Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbefugte Steuerberatung durch Unternehmensberatungsgesellschaft
Leitsatz (amtlich)
Unternehmensberatungsgesellschaft I
Eine zur Hilfeleistung in Steuersachen nicht befugte Unternehmensberatungsgesellschaft darf Steuerberatung auch nicht durch von ihr beauftragte und bezahlte Steuerberater als ihre Erfüllungsgehilfen ausüben.
Leitsatz (redaktionell)
Das Verbot der unbefugten geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Insbesondere verletzt es nicht das Grundrecht auf freie Berufsausübung.
Normenkette
StBerG § 4 Nr. 5; UWG § 1; GG Art. 12 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
OLG Karlsruhe (Urteil vom 20.06.1984; Aktenzeichen 4 U 74/83) |
LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 08.03.1983; Aktenzeichen 10 O 158/82) |
Tatbestand
Die Beklagte, eine Aktiengesellschaft Schweizer Rechts mit Sitz in Basel, befaßt sich – auch außerhalb der Schweiz – mit Wirtschafts- und Unternehmensberatung. Ihre Kunden in der Bundesrepublik Deutschland berät sie gegen eine monatliche Pauschale von 175,– DM laufend und uneingeschränkt über alle betriebswirtschaftlichen und sonstigen Probleme kaufmännischer Art. In ihrer Werbung weist sie darauf hin, daß alle an sie im Rahmen ihres schriftlichen Beratungsdienstes gerichteten Anfragen von anerkannten Sachverständigen durch gutachtliche Stellungnahmen beantwortet würden. Nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist sie gegenüber ihren Kunden berechtigt, auf ihre – der Beklagten – Kosten Aufträge zur Erstellung von Gutachten an Freiberufler weiterzuleiten.
Im Juli 1982 hat die Beklagte zwei an sie aus der Bundesrepublik Deutschland gerichtete Anfragen steuerrechtlichen Inhalts einem Steuerbevollmächtigten in Lörrach zur Beantwortung zugeleitet. Dieser hat seine gutachtlichen Stellungnahmen den Kunden unmittelbar übersandt. In seinen Mandatsbedingungen, die er den Stellungnahmen beigefügt hatte, hat er darauf hingewiesen, daß durch die Anfragen, die ihm die Beklagte zur eigenverantwortlichen Beantwortung übersandt habe, ein gesondertes Mandatsverhältnis zwischen ihm und den Kunden zustande gekommen sei. Ferner hat er zum Ausdruck gebracht, daß seine Bemühungen nicht von den Kunden zu bezahlen seien, sondern von der Beklagten vergütet würden. Dementsprechend hat er seine Gebühren auch nur mit dieser abgerechnet.
Die klagende Steuerberaterkammer hat mit der in vorliegender Sache erhobenen Unterlassungsklage die Beantwortung steuerrechtlicher Anfragen durch die Beklagte mittels Einschaltung von Angehörigen steuerberatender Berufe als Verstoß gegen das Steuerberatungsgesetz und gegen § 1 UWG beanstandet. In einem weiteren Prozeß (I ZR 16/85) hat sie auch den Steuerbevollmächtigten auf Unterlassung verklagt. Dort hat sie geltend gemacht, daß es gegen das Steuerberatungsgesetz verstoße und wettbewerbswidrig sei, wenn sich ein Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter Aufträge gewerbsmäßig vermitteln lasse und Hilfe in Steuersachen leiste, für die nicht der Beratene, sondern ein Dritter gewerbsmäßig das Entgelt zahle.
In vorliegender Sache hat die Klägerin vorgetragen, die Beklagte habe unter Verstoß gegen § 5 StBerG und gegen § 1 UWG unbefugt Hilfe in Steuersachen geleistet. Im Verhältnis zu den Kunden sei die Tätigkeit des von ihr eingeschalteten Steuerbevollmächtigten allein eine Leistung der Beklagten gewesen. Diese habe sich zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen aus dem Beratungsvertrag mit den Kunden des Steuerbevollmächtigten als Erfüllungsgehilfen bedient. Ein Mandatsverhältnis unmittelbar zwischen dem Steuerbevollmächtigten und den Kunden sei nicht zustande gekommen. Auf § 4 Nr. 5 StBerG, der Unternehmern, die ein Handelsgewerbe ausübten, unter bestimmten Voraussetzungen Hilfeleistung in Steuersachen gestatte, könne sich die Beklagte nicht berufen. Zulässig seien steuerliche Hilfeleistungen nach dieser Vorschrift u.a. nur dann, wenn sie mit der kaufmännischen Beratung, die den Gegenstand der unternehmerischen Betätigung bilde, in unmittelbarem Zusammenhang stünden. Bei Anfragen rein steuerlichen Inhalts wie hier sei das nicht der Fall.
