auf einen anderen ebenfalls GmbHfremden Rechtsträger weiter zu übertragen. Erst danach begann der nach dem Umwandlungsgrunderwerbsteuergesetz begünstigte Rechtsvorgang der Vermögensübertragung. Auch bei wirtschaftlicher Betrachtung, auf die sich der Kläger beruft, haben beide Rechtsvorgänge - die Anteilsübertragung einerseits und die Einbringung des Vermögens von der GmbH in die KG andererseits - einen unterschiedlichen rechtlichen Gehalt und können nicht etwa deshalb, weil sie am selben Tage und aus der Sicht des Klägers (nicht zwingend auch aus der Sicht der ausscheidenden Gesellschafter!) mit derselben Zielrichtung, nämlich der beabsichtigten Umwandlung, vorgenommen wurden, als Einheit angesehen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 70901 |
BStBl II 1974, 464 |
BFHE 1974, 200 |