Entscheidungsstichwort (Thema)
KG
Leitsatz (amtlich)
- Zur Frage der Verpflichtung zur Erbringung der Einlage, wenn der Erbe bereits vor Eintritt des Erbfalls beteiligt war, unmittelbar nach dem Erbfall Komplementär, sein Komplementäranteil jedoch nach Eintritt einer GmbH als Komplementärin wieder in einen Kommanditanteil umgewandelt wird.
- Zur Frage der Bewertung und Bilanzierung eines Komplementäranteils bei - im Falle des Eintritts der Erbfolge - vorausbestimmter Umwandlung in mehrere Kommanditanteile, wenn bei negativem Kapitalkonto stille Reserven vorhanden sind.
Normenkette
HGB § 171
Tatbestand
Der Kläger, Konkursverwalter über das Vermögen der S.-GmbH & Co KG, nimmt die Beklagten, die mit zwei weiteren Familienangehörigen Erben nach ihrem 21. Dezember 1979 verstorbenen Vater sind, auf Zahlung einer Hafteinlage in Höhe von je 100 000 DM aus ihrer Stellung als Kommanditisten in Anspruch. Der Beklagte zu 2 war bereits zu Lebzeiten seines Vaters, der alleiniger Komplementär dieser Gesellschaft war, mit einer unstreitig geleisteten Hafteinlage von 100 000 DM Kommanditist. Nach § 17 des Gesellschaftsvertrages wird die Gesellschaft beim Tod eines Gesellschafters mit den anderen Gesellschaftern und den Erben fortgesetzt, soweit diese seine Stammesangehörigen sind. Neu eingetretene Erben werden Kommanditisten, die mit ihren erbrechtlichen Anteilen beteiligt sind. Nach § 6 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages werden u. a. Entnahmen, Gewinne und Verluste auf den Kapitalkonten gebucht. In der Praxis sind von den Kapitalkonten getrennte Verlustvortragskonten geführt worden, deren Salden die Bestände der Kapitalkonten im Zeitpunkt des Erbfalls und auch in der Folgezeit erheblich überstiegen.
Die Stellung des mit der Geschäftsführung betrauten persönlich haftenden Gesellschafters hat im Einverständnis der übrigen Erben nach dem Tode seines Vaters der Beklagte zu 2 übernommen. Nach der dem Registergericht übersandten Antragsschrift vom 11. September 1981 ist der Beklagte zu 2 am 23. Februar 1981 mit dem Eintritt der "J.-GmbH" als Komplementärin als persönlich haftender Gesellschafter ausgeschieden und gleichzeitig als Kommanditist mit einer Kommanditeinlage von 100 000 DM wieder eingetreten. Auch die Beklagte zu 1 ist danach von diesem Zeitpunkt an als Kommanditistin mit einer Kommanditeinlage von 100 000 DM in die Gesellschaft eingetreten. Diese Umstände sind am 22. Januar 1982 in das Handelsregister eingetragen worden. Die Kommanditanteile sind in der zum 31. Dezember 1982 erstellten Bilanz aktiviert worden. Am 24. September 1983 haben die Gesellschafter beschlossen, ihre Kommanditeinlagen durch Aufrechnung gegen die auf ihren Sonderkonten verbuchte Guthabenforderung zu erbringen. Eine entsprechende Buchung ist im Oktober 1983 mit Wertstellung zum 1. Januar 1983 erfolgt.
Die Beklagten meinen, sie hätten die Kommanditeinlagen dadurch erbracht, daß sie die ererbten Gesellschaftsanteile im Gesellschaftsvermögen belassen hätten. Diese seien im Zeitpunkt des Erbfalls durch das Vorhandensein stiller Rücklagen werthaltig gewesen. Der Beklagte zu 2 sei zur Zahlung der geltendgemachten Einlage darüber hinaus auch deswegen nicht verpflichtet, weil er mit der Beendigung seiner Komplementärstellung lediglich seine schon vor dem Tode des Erblassers begründete Kommanditistenstellung wiedererlangt habe.
Der Kläger ist hingegen der Ansicht, die Beklagten müßten die Hafteinlage schon deswegen noch erbringen, weil die stillen Rücklagen nicht in einer Abschichtungsbilanz aktiviert worden seien.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Entscheidungsgründe
1.
(von der weiteren Darstellung wird abgesehen)
2.