Die Klägerin hat beantragt,
der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, an sie gerichtete selbständige Anfragen ausschließlich oder überwiegend steuerrechtlichen Inhalts ihrer Kunden in der Bundesrepublik Deutschland durch Angehörige steuerberatender Berufe beantworten zu lassen.
Die Beklagte hat ein gesetz- und wettbewerbswidriges Verhalten im Bereich der Bundesrepublik Deutschland sowie die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts in Abrede gestellt und bemängelt, daß der Klageantrag nicht bestimmt genug sei. Dazu hat sie geltend gemacht, es sei nicht klar, was „selbständige” Anträge seien und was unter Anfragen „überwiegend steuerrechtlichen Inhalts” verstanden werden müsse. Die Klage sei daher schon nicht zulässig. Sie sei aber auch unbegründet. Die Beklagte habe, was nicht als unerlaubt angesehen werden könne, Anfragen steuerrechtlichen Inhalts lediglich an einen Steuerbevollmächtigten weitergeleitet. Dieser habe seine Stellungnahme nicht als ihr Erfüllungsgehilfe, sondern in eigener Verantwortung und im Rahmen eines allein zwischen ihm und den Kunden begründeten Mandatsverhältnisses abgegeben. Im übrigen wäre die Beklagte gemäß § 4 Nr. 5 StBerG auch berechtigt gewesen, die gestellten Fragen selber zu beantworten.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht als unbegründet zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat die Prozeßführungsbefugnis der Klägerin (§ 13 Abs. 1 UWG) bejaht und deutsches Recht angewandt, letzteres deshalb, weil die Parteien die Sache im Rechtsstreit nach deutschem Recht beurteilt und damit dessen Anwendbarkeit vereinbart hätten.
In der Sache hat das Berufungsgericht die Klage für begründet erachtet, weil die Beklagte zu unbeschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nicht befugt sei und weil sie sich hinsichtlich der von der Klägerin beanstandeten Beratungsfälle auch nicht auf die beschränkte Beratungsbefugnis nach § 4 Nr. 5 StBerG berufen könne. Gegenstand der beanstandeten Beratungsfälle seien reine Steuerberatungsaufträge gewesen. In beiden Fällen habe die Beklagte mit Hilfe des von ihr beauftragten Steuerbevollmächtigten eine eigene Beratungstätigkeit entfaltet. Mandatsverhältnisse zwischen ihren Kunden und dem Steuerbevollmächtigten habe sie dabei nicht vermittelt. Dieser sei allein als ihr Erfüllungsgehilfe tätig geworden. Auch die unmittelbare Beantwortung der Anfragen durch ihn habe nicht zur Herstellung eines Mandatsverhältnisses zwischen ihm und den Kunden geführt. Hinzu komme, daß es die Beklagte gewesen sei, die den Steuerbevollmächtigten bezahlt habe, und daß die Kunden auch deshalb die erteilten Auskünfte allein als Leistungen der Beklagten angesehen hätten.
Danach betreibe die Beklagte mit Hilfe eines Steuerbevollmächtigten selber unbefugt Steuerberatung. Das verstoße nicht nur gegen die Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes, sondern auch gegen § 1 UWG. Mit Recht habe daher das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei der Urteilsausspruch nicht zu allgemein gefaßt.
Die gegen dieses Urteil gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
II. Bedenken, die die Revision gegen die Zulässigkeit der Klage erhebt, sind unbegründet.
1. Die Revision ist der Ansicht, es stehe nicht fest, daß die Beklagte ihre vom Berufungsgericht als gesetz- und wettbewerbswidrig beurteilten Handlungen im Bereich der Bundesrepublik Deutschland begangen habe. Die getroffenen Feststellungen ließen die Möglichkeit offen, daß die Beklagte die an sie gerichteten Anfragen ihrer Kunden dem Steuerbevollmächtigten nicht mit der Post nach Lörrach übersandt, sondern ihm an ihrem Sitz in Basel übergeben habe. In diesem Falle lägen Handlungs- und Erfüllungsort, soweit die Beklagte beteiligt sei, allein in der Schweiz.
