Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen; Ablösung der privaten Versorgungsrente
Leitsatz (amtlich)
1. Hatten die Eltern des Steuerpflichtigen diesem einen Gewerbebetrieb gegen als Sonderausgaben abziehbare Versorgungsleistungen übertragen und wird diese Verpflichtung anlässlich der Weiterveräußerung des Gewerbebetriebes vertraglich abgelöst, führt die Ablösezahlung, weil privat veranlasst, weder zu Veräußerungskosten noch zu nachträglichen Anschaffungskosten. Dies gilt auch dann, wenn die Versorgungsverpflichtung durch eine Reallast gesichert war.
2. Die Ablösesumme ist auch nicht als dauernde Last abziehbar.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 12 Nr. 2, § 22 Nr. 1 Sätze 1-2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die für das Streitjahr (1991) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden.
Der Kläger hatte im Jahr 1968 von seiner Mutter deren Gaststätte und Kolonialwarenhandlung mit Betriebsgrundstück im Wege einer Vermögensübergabe gegen eine dinglich gesicherte Leibrente übertragen bekommen. In der Folgezeit machte er die monatlichen Zahlungen hierauf mit ihrem Ertragsanteil als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―) geltend. Im Streitjahr 1991 verkaufte der Kläger das Grundstück, auf dem er mittlerweile ein Hotel betrieb. Er verpflichtete sich dem Erwerber gegenüber, das Grundstück lastenfrei zu übertragen. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns zog er vom Verkaufspreis 62 500 DM ab. Diesen Betrag hatte er seiner Mutter dafür gezahlt, dass sie auf ihren dinglich gesicherten Leibrentenanspruch verzichtete.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) erhöhte den Veräußerungsgewinn um den an die Mutter gezahlten Ablösebetrag.
Dagegen richtete sich die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage. Die Kläger begehrten die gewinnmindernde Berücksichtigung der Ablösezahlung, wobei sie dahingestellt sein ließen, ob sie als Veräußerungskosten oder als nachträgliche Anschaffungskosten zu behandeln sei.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Während des Revisionsverfahrens ist der geänderte Einkommensteuerbescheid vom 27. September 2000 ergangen. Dieser ist nunmehr Gegenstand des Verfahrens.
Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteueränderungsbescheid für 1991 vom 27. September 2000 dahin gehend zu ändern, dass die Ablösezahlung in Höhe von 62 500 DM als Anschaffungskosten des Hotelgrundstücks behandelt wird.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision wird als unbegründet zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. Das FG hat zu Recht den Veräußerungsgewinn nicht um den Betrag der Ablösezahlung von 62 500 DM gekürzt. Dieser ist weder als Kosten der Veräußerung noch als nachträgliche Anschaffungskosten abziehbar. Es handelt sich vielmehr um eine nicht abziehbare Unterhaltsleistung.
2. Die Ablösezahlung beruht in ihrem Ursprung auf dem zwischen dem Kläger und seiner Mutter 1968 geschlossenen Vertrag, mit dem sich die Mutter im Wege der vorweggenommen Erbfolge zur Übergabe ihres Vermögens und der Kläger zur Zahlung einer lebenslänglichen monatlichen Rente verpflichteten. Diesen Vertrag hat das FG zu Recht als Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen qualifiziert. Deren Rechtsfolgen bestimmten sich nach den für das steuerlich privilegierte Rechtsinstitut der sog. privaten Versorgungsrente richterrechtlich entwickelten Grundsätzen.
a) Wiederkehrende Leistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zugesagt werden (private Versorgungsrente), sind spezialgesetzlich den Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG) und den wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) zugeordnet, selbst wenn diese Versorgungsleistungen aus der Sicht des Verpflichteten wirtschaftlich durch den Erwerb des übertragenen Vermögens veranlasst sind (grundlegend Beschlüsse des Großen Senats des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847; vom 15. Juli 1991 GrS 1/90, BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78, sowie vom 12. Mai 2003 GrS 1/00, BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95, und GrS 2/00, BFHE 202, 477, BStBl II 2004, 100). Sie sind mit ihrem vollen Betrag als dauernde Last abziehbar, wenn sie abänderbar sind und als Leibrente mit ihrem Ertragsanteil, der sich aus der Tabelle nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG ergibt.
