Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortführung einer Personengesellschaft
Leitsatz (amtlich)
Scheidet aus einer handelsrechtlichen Personengesellschaft ein Gesellschafter aus, der als Erbe des Firmengründers in die Gesellschaft eine von ihm zuvor zulässigerweise geführte abgeleitete Firma, die seinen Familiennamen enthält, eingebracht hat, bedarf es zur Fortführung der Firma der ausdrücklichen Einwilligung des Gesellschafters.
Normenkette
HGB § 24
Tatbestand
Die Parteien streiten, ob der Beklagte den Namen „Franz C.” in der Firma seiner Buchhandlung verwenden darf.
Der Kläger Ferdinand C. ist der Neffe von Franz C. Dieser war Inhaber eines 1768 am P. markt in M. als „C. sche Buch- und Kunsthandlung” gegründeten Unternehmens, das er seit 1908 unter der Firma „Universitätsbuchhandlung Franz C.” betrieb. Nachdem Franz C. 1932 kinderlos gestorben war, führten der Kläger und seine Tante Käthe C. als Erben das Unternehmen unter der bisherigen Firma als offene Handelsgesellschaft weiter. Frau C. schied zum 31. Dezember 1952 aus der Gesellschaft aus; am selben Tage trat der verklagte Buchhändler Hermann B. als weiterer persönlich haftender Gesellschafter ein. Im Jahre 1981 kam es zu Meinungsverschiedenheiten der Parteien, nachdem der Beklagte den mittlerweilen betagten Kläger auf die künftige Fortführung des Unternehmens angesprochen hatte. Der Kläger kündigte mit Anwaltsschreiben vom 30. Juni 1981 die Gesellschaft zum 31. Dezember 1981 und – als Eigentümer des Hauses am P. markt – den Mietvertrag über die dortigen Geschäftsräume zum 31. März 1982. Daraufhin ließ der Beklagte dem Kläger durch Schreiben vom 6. Juni und 11. September 1981 mitteilen, daß er „die Gesellschaft”, einschließlich der Firma „Universitätsbuchhandlung Franz C.” allein fortführen werde. Dabei berief er sich auf § 7 des Gesellschaftsvertrages vom 29. Dezember 1952:
„Im Falle der Kündigung kann die Gesellschaft von dem übriggebliebenen Gesellschafter allein fortgesetzt werden. Der kündigende Gesellschafter scheidet in diesem Falle zum Kündigungsstichtage aus, wenn er bei der Kündigung nicht erklärt, als Kommanditist in der Gesellschaft bleiben zu wollen.
Erklärt sich der übriggebliebene Gesellschafter nicht innerhalb von drei Monaten nach Zugang der Kündigung zur Fortführung der Gesellschaft bereit, erfolgt ihre Auflösung…”
In einer Teilauseinandersetzungsvereinbarung vom 6. März 1982 übernahm der Beklagte die Einrichtung der Geschäftslokale in der B. gasse und in der v-E.-Straße, der Kläger die Einrichtung des Geschäftslokals am P. markt. Dieser verpflichtete sich zugleich, in der dortigen Firma den Vornamen „Fr” durch „Fe” zu ersetzen und aus dem Wort „Universitätsbuchhandlung” den Bestandteil „Universitäts” zu streichen. Über die Fortführung der Firma „Universitätsbuchhandlung Fr C.” durch den Beklagten konnten sich die Parteien nicht einigen. Seit der Trennung führt der Beklagte die übernommenen Geschäftslokale mit ihrem bisherigen – vorwiegend wissenschaftlichen – Fachsortiment unter der Firma „Universitätsbuchhandlung Franz C.” weiter. Der Kläger hat mit einem anderen Gesellschafter die „Buchhandlung Fe C. GmbH” gegründet, die das Geschäft am P. markt betreibt.
Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte verletze sein Namensrecht, weil er unbefugt die alte Firma fortführe. Er hat daher beantragt, den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, den Namen „Fr C.” als Firmenbestandteil zu verwenden.
Der Beklagte meint, sein Recht, die Firma fortzuführen, ergebe sich aus § 7 des Gesellschaftsvertrages. Der Kläger könne sich auch deswegen der Fortführung der Firma nicht widersetzen, weil sein Name darin nicht enthalten sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben (vgl. ZIP 1983, 1198). Mit der Revision verfolgt der Beklagte den Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Die rechtliche Ausgangslage ist zweifelsfrei: Der Beklagte durfte nach § 7 des Gesellschaftsvertrages das Geschäft allein weiterführen, nachdem der Kläger das Gesellschaftsverhältnis gekündigt hatte. Zu dem Recht auf Geschäftsfortführung gehört grundsätzlich die Befugnis, die bisherige Firma weiterzuführen (§ 24 Abs. 1 HGB). Der Geschäftsübernehmer darf aber ausnahmsweise nach § 24 Abs. 2 HGB die Firma ohne Einwilligung des ausscheidenden Gesellschafters nicht beibehalten, wenn „dessen Name” in der Firma enthalten ist. Nach der revisionsrechtlich nicht angreifbaren tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts hat der Kläger weder im voraus durch § 7 des Gesellschaftsvertrages noch später durch die über die Firma nichts aussagende Anmeldung seines Ausscheidens zum Handelsregister dem Beklagten gestattet, die Firma beizubehalten. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es daher darauf an, ob das Gesetz nur den schützt, der der Firma seinen Namen gegeben hat, oder ob es für ein Recht des Ausscheidenden, die Firmenfortführung zu untersagen, genügt, wenn er – wie der Kläger – zwar nicht der Firmenstifter und mit diesem auch nicht völlig namensgleich ist, aber doch den in der Firma enthaltenen Familiennamen (hier: C.) trägt. Letzteres hat das Berufungsgericht für den hier vorliegenden Fall zu Recht bejaht.
Das Reichsgericht hatte sich allerdings in einem frühen Urteil vom 8. Juli 1891 (RG Gruchot 36 (1892), 1.152) für die engere Auslegung entschieden und dem Sohn eines Firmenstifters die Berufung auf § 24 Abs. 2 HGB versagt, weil der in der Firma enthaltene Familienname nicht „sein” Name sei. Das Gesetz sage: „dessen Name”. Darunter könne nur der Name verstanden werden, welcher zur Bezeichnung der Persönlichkeit des austretenden Gesellschafters diene und welcher als solcher in der Firma enthalten sei. Nicht aber sei darunter ein Name zu verstehen, welcher mit dem Namen des Austretenden, sei es zum Teil, sei es völlig, übereinstimme, ohne doch als der seinige in die Firma aufgenommen worden zu sein. Dieser Auffassung ist seither das Schrifttum fast einhellig gefolgt, wenn auch ohne nähere Auseinandersetzung damit (Hüffer, Großkomm. z. HGB, 4. Aufl. § 24 Rdz. 16; Heymann-Kötter, HGB 21. Aufl. § 24 Rdz. 8; Schlegelberger/Hefermehl, HGB 5. Aufl. § 24 Rdz. 6; a.A. Riegger, BB 1983, 786). Demgegenüber hat das Berufungsgericht die Ansicht vertreten, diese bisher herrschende Meinung werde den Besonderheiten der Familien-Personengesellschaften nicht gerecht; das Persönlichkeitsrecht des ausscheidenden Gesellschafters verdiene vielmehr auch dann den Vorrang vor den Interessen des oder der verbleibenden Gesellschafter, wenn der Ausscheidende nicht der Firmenstifter sei und bloß dessen Nachnamen trage, aber in der Namensidentität zum Ausdruck komme, daß er während seiner Zugehörigkeit zur Gesellschaft die durch den ursprünglichen Namensgeber begründete Familientradition habe fortsetzen wollen. Ob diese Begründung, soweit sie insbesondere an die Familiengesellschaft anknüpft, ausreicht, ist nicht unzweifelhaft; insoweit ist sie gerade auch im vorliegenden Falle problematisch, weil sich die „Fr C. Universitätsbuchhandlung” schon seit 1952 in der Hand von zwei Gesellschaftern befindet, die gerade nicht ein und derselben Familie angehören. Darauf braucht aber nicht näher eingegangen zu werden. Dem Berufungsgericht ist dennoch für den hier zu entscheidenden Fall im Ergebnis zu folgen.
