Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze Sonstiges Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Dient eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung mildtätigen Zwecken und wird das mit HGA belastete Grundstück für die gleichen Zwecke durch Zwischenschaltung einer anderen Person oder Stelle im Sinne des § 19 Abs. 4 der 17.AbgabenDV-LA benutzt, so ist der Erlaß der HGA-Leistungen auch dann zulässig, wenn außer dem mit HGA belasteten Grundstück kein anderes Vermögen für die Verwendung zu den begünstigten Zwecken zur Verfügung steht.

 

Normenkette

LAG § 132; 17-AbgabenDV-LA 18; 17-AbgabenDV-LA 19; 17-AbgabenDV-LA 20; GemV § 5 Nr. 1; GemV § 11

 

Tatbestand

Die Diakonissenanstalt Z - eine Stiftung -, der die Rechte einer juristischen Person erteilt wurden (Revisionsklägerin), hat in § 2 des Statuts folgendes bestimmt:

"Zweck der Anstalt ist, Not und Elend und die daraus erwachsenden Schäden durch Krankenpflege, materielle Unterstützung, tröstenden und ermahnenden Zuspruch zu bekämpfen und somit die kirchliche Kranken- und Armenpflege zu unterstützen und zu ergänzen." Das Krankenhaus und das Gebäude der Diakonissenanstalt sind während des Krieges zerstört worden. Nach dem Kriege war die Revisionsklägerin wegen fehlender Mittel nicht in der Lage, das Krankenhaus aufzubauen und den Krankenanstaltsbetrieb wiederaufzunehmen.

Die Revisionsklägerin besitzt außer dem Krankenhausgrundstück noch ein weiteres Grundstück. Während des Krieges wurde das auf ihm stehende Gebäude teilweise zerstört. Nach der Wiederherstellung und einem Umbau im Jahre 1950 bestand das Gebäude aus mehreren großen Schlaf- und Tagesräumen nebst den dazu erforderlichen Waschgelegenheiten und Toiletten, aus Wirtschaftsräumen (Küche, Speiseraum, Abstellraum), der Wohnung des Verwalters und einem Zimmer für Hilfskräfte. Im Jahre 1951 wurde auf dem Grundstück außerdem noch ein Saalbau, jedoch nicht von der Revisionsklägerin, sondern von dem Verband für Innere Mission mit einem Kostenaufwand von 24.470 DM errichtet.

Die Stiftung wird getragen und verwaltet von den Kirchengemeinden der Stadt X. Nach Angaben der Revisionsklägerin hat das Grundstück seit seinem Erwerb nur gemeinnützigen Zwecken, und zwar kirchlichen Veranstaltungen, Tagungen, Freizeiten der Männer- und Frauenkreise und Kindererholungskuren gedient. In der Hausliste zur Personenstandsaufnahme zum 10. Oktober 1934 wird der Gebäudezweck mit "Erholungsheim, Wohltätigkeitsanstalt der Kirchengemeinden der Stadt X für deren Kinder" angegeben.

Nach dem Kriege mußte die Revisionsklägerin sich darauf beschränken, den Satzungszweck durch karitative Fürsorge im Interesse der Armen und Kranken zu erfüllen. Nach Verlust ihrer Geldmittel infolge der Währungsreform sah sie sich schließlich dazu gezwungen, das Grundstück ab 1. Januar 1950 dem Verband für Innere Mission gegen übernahme der Grundstückslasten unentgeltlich zur Benutzung zu überlassen. Der Verband für Innere Mission ist weder eine juristische Person noch besitzt er die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts und ist von dem Kirchenausschuß, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, mit der Durchführung kirchlich-sozialer Fürsorge beauftragt. Ein schriftlicher Vertrag, der die überlassung, Verwaltung und Nutzbarmachung des Grundstücks im einzelnen regelt, liegt nicht vor. Es bestand jedoch übereinstimmung darüber, daß das Grundstück wie früher in gleicher Weise genutzt werden sollte. Der Verband für Innere Mission hat deshalb das Grundstück für örtliche Kindererholungsfürsorge, für die Fürsorge für Frauen und Mütter und für die Durchführung von Freizeiten nutzbar gemacht. In dem von ihm errichteten Saalgebäude hat er Gottesdienste abgehalten und kirchliche Tagungen durchgeführt. Daneben hat er sich auch gewerblich durch Führung eines Kaffeebetriebs betätigt.