b) Die rechtliche Behandlung der privaten Versorgungsrente als beim Verpflichteten gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbare und beim Empfänger gemäß § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG zu versteuernde Unterhaltsleistung beruht auf der Charakterisierung der Versorgungsleistungen als vorbehaltene Vermögenserträge. Dadurch unterscheiden sich diese Leistungen von Unterhaltsleistungen i.S. von § 12 EStG; sie enthalten deshalb auch keine Zuwendungen des Vermögensübernehmers aufgrund freiwillig begründeter Rechtspflicht i.S. von § 12 Nr. 2 EStG. Der Vorbehalt der Erträge stellt sich dar als ein "Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit" (ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats; z.B. Urteil vom 14. Juli 1993 X R 54/91, BFHE 172, 324, BStBl II 1994, 19; s. auch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ―BVerfG― vom 17. Dezember 1992 1 BvR 4/87, Deutsches Steuerrecht ―DStR― 1993, 315). Dieser wird in der Weise rechtstechnisch verwirklicht, dass die Aufwendungen beim Übernehmer nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar und die entsprechenden Zuflüsse beim Übergeber nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG steuerbar sind. Dieser Transfer bedingt eine materiell-rechtliche Korrespondenz zwischen Abzugs- und Besteuerungstatbestand (Senatsurteile vom 26. Juli 1995 X R 113/93, BFHE 179, 34, BStBl II 1996, 157; vom 14. November 2002 X R 120/98, BFHE 197, 194, BStBl II 2002, 413). Wegen der Begründung im Einzelnen, insbesondere hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Grundlagen, wird auf die Senatsentscheidungen vom 10. November 1999 X R 46/97 (BFHE 189, 497, BStBl II 2000, 188, unter IV.) und vom 14. November 2001 X R 39/98 (BFHE 197, 179, BStBl II 2002, 246) Bezug genommen.
3. Mit der Zuordnung der privaten Versorgungsrente zu den nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG als dauernde Lasten oder Leibrente abziehbaren wiederkehrenden Leistungen ergibt sich nach der aus dem Einleitungssatz des § 10 Abs. l EStG folgenden gesetzlichen Systematik ihre private Veranlassung. Die spezifisch steuerrechtliche Unentgeltlichkeit der Vermögensübergabe folgt aus § 6 Abs. 3 EStG (im Streitjahr: § 7 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung ―EStDV―). Bei dieser wertenden Zuordnung des Vermögensübergangs als privat und unentgeltlich bleibt es auch dann, wenn die wiederkehrenden Leistungen mit ihrem kapitalisierten Betrag abgelöst werden. Diese Aufwendung stellt weder Veräußerungskosten noch nachträgliche Anschaffungskosten dar.
a) Die Ablösung der privaten Versorgungsrente steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der unentgeltlichen Vermögensübergabe. Privatrechtlich gesehen kann sie als letzter Akt der ―nunmehr vertraglich modifizierten― Erfüllung eines Dauerrechtsverhältnisses gewertet werden, das infolge der gesetzlichen Zuordnung zu den Sonderausgaben privaten Charakter hat und deswegen nicht zur Sphäre der Einkünfteerzielung gehört. Dies wird bestätigt durch die Überlegung, dass sich die Ablösung im Regelfall an der Höhe der mutmaßlich noch zu zahlenden Leistungen orientiert, nicht hingegen am Wert des übergebenen Vermögens.
b) In Anbetracht dieser privaten Veranlassung kommt eine Behandlung als Veräußerungskosten nicht in Betracht. Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG ist Veräußerungsgewinn der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens übersteigt. Der Begriff "Veräußerungskosten" setzt eine sachliche Beziehung zum Veräußerungsgeschäft voraus; diese Voraussetzung erfüllen z.B. Notar- und Grundbuchgebühren, Maklerprovisionen, Reise-, Beratungs- und Gutachterkosten sowie die durch den Veräußerungsvorgang selbst entstehenden Steuern. Dies gilt unabhängig davon, dass die Zuordnung von Aufwendungen zur "Veräußerungssphäre" ―und nicht zum laufenden betrieblichen Aufwand― konkretisiert wird durch den dem § 16 Abs. 2 EStG zugrunde liegenden Zweck (hierzu BFH-Urteil vom 25. Januar 2000 VIII R 55/97, BFHE 191, 111, BStBl II 2000, 458). Dieser rechtlichen Feineinstellung vorgelagert ist die Frage nach der Abgrenzung der privaten von der betrieblichen oder beruflichen Sphäre. Hierzu hat der Große Senat des BFH entschieden, dass Aufwendungen dann durch eine Einkunftsart veranlasst sind, wenn sie hierzu in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Maßgebend dafür ist zum einen die ―wertende― Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen "auslösenden Moments", zum anderen die Zuweisung des maßgeblichen Bestimmungsgrundes zur einkommensteuerlich relevanten Erwerbssphäre (Beschluss vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, 823, unter C. II. 2. b bb der Gründe).
