Leitsatz (amtlich)
Auch derjenige, welcher außerhalb eines dauernden Dienstverhältnisses eine an sich dem anderen zukommende Tätigkeit diesem abnimmt, besorgt Geschäfte für einen anderen, mag diese Tätigkeit rechtsgeschäftlicher oder rein tatsächlicher Natur sein.
a) Der Lagervertrag ist Konsensualvertrag, nicht Realvertrag.
b) Nimmt der Lagerhalter eine delivery order, in der der Einlagerer den Lagerhalter um bedingungslose Auslieferung des Lagergutes an einen Dritten bittet, von dem Dritten widerspruchslos entgegen, so kann darin der Abschluß eines Lagervertrages zwischen dem Dritten und dem Lagerhalter gesehen werden, wenn der Lagerhalter im Interesse des Dritten das Gut einlagern soll.
c) Zum Begriff des Verkehrsvertrages in § 2 SVS und zur Frage, ob eine Vereinbarung, die auf Grund einer delivery-Klausel der in … bezeichneten Art zwischen Lagerhalter und Dritten getroffen ist, nach dem SVS versichert ist.
Normenkette
HGB §§ 362, 416; Speditionsversicherungsschein (SVS) § 2
Verfahrensgang
OLG Hamburg (Urteil vom 02.05.1963) |
LG Hamburg |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil das 3. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg von 2. Mai 1963 aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin kaufte von der Firma L. L. BO. & Co. Ltd. (künftig Bo. genannt) in Manchester, England, in den Jahren 1956 bis 1958 mit etwa 40 Verträgen Webwaren fob Hamburg oder fob Bremen. Bo. bezog diese Waren von Herstellern aus der sowjetischen Besatzungszone fob Hamburg und fob Bremen. Die Waren wurden bei den Spediteuren der Lieferanten aus der sowjetischen Besatzungszone, der Firma Richard I. (künftig I. genannt) in Hamburg oder der Firma Johann Kr. in Bremen, eingelagert. Die Speditionsfirma J. H. Ba. in Hamburg und Bremen (künftig Ba. genannt) hat stets die weitere Versendung der Ware oder die sonstige Abwicklung teils im Auftrage der Firma Bo., teils im Auftrage ihrer Abnehmer, übernommen. Ba. hatte jedoch zu keinem Zeitpunkt Gewahrsam an der Ware.
Die Beklagten werden als Speditionsversicherer der Firma Ba. von der Klägerin auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Die Klägerin hat entsprechende Feststellungsklage erhoben. Der Schaden der Klägerin ergibt sich aus folgendem Sachverhalt, auf den die Klägerin ihren Anspruch stützt.
Für die Klägerin wurde Ba. in folgender weise tätig: Die Firma Bo. fügte ihren Rechnungen an die Klägerin Abschriften von an Ba. adressierten delivery Orders bei, die lauteten:
„Please deliver unconditionally on presentation of Original Delivery Order the above specified cases to Messrs. Martin St. & CO., Br., D. 18/20, Only the signed Original is negotiable.”
Abschriften der Rechnungen und der delivery orders sandte Bo. an Ba.. Die Originale der delivery Orders hinterlegte Bo. bei der D. Bank in Br., der Hausbank der Klägerin. Die Klägerin erwarb die Originale gegen Zahlung des Kaufpreises und legte sie der Firma Ba. vor. Die Verschiffungs- und sonstigen Aufträge der Klägerin wurden bis auf den letzten, um den es sich im Streitfalle handelt, ohne Schwierigkeiten ausgeführt.