Das Grundstück war seit 1. März 1931 grundsteuerfrei. Auf den 1. Januar 1935 wurde für den auf die Verwalterwohnung entfallenden Grundstücksteil ein Einheitswert in Höhe von 3.540 DM festgestellt und nach dem Grundsteuermeßbescheid 1938 eine Grundsteuer nur für diesen Teil festgesetzt. Durch Bescheid vom 29. März 1952 ist das Grundstück mit Wirkung vom 1. April 1951 in vollem Umfang gemäß § 4 Ziff. 3 b in Verbindung mit § 4 Ziff. 5 a und c GrStG in der Fassung vom 10. August 1951 (BGBl I 1951, 519) von der Grundsteuer in vollem Umfang befreit worden. Der Einheitswert von 3.540 DM galt deshalb nur bis zum 31. Dezember 1950. Mit Rücksicht auf die Grundsteuerfreiheit wurde von diesem Zeitpunkt ab kein neuer Einheitswert mehr festgestellt. Eine Wertfortschreibung aus Anlaß der Errichtung des Saalbaues ist von dem Finanzamt (FA) während des gegen die Fortschreibung eingeleiteten Berufungsverfahrens nach § 94 AO zurückgenommen worden, weil die Revisionsklägerin zum Bau des Saales nicht beigetragen und darauf verzichtet hatte, Eigentumsrechte an diesem Gebäude geltend zu machen.

Während der im Streitfall maßgebenden Zeit vom 1. Januar 1952 bis 31. Dezember 1955 wurde die Revisionsklägerin, soweit aus den vorgelegten Akten ersichtlich, wegen ihres gemeinnützigen Charakters körperschaft- und vermögensteuerfrei behandelt. Erklärungen für diese Steuern wurden weder gefordert noch abgegeben. Erst mit Wirkung vom 1. Januar 1957 sollte geprüft werden, ob die Anerkennung der Gemeinnützigkeit für die Zwecke der Vermögensteuer zu widerrufen sei. Die Prüfung ist jedoch unterblieben, weil die Revisionsklägerin am 11. März 1958 steuerlich gelöscht wurde.

Am 20. Juni 1948 ruhte auf dem Grundstück eine Hypothek von 14.000 RM. Durch Bescheid vom 24. Oktober 1957 wurde die Revisionsklägerin zu einer Abgabeschuld am 21. Juni 1948 von 6.104,55 DM und zu halbjährlichen Zins- und Tilgungsleistungen von 409,50 DM herangezogen. Der Bescheid ist unanfechtbar geworden.

Am 28. Februar 1957 beantragte die Revisionsklägerin nach § 132 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) Erlaß der Zins- und Tilgungsleistungen auf die Hypothekengewinnabgabe (HGA) für die Erlaßzeiträume 1952 und 1953 bis 1955. Der Revisionsbeklagte (FA) lehnte den Antrag durch Bescheid vom 5. Oktober 1957 ab.

Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus: Bei einer Stiftung sei die Voraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 der Gemeinnützigkeits-Verordnung (GemV) erfüllt, wenn sie selbst einen oder mehrere der steuerbegünstigten Zwecke verwirkliche. Diese Voraussetzung läge nicht vor. Der Verband für Innere Mission sei auch nicht als Hilfsperson im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 GemV anzusehen. Er habe nicht nach Weisungen der Revisionsklägerin arbeiten müssen, sondern habe freie Hand gehabt. Auch wenn die Revisionsklägerin tatsächlich auf dem Grundstück gelegentlich selbst Kinder-Erholungsfreizeiten bzw. Rüstzeiten für Frauen und Mütter abgehalten haben sollte, so würde das an dem Ergebnis nichts ändern, weil dadurch die tatsächliche Geschäftsführung nicht in ihre Hand zurückgegangen sei.