Mit diesem Vorbringen zieht die Revision zu Unrecht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte in Zweifel. Diese ist gegeben, wenn die örtliche Zuständigkeit eines deutschen Gerichts begründet ist, weil den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit auch die Funktion einer internationalen Zuständigkeitsbestimmung zukommt (BGHZ 44, 46, 47; BGH, Urt. v. 10.12.1976 – V ZR 145/74, DB 1977, 718, 719 = WM 1977, 453, 456, in BGHZ 68, 16 insoweit nicht abgedruckt; Urt. v. 3.4.1985 – I ZR 101/83, GRUR 1986, 325, 327 = WRP 1985, 548, 550 – Peters).
Die danach maßgebende Voraussetzung für seine internationale Zuständigkeit hat das in erster Instanz angerufene Landgericht Freiburg mit Bejahung seiner örtlichen Zuständigkeit (§ 24 Abs. 2 UWG) zutreffend für gegeben erachtet. Auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob die Beklagte die Steuerberatungsaufträge in Basel an den Steuerbevollmächtigten weitergeleitet hat, kommt es dabei nicht an. Entscheidend sind insoweit allein die Behauptungen der Klägerin, daß der Steuerbevollmächtigte in Lörrach Erfüllungsgehilfe der Beklagten gewesen sei und daß er in dieser Eigenschaft durch Beantwortung der an die Beklagte gerichteten steuerrechtlichen Anfragen deren Vertragspflichten gegenüber ihren Kunden in der Bundesrepublik Deutschland erfüllt habe. Träfen diese Behauptungen der Klägerin zu, hätte die Beklagte, da ihr das Tun eines Erfüllungsgehilfen als eigenes zuzurechnen ist, die beanstandeten Handlungen selber in der Bundesrepublik Deutschland ausgeführt.
Ob diese Behauptungen der Klägerin, die die Beklagte bestritten hat, richtig sind, bedarf in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung. Für die Zuständigkeitsfrage ist die Richtigkeit des Klagevorbringens zu unterstellen, wenn die Behauptungen, die die Zuständigkeit begründen, zugleich notwendige Tatbestandsmerkmale des Anspruchs selbst sind (BGHZ 7, 184, 186; st. Rspr.). So ist es hier. Für die Handlungen des von ihr eingeschalteten Steuerbevollmächtigten im Bereich der Bundesrepublik Deutschland müßte die Beklagte, wie erwähnt, als eigene einstehen, wenn dieser ihr Erfüllungsgehilfe gewesen wäre.
2. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß die Klägerin gemäß § 13 Abs. 1 UWG prozeßführungsbefugt sei. Das ist, entgegen der Auffassung der Revision, nicht zu beanstanden. Die Beurteilung des Berufungsgerichts entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (BGHZ 79, 390, 392ff. – Apotheken-Steuerberatungsgesellschaft). Das von der Revision für ihre anderslautende Auffassung angeführte Urteil des OVG Koblenz (AnwBl. 1985, 51), das diese Rechtsprechung bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hat und auch über eine ganz andere Fallgestaltung als vorliegend zu entscheiden hatte, nämlich über die Frage, ob eine Steuerberaterkammer befugt ist, einem Verband freier Berufe als Mitglied beizutreten, gibt zu einer Änderung der vorbezeichneten Senatsrechtsprechung keine Veranlassung (vgl. auch BVerwG AnwBl. 1986, 397, 398).
3. Die Revision meint, daß ein Rechtsschutzbedürfnis für die vorliegende Klage nicht gegeben sei. Zur Erreichung des von der Klägerin verfolgten Ziels, Verstöße der behaupteten Art zu verhindern, bedürfe es der Klage nicht. Falls die Beklagte mit dem angegriffenen Verhalten das Steuerberatungsgesetz verletzte und der von ihr eingeschaltete Steuerbevollmächtigte daran beteiligt wäre, könnte sie gegen diesen bereits mit öffentlich-rechtlichen Mitteln vorgehen (vgl. §§ 76, 80, 81, 89ff., 115 StBerG). Schon damit hätte sie es in der Hand, das beanstandete Verhalten zu unterbinden. Dem kann nicht beigetreten werden.
