Verfahrensgang
LG Magdeburg (Beschluss vom 07.12.2005; Aktenzeichen 3 T 632/05 (415)) |
AG Magdeburg (Aktenzeichen 351 IN 260/03) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 7. Dezember 2005 wird als unzulässig verworfen.
Von den Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben die weitere Beteiligte zu 3 2/3 und der weitere Beteiligte zu 4 1/3 zu tragen.
Der Wert des Gegenstandes der Rechtsbeschwerde wird auf 3 Mio. Euro festgesetzt.
Tatbestand
I.
Rz. 1
Über das Vermögen der Schuldnerin ist am 5. November 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Im Mai 2004 legten die Schuldnerin und der Insolvenzverwalter einen ersten Insolvenzplan vor, der in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2004 erörtert und über den in der nachfolgenden Verhandlung am 19. August 2004 – zwei Mal – abgestimmt wurde. Der Plan erhielt in den gebildeten drei Gruppen die erforderlichen Mehrheiten; die Schuldnerin stimmte ihm zu. Zwei Gläubiger, die Rechtsbeschwerdeführer, stellten nach § 251 InsO Minderheitenschutzanträge. Das Insolvenzgericht traf keine Entscheidung über die Bestätigung dieses Plans.
Rz. 2
Mit Schriftsatz vom 2. Juni 2005 nahm der Insolvenzverwalter den beschlossenen Insolvenzplan zurück, kündigte für die nächsten Tage einen an den „Diskussionsstand” angepassten Planentwurf an und bat um die Anberaumung eines Erörterungs- und Abstimmungstermins. Dieser fand am 13. Juli 2005 statt. Der neue Insolvenzplan vom 14. Juni 2005 enthält wiederum drei Gruppen. Nach Erörterung änderte der Insolvenzverwalter den Plan in einem Punkt nochmals zu Gunsten der Gläubiger der Gruppe 3 ab. Die Gläubiger stimmten in den Gruppen 1 und 2 dem Plan einstimmig zu. In der Gruppe 3, zu der die Rechtsbeschwerdeführer gehören, erhielt er nur die Mehrheit nach Kopfteilen; die Summenmehrheit erreichte er nicht.
Rz. 3
Das Insolvenzgericht hat dem Insolvenzplan die gerichtliche Bestätigung versagt, weil die Zustimmung der Gläubiger der Gruppe 3 nicht als erteilt gelte. Gegen diesen Beschluss haben die Schuldnerin und der weitere Beteiligte zu 1 sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat den Plan in der Fassung vom 13. Juli 2005 gerichtlich bestätigt. Hiergegen wenden sich die weiteren Beteiligten zu 3 und 4.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 4
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 6, 7, 253 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
Rz. 5
1. Durch die Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass der nach § 253 InsO zur Beschwerde gegen eine Entscheidung nach § 248 InsO berechtigte Beteiligte nicht an der Einlegung der Rechtsbeschwerde gehindert ist, falls er durch die Entscheidung des Landgerichts erstmals beschwert ist (vgl. BGH, Beschl. v. 7. Juli 2005 – IX ZB 266/04, ZIP 2005, 1648, insoweit von BGHZ 163, 344 ff. nicht abgedruckt).
Rz. 6
2. Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Rechtsfrage, ob die in § 9 Abs. 3 InsO angeordneten Erleichterungen für den Zustellungsnachweis auch für die Ladung der Gläubiger zum Erörterungs- und Abstimmungstermin (§ 235 InsO) gelten, wird nicht entscheidungserheblich, weil die Gläubiger der Gruppen 1 und 2 in der Sitzung vom 13. Juli 2005 vollständig erschienen waren und in der Gruppe 3 die erforderliche Summenmehrheit nicht erreicht worden ist. Die Rechtsbeschwerde legt nicht dar, dass etwaige Ladungsmängel sich auf das Abstimmungsverhalten der Gläubiger ausgewirkt hätten.
Rz. 7
3. Eine Grundsatzentscheidung ist auch nicht zu der Rechtsfrage veranlasst, bis zu welchem Zeitpunkt der eingereichte Plan zurückgenommen oder geändert werden kann. Stellt – wie hier – der Antragsberechtigte vor der gerichtlichen Bestätigung des Plans einen überarbeiteten Entwurf zur Abstimmung, der aus seiner Sicht dem bisherigen Diskussionsstand besser Rechnung trägt, ist das rechtliche Gehör aller Beteiligten gewahrt und sieht das Gericht keine Veranlassung, den neuen Plan nach § 231 InsO von Amts wegen zurückzuweisen, liegt jedenfalls kein Verstoß gegen wesentliche Verfahrensvorschriften im Sinne des § 250 Nr. 1 InsO vor, wenn über diesen neuen Plan abgestimmt wird.
Rz. 8
4. Die Annahme des Landgerichts, die Zustimmung der Abstimmungsgruppe 3 gelte nach § 245 InsO als erteilt, weil diese durch den Plan nicht schlechter gestellt und an dem wirtschaftlichen Wert angemessen beteiligt werde, fällt überwiegend in den Verantwortungsbereich des Tatrichters und kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt nachgeprüft werden. Grundsatzfragen oder Rechtsfehler, die ein Eingreifen des Bundesgerichtshofs erforderten, zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf. Die Gruppenbildung ist auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts nicht zu beanstanden. Die Bildung der Gruppe 2 (absonderungsberechtigte Gläubiger außerhalb des Fortführungsbereichs der Schuldnerin) ist nicht willkürlich und rechtfertigt sich durch die besonderen Interessen der dem Fortsetzungsbereich zugeordneten gesicherten Gläubiger der Gruppe 1 an der Unternehmensfortführung und dem damit einhergehenden Erhalt des Wertes ihrer Sicherheiten (vgl. HK-InsO/Flessner, 4. Aufl., § 222 Rn. 11; MünchKomm-InsO/Eidenmüller, § 222 Rn. 81).
Rz. 9
5. Die von der Rechtsbeschwerde geltend gemachte voraussichtliche Schlechterstellung der Rechtsbeschwerdeführer durch den Insolvenzplan (vgl. § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO) hängt maßgeblich von dem Wert der von der Beteiligten zu 3 gepfändeten Beteiligung der Schuldnerin an der B. GmbH, den Verwertungsmöglichkeiten und dem Umfang der vorrangigen Absonderungsrechte anderer Gläubiger ab. Die Rechtsbeschwerde zeigt insoweit keine Rechtsfehler von grundsätzlicher Bedeutung auf, welche die tatrichterliche Einschätzung des Landgerichts ernsthaft in Frage stellen, dass die weitere Beteiligte zu 3 mit ihrem nachrangigen Pfandrecht ausfallen wird.
Rz. 10
6. Die Verfahrensgrundrechte der Rechtsbeschwerdeführer, insbesondere ihr Recht auf rechtliches Gehör (Art, 103 Abs. 1 GG), sind nicht verletzt. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung hat der Senat abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO).
III.
Rz. 11
Den Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde bemisst der Senat in Höhe von 10 v.H. der festgesetzten Stimmrechte.
Fundstellen
Haufe-Index 2833738 |
NZI 2007, 521 |
NZI 2008, 31 |
ZInsO 2007, 713 |