An dem hiernach für die Zuordnung zur Erwerbssphäre erforderlichen sachlichen Konnex fehlt es vorliegend. Mit ihrer Entscheidung, Vermögen gegen eine private Versorgungsrente zu übertragen, haben die Vertragsparteien dieses Rechtsverhältnis, wie dargelegt, der steuerrechtlichen Unentgeltlichkeit (§ 6 Abs. 3 EStG) zugeordnet. Die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen besteht nicht im Austausch von Leistungen, sondern ist vom Willen der Beteiligten bestimmt, das Vermögen im Generationennachfolgeverbund zu halten und zugleich den Unterhalt des Vermögensübergebers zu sichern. Dies verdeutlicht, dass auch der Sache nach die private Versorgungsrente den Unterhaltsleistungen näher steht als den Anschaffungskosten.
Das nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von den Parteien des Vermögensübergabevertrags als unentgeltlich gewollte Geschäft ermöglicht es, Betriebsvermögen zu Buchwerten und damit ohne Gewinnrealisierung auf einen Rechtsnachfolger zu übertragen. Anderenfalls würde das Anwendungsgebiet des § 6 Abs. 3 EStG in einem vom Gesetzgeber nicht gewollten Umfang eingeschränkt und die dauernde Last, da für sie ein relevanter Anwendungsbereich nicht verbleiben würde, de facto abgeschafft. Die Ablösung der Rentenverpflichtung ändert diese steuerrechtliche Wertung nicht. Die Ablösung der Versorgungsrente vollzieht sich in der Privatsphäre. Ohnehin ist im Streitfall der Zusammenhang der Ablösung mit der Veräußerung des übergebenen Vermögens nur ein rein zeitlicher. Im Regelfall haben die Vertragschließenden keinen betrieblichen Anlass, zeitgleich mit der Veräußerung des übergebenen Vermögens auch die private Versorgungsrente enden zu lassen.
c) Der Umstand, dass die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen nicht der Erwerbssphäre zugeordnet werden kann, steht der Behandlung nicht nur der laufenden Versorgungsleistungen als Anschaffungskosten, sondern auch der Ablösezahlung als nachträgliche Anschaffungskosten entgegen.
Denn die Annahme von Anschaffungskosten, und zwar unabhängig davon, ob es sich um ursprüngliche oder nachträgliche Anschaffungskosten handelt, setzt stets voraus, dass die betreffenden Aufwendungen in einem Veranlassungszusammenhang mit dem Erwerb eines der Einkünfteerzielung dienenden Wirtschaftsguts getätigt werden. Dies ist ―wie vorstehend unter b dargelegt― nicht der Fall.
d) Daran ändert die dingliche Sicherung des Rentenanspruchs der Mutter des Klägers nichts.
Zwar sind Aufwendungen zur Befreiung eines Grundstücks von dinglichen Belastungen in der Rechtsprechung des BFH regelmäßig als ―nachträgliche― Anschaffungskosten des Grundstücks angesehen worden (BFH-Urteile vom 15. Dezember 1992 IX R 323/87, BFHE 169, 386, BStBl II 1993, 488; vom 6. Juli 1993 IX R 112/88, BFHE 171, 530, BStBl II 1998, 429, ständige Rechtsprechung). Denn erst mit der Ablösung des vorbehaltenen Rechts hat der Erwerber erstmals die uneingeschränkte Verfügungsmöglichkeit über das Grundstück erlangt. Diese Grundsätze der Rechtsprechung zur Ablösung von Nutzungsrechten an einem erworbenen Grundstück sind vorliegend nicht einschlägig. Der Kläger hat das Vermögen erhalten, ohne in der Ausübung der Befugnisse eines Eigentümers ―Nutzung und Veräußerung― beschränkt zu sein. Dies ist ungeachtet des Umstandes anzunehmen, dass das Altenteilsrecht als eine das übergebene Grundstück belastende Reallast im Grundbuch eingetragen war. Anders als bei einem vorbehaltenen Nutzungsrecht beschränkt die bloße dingliche Sicherung eines schuldrechtlichen Anspruchs nicht die Eigentümerbefugnisse in der Weise, dass erst die Ablösezahlung und die Löschung der dinglichen Sicherung dem Kläger die volle rechtliche und wirtschaftliche Verfügungsmacht an dem Grundstück verschafft hat (vgl. dazu BFH-Urteile vom 21. Juli 1992 IX R 14/89, BFHE 169, 313, BStBl II 1993, 484, und vom 29. Juli 1997 IX R 89/94, BFHE 184, 80, BStBl II 1997, 772; Fischer in Kirchhof, Einkommensteuergesetz, KompaktKommentar, § 6 Rn. 41).
