OFD Hannover, Verfügung v. 28.10.2007, S 0069 - 1 - StO 143
1. Die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs werden, soweit sie nicht ausschließlich Bedeutung für einen Einzelfall haben, im BStBl II (früher Teil III) durch das Bundesfinanzministerium veröffentlicht (BStBl 1966 III S. 345). Durch die Aufnahme in das Bundessteuerblatt sind die Entscheidungen grundsätzlich bei der Bearbeitung gleich gelagerter Steuerfälle zu beachten. Eine neue Prüfung hinsichtlich der Anwendung der BFH-Entscheidung kann jedoch erforderlich sein, wenn z.B.
- neue rechtliche Gesichtspunkte aufgetreten sind,
- neue Rechtserkenntnisse eine andere Beurteilung der entschiedenen Rechtsfrage rechtfertigen können oder
- die Entscheidung schon lange zurückliegt und an ihr wiederholt Kritik geübt worden ist.
2. Die im Bundessteuerblatt veröffentlichten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs sind auch dann zu beachten, wenn der Rechtssatz, der in einer solchen Entscheidung aufgestellt worden ist, im Widerspruch zu einer anderen Auffassung stehen sollte, die zu der einschlägigen Frage in einer Verwaltungsanweisung (z.B. Rundverfügung) vertreten worden ist. Einer formellen Aufhebung der hierdurch überholten Verwaltungsanweisung bedarf es nicht.
3. Der Beschluss der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder, eine neue BFH-Entscheidung im BStBl II zu veröffentlichen und somit allgemein anzuwenden, wird vom Bundesfinanzministerium vorab auf seiner Internetseite (– Aktuelles – BFH-Entscheidungen) mit einer Kurzbeschreibung bekannt gegeben. Der Text der betreffenden Entscheidungen kann auf den Internetseiten des Bundesfinanzhofs (– Entscheidungen – Aktuelle Entscheidungen) abgerufen werden.
Die Entscheidungen sind bereits ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des Vorabhinweises auf den Internetseiten des BMF und nicht erst nach Auslieferung des die BFH-Entscheidung enthaltenden Bundessteuerblatts bei der Bearbeitung gleich gelagerter Steuerfälle zu beachten.
4. Soll eine höchstrichterliche Entscheidung nicht oder vorübergehend nicht angewendet werden, wird regelmäßig zeitgleich mit der Veröffentlichung der BFH-Entscheidung im BStBl II eine Anweisung – ein sog. „Nichtanwendungserlass” – im BStBl I veröffentlicht. Auch diese Anweisung wird zuvor auf den Internetseiten des BMF bekannt gegeben. Es empfiehlt sich, eine im BStBl II veröffentlichte, aber nicht anzuwendende Entscheidung des Bundesfinanzhofs mit einem entsprechenden Hinweis zu versehen.
Die Meinungsbildung innerhalb der Finanzverwaltung zur Herausgabe eines Nichtanwendungserlasses erfordert eine gewisse Zeit, so dass die Veröffentlichung der BFH-Entscheidung im BStBl II nicht immer zeitnah erfolgt. Andererseits sind diese Entscheidungen oft durch Bekanntgabe im Internet (z.B. – Aktuelle Entscheidungen –) oder auszugsweise Veröffentlichungen in Fachzeitschriften bereits bekannt. Im Einzelfall betroffene Steuerpflichtige drängen dann bereits auf eine Entscheidung im Sinne des bekannten, im BStBl II aber noch nicht veröffentlichten Urteils oder Beschlusses des BFH. Da vor der amtlichen Veröffentlichung im BStBl II bzw. vor der Bekanntgabe der Entscheidung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder auf der Internetseite des Bundesfinanzministeriums nicht beurteilt werden kann, ob weitere Weisungen in diesem Zusammenhang ergehen werden, ist die amtliche Veröffentlichung der Entscheidung im BStBl II bzw. die Bekanntgabe der Entscheidungen der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder auf der Internetseite des Bundesfinanzministeriums abzuwarten. Ergehen zeitgleich damit keine weiteren Weisungen, kann regelmäßig uneingeschränkt nach den Grundsätzen der veröffentlichten Entscheidung verfahren werden.
5. Alle nicht auf den Internet-Seiten des BMF aufgelisteten bzw. nicht im Bundessteuerblatt veröffentlichten Entscheidungen haben – wie die Entscheidungen der Finanzgerichte – keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Soweit sie nicht mit veröffentlichten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs oder Verwaltungsanordnungen bzw. Anweisungen der vorgesetzten Behörden in Widerspruch stehen, können sie aber für die Entscheidung über vergleichbare Sachverhalte verwertet werden (vgl. auch Vorwort aus dem Einkommensteuer-Handbuch 2003).
Normenkette
AO 1977 vor § 1