Öffentlich-rechtliche Maßnahmen, wie sie nach den vorbezeichneten Vorschriften in Betracht kommen, sind ihrer Art nach nicht in gleicher Weise geeignet, Verstößen von Kammermitgliedern gegen das Steuerberatungsgesetz vorzubeugen, wie das bei dem begehrten Unterlassungsurteil der Fall ist. Eine Berufskammer wie die Klägerin ist nicht auf öffentlich-rechtliche Mittel beschränkt, wenn es – wie in der Parallelsache I ZR 16/85 (vgl. auch BGHZ 79, 390, 392 – Apotheken-Steuerberatungsgesellschaft) – darum geht, Kammermitglieder zur Beachtung ihrer beruflichen Pflichten anzuhalten. Erst recht ist sie das nicht, wenn Verstößen Dritter gegen das Steuerberatungsgesetz entgegengetreten werden soll, die – wie hier die Beklagte – berufsrechtlichen Sanktionen der vorbezeichneten Art nicht unterliegen (vgl. BGHZ aaO.).
4. Die Revision ist der Auffassung, daß der Klageantrag und demgemäß auch der diesem Antrag entsprechende, vom Berufungsgericht bestätigte Urteilsausspruch des Landgerichts das verbotene Verhalten nicht hinreichend genau bezeichneten und daß letzterer keinen vollstreckungsfähigen, den Umfang der Rechtskraft eindeutig bestimmenden Inhalt habe. Dieser sei so abstrakt, daß ihm auch solche Handlungen zugerechnet werden könnten, über deren rechtliche Zulässigkeit nicht entschieden worden sei. Der Beklagten sei untersagt worden, an sie gerichtete Anfragen ausschließlich oder überwiegend steuerrechtlichen Inhalts ihrer Kunden in der Bundesrepublik Deutschland durch Angehörige steuerberatender Berufe beantworten zu lassen. Der Urteilstenor umfasse damit auch die erlaubte Mandatsvermittlung. Ferner sei nicht ersichtlich und bedürfe im Beanstandungsfall erst der Entscheidung durch das Vollstreckungsgericht, was eine „selbständige” Anfrage sei und wann eine Anfrage „ausschließlich oder überwiegend” einen steuerrechtlichen Inhalt habe. Das aber würde auf eine unzulässige Verlagerung des Rechtsstreits in die Vollstreckungsinstanz hinauslaufen. Auch damit kann die Revision keinen Erfolg haben.
Allein nach seinem Wortlaut könnte allerdings der Urteilstenor dahin verstanden werden, daß er sich auf jegliche, auch erlaubte Beteiligung der Beklagten an der Einschaltung eines Steuerberaters (Steuerbevollmächtigten) erstreckt (vgl. BGHZ 79, 239, 242 – Unternehmensberater II/Unternehmensbetreuung). Auch liegt es nicht ohne weiteres auf der Hand, was unter „selbständigen” Anfragen zu verstehen ist. Jedoch kommt es bei der Prüfung der Frage, ob der Urteilsausspruch den Inhalt und den Umfang eines Verbots hinreichend bestimmt erkennen läßt, nicht allein auf den Wortlaut der Urteilsformel an. Maßgebend sind bei der Auslegung insoweit auch der Tatbestand und die Entscheidungsgründe und das dort in Bezug genommene Parteivorbringen (BGHZ 34, 337, 339; 36, 365, 367; BGH, Urt. v. 25.9.1978 – VII ZR 281/77, NJW 1979, 720).
Unter Berücksichtigung dessen ist die Rüge der Revision, Antrag und Urteilsformel seien zu unbestimmt, nicht gerechtfertigt. Aus den Urteilsausführungen ergibt sich, daß das Berufungsgericht – entsprechend dem Begehren der Klägerin und deren Vorbringen im Rechtsstreit – als Streitgegenstand ausschließlich solche Handlungen angesehen hat, durch die – wie in den von der Klägerin vorgetragenen konkreten Fällen – eine Unternehmensberatungsgesellschaft ihre Kunden in Erfüllung eigener Vertragspflichten durch von ihr herangezogene Steuerberater berät. Ausdrücklich hat es dabei unter „selbständigen” Anfragen „ausschließlich oder überwiegend steuerrechtlichen Inhalts” allein solche verstanden, die nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang (im Sinne des § 4 Nr. 5 StBerG) mit dem Geschäft der Unternehmensberatung stehen, also nicht lediglich Gegenstand einer Vorfragenprüfung innerhalb eines kaufmännischen Beratungsauftrags sind. Damit ist dem Bestimmtheitsgrundsatz genügt. Daß – wie die Revision geltend macht – im Übertretungsfall im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens eine u.U. eingehende Prüfung der Feststellung des ausschließlich oder überwiegend steuerrechtlichen Charakters einer Anfrage erforderlich ist, steht dem nicht entgegen. Allein der Umfang einer im Rahmen der Zwangsvollstreckung stets anfallenden Prüfung, ob die behauptete Übertretung dem Verbot unterfällt, bedeutet nicht, daß der Rechtsstreit unzulässigerweise in die Vollstreckungsinstanz verlagert wird.