Mit der Rb., die nach Inkrafttreten der FGO (1. Januar 1966) als Revision zu behandeln ist, macht die Revisionsklägerin geltend, die Voraussetzungen für einen Erlaß nach § 132 LAG seien gegeben. Sie, die Revisionsklägerin, habe den Rechtscharakter, der nach § 132 Abs. 1 Nr. 1 LAG verlangt werde. Wenn auch der Satzungszweck nicht mehr in der Art und Weise in vollem Umfange erfüllt werden könne, wie dies ursprünglich vorgesehen gewesen sei, so könne er aber immer noch durch karitative Fürsorge im Interesse der Armen und Kranken erfüllt werden. Dies sei nach dem Wortlaut der Satzung auch der Wille der Stiftung. Dieser Aufgabe sei die Revisionsklägerin in der Zeit nach dem Kriege durch die unentgeltliche Zurverfügungstellung des Grundstücks an den Verband für Innere Mission und die geleistete Eigentätigkeit nachgekommen. Der Verband für Innere Mission diene der Wohlfahrtspflege zugunsten der minderbemittelten Bevölkerung und sei selbst aus diesem Grunde gemäß § 18 StAnpG in Verbindung mit den Bestimmungen der GemV von Steuern befreit. Auch die objektiven Voraussetzungen des § 132 Abs. 1 Nr. 2 LAG seien erfüllt. Das LAG habe nicht bestimmt, daß der Eigentümer des Grundstücks, der die subjektiven Voraussetzungen erfülle, das Grundstück zu den in § 132 Abs. 1 Nr. 2 LAG vorgesehen objektiven Voraussetzungen selbst nutzen müsse. Es müsse genügen, wenn das Grundstück von einem, die sachlichen Voraussetzungen erfüllenden Rechtsträger genutzt werde.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt folgendes:

Die Vorschrift des § 132 LAG unterscheidet zwischen persönlichen und sachlichen Erlaßvoraussetzungen. In persönlicher Hinsicht ist eine der Voraussetzungen, daß die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung die begünstigten Zwecke unmittelbar verwirklicht, und in sachlicher Hinsicht, daß das Grundstück den begünstigten Zwecken unmittelbar dient. Nach dem Statut der Revisionsklägerin sollten Not und Elend und die daraus erwachsenen Schäden einmal durch Krankenpflege und zweitens durch materielle Unterstützung bekämpft werden. Das FG ist mit Recht nicht weiter darauf eingegangen, daß die Revisionsklägerin seit Zerstörung des Krankenhauses den Betrieb einer Krankenanstalt aufgegeben hat. Der zweite Zweck kann unabhängig von dem Betrieb einer Krankenanstalt verwirklicht werden. Das FG hat ebenfalls zutreffend nicht in Zweifel gezogen, daß nach der Satzung die Revisionsklägerin selbst den gemeinnützigen oder mildtätigen Zweck durchführen sollte. Aus der Satzung lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, nach denen sich die Revisionsklägerin darauf zu beschränken hat, die Verwirklichung der begünstigten Zwecke durch Dritte anzuregen oder zu überwachen. Für das FG war nur die Frage von entscheidender Bedeutung, ob die Revisionsklägerin den nach der Satzung von ihr zu verwirklichenden mildtätigen Zweck auch tatsächlich unmittelbar erfüllt hat. Es hat diese Frage verneint, weil der Verband für Innere Mission während der ganzen Zeit von 1952 bis 1955 an Stelle der Revisionsklägerin zur Verwirklichung des satzungsmäßigen Zwecks tätig gewesen sei. Die gelegentliche Abhaltung von Kindererholungsfreizeiten bzw. von Rüstzeiten für Frauen und Mütter durch die Revisionsklägerin selbst hat es nicht als ausreichende tatsächliche Erfüllung der persönlichen Erlaßvoraussetzung angesehen. Das FG hat außerdem die Frage geprüft, ob der Verband für Innere Mission als Hilfsperson der Revisionsklägerin im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 GemV in der fraglichen Zeit aufgetreten ist, und hat auch diese Frage verneint. Diese Schlußfolgerungen des FG im Streitfall wären dann richtig, wenn hinsichtlich der Frage der Unmittelbarkeit die in § 11 Abs. 2 Satz 2 GemV getroffene Regelung uneingeschränkt auch für § 132 LAG gelten würde. Dies ist nicht der Fall.