Das Berufungsgericht führt ferner aus, als Stichtag für die Bewertung sei der 22. Januar 1982, also der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Beklagten als Kommanditisten sowie die von ihnen übernommenen Kommanditeinlagen in das Handelsregister eingetragen worden seien. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision sind begründet.
a)
Die Revision weist zutreffend darauf hin, daß die Beklagte zu 1 mit dem Erbfall am 21. Dezember 1979 Kommanditistin der nachmaligen Gemeinschuldnerin geworden ist. § 17 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages bestimmt, daß beim Tode eines Gesellschafters die Gesellschaft mit dessen Erben fortgesetzt wird. Damit rückt der Erbe mit dem Erbfall automatisch in die ihm zugedachte Gesellschafterstellung ein, ohne daß es dazu einer besonderen Erklärung des Erben bedarf (BGHZ 22, 186, 191 - 193; 55, 267, 269; 68, 225, 229 ff.). Neu eintretende Erben werden nach dieser Bestimmung Kommanditisten. Durch diese Regelung wird der Gesellschaftsanteil eines persönlich haftenden Gesellschafters unter vorausbestimmter Umwandlung in eine Kommanditbeteiligung vererbt. Auch hier ist die Folge, daß der Erbe automatisch in die ihm zugedachte Gesellschafterstellung, nämlich die Kommanditistenstellung, einrückt, ohne daß es dazu einer besonderen Erklärung des Erben bedarf (BGHZ 66, 98; vgl. auch Sen. Urt. v. 21. März 1983 - II ZR 113/82, NJW 1983, 2258, 2259).
Die vorstehenden Voraussetzungen treffen auf die Beklagte zu 1 zu. (von der weiteren Darstellung wird abgesehen)
Dem Erwerb des Gesellschaftsanteils im Wege der Erbfolge steht auch nicht entgegen, daß der Kapitalanteil des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes negativ gewesen ist. Denn unabhängig von seiner rechtlichen Qualifizierung führt dieser Umstand weder zum Erlöschen der Mitgliedschaft noch zur Beseitigung der durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Vererblichkeit. Der Kapitalanteil sagt nur etwas über den Bilanz- und Buchwert des einzelnen Gesellschaftsanteils aus; hingegen offenbart er nicht seinen wirklichen Wert (vgl. BGH Urt. v. 21. Dezember 1970 - II ZR 258/67, WM 1971, 556, 557; Urt. v. 26. April 1982 - II ZR 161/81, WM 1982, 709, 710).
Die Beklagte zu 1 hat die Erbfolge zusammen mit dem Beklagten zu 2 und zwei weiteren Familienmitgliedern angetreten. Sie ist daher mit dem nach ihrer Erbquote auf sie entfallenden Anteil am Gesellschaftsanteil ihres Vaters als Kommanditistin Gesellschafterin geworden (BGHZ 22, 186, 191-193; 55, 267, 269; 58, 316, 317; 68, 225, 237).
Die Revision vertritt unter Berufung auf § 17 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages, wonach die Erben jeweils mit ihren erbrechtlichen Anteilen an der Gesellschaft beteiligt sind, die Ansicht, die Einlage sei durch Einbringen des ererbten Gesellschaftsanteils in die Gesellschaft zu leisten. Dagegen erhebt die Revisionserwiderung auch keine Einwendungen. Sie wendet sich jedoch gegen die Auffassung der Revision, die Leistung der Einlage sei bereits dann bewirkt, wenn das bisherige Komplementär-Kapitalkonto durch Aufspaltung entsprechend den neuen Beteiligungsverhältnissen und Umwidmung auf die Nachfolger eingebucht worden sei. Sie ist vielmehr der Ansicht, daß die Leistung der Einlage im Sinne des § 171 Abs. 1 HGB durch Heranziehung der in dem ererbten Gesellschaftsanteil enthaltenen stillen Rücklagen nur dadurch vorgenommen werden könne, daß die stillen Rücklagen aufgelöst und - als Einlageleistung - in einer Abschichtungsbilanz der Gesellschaft ausgewiesen würden. Nur dann sei die Hafteinlage geleistet und führe die haftungsausschließende Wirkung nach § 171 Abs. 1 Halbs. 2 HGB herbei (vgl. dazu OLG Hamburg ZIP 1983, 60, 62 im Gegensatz zu Schlegelberger/Karsten Schmidt, HGB 5. Aufl. §§ 171/172 Rdnr. 45).