Die Klägerin kaufte von Bo. am 30./31. Januar 1958 Webwaren, die aus der sowjetischen Besatzungszone stammten und bei Ihle lagerten. Bo. stellte der Klägerin über die Kaufpreise von rund £ 1610 und £ 1227 zwei Rechnungen aus. Die erste Rechnung vom 1. Februar 1958 – Rechnungs-Nr. 1282/1 – über 29 Kisten (künftig erste Partie genannt) erhielt die Klägerin zusammen mit einem Begleitschreiben vom 12. Februar 1958 und einer Abschrift einer delivery order. Die zweite Rechnung vom 1. Februar 1958 – Rechnungs-Nr. 1282/2 – über 23 Kisten (künftig zweite Partie genannt) erhielt die Klägerin mit einem Begleitschreiben vom 14. Februar 1958 und einer entsprechenden Abschrift der delivery order. Die Klägerin, die nach ihrer Behauptung der Meinung war, Ba. besitze die Ware und könne über sie verfügen, bezahlte die erste Partie am 29. März 1958, die zweite Partie am 13. Mai 1958 bei der D. Bank in Br. und erhielt dafür die Originale der delivery Orders. Das Original der delivery order über die erste Partie sandte die Klägerin mit Schreiben vom 16. April 1958 an die Firma Ba. und beauftragte diese, 14 der 29 Kisten an ihren Kunden Ali Sa. in Abidjan mit dem Dampfer „Wolfgang Rust” zu übersenden. Ba. führte diesen Auftrag ordnungsgemäß aus. Der Kunde beanstandete jedoch die Ware. Diese Beanstandung führte zu Schwierigkeiten wogen der Abnahme der restlichen 15 Kisten der ersten Partie und der 23 Kisten der zweiten Partie, die der Kunde Ali Sa. ebenfalls erhalten sollte. Deswegen erteilte die Klägerin für diese Kisten zunächst keinen Versendungsauftrag, Sie übersandte der Firma Ba. mit Schreiben vom 30. August 1958 (Anl. 20a) auch das Original der delivery order über die zweite Partie. Sie bat Ba., von den Waren beider Partien Muster zu ziehen. Ba. antwortete mit Schreiben vom 3. September 1958 (Anl. 21), sie könne für die von der Klägerin eingesetzten DM 30,– keine Muster ziehen und fuhr fort: „Mein Lagerhaus hat mir mitgeteilt, daß die Musterziehungskosten sich auf etwa 70,– bis 80,– DM belaufen werden, da die Sendungen auf zwei verschiedenen Schuppen liegen und die Kisten jeweils aus der Partie herausgesucht werden müssen.”
In der an die Klägerin gerichteten Lagerkostenrechnung der Firma Ba. vom 29. August 1958 (Anl. 19) heißt es: „Von Lieferungen der Firma L. L. Bo. & Co. Ltd., Manchester, liegen für Sie noch folgende Partien bei mir auf Lager. Die Firma Bo. teilt mir mit, daß die Lagergelder für diese Sendungen ab 1. Februar 1958 zu Ihren lasten gehen.” Den gleichen Wortlaut übernahm die Firma Ba. in ihre berichtigte Rechnung an die Klägerin vom 5. September 1958 (Anl. 23). In ihren Übersendungsschreiben vom 5. September 1958 (Anl. 22) hieß es: „… Ihrer baldigen Überweisung sehe ich gern entgegen, da es sich ausschließlich um von mir verauslagte Beträge handelt.” Die Klägerin antwortete auf die berichtigte Rechnung der Firma Ba. mit Schreibon vom 15. Oktober 1958 (Anl. 24), daß sie sich den höheren Rechnungsbetrag nicht erklären könne, und fragte an: „Wir bitten um Aufklärung und um Angabe, wo Sie die betreffenden Partien eingelagert hatten.” Am 21. Oktober 1958 schrieb die Klägerin an Ba. (Anl. B) U. a.: „Es stimmt, daß wir der Firma Bo. zugesagt haben, die Lagerkosten ab 1. Februar d. J. zu übernehmen. Der Einfachheit halber wollten wir diese Lagerkosten direkt an Sie überweisen. Nachdem sich aber jetzt größere Claimforderungen gegenüber der Firma Bo. ergeben haben, möchten wir lieber die Verrechnung der Lagerkosten mit der Firma Bo. direkt vornehmen, so daß wir unsere Lagerkosten mit dem Tage der Übernahme der Ware bezahlen werden …”. Die Firma Ba. schrieb in ihrer Lagergeldaufstellung vom 5. November 1958 (Anl. 26) an die Klägerin u. a.: „Von der Firma Bo. & Co. Ltd. liegen für Sie noch folgende Partien bei mir auf Lager …”. Die Klägerin antwortete der Firma Ba. auf deren Spesenrechnung über 10 % Lagerverwaltungsgebühren von 14. November 1958 (Anl. 27) mit Schreiben vom 26. November 1958 (Anl. C) U. a.: „Wir haben Sie aber bereits telefonisch darauf aufmerksam gemacht, daß wir die Belastung von 10 % Lagerverwaltungsgebühren als unkulant empfinden. Tatsächlich sind Sie die erste Speditionsfirma, die uns solche Gebühren in Rechnung gestellt hat. Sie behaupten, daß Sie an der Einlagerung nichts verdienen, was wir nicht beurteilen können. Dagegen werden Sie ja in Kürze die entsprechenden Verschiffungsaufträge von uns erhalten, womit doch wohl zweifellos ein Verdienst für Ihre Firma verbunden ist … Über den Transport der bei Ihnen lagernden Partien an ihr hiesiges Haus erhalten Sie noch Bescheid.” Die Firma Ba. erklärte in ihrem Schreiben vom 26. November 1958 an die Klägerin (Anl. E): „… Ihren vorgestern geäußerten Zweifel an der Korrektheit der von mir berechneten Lagermieten werden Sie sicherlich nicht aufrechterhalten. Andernfalls bin ich, wie ich Ihnen schon sagte, selbstverständlich in der Lage, Ihnen hierüber eine Bestätigung der hiesigen Kaigesellschaft beizubringen.”