In § 19 Abs. 4 der Siebzehnten Durchführungsverordnung über Ausgleichsabgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz (17. AbgabenDV-LA) ist bestimmt, daß die sachlichen Voraussetzungen auch dann erfüllt sein können, wenn bei der Verwaltung oder Nutzbarmachung des Grundstücks für die begünstigten Zwecke eine andere Person oder Stelle als der Eigentümer eingeschaltet ist. Demgegenüber wird in § 11 Abs. 2 Satz 2 GemV bestimmt, daß die Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke auch durch Hilfspersonen (natürliche Personen oder Körperschaften) geschehen kann, wenn nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen, die zwischen der Körperschaft und den Hilfspersonen bestehen, das Wirken der Hilfspersonen wie eigenes Wirken der Körperschaft anzusehen ist. Sind die Hilfspersonen natürliche Personen, so ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn diese Personen Angestellte der Körperschaft sind. Aber auch dann, wenn die Hilfspersonen Körperschaften sind, wird zwischen der Körperschaft und der als Hilfsperson auftretenden Körperschaft ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis und der Hilfsperson gegenüber eine irgendwie geartete Weisungsbefugnis bestehen müssen. Ist dies nicht der Fall und wurde der Hilfsperson völlig freie Hand gelassen, so wird die Unmittelbarkeit im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 GemV nicht mehr bejaht werden können (vgl. Steinhardt, Das steuerliche Gemeinnützigkeitsrecht, S. 24; Boettcher-Leibrecht, Gemeinnützigkeitsverordnung, § 11 Anm. 3; vgl. auch die Urteile des RFH VI a 45/38 vom 29. November 1938, RStBl 1939, 63; VI a 63/41 vom 1. Oktober 1941, RStBl 1941, 771; VI a 14/42 vom 17. Oktober 1942, RStBl 1942, 986). Eine so enge rechtliche oder tatsächliche Beziehung zwischen der Körperschaft und der Hilfsperson wird in § 19 Abs. 4 der 17. AbgabenDV-LA nicht verlangt. An die anstelle des Eigentümers eingeschaltete Person oder Stelle werden nach dieser Bestimmung keine besonderen Anforderungen gestellt (vgl. die Begründung zur 17. AbgabenDV-LA, zu § 19 - Bundesratsdrucksache Nr. 282/55 vom 29. Juli 1955). Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, daß im Gegensatz zu dieser Regelung ursprünglich in dem dem § 132 LAG entsprechenden § 166 des Bundestagsausschußentwurfs eines Gesetzes über den allgemeinen Lastenausgleich (Deutscher Bundestag, 1. Wahlperiode 1949, Drucksache Nr. 3300) ausdrücklich verlangt wurde, daß das Grundstück von dem Eigentümer unmittelbar für mildtätige Zwecke benutzt werde. Die in das LAG übernommene, in der dritten Beratung im Bundestag beschlossene Fassung des § 132 weicht danach bewußt von der Entwurfsfassung und damit von dem Erfordernis ab, daß der Eigentümer selbst das Grundstück für mildtätige Zwecke benutzen müsse. Die Sonderstellung der in § 19 Abs. 4 der 17. AbgabenDV-LA getroffenen Regelung ergibt sich auch aus einem Vergleich mit der entsprechenden im GrStG in § 4 Ziff. 3 b in Verbindung mit Ziff. 6 enthaltenen Vorschrift, der im übrigen § 132 LAG im wesentlichen nachgebildet wurde. In § 4 Ziff. 3 b GrStG wird wie in § 166 des Bundestagsausschußentwurfs des LAG verlangt, daß der Grundbesitz von dem Eigentümer unmittelbar für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke benutzt werde. Die Befreiung von der Grundsteuer tritt aber nach § 4 Ziff. 6 GrStG auch dann ein, wenn der Grundbesitz einer der unter den Ziff. 1 bis 5 genannten Körperschaften, Personenvereinigungen, Vermögensmassen oder Verbände von einer anderen derartigen Körperschaft, Personenvereinigung, Vermögensmasse, oder einem anderen derartigen Verband für ihre nach den Ziff. 1 bis 5 begünstigten Zwecke benutzt wird. Das Erfordernis, daß der Eigentümer selbst den Grundbesitz zu dem begünstigten Zweck benutzt, wird damit praktisch für das Grundsteuerrecht aufgehoben (vgl. Troll, Kommentar zum Grundsteuergesetz, § 4 Anm. 23; Scholz, Kommentar zum Grundsteuergesetz, § 4 Anm. 76; Kühne, Das Grundsteuergesetz, zu § 4 Ziff. 6). Die Beseitigung der Einschränkung gilt aber nicht wie in § 19 Abs. 4 der 17. AbgabenDV-LA zugunsten jeder an die Stelle des Eigentümers eingeschalteten Person oder Stelle, sondern nur zugunsten einer der unter den Ziff. 1 bis 5 des § 4 GrStG genannten Körperschaften, Personenvereinigungen, Vermögensmassen oder Verbände. Die in § 19 Abs. 4 der 17. AbgabenDV-LA getroffene Regelung hebt sich demnach von der im Grundsteuerrecht getroffenen Regelung durch ihre weitgehende und für den Abgabepflichtigen noch günstigere Fassung ab.

