Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für Fremdsprachenunterricht als Werbungskosten oder Sonderausgaben
Leitsatz (NV)
Nur die in einem konkreten Bezug zu einer Berufstätigkeit im Ausland stehenden Aufwendungen für Fremdsprachenunterricht können - allerdings ggf. gemäß § 3c EStG nichtabziehbare - Werbungskosten sein. Fehlt ein solcher Zusammenhang, kommt eine Berücksichtigung als Sonderausgaben i.S. von § 10 Abs. 1 Nr.7 EStG in Betracht.
Normenkette
EStG §§ 3c, 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Diplom-Chemiker. Er war im Streitjahr bis zum 30. Juni 1983 als Arbeitnehmer in den Niederlanden tätig. Seit dem 1. Juli 1983 bezog er in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Anwendungstechniker auf dem Gebiet der . . . bei der X-AG. Dieses Arbeitsverhältnis wurde im Juni 1984 aufgelöst. Nach vorübergehender Arbeitslosigkeit erhielt der Kläger zum 1. Dezember 1984 eine Anstellung bei einem ihm durch die Tätigkeit bei der X-AG bekannten belgischen Unternehmer mit Sitz in R.
In seiner Einkommensteuererklärung des Streitjahres machte der Kläger u.a. Aufwendungen für die Teilnahme an einem dreiwöchigen Intensiv-Sprachkurs für Französisch als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Zur Erläuterung teilte er dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) mit, er, der Kläger, habe an dem Sprachkurs teilgenommen, weil sein damaliger Arbeitgeber, die X-AG, das bestehende Dienstverhältnis habe aufheben wollen. Da eine - ebenfalls auf dem Gebiet der . . . arbeitende - wichtige Firma in einem französisch sprachigen Land (Belgien) tätig sei, habe er sich im Sinne der Erhaltung seiner beruflichen Chancen dorthin orientieren und - notwendigerweise - seine Kenntnisse in der französischen Sprache (Umgangssprache) vervollkommnen müssen. Das FA erkannte die Aufwendungen nicht an. Im Verlaufe des - erfolglos gebliebenen - Einspruchsverfahrens legte der Kläger noch ein in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlichtes Stellenangebot der - ebenfalls auf dem Gebiet der . . . tätigen - Firma Z vor, in dem diese (von den angesprochenen Bewerbern) brauchbare Kenntnisse der französischen Sprache forderte.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und führte aus: Nach § 9 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) seien Werbungskosten auch Ausgaben, die der Fortbildung in einem bereits ausgeübten Beruf dienten oder aus diesem Grunde vor dem Beginn der Tätigkeit und dem Erzielen von Einnahmen gemacht würden (vorweggenommene Werbungskosten), wenn ein hinreichend klarer Zusammenhang mit einer Einkunftsart bestehe (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20. Oktober 1978 VI R 132/76, BFHE 126, 275, BStBl II 1979, 114). Für den Kläger sei nach dem Aufhebungsverlangen der X-AG das Ende seiner Tätigkeit bei dieser abzusehen gewesen. Bei der dadurch bedingten Suche nach einem neuen Arbeitgeber habe es auf der Hand gelegen, daß er sich um eine Anstellung bei einem ebenfalls . . . herstellenden Unternehmen bemüht habe. Als möglicher Arbeitgeber sei damit die Z und insbesondere die - dem Kläger von seiner Tätigkeit bei der X-AG als Konkurrentin bekannte - belgische Gesellschaft mit Sitz in R in Betracht gekommen. Zur Berufsausübung in Belgien seien französische Sprachkenntnisse notwendig und auch für eine erfolgreiche Bewerbung bei der Z seien brauchbare Kenntnisse der französischen Sprache gefordert worden. Die durch den Sprachkurs entstandenen Aufwendungen stünden damit in einem hinreichend klaren Zusammenhang mit der künftigen Tätigkeit des Klägers als Arbeitnehmer. Der Kläger habe die Aufwendungen auf sich genommen, um bei der Berufsausübung für einen zukünftigen Arbeitgeber auch den Anforderungen hinsichtlich seiner Kenntnisse der französischen Sprache genügen zu können.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe die Aufwendungen für den Sprachkurs zu Unrecht als Werbungskosten berücksichtigt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Die vom FG getroffenen Feststellungen erlauben keine abschließende Prüfung, ob es die Aufwendungen für den Sprachkurs zu Recht als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) bei den im Streitjahr erzielten Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Nr.1 EStG) berücksichtigt hat.
1. Das Erlernen einer Fremdsprache betrifft in aller Regel die allgemeine Lebensführung i.S. des § 12 Nr.1 EStG. Nur ausnahmsweise kann es - bei einem konkreten Bezug zu einer Berufstätigkeit - als Fortbildung in diesem Beruf angesehen werden. Zur Anerkennung der Aufwendungen für das Erlernen einer Fremdsprache als Werbungskosten (Fortbildungskosten) reicht es dagegen nicht aus, daß Fremdsprachenkenntnisse in einem bestimmten Beruf allgemein nützlich sind (vgl. Urteil des Senats vom 24. April 1992 VI R 141/89, BFHE 167, 525, BStBl II 1992, 666).
2. Den tatsächlichen Feststellungen des FG ist nicht zu entnehmen, ob und bei welchem (inländischen oder ausländischen) Arbeitgeber der Kläger zu dem Zeitpunkt, als er die Aufwendungen für den Sprachkurs tätigte, eine Anstellung anstrebte bzw. konkrete Aussichten auf eine Anstellung hatte. Das FG hat lediglich als mögliche Arbeitgeber die - vom Kläger erst im Einspruchsverfahren bezeichnete - Z und (insbesondere) die belgische Gesellschaft mit Sitz in R genannt, ohne jedoch deutlich zu machen, inwieweit der Kläger im Zeitpunkt des Erlernens der Fremdsprache mit einer dieser Firmen wegen einer möglichen Berufstätigkeit überhaupt Kontakt aufgenommen hatte. Das FG hat die Aufwendungen für den Sprachkurs vielmehr offensichtlich schon deswegen als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit angenommen, weil die erworbenen Französischkenntnisse diesem ganz allgemein auf der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz unter Umständen von Nutzen sein konnten. Ein solcher weitläufiger Bezug der erworbenen Sprachkenntnisse mit einer noch nicht näher konkretisierten, zukünftigen Berufstätigkeit reicht jedoch - wie sich aus den Ausführungen unter 1. ergibt - nicht aus.
3. Die der Rechtsauffassung des Senats nicht entsprechende Vorentscheidung ist aufzuheben. Das FG wird bei seiner erneuten Entscheidung zu prüfen haben, ob die Aufwendungen für den Französisch-Sprachkurs in einem konkreten Zusammenhang mit einer vom Kläger angestrebten Berufstätigkeit stehen und deshalb - allerdings ggf. gemäß § 3c EStG nichtabziehbare (vgl. dazu Urteil des Senats vom 24. April 1992 VI R 141/89, a.a.O., unter 2.) - Werbungskosten sind. Ist der Werbungskostencharakter zu verneinen, wird das FG zu berücksichtigen haben, daß die Aufwendungen unter dem Gesichtspunkt der Ausbildungskosten gemäß § 10 Abs. 1 Nr.7 EStG als Sonderausgaben abziehbar sein können.
Fundstellen
Haufe-Index 418652 |
BFH/NV 1993, 224 |