III. In der Sache hat das Berufungsgericht die Klage zu Recht für begründet erachtet.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung der Streitsache nach deutschem Recht. Wettbewerbsverstöße, wie sie die Klägerin vorliegend beanstandet, sind unerlaubte Handlungen und unterliegen den für diese geltenden Kollisionsnormen, die an das Recht des Tatorts, des Handlungs- bzw. des Erfolgsorts, anknüpfen (BGHZ 40, 391, 393, 394 – Stahlexport; 87, 95, 97). Dieser liegt – jedenfalls auch – im Bereich der Bundesrepublik Deutschland. Wie nachfolgend ausgeführt hat die Beklagte die von der Klägerin beanstandeten Anfragen deutscher Kunden von dem im Parallelprozeß (I ZR 16/85) verklagten Steuerbevollmächtigten in Lörrach als ihrem Erfüllungsgehilfen beantworten lassen, dessen Tätigkeiten insoweit ihr als eigene Handlungen zuzurechnen sind.
Im Hinblick darauf, daß die Beklagte ihren Sitz in Basel hat, besteht zwar – beispielsweise bei brieflicher Beauftragung des Steuerbevollmächtigten von dort aus – die Möglichkeit, daß Handlungsort auch Basel ist, so daß auch die Anwendbarkeit Schweizer Rechts in Betracht kommt. Bei einer solchen Fallgestaltung kann jedoch die klagende Partei ihre Ansprüche aus der Rechtsordnung herleiten, die sie dafür am geeignetsten hält (BGH, Urt. v. 6.11.1973 – VI ZR 199/71, NJW 1974, 410 m.w.N.). Insoweit hat sich die Klägerin, wie ihr Klagevortrag ergibt, im Streitfall für die Anwendung deutschen Rechts entschieden.
2. Ohne Rechtsverstoß ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die Beklagte nach der Vorschrift des § 4 Nr. 5 StBerG, die hier allein in Betracht zu ziehen ist, keine Hilfe in Steuersachen leisten darf. Dabei kann dahinstehen, ob sie, was das Berufungsgericht angenommen hat, ein Handelsgewerbe i.S. des § 4 Nr. 5 StBerG betreibt oder ob sich jedenfalls diese Vorschrift – entsprechend Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG – über ihren Wortlaut hinaus auf alle kaufmännischen oder sonstigen gewerblichen Unternehmen erstreckt (vgl. OLG Oldenburg DB 1978, 85 und 1979, 782, 783, jeweils mit Anm. Karsten Schmidt; ders. DB 1978, 1917 und DB 1981, 981). Denn zur Hilfeleistung in Steuersachen wäre die Beklagte bei Beratungstätigkeiten wie hier auch dann nicht befugt, wenn eine dieser Voraussetzungen zu bejahen wäre.
§ 4 Nr. 5 StBerG gestattet eine Steuerberatung nur für den Fall, daß sie mit der eigentlichen Berufstätigkeit des Unternehmers „in unmittelbarem Zusammenhang” steht. Das bedeutet, daß es sich bei der Steuerberatung, damit diese erlaubt ist, nicht um einen Teil der eigentlichen Beratungsaufgabe selbst handeln darf, sondern nur um eine Hilfs- oder Nebentätigkeit im Rahmen der eigentlichen Berufsaufgabe (BGHZ 79, 239, 244 – Unternehmensberater II/Unternehmensbetreuung). Diese Anforderungen sind hier nicht erfüllt. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich bei den in Rede stehenden Steuerberatungstätigkeiten der Beklagten um die Bearbeitung selbständiger Anfragen mit ausschließlich oder überwiegend steuerrechtlichem Inhalt, die nicht in Zusammenhang mit der Beantwortung betriebswirtschaftlicher oder sonstiger kaufmännischer Fragen stehen. Daß an die Beklagte derartige Anfragen lediglich aus Anlaß ihrer kaufmännischen Beratungstätigkeit gerichtet werden, genügt für die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhangs in dem vorerörterten Sinne nicht.
3. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, daß die Beklagte ihren Kunden – durch einen Steuerbevollmächtigten – Hilfe in Steuersachen geleistet hat. Dabei hat es angenommen, daß die Beklagte, wie die von der Klägerin vorgetragenen Fälle zeigten, keine Mandatsverhältnisse zwischen ihren Kunden und Steuerberatern (Steuerbevollmächtigten) vermittele, sondern durch Einschaltung solcher Berater als Erfüllungsgehilfen ihre eigenen Vertragspflichten gegenüber ihren Kunden erfülle. Die Revision hält dem entgegen, daß die Beratungsverträge mit den Kunden die Beklagte nicht zur Hilfeleistung in Steuersachen verpflichteten und daß sie deshalb, was rechtlich nicht zu beanstanden sei, lediglich die Begründung von Mandatsverhältnissen zwischen Kunden und Steuerberater vermittele, ohne sich dessen Dienste als Erfüllungsgehilfe zunutze zu machen. Damit kann die Revision keinen Erfolg haben.
Bei der Prüfung der Frage, ob sich die Beklagte durch Abschluß der in Rede stehenden Beratungsverträge gegenüber ihren Kunden auch zur Beantwortung von an sie gerichteten Anfragen steuerrechtlichen Inhalts verpflichtet hat, ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, daß es insoweit auf den objektiven Erklärungswert der ihre Vertragsleistungen beschreibenden Erklärungen und Umstände ankomme, d.h. darauf, ob die Kunden die Erteilung steuerrechtlicher Auskünfte als von der Beklagten nach dem Vertrag geschuldet erwarteten (vgl. BGHZ 47, 75, 78; BGH, Urt. v. 26.10.1983 – IVa ZR 80/82, NJW 1984, 721; BGB-RGRK, 12. Aufl. 1982, § 133 Rdnr. 2, 3 m.w.N.). Dies hat das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß bejaht. Auch seine weitere Annahme, daß sich die Beklagte in den von der Klägerin beanstandeten Fällen des Steuerbevollmächtigten als Erfüllungsgehilfen bedient habe, hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts verspricht die Beklagte gemäß den von ihr verwendeten Vertragsformularen u.a. eine sachlich uneingeschränkte Inanspruchnahme ihres Beratungsdienstes. Damit bietet sie – entsprechend dem von ihr herausgegebenen Prospekt T 80 – auch Beratung zu Steuerbestimmungen an. Auf die an sie gerichteten Anfragen entscheidet sie in allen Fällen allein und ohne Rücksprache mit den Kunden über die Einschaltung eines Steuerberaters und über dessen Auswahl. Hinzu kommt, daß es allein die Beklagte ist, die mit dem Steuerberater abrechnet und diesen bezahlt. Wenn das Berufungsgericht aus diesen Umständen hergeleitet hat, daß die Kunden der Beklagten davon ausgingen, die Beklagte schulde auch die Beantwortung steuerrechtlicher Anfragen als eigene Leistung und habe deshalb unter Ausnutzung des Vorbehalts in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Aufträge zur Erstellung von Gutachten an Freiberufler weiterzuleiten, diese als ihre Erfüllungsgehilfen tätig werden lassen, so ist diese im wesentlichen tatrichterliche Würdigung weder erfahrungswidrig noch sonst von Rechtsirrtum beeinflußt. Dabei durfte das Berufungsgericht auch berücksichtigen, daß nach dem eigenen Vortrag der Beklagten ihre Kunden für die Ablehnung steuerrechtlicher Anfragen durch sie kein Verständnis hätten. Rechtsfehlerfrei konnte das Berufungsgericht auch das als einen Hinweis darauf ansehen, daß die Kunden der Beklagten von dieser eine auch in steuerrechtlicher Hinsicht umfassende Beratung erwarteten.