Im GrStG ist der Begriff der Unmittelbarkeit sowohl für die Frage der persönlichen Erlaßvoraussetzungen als auch für diejenige der sachlichen Erlaßvoraussetzungen einheitlich. Die Regelung in Abs. 4 des § 19 der 17. AbgabenDV-LA bezieht sich aber ihrem Wortlaut nach wie auch dadurch, daß sie nicht auch in § 18 der 17. AbgabenDV-LA sinngemäß eingefügt wurde, nur auf die sachlichen Erlaßvoraussetzungen. Für die persönlichen Erlaßvoraussetzungen gelten aber nach § 18 Abs. 2 der 17. AbgabenDV-LA die Vorschriften der §§ 17 und 18 StAnpG und die Bestimmungen der GemV. Der Begriff der Unmittelbarkeit wäre demnach hier grundsätzlich nach § 11 GemV auszulegen. Diese Begriffsbestimmung deckt sich nicht mit derjenigen des § 19 Abs. 4 der 17. AbgabenDV-LA. Der Verordnungsgeber hat mit der Sonderregelung für die sachlichen Erlaßvoraussetzungen im Ergebnis den sonst einheitlich anzuwendenden Begriff der Unmittelbarkeit in zwei selbständige, voneinander abweichende Begriffe aufgespalten.

Das FG hat den Erlaß deshalb abgelehnt, weil die Revisionsklägerin die in § 132 Abs. 1 Nr. 1 LAG enthaltene Vorschrift, daß eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse den begünstigten Zwecken auch nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung unmittelbar dienen müsse, nicht erfüllt habe.

Hat eine satzungsgemäß kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienende Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse außer dem mit HGA belasteten Grundstück, das sie zu mildtätigen Zwecken nutzt, noch anderes Vermögen, das ebenfalls ausschließlich und unmittelbar den begünstigten Zwecken auch nach der tatsächlichen Geschäftsführung dient, so sind die Erlaßvoraussetzungen in jeder Richtung erfüllt. Benutzt sie zwar das mit HGA belastete Grundstück zu mildtätigen Zwecken, das andere Vermögen jedoch für nichtbegünstigte Zwecke, so sind in persönlicher Hinsicht bei diesem letzteren Vermögen die Voraussetzungen der Ausschließlichkeit und Unmittelbarkeit nicht mehr gegeben. Die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse tritt mit diesem Vermögen in einen wirtschaftlichen Wettbewerb zu allen anderen Steuerpflichtigen, die ihr Vermögen in gleicher Weise wirtschaftlich nutzen, so daß kein Anlaß besteht, sie mit diesem Vermögen in steuerlicher Hinsicht begünstigen. Mit Rücksicht auf die Koppelung der persönlichen und sachlichen Erlaßvoraussetzungen in § 132 LAG zieht der Verlust der steuerlichen Begünstigung für das andere Vermögen auch den Verlust der Begünstigung der Abgabeleistungen für das mit HGA belastete Grundstück nach sich.