e) In Fortentwicklung der rechtlichen Vorgaben in den Beschlüssen des Großen Senats in BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95 und in BFHE 202, 477, BStBl II 2004, 100 neigt der Senat ―ohne dass dies für den vorliegenden Fall entscheidungserheblich wäre― zu der Annahme, dass mit der Veräußerung oder dem Verbrauch des übergebenen Vermögens die Abziehbarkeit der dauernden Last jedenfalls auch dann endet, wenn kein Ersatzwirtschaftsgut ("Surrogat") erworben wird (vgl. indes ―zum Fall eines Surrogats― Senatsurteil vom 17. Juni 1998 X R 104/94, BFHE 186, 280, BStBl II 2002, 646). Denn der vom Großen Senat hervorgehobene dogmatische Gesichtspunkt der Vergleichbarkeit mit dem Vorbehaltsnießbrauch ist für die Abziehbarkeit ―und materiell-rechtlich korrespondierend für die Steuerbarkeit― der privaten Versorgungsrente konstituierend. Auch in diesem Falle würde sich die Frage stellen, ob nunmehr ein vorrechtlicher Charakter als entgeltliches Rechtsgeschäft "wieder auflebt". Der Senat hält es indes für sach- und interessengerecht, dem Übergeber, der sich auf ein steuerlich unentgeltliches Rechtsgeschäft eingestellt hat und der bei der Veräußerung typischerweise nicht mitwirkt, kein Veräußerungsgeschäft zuzurechnen. Dies hat Rückwirkungen für die korrespondierende Behandlung beim Übernehmer des Vermögens. Diese Lösung hat den Vorzug der Einfachheit.
4. Die Ablösezahlung ist auch nicht als dauernde Last abziehbar.
a) Voraussetzung für die Anwendung der Grundsätze über die steuerrechtlich privilegierte private Versorgungsrente ist neben der wiederkehrenden Zahlung der Versorgungsleistungen, dass eine ertragbringende existenzsichernde Wirtschaftseinheit vom Übergeber zur Weiterführung durch den Übernehmer überlassen wird (ausführlich Senatsurteile vom 14. Februar 1996 X R 106/91, BFHE 180, 87, BStBl II 1996, 687; vom 24. Juli 1996 X R 167/95, BFHE 181, 72, BStBl II 1997, 315). Lösen die Vertragsparteien eines Übergabevertrags jedoch die Versorgungsleistungen ab und beenden sie damit den Transfer vorbehaltener Erträge oder veräußert der Vermögensübernehmer das übertragene Vermögen ohne Anschaffung eines Surrogats, enden damit auch die Rechtsfolgen des steuerlich privilegierten Rechtsinstituts der sog. privaten Versorgungsrente. Die Leistungen und Bezüge sind folglich nicht mehr als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG) abziehbar und daher beim Berechtigten nicht steuerbar (§ 22 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 EStG). Es gelten vielmehr mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc) die allgemeinen Grundsätze des Einkommensteuerrechts. Wenn, soweit und sobald sich die vom Übernehmer erbrachte bzw. zu erbringende Leistung nicht mehr als Transfer vorbehaltener Erträge darstellt, ist für eine Anwendung des Sonderrechts der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen kein Raum mehr. Nach den dann wieder anwendbaren allgemeinen Rechtsgrundsätzen sind Ablösezahlungen beim Vermögensübernehmer nicht abziehbare und beim Vermögensübergeber nicht steuerbare Unterhaltsleistungen. Die von den Parteien des Übergabevertrags als unentgeltlich gewollte Vermögensübertragung verändert durch die Ablösezahlung nicht ihren Charakter, es ändert sich lediglich die steuerliche Beurteilung der Leistung. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Rentenverpflichtung dinglich gesichert ist.
