Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze
Leitsatz (amtlich)
Für selbständig bewertungsfähige Formteile mit Anschaffungskosten von nicht mehr als 600 DM, die zur Herstellung von Bauplatten dienen und Teile eines einheitlichen Ganzen sind, ist eine Investitionszulage nur zu gewähren, wenn die einzelnen Formteile eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von mehr als einem Jahr haben.
Normenkette
BHG §§ 21, 19/2
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung einer Investitionszulage nach § 21 des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) in der Fassung vom 26. Juli 1962 - BHG 1962 - (BGBl I S. 492, BStBl I 1962, 997).
Die Revisionsklägerin (KG) stellte Leichtbauplatten mit Hilfe von Formen her, die aus Formplatten (Unterlagebrettern) und seitlichen Holz- oder Metalleisten bestanden. Je nach der Art der Leichtbauplatten wurden die seitlichen Leisten entweder lose auf die Unterlagebretter gelegt oder fest mit ihnen verschraubt. Zur Herstellung der Leichtbauplatten brauchte die KG täglich über 2.600 Formen, die gefüllt in Gruppen von je 20 bis 30 Formen gespannt und gepreßt wurden. Es wurden in gewissen Zeitabständen neue Formteile angeschafft. Im Dezember 1962 erwarb die KG 1.028 Formplatten zum Einzelpreis von 21,24 DM. Ihr Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage auf die Anschaffungskosten von 21.737 DM wurde abgelehnt.
Einspruch und Berufung blieben erfolglos.
Entscheidungsgründe
Die Rb., die nach Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist, führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Der Senat hat im Urteil IV 289/65 vom 21. Juli 1966 (BFH 87, 180, BStBl III 1967, 59) entschieden, daß die von der Rechtsprechung zu § 6 Abs. 2 EStG entwickelten Grundsätze über die "Sachgesamtheit" oder das "einheitliche Ganze" auch für die Anwendung des § 21 Abs. 2 BHG 1962 von entscheidender Bedeutung sind. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ergibt, daß die einzelnen Formplatten keine selbständige Nutzungsfähigkeit besitzen, weil sie zur Herstellung einer Form mit den Seitenleisten zusammengefügt werden müssen. Sie sind für sich allein nicht verwendbar. Der Bestand an Formteilen (Formplatten und Leisten) ist hiernach als einheitliches Ganzes anzusehen.
Entgegen der Ansicht des FG steht es der Gewährung einer Investitionszulage nicht entgegen, daß die neu angeschafften Formplatten für ihre Verwendung im Betrieb mit dem vorhandenen Bestand an Formplatten und Leisten vermischt werden. Hierzu wird auf das Urteil IV 231/65 vom 21. Juli 1966 (BFH 87, 178, BStBl III 1967, 58) hingewiesen.
Wie der Senat in dem Urteil IV R 149/66 vom 9. März 1967 (BFH 87, 589, BStBl III 1967, 238), das zu § 19 BHG 1964 ergangen ist, im einzelnen ausgeführt hat, ist für Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten von nicht mehr als 600 DM eine Investitionszulage auch dann zu gewähren, wenn die Wirtschaftsgüter zwar nicht selbständig nutzungsfähig, aber selbständig bewertungsfähig sind. Wie in dem Urteil IV R 149/66 weiter ausgeführt wird, setzt die Gewährung einer Investitionszulage aber voraus, daß die Wirtschaftsgüter eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von mehr als einem Jahr haben, weil andernfalls die sich aus Abschnitt 43 Abs. 8 Satz 3 der Einkommensteuer-Richtlinien ergebende Abschreibungsvergünstigung und die Investitionszulage nebeneinander gewährt würden, was nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen würde. Wie aus dem Urteil IV R 149/66 ferner hervorgeht, ist die Gewährung einer Investitionszulage davon abhängig, daß es sich um Herstellungsaufwand und nicht um Reparaturaufwand oder um die Anschaffung von solchen Gegenständen handelt, die einer selbständigen Bewertung nicht fähig sind (z. B. Maschinenersatzteile). Die dargelegten Grundsätze gelten für die Anwendung des § 21 BHG 1962 ebenso wie für die Anwendung des § 19 BHG 1964, über die im Urteil IV R 149/66 zu entscheiden war.
Bei den Formteilen handelt es sich um die Anschaffung selbständig bewertungsfähiger Wirtschaftsgüter, nicht um Reparaturaufwand. Für sie ist eine Investitionszulage zu gewähren, wenn ihre betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer mehr als ein Jahr beträgt. Hierzu läßt sich aus dem vom VG festgestellten Sachverhalt nichts entnehmen. Die Sache war daher an das FG zurückzuverweisen, das die erforderlichen Feststellungen nachzuholen hat.
Fundstellen
Haufe-Index 412541 |
BStBl III 1967, 302 |
BFHE 1967, 153 |
BFHE 88, 153 |