Bei der Firma Ihle standen Lagerkosten von etwa £ 1.050,– offen, die sich auf die genannten 38 Kisten nicht oder nur zum Teil bezogen. Die Firma I., die bereits mit Schreiben vom 18. Januar 1958 die Firma B.-… auf die Haftung für die restlichen Kaigelder hingewiesen hatte, teilte der Firma Ba. mit Schreiben vom 12. November 1958 mit, daß sie von ihrem Zurückbehaltungsrecht und Pfandrecht wegen der aufgelaufenen Lagerkosten Gebrauch machen werde an allen noch bei ihr befindlichen Sendungen, also auch den 38 Kisten, sofern nicht ihre noch offenstehenden Lagergeldforderungen beglichen würden. Ba. unterrichtete hiervon sofort Bo. und forderte diese auf, die Klägerin ebenfalls in Kenntnis zu setzen. Weder Ba. noch Bo. benachrichtigten die Klägerin.
Die Klägerin einigte sich im Januar 1959 mit ihrem Käufer Sa. in Abidjan über die Abnahme der restlichen 38 Kisten Webwaren und erteilte der Firma Ba. mit Schreiben vom 27. Januar 1959 (Anl. 8) den Auftrag, die 38 Kisten mit dem Dampfer „Hestia”, von Hamburg am 5. Februar 1959 ausgehend, nach Abidjan zu verschiffen. Die Firma Ba. erwiderte mit Fernschreiben vom 30. Januar 1959, daß sie wahrscheinlich den Verschiffungsauftrag nicht ausführen könne, weil sie zurzeit nicht die Möglichkeit habe, über die 38 Kisten zu verfügen (Anl. 9). Die Klägerin erfuhr auf Rückfrage die Zusammenhänge, konnte jedoch eine Freigabe der Ware nicht erreichen. Die Firma I. machte von ihrem Spediteurpfandrecht wegen nichtbezahlter Lagerkosten Gebrauch, so daß die Ware mit dem Dampfer „Hestia” nicht verschifft werden konnte. Daraufhin forderte der Käufer der Klägerin, Sa., Schadensersatz. Die Klägerin erwirkte gegen Bo. ein schiedsgerichtliches Urteil über £ 2.850.8.10 und etwa £ 400.– Kosten. Bo. ging wegen Überschuldung in Liquidation. Ihle verkaufte die 38 Kisten Webwaren und erklärte sich bereit, einen Überschuß von DM 2.000.– an den Liquidator zu zahlen.
Ba. hat bei den Beklagten für die 38 Kisten Webwaren keinen Auftrag der Klägerin zur Speditionsversicherung angemeldet und auch keine entsprechenden Prämien bezahlt.
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen abgewiesen worden. In der Revisionsinstanz hat die Klägerin ihren Klageantrag wie folgt neu gefaßt:
Es wird festgestellt, daß die Beklagten nach den im früheren Klageantrag aufgeführten Quoten verpflichtet sind, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, den sie dadurch erleidet, daß die Speditionsfirma J. H. Ba. in Hamburg Anfang Februar 1959 38 Kisten Webwaren, die mit dem Dampfer „Hestia” befördert werden sollten, nicht zur freien Verfügung der Klägerin gehalten hat.