§ 24 Abs. 2 HGB regelt in bestimmter Weise die Lösung des Konflikts zwischen dem Persönlichkeitsrecht des ausscheidenden Gesellschafters, grundsätzlich über seinen Namen allein verfügen zu können (§ 12 BGB), und andererseits dem Interesse der verbleibenden Gesellschafter, dem Handelsgeschäft den Firmennamen zu erhalten. Wegen des regelmäßig hohen wirtschaftlichen Interesses, ein Geschäft mit unveränderter Firma weiterzuführen, läßt sich ohne weiteres sagen, daß es nicht im Sinne des Gesetzes liegen kann, wenn jedes durch die Gleichheit des Namens begründete Interesse genügen würde, um dem Ausscheidenden ein stärkeres Recht hinsichtlich der Firma gegenüber den anderen Gesellschaftern zu verleihen. Die reichsgerichtliche Rechtsprechung hat daher einen billigenswerten Kern: Sie vermeidet es zu Recht, daß jemand, der erst später in die Gesellschaft eingetreten ist und nur rein zufällig den in dem Firmennamen enthaltenen Familiennamen führt, bei seinem Ausscheiden den übrigen Gesellschaftern die Weiterführung dieser Firma verbieten könnte. Dasselbe wird für einen zur Familie des Firmenstifters gehörenden Gesellschafter gelten, der weder bei der Firmengründung der Gesellschaft angehörte noch als Erbe die Gesellschafterstellung des Firmenstifters übernommen hatte, sondern erst später – insofern „zufällig” – zum Kreis der Gesellschafter hinzugestoßen ist. In beiden Fällen hat weder der Ausscheidende selbst noch sein Erblasser seinen Namen der Gesellschaft zur Verfügung gestellt; es ist deshalb nicht einzusehen, daß jener dann über den in die Firma von einem anderen eingebrachten Namen verfügen können soll. Dem Reichsgericht kann dagegen nicht eingeräumt werden, daß der Wortlaut des § 24 Abs. 2 HGB, der den Gesellschafter namensrechtlich schützen will, „dessen” Namen in der Firma enthalten ist, nicht auch denjenigen erfassen könnte, der – wie der Kläger – der Familie des Firmenstifters angehört und den in der Firma enthaltenen Familiennamen trägt, wenn er als Erbe des Firmenstifters Gesellschafter geworden ist und die „ererbte” Firma in die neu mit einem Dritten gebildete Gesellschaft eingebracht hat. Dieser Fall liegt interessenmäßig, ohne daß es dabei auf das Vorliegen einer Familiengesellschaft ankäme, demjenigen sehr nahe, in dem der Firmenstifter selbst ausscheidet. Ihm (oder im Falle seines Todes seinen Erben) bleibt das Recht, beim Ausscheiden seinen Namen von der Gesellschaft wieder zurückzuziehen, unter anderem deshalb unbenommen, weil wegen der Vorschrift des § 19 HGB bei der Gesellschaftsgründung einer der Gesellschafter notwendigerweise seinen Namen für die Firma zur Verfügung stellen mußte, so daß es zu weit ginge, wenn er die Verwendung seines Namens auch nach Verlassen der Gesellschaft dulden müßte. Für den das Handelsgeschäft fortführenden Erben ist das, worauf schon das Berufungsgericht hingewiesen hat, nicht viel anders. Beim Tode des Firmenstifters kann er schon nach dem Gesetzeswortlaut die weitere Verwendung des Namens in der Firma untersagen. Will er das Geschäft weiterführen, hat er nur die Wahl, die alte