Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Wartungskosten beim Leasing
Hintergrund: Vom Leasingnehmer übernommene Wartungskosten
Streitig war für 2011/2012, ob "Wartungsgebühren" (Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten) im Rahmen von Leasingverträgen unter die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung fallen.
Die X-GmbH schloss als Leasingnehmerin Leasingverträge über Kraftfahrzeuge mit verschiedenen Unternehmen ab. Wie vertraglich vereinbart, übernahm sie neben den Steuern, Versicherungsbeiträgen und Straßenbenutzungsgebühren usw. auch die anfallenden Wartungsgebühren (Wartungs- und Reparaturkosten) von rund 4 Mio. € pro Jahr.
Das FA vertrat die Auffassung, die Wartungsgebühren seien Teil der Leasingraten. Sie seien daher nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzuzurechnen.
Dem folgte das FG und wies die Klage ab.
Entscheidung: Hinzurechnung der Wartungskosten
Die vom Leasingnehmer im Rahmen von Leasingverträgen aufgewendeten "Wartungsgebühren" fallen unter die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG.
Leasing als besondere Form der Miete
Der Leasingvertrag stellt einen atypischen Vertrag dar, der aber seiner Rechtsnatur nach in erster Linie nach Mietrecht zu beurteilen ist. Dabei sind die von den Parteien typischerweise verfolgten Interessen zu berücksichtigen. Die vereinbarten Leasingraten sind nicht nur das Entgelt für eine zeitlich begrenzte Gebrauchsüberlassung, sondern zugleich für die vom Leasinggeber erbrachte Finanzierungsleistung. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Leasingvertrag bei der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung anders zu behandeln wäre als ein Mietvertrag. Denn auch bei der Miete ist im Entgelt ein Finanzierungsanteil für die Überlassung von Sachkapital enthalten.
Wirtschaftlicher Begriff der Leasingrate
Der Begriff der "Leasingraten" in § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG ist ebenso wie bei den Miet- und Pachtzinsen wirtschaftlich zu verstehen. Das ergibt sich aus der Rechtsnatur des Leasingvertrags als besondere Form des Mietvertrags. Außerdem ergibt sich dies aus der im Gesetz angelegten Gleichstellung der Leasingraten mit den Miet- und Pachtzinsen durch die Einfügung des Klammerzusatzes ("einschließlich Leasingraten") aufgrund des UntStRefG 2008. Das Leasing erscheint danach als atypische Form der Miete. Mit dieser Formulierung hat der Gesetzgeber klargestellt, dass keine Differenzierung hinsichtlich der pauschalierten Hinzurechnung des Finanzierungsanteils der Leasingraten im Vergleich zu den Miet- und Pachtzinsen beabsichtigt ist.
Wartungsgebühren sind Teil der Leasingrate
Nach dem Mietrecht (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) gehören die Wartungsgebühren grundsätzlich zu den vom Vermieter bzw. Leasinggeber zu tragenden Lasten. Der Leasinggeber kann diese Kosten - abweichend von der mietrechtlichen Grundregel - auf den Leasingnehmer abwälzen. Das entspricht der üblichen Leasingpraxis und beruht darauf, dass der Leasinggeber eine Investitionsentscheidung des Leasingnehmers finanziert und das von ihm erworbene Leasinggut dem Leasingnehmer zur Nutzung zur Verfügung stellt. Das Sachnutzungsinteresse liegt damit ganz überwiegend beim Leasingnehmer, nicht beim Leasinggeber, der rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer des Leasingguts bleibt und ein Interesse an der Erhaltung des Restwerts besitzt. Die Übernahme der Wartungs- und Reparaturkosten beruht damit auf den Regelungen des Mietrechts i.S.v. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG und nicht etwa auf einem besonderen Vertragstyp "Leasingvertrag". Das bedeutet, dass nach dem gesetzestypischen Lastenverteilungssystem auch die vom Leasingnehmer übernommenen Wartungskosten Bestandteil der Leasingrate sind.
Unerheblichkeit interner Kalkulationsüberlegungen
Die X-GmbH hatte eingewandt, die Höhe der Leasingrate sei allein durch die Annuität und die Verwaltungskosten bestimmt worden, die Übernahme der Wartungskosten habe die Höhe der Leasingrate nicht beeinflusst. Dem widerspricht der BFH. Denn die internen Kalkulations- und Rentabilitätsannahmen sind für die Anwendung der Hinzurechnungsvorschrift generell nicht relevant (vgl. BFH v. 18.8.2015, I R 43/14, BFH/NV 2016, S. 232, Rz. 21).