Die Beklagten bitten um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Firma Ba. vertragliche Pflichten gegenüber der Klägerin verletzt hat und ob diese Verletzungen den Schaden der Klägerin verursacht haben. Es hat die Klage abgewiesen, weil zwischen der Klägerin und der Firma Ba. kein Verkehrsvertrag im Sinne der eng auszulegenden Vorschrift des § 2 Nr. 2 SVS zustandegekommen sei und die Beklagten als Versicherer daher nicht für den Schaden der Klägerin hafteten. Aufgabe der Firma Ba. sei es zwar gewesen, die Ware zur Verfügung der Firma Bo. und später der Klägerin zu halten. Hierbei handle es sich jedoch um einen Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand habe; ein Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) sei kein Verkehrsvertrag. Verkehrsverträge seien nach § 2 Nr. 2 SVS nur Speditions-, Fracht- und Lagerverträge; kein solcher Vertrag sei zwischen Ba. und Bo. oder zwischen Ba. und der Klägerin geschlossen worden. Die Erklärungen, die Ba. der Klägerin gegenüber abgegeben habe, hätten in ihrer Gesamtheit von einem verständigen Kaufmann auch nicht dahin verstanden werden können, daß die Firma Ba. der Klägerin gegenüber die Verpflichtungen als Lagerhalter habe übernehmen wollen. Auch aus einem Verschulden bei Vertragsverhandlungen, die nicht zum Vertragsschluß geführt hätten, lasse sich die Haftung der beklagten Versicherer nicht herleiten.
Diese rechtlichen Ausführungen tragen das angefochtene Urteil nicht. Es liegt ein versicherter Verkehrsvertrag vor.
Der vorliegende Fall gibt keinen Anlaß, allgemein zu der Frage Stellung zu nehmen, ob trotz des Zusammenhangs zwischen ADSp und SVS (vgl. BGH VersR 1964, 400) der Begriff des Verkehrsvertrages im Sinne des § 2 SVS eng auszulegen ist, ob insbesondere ein selbständiger Geschäftsbesorgungsvertrag nicht darunter fällt (nach Krien-Hay, Die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (1959), SVS § 1 Anmerkung 2 f, § 2 Anm, 5 letzter Absatz, § 3 Anm. 5a I, § 13 Anm. 3a I, 3 c I sind Geschäftsbesorgungsaufträge, auf die die ADSp anzuwenden sind, versichert; ebenso Krien/Schmid-Lossberg, ADSp und SVS/RVS S. 136 unter „Nebengeschäfte” und S. 161 unter „Verkehrs- und Rollaufträge”, ferner Hootz, Grenze der Freizeichnung des Spediteurs § 41 ADSp [Hamburger Rechtsstudien Heft 44] S. 42 ff). Denn entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist sowohl zwischen Ba. und Bo. (I), als auch zwischen Ba. und der Klägerin (II), ein Lagervertrag zustandegekommen, bei dem das Versprechen der bedingungslosen Auslieferung als Nebenauftrag mitversichert ist (§ 2 Nr. 2 SVS).
I. Bo. hat der Firma Ba. Abschriften der delivery Orders über 29 und 23 Kisten zugesandt. In diesen Orders hat Bo. Ba. gebeten, die Kisten auf Vorzeigen und Überreichung der original delivery orders bedingungslos (unconditionally) der Klägerin auszuliefern. Die Bitte enthält, wie gleich auszuführen sein wird, den Antrag auf Einlagerung der Kisten. Diesen ihr zugegangenen Antrag der Firma Bo. hätte die Firma Ba. ablehnen können; sie hat ihn aber nicht abgelehnt; da sie mit Bower in Geschäftsverbindung stand, gilt ihr Schweigen als Annahme des Antrages (§ 362 HGB); denn Geschäfte für einen anderen besorgt, wer (außerhalb eines dauernden Dienstverhältnisses) eine an sich dem anderen zukommende Tätigkeit diesem abnimmt, mag diese Tätigkeit rechtsgeschäftlicher oder rein tatsächlicher Art sein (h. M., vgl. auch RGZ 97, 61, 65 f). Um den übernommenen Auftrag, die Kisten bedingungslos auszuliefern, erfüllen zu können, war die Firma Ba. verpflichtet, sich selbst die unbedingte Verfügungsgewalt über die Ware zu verschaffen. Das konnte sie dadurch herbeiführen, daß sie die Ware auf ihr eigenes Lager nahm (die Firma Ba. bezeichnet in ihren Briefköpfen als ihren Gewerbebetrieb u. a. den Lagereibetrieb) und damit den unmittelbaren Besitz erwarb oder daß sie die Ware bei einer Kaianstalt oder einem sonstigen Dritten (dem sie ebenfalls die Pflicht zur