Steht aber einer mildtätigen Zwecken dienenden Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse kein anderes Vermögen, sondern nur das mit HGA belastete Grundstück zur Verfügung, und nutzt sie dieses Grundstück selbst zu mildtätigen Zwecken, so erfüllt sie auf diese Weise einmal das Erfordernis der Ausschließlichkeit im Sinne des § 132 Abs. 1 Nr. 1 LAG und außerdem das Erfordernis der Unmittelbarkeit gleichzeitig im Sinne des § 132 Abs. 1 Nr. 1 und im Sinne des § 132 Abs. 1 Nr. 2 LAG. Alle Voraussetzungen für eine Begünstigung sind deshalb erfüllt. Schaltet aber in einem solchen Fall die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse zur Verwaltung und Nutzbarmachung des mit HGA belasteten Grundstücks für den mildtätigen Zweck eine andere Person oder Stelle im Sinne des § 19 Abs. 4 der 17. AbgabenDV-LA dazwischen, so dient sie nach wie vor nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung auch in einem solchen Fall ausschließlich mildtätigen Zwecken, sie nutzt außerdem das Grundstück unmittelbar für diesen Zweck im Sinne des § 132 Abs. 1 Nr. 2 LAG, sie kann aber durch diese Art der Nutzung nur nicht gleichzeitig auch den enger auszulegenden Begriff der Unmittelbarkeit im Sinne des § 132 Abs. 1 Nr. 1 LAG erfüllen. Daraus folgt aber im Gegensatz zu der Auffassung des FG nicht zwangsläufig, daß die Begünstigung zu versagen wäre. Die Vorschrift des § 132 Abs. 1 Nr. 1 LAG kann nur so verstanden werden, daß anderes Vermögen, sofern es vorhanden wäre, den begünstigten Zwecken unmittelbar dienen muß, wenn die Vergünstigung gewährt werden soll. Das Vorhandensein von anderem Vermögen für sich allein ist nicht Bedingung der Vergünstigung. Das Fehlen zusätzlicher Vermögenswerte hat deshalb nur die Wirkung, daß in einem solchen Fall das Erfordernis der Unmittelbarkeit bei der tatsächlichen Geschäftsführung steuerlich gegenstandslos wird. In gleicher Weise wäre eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung begünstigten Zwecken dienen würde, vom steuerlichen Standpunkt aus ohne Bedeutung, wenn ihr weder Vermögen noch Einkünfte zur tatsächlichen Verwirklichung der begünstigten Zwecke zur Verfügung stehen würden. Eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse aber, die satzungsgemäß den begünstigten Zwecken dient, und nur ein mit HGA belastetes Grundstück besitzt, das im Rahmen des § 19 Abs. 4 der 17. AbgabenDV-LA für mildtätige Zwecke benutzt wird, dient immer noch nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich dem begünstigten Zweck. Sie tritt in keinen steuerschädlichen Wettbewerb mit anderen mit Steuern belasteten Steuerpflichtigen ein und übt ihre tatsächliche Geschäftsführung in keiner Weise in einer solchen Form aus, die dem Grundgedanken der Steuerbegünstigung zuwiderlaufen würde. Auf das Vorliegen der Unmittelbarkeit in tatsächlicher Hinsicht im Sinne des § 132 Abs. 1 Nr. 1 LAG kommt es deshalb in einem solchen Fall nicht an.

Eine solche Auslegung liegt auch in der aus der Entstehungsgeschichte des § 132 LAG zu entnehmenden Zweck- und Zielrichtung. Im Gegensatz zu den übrigen Abgaben und Steuern kennt die HGA-Regelung des LAG keine allgemeine Befreiung der Körperschaften, Personenvereinigung und Vermögensmassen, die kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienen. Diese werden bei der HGA grundsätzlich wie alle übrigen Abgabeschuldner zur HGA herangezogen (vgl. auch den Regierungsentwurf zum LAG, der keine dem § 132 entsprechende Regelung enthielt). Der in dem Lastenausgleichsausschuß des Bundestags erarbeitete Entwurf milderte diese grundsätzliche Ablehnung jeder Vergünstigung dahin ab, daß ein Erlaß dann gewährt werden müsse, wenn die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mildtätigen Zwecken diene. In der dritten Beratung des Bundestags wurde die Erlaßregelung auch auf Krankenanstalten und Bewahrungsanstalten ausgedehnt. Gleichzeitig wurde die Beschränkung der Regelung, daß der Eigentümer selbst die begünstigten Zwecke erfüllen müsse, gestrichen und die Regelung dem Verordnungsgeber überlassen. Daraus ist ersichtlich, daß der Gesetzgeber im Laufe der Beratungen erkannt hatte, eine uneingeschränkte Heranziehung der kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienenden Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen zur HGA sei mit untragbaren Härten verbunden. Er war daher bestrebt, unter Wahrung der Eigenart der HGA eine Milderung der Härten herbeizuführen. Der Verordnungsgeber hat im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung unter Ausnutzung des ihm überlassenen Ermessensspielraums die in § 132 LAG noch ungeregelt gebliebenen Fragen, insbesondere die Frage der Zwischenschaltung von Personen und anderen Stellen im Sinne einer weiteren Beseitigung von Härten einer abschließenden Regelung zugeführt. Es würde demnach grundsätzlich nicht dem aus der Entstehungsgeschichte zu entnehmenden Sinn und Zweck der Regelung des § 132 LAG entsprechen, wenn eine Abgabeschuldnerin, die satzungsgemäß mildtätigen Zwecken dient, deren mit HGA belastetes Grundstück für mildtätige Zwecke durch dazwischengeschaltete Personen oder Stellen genutzt wird und der im übrigen kein anderes Vermögen für diesen Zweck zur Verfügung steht, die Benutzung für diesen Zweck deswegen aufgeben müßte, weil sie sonst nicht in der Lage wäre, die HGA-Leistungen gleichzeitig zu entrichten. Führt somit die im Interesse des Schutzes der Mildtätigkeit getroffene weitgehende Regelung des § 19 Abs. 4 der 17. Abgaben-DV-LA dazu, daß die für die persönlichen Erlaßvoraussetzungen geltende, aber enger gefaßte Bestimmung des § 11 GemV in den Fällen nicht mehr unmittelbar angewandt werden kann, in denen der Abgabeschuldnerin kein anderes Vermögen zur Verfügung steht, so entspricht es dem Sinn und Zweck des § 132 LAG, einer Auslegung den Vorzug zu geben, die die Durchführung mildtätiger Zwecke nicht gefährdet.