Überwälzung von Nebenkosten
Darüber hinaus gilt die Überlegung, dass die vertragliche Überwälzung von Nebenkosten vom Vermieter/Verpächter auf den Mieter/Pächter sich typischerweise in einer Verminderung des "reinen" Miet- oder Pachtzinses auswirkt. Das gilt ebenso bei Abwälzung der Wartungskosten auf den Leasingnehmer für die Höhe der Leasingrate. Wirtschaftlich betrachtet stellen besondere Vergütungen für die Wartungsarbeiten nichts anderes dar als Teile des Entgelts, das der Leasingnehmer für die Überlassung des Gebrauchs und die Abnutzung zu entrichten hat. Es wäre mit der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht vereinbar, wenn das für die Wartung zu leistende Entgelt verschieden behandelt würde, je nachdem ob es in der Leasingrate enthalten ist oder besonders entrichtet wird.
Hinweis: Gleichbehandlung
Letztlich führt das wirtschaftliche Verständnis des Begriffs der Leasingraten zu der gesetzlich angelegten Gleichbehandlung. Die im Gesetz ausdrücklich bezeichnete Gleichstellung der Leasingraten mit den Miet- und Pachtzinsen (§ 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG) ergibt, dass eine Beschränkung der Hinzurechnung auf die Leasingrate im engeren Sinn (die an den Leasinggeber zu zahlende Annuität für die finanzierende Bank sowie die Verwaltungskosten) nicht beabsichtigt ist. Die Entscheidung entspricht den Ländererlassen v. 2.7.2012 (BStBl I 2012, S. 654, Rz. 29) bzw. H 2.1 (4) GewStH "Miet- und Pachtzinsen".
BFH Urteil vom 20.10.2022 - III R 33/21 (veröffentlicht am 26.01.2023)
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die Frage ist gleichermaßen interessant und sehr berechtigt: Keine Hinzurechnung der Reparaturkosten beim Eigentümer - aber beim Mieter (Leasingnehmer).
Der Grund dieser Unausgewogenheit wurzelt darin, dass der BFH für den Begriff der Miete (Leasing) auf das BGB zurückgreift. Nach dem Leitbild des Mietrechts hat der Vermieter die Wartungskosten zu tragen (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das ist der gesetzestypische Normalfall. Der Vermieter kann hiervon abweichen und vertraglich die Reparaturkosten auf den Mieter abwälzen. Gleichwohl bleiben die vom Mieter übernommenen Kosten Teil der Mietzinsen. Das beruht auf der Vorstellung, dass sich die vom Normalfall abweichende Kostenübernahme durch den Mieter als Minderung der Miethöhe auswirkt.
Das bedeutet, dass Kosten, die nach dem gesetzestypischen Lastenverteilungssystem eigentlich vom Vermieter zu tragen wären (z.B. Reparaturkosten), die aber nach dem im konkreten Fall abgeschlossenen Vertrag vom Mieter übernommen werden, gleichwohl als Mietzinsen zu erfassen sind. Das beruht auf dem wirtschaftlichen Verständnis der Miet/Pachtzinsen (BFH-Urteil Rz 17).
Diese Grundsätze gelten auch für den Begriff der Leasingraten in § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG. Dieser Begriff ist ebenfalls wirtschaftlich im gleichen Sinn wie die Miet-/Pachtzinsen zu verstehen. Der Leasingvertrag ist zwar ein atypischer Vertrag. Er ist aber in erster Linie nach Mietrecht zu beurteilen. Denn das Leasing ist kein besonderer Vertragstyp, der eine von den Mietgrundsätzen abweichende Beurteilung rechtfertigt. Es verbleibt bei der Risikoverteilung nach dem Zivilrecht (BFH-Urteil Rz 25).
Das Urteil ist u.E. überzeugend. Die bestehende Unausgewogenheit beruht auf der im Gesetzeswortlaut angelegten Anknüpfung an die Systematik des Mietrechts. Eine andere Beurteilung, d.h. die Reparaturkosten nicht als Teil der Mietzinsen/Leasingrate zu werten, würde der wirtschaftlichen Betrachtung und der durch den Wortlaut vorgegebenen Auslegung widersprechen. Danach ist die gesetzestypische Lastenverteilung entscheidend.
Die andere Auffassung ist vom Ergebnis her sehr einleuchtend, widerspricht aber dem vom BGB-Mietrecht ausgehenden Gesetzeswortlaut.
MfG, Frank Holst, Haufe Online Redaktion