bedingungslosen Auslieferung aufzuerlegen hatte) einlagerte und damit den mittelbaren Besitz an der Ware erlangte. Sie konnte ihrer Pflicht der Firma Bo. gegenüber aber auch dadurch genügen, daß sie die Ware bei dem Lagerhalter I. beließ und mit diesem die bedingungslose Auslieferung an die Klägerin vereinbarte; in diesem Falle hätte die Firma I. die Ware in einem Verhältnis besessen, vermöge dessen sie Ba. gegenüber auf Zeit zum Besitz verpflichtet gewesen wäre; Ba. wäre dann mittelbar Besitzerin geworden (§ 868 BGB). Hätte die Firma Ba. ihre Pflicht gegenüber Bo. erfüllt, so wäre sie in jedem Falle (unmittelbare oder mittelbare) Besitzerin der Ware geworden und hätte als solche die Ware für Bo. (bis zum Vorzeigen und Überreichen der delivery Orders durch die Klägerin) aufbewahrt. Ist das vom Spediteur des Empfängers übernommene Gut nicht zu versenden oder auszuliefern, sondern bis auf weitere Weisung des Empfängers oder eines vom Empfänger bezeichneten Dritten zu lagern, so liegt ein selbständiges Lagergeschäft vor, das nach § 2 Nr. 2 (vgl. auch § 3 Nr. 5) SVS versichert ist (Krien-Hay aaO SVS § 3 Anmerkung 3, RVS § 1 Anmerkung 1 c III a. E.). Diese Erwägungen zeigen, daß Ba. durch die widerspruchslose Annahme der Abschriften der delivery Orders sich der Firma Bo. gegenüber verpflichtete, die Ware in Besitz zu nehmen, für die Firma Bo. aufzubewahren und nach Entgegennahme der original deliver Orders unwiderruflich (§ 11 Abs. 2 ADSp) und bedingungslos an die Klägerin auszuliefern. Damit ist zwischen Bo. und Bachmann ein Lagervertrag nach §§ 416 ff HGB zustandegekommen.
Es wird zwar vielfach (so auch vom Berufungsgericht) die Ansicht vertreten, der Lagervertrag des Handelsgesetzbuches sei ein Realvertrag, komme also erst nach Übernahme des Lagergutes zustande. Diese Ansicht wird mit dem Hinweis auf den Wortlaut der Vorschrift des § 688 BGB begründet, die auch für den Lagervertrag gelten solle. Es bedarf hier keiner Stellungnahme zu der bestrittenen Frage, ob der Verwahrungsvertrag des Bürgerlichen Gesetzbuchs Real- oder Konsensualvertrag ist. Denn die Vorschriften der §§ 688 ff BGB sind auf das Lagergeschäft nur subsidiär anzuwenden; eine Anwendung des § 688 BGB scheidet aus, da das Handelsgesetzbuch selbst das Wesen des Lagervertrages bestimmt. Schon nach dem Wortlaut der Vorschriften des Handelsgesetzbuches ist der Lagervertrag Konsensualvertrag. Nach der Vorschrift des § 416 HGB, die den Begriff des Lagerhalters und gleichzeitig den Inhalt des Lagergeschäftes bestimmt, „übernimmt” der Lagerhalter die Lagerung und Aufbewahrung. Er verpflichtet sich also zur Lagerung und Aufbewahrung, ohne daß das Gesetz an die Entstehung dieser Pflicht die Voraussetzung knüpft, daß ihm das Gut bereits übergeben ist, Auch der Frachtführer „übernimmt” die Ausführung der Güterbeförderung (§ 425 HGB, § 26 BSchG), der Spediteur „übernimmt” die Besorgung von Güterversendungen (§ 407 HGB), ohne daß ihnen das Gut schon übergeben zu sein braucht. In allen diesen Fällen bedeutet das „Übernehmen” ein Sichverpflichten (aufzubewahren, zu befördern, die Versendung zu besorgen), das nach dem Gesetz unabhängig davon entsteht, ob der Lagerhalter, der Frachtführer, der Spediteur das Gut bereits im Besitz hat oder gleichseitig den Besitz erlangt oder ihn erst später erlangen soll. Stellt ein Lagerhalter über ein Gut, das er nicht übernommen hat, einen Orderlagerschein aus, so hat ein solcher Lagerschein zwar nicht die Wirkungen des § 424 HGB; an der Eigenschaft des Ausstellers als Lagerhalter ändert sich aber nichts (Schlegelberger-Schröder HGB 3. Aufl., § 424 Anm. 4). Es besteht aber auch kein sachlicher Grund dafür, als Voraussetzung für das Entstehen des Lagervertrages das Erfordernis des Besitzes an dem Gut in das Gesetz hineinzulegen. Es bedeutet einen Rückfall in die Anschauungen des römischen Obligationenrechts, wollte man die Begründung des Lagervertrages noch an eine „reale” Voraussetzung, an den Besitz am