Zusammenfassend ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, daß in den Fällen, in denen eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung mildtätigen Zwecken dient, und das mit HGA belastete Grundstück für die gleichen Zwecke durch Zwischenschaltung einer anderen Person oder Stelle im Sinne des § 19 Abs. 4 der 17. AbgabenDV-LA nutzt, der Erlaß der HGA-Leistung auch dann zulässig ist, wenn außer dem mit HGA belasteten Grundstück anderes Vermögen für die begünstigten Zwecke nicht zur Verfügung steht. Eine solche Auslegung entspricht dem aus der Entstehungsgeschichte zu entnehmenden Zweck des § 132 LAG. Dies hat das FG, das von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, verkannt.

Im Streitfall standen der Revisionsklägerin unmittelbar nach der Währungsreform keine nennenswerten Geldmittel zur Verfügung. Seit dem Jahre 1950 werden die Einnahmen in den Umsatzsteuererklärungen mit 0 DM angegeben. Von den beiden im Eigentum der Revisionsklägerin stehenden Grundstücken war das Grundstück, auf dem sich das Krankenhaus befand, während der Dauer der beiden Erlaßzeiträume infolge seiner Zerstörung für einen gemeinnützigen oder mildtätigen Zweck nicht verwendbar. Der Revisionsklägerin stand deshalb zur Verwirklichung des begünstigten Zweckes nur das Grundstück zur Verfügung, das sie dem Verband für Innere Mission zur Verwirklichung des gleichen Zweckes überlassen hatte.

Die Vorentscheidung ist aufzuheben. Der Revisionsbeklagte hat in einem Zeitpunkt die Ablehnung des Erlaßantrags ausgesprochen, in dem die Leistungen noch den Charakter von Vorauszahlungen hatten. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine Erlaßentscheidung, die nur die Vorauszahlungen betrifft, sich auch auf die später festgesetzten Abgabeleistungen erstreckt. Da nach Aufhebung des Urteils des FG der Antrag der Revisionsklägerin aber einer neuen überprüfung im einzelnen bedarf, erscheint es zweckmäßig, auf deren Berufung auch die Einspruchsentscheidung und den ablehnenden Bescheid des Revisionsbeklagten aufzuheben. Der Revisionsbeklagte wird deshalb erneut über den Erlaßantrag zu entscheiden haben. Zu diesem Zweck sind die bisher unterbliebenen tatsächlichen Feststellungen über die Führung des Heims noch nachzuholen. Es ist insbesondere auch zu prüfen, ob und in welcher Art ein gewerblicher Betrieb von dem Verband für Innere Mission durchgeführt wurde, ob er auf die Heiminsassen beschränkt war und in seiner Gesamteinrichtung nur dazu gedient hat, die steuerbegünstigten Zwecke zu verwirklichen oder ob der wirtschaftliche Betrieb auch anderen Personen zugute gekommen ist. Gegebenenfalls ist nach § 20 der 17. AbgabenDV-LA zu verfahren.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412287

BStBl III 1967, 146

BFHE 1967, 397

BFHE 87, 397

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