Firma beizubehalten oder aber sie löschen zu lassen und statt dessen eine neue Firma zu bilden, deren Kern aber doch wieder wegen §§ 18, 19 HGB sein eigener, also der gleiche schon in der alten Firma enthaltene Familienname sein müßte. Hier wie da kann von einer freiwilligen Preisgabe und einer beim späteren Ausscheiden nicht mehr schutzwürdigen „Kommerzialisierung” des Namens keine Rede sein. Zu alledem kommt hinzu, daß es der stärkeren Gewichtung des Persönlichkeitsrechts in der Rechtsprechung entspricht, in Fällen wie dem vorliegenden dem Namensrecht einen größeren Schutz als früher angedeihen zu lassen. Ganz allgemein war es schon länger als Gebrauch eines fremden Namens angesehen worden, wenn ein Dritter nicht nur den ganzen Namen, sondern auch nur einen wesentlichen Bestandteil davon – wie den Familiennamen – benutzte (BGHZ 8, 318, 321). Insbesondere hat aber der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes die Schutzwürdigkeit des bloßen Familiennamens innerhalb eines Gesamtnamens im firmenrechtlichen Zusammenhang anerkannt und dem Erben eines Einzelkaufmanns die Berufung auf das Recht an seinem Familiennamen in einem Falle zugestanden, in dem dieser das Geschäft seines Vaters fortgeführt hatte, aber einen anderen als den (in der beibehaltenen Firma mitenthaltenen) Vornamen des Vaters und Firmengründers trug (BGHZ 31, 104). Was für die einzelkaufmännische Firma gilt, kann bei der Gesellschaftsfirma im Rahmen des § 24 Abs. 2 HGB nicht grundsätzlich anders beurteilt werden. Eine Gesetzesauslegung, die auch den Träger des Familiennamens unter den hier vorliegenden Voraussetzungen schützt, kommt schließlich auch der Verkehrsauffassung am nächsten, der es fernliegen dürfte, den in der Firma enthaltenen Familiennamen (trotz eines anderen Vornamens) nicht auch als (im Sinne von § 24 Abs. 2 HGB schutzbedürftigen) Namen des Erben des Firmengründers anzusehen, sofern jener die Firma selbst fortgeführt und kraft seiner Verfügungsbefugnis in eine neue Gesellschaft eingebracht hat.
2. Nach allem kann der Kläger gemäß § 37 Abs. 2 HGB in Verbindung mit § 12 BGB die Unterlassung des Gebrauchs der Firma „Universitätsbuchhandlung F. C.” verlangen. Ohne Grund rügt die Revision, daß das Berufungsgericht das Unterlassungsbegehren nicht als rechtsmißbräuchlich angesehen hat, weil der Kläger seinen Familiennamen „C.” inzwischen in mehrere Gesellschaften mit beschränkter Haftung eingebracht und dadurch „kapitalisiert” habe. Zwar ist es richtig, daß der Kläger diesen Gesellschaften nach seinem Ausscheiden die Weiterführung der Firma mit dem Namen „C.” nicht untersagen kann, wenn er sich dies nicht im Gesellschaftsvertrag vorbehalten hat (BGHZ 58, 322). Dies hat aber damit nichts zu tun, daß er gegenüber dem Beklagten von seinem Recht Gebrauch macht, die Firmenfortführung zu unterlassen, weil er mit dessen Geschäft nicht mehr in Verbindung gebracht werden will. § 24 Abs. 2 HGB gibt dem Namensträger gerade die Freiheit zu entscheiden, wem er die Aufnahme oder Beibehaltung seines Namens in der Firma gestatten will.
Fundstellen