Gut, knüpfen. Natürlich leugnet auch die Gegenansicht nicht und kann bei dem Grundsatz der freien Vertragsgestaltung im Schuldrecht nicht leugnen, daß ein Lagerhalter, der das Gut noch nicht in Besitz hat, sich verpflichten kann, das Gut zu lagern und aufzubewahren, sobald er es in Besitz hat, wobei, wie im vorliegenden Fall, eine Verpflichtung des Lagerhalters bestehen kann, sich selbst den Besitz am Gut für den Einlagerer zu verschaffen. Die Gegenansicht ist daher gezwungen, ein solches Verpflichtungsgeschäft als Vorvertrag zum Abschluß eines Lagervertrages zu konstruieren, eine Konstruktion, die der natürlichen Auffassung im Verkehrsleben widerspricht. Wer z. B. Möbel in einem Lagergeschäft lagern will, wird in der Regel nicht die Möbel zum Lagerhalter bringen lassen, sie ihm übergeben und dann einen Lagervertrag abschließen. Er wird vielmehr regelmäßig vorher den Lagervertrag mit dem Lagerhalter abschließen und dann die Möbel zum Lager bringen oder sie von ihm abholen lassen. Der Verkehr betrachtet ein solches Geschäft als Lagergeschäft, das die Pflicht des Lagerhalters zum Lagern und Aufbewahren entstehen läßt, nicht aber eine Pflicht zum Abschluß eines neuen Vertrages bei Inbesitznahme des Gutes. Auch für die Annahme eines bedingten Lagervertrages, z. B. eines solchen, der unter der Bedingung steht, daß sich der Lagerhalter selbst im Auftrag des Einlagerers in den Besitz des Gutes setzt, bietet das Gesetz keinen Anhaltspunkt. Selbstverständlich kann der Lagerhalter erst dann das Gut lagern und aufbewahren, wenn er es in Besitz genommen hat; das ändert aber nichts daran, daß er sich schon vorher zum Lagern und Aufbewahren verpflichten kann. Erfordert die Lagerung des Gutes besondere vorbereitende Vorkehrungen durch den Lagerhalter, die dieser schon vor Inbesitznahme zu treffen hat, so werden diese Vorkehrungen in Erfüllung des Lagervertrages vorgenommen. Auch die Inbesitznahme des Gutes gehört zur Erfüllung des Lagervertrages, der dann weiter dauernd durch Gewährung von Raum und Obhut und abschließend durch Rückgabe des Gutes erfüllt wird (gl. A. Düringer-Hachenburg-Lehmann HGB, 3. Auflage, Anm. 4 vor § 416; Ritter, HGB, 2. Aufl., § 416 Anm. 6a, Baumbach-Duden HGB, 17. Aufl., § 416 Anm. 3 B, Senckpiehl, Das Lagergeschäft nach deutschem Recht (1914) S. 22 ff; a. A. Schlegelberger-Schröder aaO § 416 Anm. 8; RGR-HGB (Ratz), 2. Aufl. § 416 Anm. 5; Heymann-Kötter HGB, 20. Gesamtauflage, § 416 Anm. 3).
Betrachtet man den Lagervertrag als Konsensualvertrag, so lassen sich die Vorschriften über das Lagergeschäft ohne Schwierigkeiten anwenden. Das gilt in erster Linie für die Regelung der Empfangnahme (§§ 417, 388 HGB). Zur Wahrung der Rechte des Einlagerers bei der Empfangnahme des Gutes durch den Lagerhalter kann es gehören, die Annahme des beschädigten Gutes zu verweigern (vgl. § 438 HGB; Schlegelberger-Schröder aaO § 417 Anm. 2). Eine solche Pflicht des Lagerhalters läßt sich weder aus einem Realvertrag noch aus einem Vorvertrag, der Pflicht zum Abschluß des Realvertrages, erklären. Ist der Lagerhalter vor Inbesitznahme des Gutes vom Einlagerer angewiesen worden, das Gut zu versichern (§§ 417, 390 HGB), so muß der Lagerhalter dafür sorgen, daß vom Augenblick seiner Besitznahme an das Gut versichert ist. Beim Realvertrag ist die Übernahme einer solchen Pflicht nicht möglich, es müßte eine besondere vertragliche Pflicht des Lagerhalters, die Versicherung zu bewirken, begründet werden, obwohl es nach dem Gesetz hierzu nicht eines Vertrages bedarf, sondern die Weisung des Einlagerers genügt. Der Vergütungsanspruch, der dem Lagerhalter zusteht, wenn ihm das Gut nicht zugeführt wird, insbesondere dann, wenn er Lagerraum freigehalten oder besondere Vorkehrungen für die Lagerung getroffen hat, laßt sich bei sinnvoller Anwendung unschwer auf §§ 354, 420 HGB gründen. Das gleiche gilt für die Kündigung des Lagervertrages, insbesondere aus wichtigem Grund, vor Inbesitznahme des Gutes (§ 422 HGB, § 47 ADSp).