Demgegenüber kann die Revision nicht mit Erfolg darauf verweisen, daß der Steuerbevollmächtigte in den von der Klägerin beanstandeten Fällen den unmittelbar an die Kunden übersandten Auskünften seine Mandatsbedingungen beigefügt habe mit der Erklärung, daß durch die Anfrage, die ihm die Beklagte zur eigenverantwortlichen Beantwortung übersandt habe, ein gesondertes Mandatsverhältnis zwischen ihm und den Kunden zustande gekommen sei. Das Berufungsgericht hat verneint, daß sich aus diesen Erklärungen ein Mandatsverhältnis unmittelbar zwischen Steuerberater und Kunden herleiten lasse. Ob dem zugestimmt werden kann, erscheint allerdings nicht zweifelsfrei. Im Hinblick darauf, daß, wie es in den Mandatsbedingungen des Steuerbevollmächtigten heißt, dieser von einem besonderen Mandatsverhältnis ausgeht und dabei auch Erklärungen abgibt, aus denen die Kunden auf eine unmittelbare Haftung des Steuerbevollmächtigten ihnen gegenüber schließen, ist deren Einverständnis mit dem Zustandekommen eines Mandatsverhältnisses zwischen ihnen und dem Steuerbevollmächtigten – neben dem Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und den Kunden – nicht ohne weiteres auszuschließen. Indessen kann das in diesem Zusammenhang dahinstehen. Angesichts der Tatsache, daß sich die Beklagte gegen monatliche Pauschalzahlungen zu laufender und uneingeschränkter Auskunft und Beratung verpflichtet, im Hinblick darauf, daß die Kunden alle Anfragen ausschließlich an sie zu richten haben, und mit Rücksicht darauf, daß allein sie den Berater auswählt und bezahlt, würde es der Lebenserfahrung widersprechen anzunehmen, daß die Kunden allein auf Grund der ihnen übermittelten Mandatsbedingungen davon ausgingen, hinsichtlich der erbetenen Auskunft sei nicht mehr die Beklagte, sondern allein der Steuerbevollmächtigte ihr Vertragspartner.
Daß die Kunden möglicherweise nicht nur der Beklagten, sondern auch dem von dieser eingeschalteten Steuerberater (Steuerbevollmächtigten) vertraglich verbunden sind, steht – im Gegensatz zur Auffassung der Revision – nicht der Annahme entgegen, daß der Steuerberater als Erfüllungsgehilfe der Beklagten tätig wird. Für die Frage, ob sich die Beklagte eines solchen Beraters als Erfüllungsgehilfen bedient, kommt es allein darauf an, ob dieser nach den tatsächlichen Umständen des Falles mit dem Willen der Beklagten bei der Erfüllung der dieser obliegenden Verbindlichkeit als deren Hilfsperson tätig wird. Aus welchem Grund das der Fall ist, ob der Steuerberater in ein eigenes Vertragsverhältnis mit den Kunden tritt und ob er weiß und davon ausgeht, daß ihn die Beklagte zur Erfüllung ihrer eigenen Vertragsverpflichtungen tätig werden läßt, ist unerheblich, wenn sich nur, wie es vorliegend der Fall war, seine Tätigkeit als eine von der Beklagten gewollte und gebilligte Mitwirkung bei der Vertragserfüllung darstellt (vgl. RGZ 64, 231, 234; BGHZ 13, 111, 113, 114; 62, 119, 124; Palandt/Heinrichs, BGB, 45. Aufl. 1986, § 278 Anm. 3a).
