Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung der auf den Mieter umgelegten Grundsteuer
Hintergrund: Im Mietvertrag auf den Mieter umgelegte GrSt
An der X-GmbH sind die Geschwister A und B beteiligt. Diese sind auch Gesellschafter einer GbR. Die GbR vermietet an die GmbH im Rahmen einer Betriebsaufspaltung ein Betriebsgebäude. Im Mietvertrag war vereinbart, dass die GmbH als Mieterin die GrSt zu tragen hat.
Das FA war der Auffassung, die umgelegte GrSt gehöre zu der von der GmbH zu zahlenden Miete und sei daher zusammen mit den laufend zu zahlenden Miet-/Pachtzinsen nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG dem Gewinn der GmbH hinzuzurechnen.
Die dagegen gerichtete Klage der GmbH hatte Erfolg. Das FG ging davon aus, bei der GrSt als Kostenposition des Eigentümers handele es sich – anders als bei den Instandhaltungsaufwendungen – um eine mehr oder weniger konstante Position, die vom Grundstückseigentümer ertragsmindernd geltend gemacht werden könne.
Entscheidung: Hinzurechnung der übernommenen GrSt
Der BFH widerspricht der Auffassung des FG. Das FG-Urteil wurde aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die auf den Mieter/Pächter überwälzte GrSt gehört zu den grundstücksbezogenen Aufwendungen, für die die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG gilt.
Miet- und Pachtzinsen
Der Begriff der Miet-/Pachtzinsen ist wirtschaftlich zu verstehen. Er erfasst nicht nur die laufenden Zahlungen an den Vermieter/Verpächter. Vielmehr gehören dazu auch die vom Mieter/Pächter getragenen Aufwendungen, wenn und soweit sie aufgrund der für den jeweiligen Vertragstyp geltenden zivilrechtlichen Vorschriften nicht ohnehin vom Mieter/Pächter zu tragen wären.
Unter solche Aufwendungen fallen Kosten, die nach dem gesetzestypischen Lastenverteilungssystem eigentlich vom Vermieter/Verpächter zu tragen wären, aber – abweichend hiervon – nach dem im konkreten Fall abgeschlossenen Vertrag vom Mieter/Pächter übernommen wurden (BFH v. 21.6.2012, IV R 54/09, BStBl II 2012 S. 692). Diese Rechtsprechung beruht auf der Vorstellung, dass sich eine vom gesetzestypischen Normalfall abweichende Kostenübernahme durch den Mieter/Pächter wirtschaftlich mindernd auf die Miet-/Pachthöhe auswirkt (BFH v. 18.8.2015, I R 43/14, BFH/NV 2016 S. 232).
GrSt als grundstücksbezogene Aufwendung
Zu den grundstücksbezogenen Aufwendungen, die nach dem gesetzestypischen Lastenverteilungssystem vom Vermieter/Verpächter zu tragen sind und unter die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG fallen, gehört auch die auf den Mieter/Pächter überwälzte GrSt.
Zivilrechtlicher hat der Vermieter die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen (§ 535 Abs. 1 Satz 3 BGB). Das umfasst auch die GrSt. Schuldner der GrSt ist derjenige, dem das Grundstück bei der Feststellung des Einheitswerts zugerechnet ist (§ 10 Abs. 1 des GrStG). Das ist regelmäßig der Grundstückseigentümer (§ 39 Abs. 1 AO), d.h. der Vermieter/Verpächter. Allerdings kann die GrSt (wie im Streitfall) vertraglich überwälzt werden. In diesem Fall gehört auch die wirtschaftlich vom Mieter/Pächter getragene GrSt zu der von ihm nach § 535 Abs. 2 BGB zu entrichtenden Miete. Sie fließt damit in die nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG hinzuzurechnenden Miet-/Pachtzinsen ein.
Keine gleichheitswidrige Besteuerung
Die Rechtsansicht des FG, die Hinzurechnung der umgelegten GrSt sei nicht gerechtfertigt, weil die GmbH dadurch höher besteuert werde als ein vergleichbarer Gewerbetreibender, der mit eigenem Sachkapital wirtschafte und die GrSt ertragsmindernd geltend machen könne, führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Mieter/Pächter von Grundbesitz kann einer höheren GewSt-Belastung unterliegen als ein vergleichbarer Gewerbetreibender, der mit eigenem Grundbesitz wirtschaftet. Darin liegt kein Gleichheitsverstoß (BFH v. 14.6.2018, III R 35/15, BStBl II 2018 S. 662, und v. 18.12.2019, III R 33/17, BFH/NV 2020 S. 781).
Objektsteuercharakter der GewSt
Die unterschiedliche Belastung ist in der Ausgestaltung der GewSt als Objektsteuer begründet. Die GewSt ist in ihrer Grundstruktur und herkömmlichen Ausgestaltung verfassungsrechtlich gerechtfertigt (BVerfG v. 15.1.2008, 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, und v. 15.2.2016, 1 BvL 8/12, BStBl II 2016 S. 557).
Gleichbehandlung mit Instandhaltungsaufwendungen
Entgegen der Rechtsansicht des FG gilt die Überlegung, dass die vertragliche Überwälzung von Nebenkosten vom Vermieter/Verpächter auf den Mieter/Pächter sich typischerweise in einer Verminderung des "reinen" Miet- oder Pachtzinses auswirkt, für die Umlegung von GrSt ebenso wie für Instandhaltungsaufwendungen des Mieters/Pächters, bei denen der BFH die Hinzurechnung bejaht hat (BFH v. 25.9.2018, III B 160/17, BFH/NV 2019 S. 40).
Hinweis: Die Auffassung des FG widerspricht der allgemeinen Meinung
Die Auffassung des BFH stimmt mit der Kommentarliteratur überein. Auch nach dem BMF-Schreiben v. 2.7.2012 (BStBl I 2012 S. 954, Rz. 29) ist die vertraglich überwälzte GrSt als Miet-/Pachtzinsen hinzuzurechnen. Nicht hinzuzurechnen sind jedenfalls reine Betriebskosten wie Wasser, Strom, Heizung.
Eine geringere Hinzurechnung kann somit nicht dadurch erreicht werden, dass der Mieter Aufwendungen übernimmt, die eigentlich vom Vermieter zu tragen wären, und dadurch einen geminderten Mietzins zahlt.
BFH Urteil vom 02.02.2022 - III R 65/19 (veröffentlicht am 21.04.2022)
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