Die Pflicht des Lagerhalters, das Gut in seinen Besitz und seine Obhut zu bringen, ist, soweit damit ein Ortswechsel verbunden ist, als Speditions- oder Frachtvertrag nach § 2 Nr. 2 SVS versichert. Soweit das Gut an seinem bisherigen Aufbewahrungsort verbleibt, ist die Vereinbarung des neuen Lagerhalters über die Begründung seines mittelbaren Besitzes ein Teil der Erfüllung seines mit dem Einlagerer geschlossenen Lagervertrages und damit nach derselben Vorschrift versichert. Die Vereinbarung, das Gut, gegebenenfalls unter bestimmten Voraussetzungen, an einen Dritten auszuliefern, ist übliche Nebenabrede des Lagervertrages (vgl. § 11 Abs. 2 ADSp) und als solche nach derselben Vorschrift in die Versicherung des Lagervertrages eingeschlossen.
Die Firma Ba. hat, nachdem ihr die Abschriften der beiden delivery Orders mit den Schreiben der Firma Bo. vom 12. u. 14. Februar 1958 zugegangen waren, ihre Pflicht, die 29 und 23 Kisten in ihren Besitz und ihre Obhut unter Begründung ihrer bedingungslosen Verfügungsgewalt zu bringen, nicht erfüllt. Das ist ohne Folgen geblieben, soweit Ba. die Versendung von 14 Kisten an den Abnehmer der Klägerin, Ali Sa. in Abidjan, besorgt hat. Ob die Nichterfüllung dieser Pflicht für die spätere Nichtauslieferung der 15 und 23 Kisten ursächlich geworden ist, hängt davon ab, ob I. damals zur bedingungslosen Auslieferung der Kisten bereit gewesen wäre. Wäre I. dazu nicht bereit gewesen, weil er schon damals ein etwa bestehendes Pfand- und Zurückbehaltungsrecht ausgeübt hätte, so wäre Ba. verpflichtet gewesen, dies unverzüglich der Firma Bo. mitzuteilen (vgl. BGHZ 9, 1, 3), und es kommt dann darauf an, ob Bo. damals durch Verhandlungen mit der Firma I. deren Bereitschaft zur bedingungslosen Auslieferung hätte herbeiführen können. Für alle hierbei entscheidungserheblichen Umstände sind die Beklagten nach § 282 BGB beweispflichtig, wobei für die Frage, ob der Beweis geführt ist oder nicht, die Vorschrift des § 287 ZPO maßgebend ist. Dagegen bestand damals, im Februar 1958, auch unter Berücksichtigung der bisherigen Geschäftsverbindung noch keine Pflicht der Firma Ba., mit der Klägerin in Verbindung zu treten. Es lag damals allein im Interessenbereich der Klägerin, die Firma Ba. um Auskunft zu bitten, bevor sie die Ware an Bo. bezahlte (vgl. hierzu die einen Lieferschein betreffende Entscheidung in RGZ 101, 297; vgl. ferner BGH BB 1956, 938; 1960, 114).
Nach Zahlung der Kaufpreise hat die Klägerin die beiden Originale der delivery Orders erworben. Damit sind der Klägerin kraft Vereinbarung zwischen ihr und der Firma Bo. die schuldrechtlichen Ansprüche dieser Firma gegen den Lagerhalter Ba. aus dem Lagervertrag (damit auch die Ansprüche aus Verletzung der Aufbewahrungs-, Obhuts- und Auslieferungspflicht – vgl. RGZ 55, 402, 404 –, da die Klägerin die Auslieferung der unbeschädigten Ware auf Abruf verlangen konnte) und die vermeintlichen dinglichen Herausgabeansprüche von Bo. gegen Ba. abgetreten worden. Die Klägerin kann daher ihre Ansprüche gegen Ba. auf die von der Firma Bo. abgeleiteten Rechte gründen, die dieser Firma nach dem oben Ausgeführten gegen Ba. im Zeitpunkt der Abtretung zustanden, muß sich also auch die Einwendungen, die Ba. gegen Bo. zur Zeit der Abtretung hatte, entgegenhalten lassen (§ 404 BGB) vgl. die Entscheidung zum Lieferschein in RGZ 101, 297, 2997.