Zu der von der Revisionserwiderung geforderten Aktivierung der stillen Rücklagen besteht in Fällen wie dem vorliegenden zumindest dann keine Notwendigkeit, wenn alle Gesellschafter mit der Anrechnung vorhandener stiller Rücklagen auf die zu erbringenden Einlagen der Kommanditisten einverstanden sind. Dieses gegenseitige Einverständnis liegt, wie sich aus dem Vortrag der Parteien ergibt, unter den Erben vor. Soweit aus einer solchen Maßnahme alle Gesellschafter gleichermaßen Nutzen ziehen, entsteht keinem ein Nachteil, da das Verhältnis der Werthaltigkeit der Vermögensanteile erhalten bleibt. Dieses Verhältnis verschiebt sich zwar dann, wenn nur ein Teil der Gesellschafter aus einer solchen Anrechnung profitiert. Denn dann kommt nur diesem Teil der für die Anrechnung benötigte Betrag zugute, während der Rest der stillen Rücklagen allen Gesellschaftern entsprechend ihren Beteiligungsverhältnissen zusteht. Das ist jedoch dann belanglos, wenn sich die benachteiligten Gesellschafter mit einer derartigen Regelung einverstanden erklärt haben.
Schützenswerte Belange der Gesellschaftsgläubiger werden bei dieser Anrechnung ohne Aufdeckung der Reserven nicht beeinträchtigt. Den Gläubiger trifft kein höheres Risiko als er es auch bei der Erbringung anderer Sacheinlagen zu tragen hat. Da bei der Festlegung des Wertes jeder Sacheinlage nicht die von den Gesellschaftern vorgenommene, sondern eine objektive Bewertung maßgebend ist, sind die Interessen der Gläubiger hinreichend dadurch gewahrt, daß der Kommanditist den Nachweis dafür erbringen muß, daß die von ihm geleistete Einlage dem Wert der bedungenen Hafteinlage entspricht (BGH Urt. v. 18. November 1978 - II ZR 129/75, WM 1977, 167, 168). Diese Wertung gilt auch für die in § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB enthaltene Regelung. Denn behauptet der Gläubiger, die Entnahme von Gewinnen sei deswegen unzulässig gewesen, weil der Kapitalanteil durch Verlust oder durch die Entnahme unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert worden sei, muß der Kommanditist, soweit dieser Umstand umstritten ist, ebenfalls Wert und Höhe der geleisteten Einlage beweisen. Soweit in bezug auf die Pflichteinlage das Verhältnis der Gesellschafter untereinander betroffen ist (§ 169 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 HGB), werden deren Interessen aufgrund des von ihnen erklärten Einverständnisses nicht verletzt. Auch der durch das Handelsregister gewährleistete Schutz der Gesellschaftsgläubiger wird nicht beeinträchtigt. Denn nach § 171 Abs. 1 HGB wird lediglich die Haftsumme durch die Eintragung bestimmt. Ob, in welcher Höhe und auf welche Weise die Hafteinlage geleistet worden ist, ist keine in das Handelsregister einzutragende Tatsache (BGHZ 81, 82, 87). Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung folgt auch aus § 172 Abs. 5 HGB nicht, daß der Nachweis der Leistung einer Hafteinlage durch stille Rücklagen allein mit einem bilanzierten Wert geführt werden kann. Diese Bestimmung trifft eine Billigkeitsregelung, aufgrund deren das Wiederaufleben der durch die Leistung der Einlage erloschenen Haftung verhindert werden soll. Der Kommanditist, der in der Regel über die wirtschaftlichen Abläufe innerhalb der Gesellschaft nicht in dem Maße wie ein Komplementär unterrichtet ist, soll dadurch geschützt werden, daß er sich - bei eigenem guten Glauben - auf die durch die Gesellschaft in gutem Glauben errichtete Bilanz verlassen darf. Aus dieser Ausnahmeregelung kann nicht hergeleitet werden, daß jeder bilanzierungsfähige Vorgang nur dann anerkannt werden kann, wenn er auch tatsächlich bilanziert worden ist.
