Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 18.12.2017) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2017 im Ausspruch über die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen zum Wert des vom Angeklagten Erlangten aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen – jeweils gewerbsmäßig begangener – strafbarer Kennzeichenverletzung in Tateinheit mit strafbarer Verletzung der Gemeinschaftsmarke und mit unerlaubter Verwertung (urheberrechtlich geschützter Werke) sowie wegen Hehlerei und wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Hehlerei zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Daneben hat es gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 965.106,83 Euro angeordnet. Seine auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen in der angeordneten Höhe gemäß §§ 73, 73c StGB begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Rz. 3
a) Zwar hat die Wirtschaftsstrafkammer ohne Rechtsfehler den Wert des vom Angeklagten Erlangten gemäß § 73d Abs. 1 StGB bestimmt, indem sie im Tatkomplex 1 den Verkaufserlös von insgesamt 893.933,85 Euro aus der Veräußerung der 14.109 Datenträger mit gefälschter Navigationssoftware und im Tatkomplex 2 den Wert der von ihm in Kenntnis ihres vorherigen Diebstahls erworbenen 908 Uhren in Höhe von insgesamt 71.172,98 Euro zugrunde gelegt hat.
Rz. 4
b) Rechtsfehlerhaft hat sie aber allein auf die Summe dieser Taterträge in Höhe von 965.106,83 Euro ihre Einziehungsanordnung gestützt. Sie hat dabei die möglichen Folgen des von ihr als wirksam angesehenen Verzichts auf die Rückzahlung einer Kaution von 15.000 Euro sowie auf diverse in Vollziehung eines Arrestes gepfändete Gegenstände und Forderungen (drei Bankguthaben von 9.402,59 Euro, 2.905,37 Euro und 2.348,86 Euro, Depotwerte in Höhe von 8.347,03 Euro, zwanzig Silbermünzen, 400 Briefmarken im Gesamtwert von 580 Euro, weitere 3.419 Briefmarken im Wert von je 1,45 Euro, 2.171 „Einschreiben-Marken” im Wert von je 2,15 Euro und einen Goldbarren mit einem Gewicht von 5 Gramm, UA S. 1606, 1645 f.) für die Einziehungsanordnung verkannt. Zudem hat sie sich nicht mit den Voraussetzungen eines wirksamen Verzichts auseinandergesetzt (vgl. eingehend BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2018 – 5 StR 198/18 Rn. 21 ff., 34 ff., zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen).
Rz. 5
Hinsichtlich eines wirksamen Verzichts auf die Kautionsrückzahlung hat das Landgericht nicht erkennbar bedacht, dass der staatliche Zahlungsanspruch nach § 73c StGB in Höhe des betreffenden Geldbetrages erloschen und die Einziehung des Wertes des Tatertrages insoweit ausgeschlossen sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2018 – 5 StR 198/18 Rn. 33 mwN).
Rz. 6
Bei den übrigen Verzichtsgegenständen wäre zur Beurteilung der Wirksamkeit des erklärten Verzichts bereits mitzuteilen gewesen, ob und gegebenenfalls wie die Staatsanwaltschaft als maßgeblicher Erklärungsempfänger auf das Übereignungsangebot des Angeklagten reagiert hat (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2018 – 5 StR 198/18 Rn. 34 f.). Deren Annahmewillen kann nicht als selbstverständlich angenommen werden. Denn die vom Angeklagten angebotene Leistung war nicht die von ihm geschuldete: Der staatliche Einziehungsanspruch war vorliegend auf Wertersatz, mithin einen Geldbetrag, gerichtet (§ 73c Satz 1 StGB). Demgegenüber bestand die vermeintliche Erfüllungshandlung in der Übertragung bestimmter Wertgegenstände und Bankguthaben.
Rz. 7
Es erscheint möglich, dass die Staatsanwaltschaft die angebotene Leistung in solchen Fällen an Erfüllungs statt (§ 364 Abs. 1 BGB) oder erfüllungshalber annimmt. Ob hier eine Erfüllungsvereinbarung getroffen wurde und gegebenenfalls welche, lässt sich den Urteilsfeststellungen jedoch nicht entnehmen. Aufgrund der unterschiedlichen Rechtswirkungen wäre dies aber erforderlich gewesen. Denn während die Leistung an Erfüllungs statt unmittelbar zum Erlöschen des Schuldverhältnisses führt, tritt diese Folge bei der Leistung erfüllungshalber erst mit endgültiger Befriedigung des Gläubigers ein, was in der Regel eine Verwertung des angenommenen Gegenstandes voraussetzt.
Rz. 8
Die unterschiedlichen Erfüllungszeitpunkte wirken sich auch hinsichtlich der zu treffenden Einziehungsentscheidung aus, weil einerseits mit Erlöschen des staatlichen Einziehungsanspruchs im Wege des Verzichts eine Einziehungsanordnung ausgeschlossen ist, andererseits die Einziehungsanordnung zwingend ist, solange der staatliche Einziehungsanspruch noch nicht erfüllt ist. Da jedoch die endgültige Befriedigung aus erfüllungshalber angenommenen Gegenständen zum Zeitpunkt des Urteils noch nicht feststeht, entfällt der Einziehungsausspruch in solchen Fällen nicht. Welche Art der Erfüllungshandlung vereinbart wurde, ist erforderlichenfalls im Wege der Auslegung zu ermitteln, die dem Tatgericht vorbehalten ist.
Rz. 9
2. Da der Senat nicht ausschließen kann, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Beurteilung der Wirksamkeit und Wirkung eines Verzichts teilweise von der Einziehungsanordnung abgesehen hätte, hebt er die Anordnung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen zur neuen Prüfung durch das Tatgericht auf. Einer Aufhebung von Feststellungen zum Wert des vom Angeklagten Erlangten bedarf es nicht, weil sich der Rechtsfehler allein auf die Würdigung des Zustandekommens einer Verzichtsvereinbarung und deren mögliche Auswirkung auf die Höhe des zu bestimmenden Einziehungsbetrages bezieht.
Unterschriften
Sander, Schneider, Berger, Eschelbach, Köhler
Fundstellen
Haufe-Index 13369534 |
NStZ 2020, 720 |
wistra 2020, 60 |