Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 21.03.2011) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 21. März 2011, soweit es ihn betrifft, in den Fällen B 3 bis B 5 sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben.
2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Tatbestand
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Unterschlagung in vier Fällen und wegen Betruges oder gewerbsmäßiger Hehlerei in drei Fällen unter Einbeziehung einer weiteren Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und zudem eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung der Verurteilung in den Fällen B 3 bis B 5 sowie des Gesamtstrafenausspruchs; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.
Rz. 2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts veräußerte der Angeklagte zu einem deutlich unter ihrem Wert liegenden Preis jeweils drei ihm nicht gehörende Leasingfahrzeuge, die daraufhin in der Zeit zwischen dem 2. und dem 10. November 2007 nach Syrien gebracht wurden. Die hochwertigen Pkws waren ursprünglich von einer Fa. A. GmbH mit Verträgen vom 18. September 2007 bzw. Juli 2007 geleast worden, wobei diese keinerlei Leasingraten entrichtete. Der Angeklagte, der selbst mit der Vermietung von Kraftfahrzeugen befasst war, übernahm die später veräußerten Fahrzeuge von der Fa. A. GmbH. Ob diese Kenntnis vom Verkauf der Fahrzeuge hatte oder sie bei der Weitergabe der Pkws an den Angeklagten K. – von diesem getäuscht – gutgläubig war, konnte die Kammer nicht feststellen.
Rz. 3
Das Landgericht verurteilte den Angeklagten insoweit auf wahldeutiger Grundlage wegen Betruges oder Hehlerei. Dabei ist die Kammer mit Blick auf zuvor festgestellte Veräußerungen anderer Kraftfahrzeuge nach Syrien davon ausgegangen, dass der Angeklagte schon im Augenblick der Übernahme den Vorsatz gefasst hatte, diese gewinnbringend nach Syrien weiter zu veräußern. Soweit man annehme, die Fa. A. GmbH habe keine Kenntnis von dem Verkauf gehabt, läge eine täuschungsbedingte Erlangung der Fahrzeuge und damit ein Betrug vor. Habe der Vorbesitzer selbst in krimineller Intention gehandelt und sei er an der Verschiebung der Fahrzeuge zum Nachteil der jeweiligen Eigentümer beteiligt gewesen, habe der Angeklagte eine Hehlerei begangen, indem er sich eine aus Unterschlagung oder Betrug stammende Sache ggf. verschafft, jedenfalls aber (im Interesse des Vortäters) abgesetzt habe, um sich zu bereichern.
Rz. 4
Entscheidungsgründe
II. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat nicht bedacht, dass es im Falle eines (nicht ausgeschlossenen) kriminellen Zusammenwirkens des Angeklagten mit der Fa. A. GmbH eine weitere Sachverhaltskonstellation geben könnte, in der – abweichend von der Beurteilung des Verhaltens als Hehlereihandlung – (lediglich) eine Strafbarkeit wegen Unterschlagung angenommen werden könnte.
Rz. 5
Die Strafbarkeit wegen Hehlerei setzt voraus, dass die gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat zum Zeitpunkt des abgeleiteten Erwerbs abgeschlossen ist (BGHSt 13, 403, 405); daher liegt Hehlerei nicht vor, wenn die Vortat erst durch die Verfügung zugunsten des Hehlers begangen wird. In diesem Fall kommt lediglich eine Beteiligung des Erwerbers an der Vortat – einer durch Verfügung oder Weggabe begangenen Unterschlagung – in Betracht (vgl. BGH StV 2002, 542; ferner: BGH, Beschluss vom 14. April 2011 – 4 StR 112/11). Dass die Fa. A. GmbH sich die Kraftfahrzeuge erst durch die Übergabe an den Angeklagten zugeeignet haben und erst dadurch eine mittäterschaftliche Unterschlagung begangen haben könnte, ohne dass es zuvor zu einem Betrug oder zu einer Unterschlagung gekommen war, hat die Kammer ersichtlich nicht bedacht.
Rz. 6
Es ist – entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts – den Urteilsgründen auch nicht ohne weiteres zu entnehmen, dass der Geschäftsführer der Fa. A. GmbH bereits bei Abschluss der Leasingverträge mit den Leasinggebern betrügerisch gehandelt und insoweit einen Betrug (als Vortat der Hehlerei) begangen hat. Der Umstand, dass niemals Leasingraten gezahlt worden sind, ist ohne nähere Aufklärung zu den Einzelheiten des Vertragsabschlusses und den Gründen der Nichtzahlung durch die Fa. A. GmbH allein nicht geeignet, schon eine vorsätzliche betrügerische Erlangung der Fahrzeuge mit Abschluss der Leasingverträge zu belegen. Dies gilt umso mehr, als die Pkws jeweils einige Monate gefahren worden sind, bevor sie nach Syrien veräußert wurden, so dass jedenfalls nicht nahe liegt, dass die Leasingverträge bereits zum Zwecke des Verkaufs ins Ausland abgeschlossen wurden.
Rz. 7
Im Hinblick darauf, dass auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich der Angeklagte anstelle von Hehlerei wegen Unterschlagung der Kraftfahrzeuge strafbar gemacht haben könnte, hat die Verurteilung wegen Betruges oder Hehlerei auf wahldeutiger Grundlage keinen Bestand.
Rz. 8
Da es nicht ausgeschlossen erscheint, dass weitere Feststellungen zum Vorliegen einer Vortat gemäß § 259 StGB getroffen werden können, wird die Sache zu neuer Verhandlung an das Landgericht zurückverwiesen. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht; neue, den bisherigen nicht widersprechende können getroffen werden.
Rz. 9
Mit der Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen B 3 bis B 5 geraten auch die jeweiligen Einzelstrafen in Wegfall; das zieht die Aufhebung der gegen den Angeklagten verhängten Gesamtfreiheitsstrafe nach sich.
Unterschriften
Fischer, Schmitt, Berger, Krehl, Eschelbach
Fundstellen
Haufe-Index 2859248 |
NStZ 2012, 510 |
NStZ 2012, 7 |
NStZ-RR 2012, 71 |
RÜ 2012, 168 |
StV 2012, 215 |
LL 2012, 347 |