Die Qualifizierung der Ablösezahlung als dauernde Last scheitert nach Auffassung des erkennenden Senats auch daran, dass mit deren Abziehbarkeit die Steuerbarkeit beim Bezieher materiell-rechtlich korrespondiert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bedingt der "Transfer der Einkünfte" eine materiell-rechtliche Korrespondenz zwischen Abzugs- und Besteuerungstatbestand (Senatsurteile in BFHE 179, 34, BStBl II 1996, 157; in BFHE 197, 194, BStBl II 2002, 413). Die materiell-rechtliche Korrespondenz von Abziehbarkeit und Steuerbarkeit ist dem Rechtsprinzip des Vorbehalts der Vermögenserträge immanent. Dies vorausgesetzt stellt sich mit Blick auf den Vermögensübergeber die Frage, ob dieser nunmehr den vollen Nennbetrag versteuern muss. Ihm würde damit eine steuerliche Belastung auferlegt, die im Gegensatz zu der üblicherweise mit der Vermögensübergabe verbundenen Folge des Ausnutzens eines generationenübergreifenden Progressionsgefälles stünde. Eine solche Rechtsfolge wäre nicht angemessen.
b) Die Abziehbarkeit der Ablösezahlung als dauernde Last kann auch nicht mit der Überlegung begründet werden, dass es sich ―privatrechtlich gesehen― beim Verpflichteten um eine letzte Zahlung auf der die dauernde Last begründenden Rechtsgrundlage handelt. In diesem Sinne ist sie letzter Akt der "dauernden" wiederkehrenden Leistung. Einer hieraus zu ziehenden Folgerung stehen die Rechtsprechung des I. Senats des BFH und die in den Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) geäußerte Verwaltungsauffassung entgegen, nach welcher die Ablösung einer dauernden Last nicht als Sonderausgabe abziehbar ist, weil "bei einmaligen oder kurzfristigen Zahlungen zur Ablösung einer dauernden Last … die für die Abziehbarkeit gesetzlich geforderte Form (entfällt)" (so H 87 EStR "Ablösung", unter Bezugnahme auf die BFH-Urteile vom 23. April 1958, VI 176/57 U, BFHE 67, 10, BStBl III 1958, 277, und vom 26. Mai 1971 I R 79/69, BFHE 102, 502, BStBl II 1971, 655). Zwar überzeugt diese Begründung nicht (mehr), weil der die frühere Doktrin prägende Grundsatz von der "Steuerbarkeit bzw. Abziehbarkeit nach der äußeren Form der Wiederkehr" zwischenzeitlich generell aufgegeben worden ist (BFH-Urteil vom 25. Oktober 1994 VIII R 79/91, BFHE 175, 439, BStBl II 1995, 121, zur Mehrbedarfsrente nach § 843 Abs. 1, 2. Alternative des Bürgerlichen Gesetzbuchs; Senatsurteil vom 31. Juli 2002 X R 39/01, BFH/NV 2002, 1575). Eine Besteuerung nur wegen der Form von Bezügen, also allein wegen der Wiederholung, steht in Widerspruch zu dem das Einkommensteuerrecht rechtfertigenden und zugleich von Verfassungs wegen begrenzenden Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (BFH-Urteile vom 20. Juni 1989 VIII R 82/86, BFHE 156, 543, BStBl II 1989, 836, 837, m.w.N; vom 26. November 1992 X R 187/87, BFHE 170, 98, BStBl II 1993, 298, 299). Dementsprechend erscheint es bedenklich, aus dem "Wegfall der äußeren Form" steuerrechtliche Folgen abzuleiten. Die fehlende Abziehbarkeit der Ablösezahlung ist jedoch darin begründet, dass ―wie unter 4. a dargelegt― mit der Ablösezahlung die Voraussetzungen für die Privilegierung der Unterhaltszahlungen als abziehbare private Versorgungsrente entfallen sind.
Fundstellen
Haufe-Index 1140070 |
BFH/NV 2004, 881 |
BStBl II 2004, 830 |
BFHE 2004, 285 |
BFHE 205, 285 |
BB 2004, 1207 |
DB 2004, 1128 |
DStRE 2004, 670 |
DStZ 2004, 353 |
HFR 2004, 622 |