4. Die danach von der Beklagten unbefugt geleistete Hilfe in Steuersachen wird nicht dadurch gerechtfertigt, daß sie sich dabei der Hilfe eines Steuerberaters (Steuerbevollmächtigten) bedient. Sinn und Zweck der §§ 2 – 4 StBerG ist es, im Interesse des Steueraufkommens, der Steuermoral sowie zum Schutz gesetzesunkundiger Steuerpflichtiger, die durch Falschberatung Schaden erleiden können, sicherzustellen, daß nur solche Personen geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, die die dazu erforderliche sachliche und persönliche Zuverlässigkeit besitzen (BVerfGE 54, 301, 315). Dem ist zwar vorliegend insoweit Rechnung getragen, als die in Rede stehenden steuerrechtlichen Auskünfte von zur unbeschränkten geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugten Beratern (§ 3 Nr. 1 StBerG) erteilt werden. Jedoch stellt das Gesetz nicht darauf ab, ob im Einzelfall eine sachlich zutreffende Auskunft erteilt wird. Auch genügt es den gesetzlichen Vorschriften nicht, wenn die zur Beratung vertraglich verpflichtete, zur Hilfeleistung in Steuersachen aber nicht befugte Person, hier die Beklagte, zur Erfüllung ihrer Vertragspflichten einen Steuerberater als Angestellten beschäftigt oder sich ihrerseits von Fall zu Fall von einem Steuerberater beraten läßt oder – wie im Streitfall – einen solchen Berater zur direkten Auskunftserteilung veranlaßt. Wer Hilfe in Steuersachen leistet, muß nach dem Gesetz dazu in eigener Person befugt sein.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß bei der Einschaltung von Steuerberatern wie hier deren vom Gesetz erforderte Unabhängigkeit (§ 57 Abs. 1 StBerG) nicht mehr ausreichend gewährleistet ist und daß auch deshalb die Heranziehung eines Steuerberaters das Verhalten des unbefugt Hilfe in Steuersachen Leistenden nicht zu rechtfertigen vermag. Zutreffend hat das Berufungsgericht insoweit erwogen, daß der Steuerberater in Fällen wie hier in der Gefahr steht, in einen seine Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit beeinträchtigenden Widerstreit gegensätzlicher Interessen von Kunden und Unternehmensberatungsgesellschaft zu geraten, wenn er seine Vergütung nicht von dem Beratenen, sondern von einem Dritten, der Beratungsgesellschaft, erhält. Dieser finanziert die von ihm zu begleichenden Steuerberatergebühren aus den ihm zufließenden Pauschalzahlungen des Kunden, die vom Umfang der Steuerberatung unabhängig sind. In solchen Fällen liegt die Annahme nahe, daß die Unternehmensberatungsgesellschaft ein Interesse daran hat, die Steuerberatergebühren nach Möglichkeit gering zu halten. Das kann in einer für den Kunden nachteiligen Weise die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Steuerberaters beeinflussen. Denn während der Kunde ein berechtigtes Interesse an einer am Einzelfall orientierten umfassenden Beratung hat, muß der Steuerberater mit der Möglichkeit rechnen, daß ihn die Beratungsgesellschaft nicht mehr berücksichtigt, wenn ihr, sei es zu Recht, sei es zu Unrecht, die Tätigkeit des Steuerberaters als zu umfangreich und dessen Gebührenberechnung demzufolge (vgl. § 22 der Steuerberatergebührenverordnung vom 17.12.1981, BGBl. I S. 1442) als zu hoch erscheinen (siehe auch das in der Parallelsache ergangene Senatsurteil „Unternehmensberatungsgesellschaft II” vom 9.10.1986 – I ZR 16/85).
5. Das Verbot der unbefugten geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen ist entgegen der Annahme der Revision aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Insbesondere verletzt es das Grundrecht des von der Beklagten hinzugezogenen Steuerbevollmächtigten aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG auf freie Berufsausübung nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann die Freiheit der Berufsausübung beschränkt werden, wenn vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls das als zweckmäßig erscheinen lassen (vgl. BVerfGE 7, 377, 405; 21, 150, 159, 160). Von solchen Erwägungen werden auch die hier in Rede stehenden Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes getragen, die der Beklagten die von der Klägerin beanstandeten Beratungstätigkeiten untersagen. Die Verletzung eines eigenen Grundrechts hat die Beklagte nicht geltend gemacht. Dafür ist auch nichts ersichtlich.
6. Der Verstoß der Beklagten gegen das Verbot der unbefugten Steuerberatung rechtfertigt die Unterlassungsklage nach § 1 UWG. Dieses Verbot bezweckt den Schutz der Steuerrechtspflege, eines wichtigen Gemeinschaftsguts (BVerfGE 21, 173, 179; 54, 301, 315). Ein Verstoß dagegen ist zugleich ein Verstoß gegen § 1 UWG, ohne daß es dafür noch auf das Vorliegen weiterer Umstände ankäme (BGHZ 79, 390, 399, 400 – Apotheken-Steuerberatungsgesellschaft).
IV. Danach war die Revision der Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 2024659 |
BGHZ, 330 |
BB 1987, 119 |
NJW 1987, 1323 |
GRUR 1987, 172 |
JZ 1987, 466 |
IPRspr. 1986, 116 |