Unter diesen Umständen kommt es für die Feststellung, ob und in welcher Höhe die Beklagte zu 1 ihre Hafteinlage durch Einbringung stiller Reserven geleistet hat, auf den Zeitpunkt an, in dem sie Kommanditistin der Gesellschaft mit dem auf sie entfallenden erbrechtlichen Anteil an dem Vermögensanteil des Erblassers geworden ist. Das war der 21. Dezember 1979. Die Revision rügt somit zu Recht, daß das Berufungsgericht als Bewertungsstichtag den 22. Januar 1982 zugrundegelegt hat.
b)
Der Beklagte zu 2 hat der Gemeinschuldnerin bereits zu Lebzeiten des Erblassers als Kommanditist mit einer - unstreitig erbrachten - Einlage in Höhe von 100 000 DM angehört. Er kann somit nicht als "neu eintretender Erbe" im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages angesehen werden. Dennoch ist er aufgrund des Erbfalls nicht Komplementär, sondern Kommanditist der Gesellschaft geworden. Komplementär wäre er nur geworden, wenn ihm nach dem Gesellschaftsvertrag das Recht zugestanden hätte, persönlich haftender Gesellschafter zu werden. Das wäre aber nach § 16 Abs. 1 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages nur dann der Fall gewesen, wenn der Erblasser als Komplementär im Testament eine entsprechende Bestimmung getroffen hätte. Dafür ergeben sich jedoch aus dem Vortrag der Parteien keine Anhaltspunkte. Der Beklagte hat daher mit dem Tod des Erblassers einen weiteren Kommanditanteil in Höhe seines erbrechtlichen Anteils erhalten. Beide Kommanditanteile haben sich in seiner Person zu einem vereinigt (BGHZ 24, 106, 108).
Wie sich aus dem Beschluß der Gesellschafter vom 6. Januar 1980 sowie der an das Registergericht G. gerichteten Antragsschrift vom 11. September 1981 ergibt, hat der Beklagte unmittelbar nach dem Erbfall im Einverständnis der übrigen Gesellschafter die Stellung eines Komplementärs übernommen. Der von dem Beklagten zu 2 gehaltene Kommanditanteil hat sich damit in einem Komplementäranteil umgewandelt (BGH Urt. v. 10. Juni 1963 - II ZR 88/61, WM 1963, 989). Am 23. Februar 1981 ist die "J.-GmbH" in das Handelsregister eingetragen worden und in die nachmalige Gemeinschuldnerin als Komplementärin eingetreten. Entsprechend dem übereinstimmenden Willen der Gesellschafter der Gemeinschuldnerin war damit die Komplementärstellung des Beklagten zu 2 beendet. Sein Komplementäranteil wurde in einen Kommanditanteil umgewandelt, dessen Höhe ebenso wie die der anderen Gesellschafter auf 100 000 DM festgesetzt worden ist. Für die Ermittlung des Wertes dieser neugebildeten Kommanditeinlage ist als Stichtag folglich der 23. Februar 1981 zugrundezulegen. Die Revision rügt daher zu Recht, daß das Berufungsgericht bei der Feststellung dieses Wertes von dem Tag der Eintragung des Beklagten zu 2 als Kommanditisten sowie der Kommanditeinlage in das Handelsregister (22. Januar 1982) ausgegangen ist.
Die Revision meint zwar, die Leistung einer Einlage komme auch bei Nichtvorhandensein stiller Reserven für den Beklagten zu 2 deswegen nicht in Betracht, weil dieser im Zeitpunkt des Erbfalls bereits Kommanditist mit einer - unstreitig erbrachten - Einlage von 100 000 DM gewesen sei. Seine zwischenzeitliche Stellung als Komplementär sei gemäß §§ 163, 158 Abs. 2 BGB befristet gewesen, so daß nach Eintritt der "J.-GmbH" als Komplementärin der frühere Rechtszustand zugunsten des Beklagten zu 2 wiedereingetreten sei. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Denn dadurch, daß sich der Kommanditanteil des Beklagten zu 2 bei Übernahme der Komplementärstellung endgültig in einen Komplementäranteil umgewandelt hat (vgl. insoweit BGH Urt. v. 10. Juni 1963 - II ZR 88/61, WM 1963, 989), ist der Kommanditanteil endgültig untergegangen. An die Stelle der das Innenverhältnis der Gesellschafter regelnden, die Kommanditisten betreffenden Vorschriften sind diejenigen für persönlich haftende Gesellschafter getreten (vgl. §§ 167-169 und 120-122 HGB). An die Stelle der Vorschriften über die eingeschränkte Haftung des Kommanditisten sind diejenigen über die uneingeschränkte Haftung des Komplementärs getreten. Diese unterschiedliche gesetzliche Regelung der beiden Gesellschafterstellungen schließt es aus, daß die Kommanditistenstellung mit den Wirkungen des § 158 Abs. 2 Halbs. 2 BGB befristet oder auflösend bedingt durch die Komplementärstellung ersetzt wird.
Fundstellen
BGHZ, 123 |
NJW 1987, 3184 |
ZIP 1987, 1254 |
DNotZ 1988, 500 |