II. Die Klägerin kann ihre Ansprüche gegen Ba. aber auch auf eigene Rechte stützen, die sich daraus ergeben, daß sie selbst mit der Firma Ba. über die beiden Partien Lagerverträge (über die erste Partie teilweise) geschlossen hat. Insoweit ist sie Einwendungen, die Ba. gegen Bo. geltend machen konnte, nicht ausgesetzt. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Die Klägerin hat der Firma Ba. mit Schreiben vom 16. April 1958 (Anl. 18a) die delivery order vom 12. Februar 1958 über die 29 Kisten der ersten Partie übersandt. Mit Fernschreiben vom gleichen Tage (Anl. 18) hat sie Ba. beauftragt, „14 Kisten … ex d/o vom 12.2.58 über 29 Kisten” für „Dampfer „Wolfgang Rust” 19.4. nach Abidjan” anzuliefern. Den Anlieferungsauftrag über 14 Kisten hat die Firma Ba. ausgeführt, hinsichtlich der restlichen 15 Kisten hat sie geschwiegen. In der Übersendung der delivery order an Ba. ist der Antrag der Klägerin zu sehen, Ba. solle die 15 Kisten für sie, die Klägerin, lagern mit der Abrede der bedingungslosen Auslieferung an die Klägerin. Das Schweigen der Firma Ba. auf diesen Antrag gilt als Annahme des Antrages. Da die Firma Ba. nicht im Besitz der Ware war, war sie nunmehr nach dem mit der Klägerin geschlossenen Vertrag verpflichtet, sich den unmittelbaren oder mittelbaren Besitz zu verschaffen, insbesondere die Zustimmung der Firma I. zur bedingungslosen Auslieferung zu erlangen. Wäre diese Zustimmung nicht oder nur unter Bedingungen zu erreichen gewesen, so hätte sie dies der Klägerin mitteilen und ihre Weisungen abwarten müssen. Dagegen kann der Vertrag nicht dahin ausgelegt werden, daß Ba. die Garantie für bedingungslose Auslieferung übernommen hat; jedenfalls wäre die Übernahme einer solchen Garantie ein nicht übliches Geschäft, das der Speditionsversicherung nicht unterliegt (§§ 2 Nr. 2, 5 Nr. 2 SVS). Das spätere Verhalten der Firma Ba. steht der Annahme eines solchen Vertragsabschlusses nicht entgegen. Als die Klägerin mit Schreiben vom 30. August 1958 (Anl. 20a) die Firma Ba. anwies, aus der ersten Rostpartie und aus der zweiten Partie Verschiffungsmuster zu ziehen, hat sich die Firma Ba. dazu bereit erklärt und gleichzeitig die Kosten bekanntgegeben, die hierfür nach Mitteilung ihres Lagerhauses entständen. Auch die übrigen Erklärungen, die Ba. im Laufe des Schriftwechsels abgegeben hat („von Lieferung der Firma … Bo. liegen für Sie noch folgende Partien bei mir auf Lager”), stimmen bei zwangloser Auslegung damit überein, daß Ba. sich als Lagerhalter der Klägerin betrachtete. Die Firma Ba. hat ferner die Lagerkosten von der Klägerin angefordert, die Klägerin hat sie bezahlt. Die Auslegung des Berufungsgerichts, allein die Firma Bo. sei der Einlagerer der Ware gewesen und habe die Rechte und Pflichten eines Einlagerers gehabt, ist zwar möglich, wenn man nur die Erklärungen der Firma Ba. – auch in ihrer Gesamtheit – betrachtet. Der entscheidende Fehler im angefochtenen Urteil liegt aber darin, daß diese Erklärungen und die Regelung der Lagerkosten nicht im Zusammenhang mit der Übermittlung der delivery order durch die Klägerin an Ba. ausgelegt worden sind. Wenn mit der Überreichung der delivery order Verschiffungsaufträge oder sonstige Aufträge erteilt werden, die eine Auslieferung des Gutes zur Folge haben, so mag der Lagervertrag mit dem ursprünglichen Einlagerer fortbestehen, ohne daß ein neuer Lagervertrag mit dem durch die order Berechtigten geschlossen wird. Wenn aber bei der Überreichung der order die Einlagerung auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werden soll, dann kann nicht angenommen werden, daß der ursprüngliche Einlagerer noch unbestimmte, u. U. lange Zeit (vgl. hierzu § 13 Nr. 3 Abs. 2 SVS) – hier über 9 Monate lang – für die Lagerkosten haften soll, obwohl er die Rechte aus den Lagervertrag abgetreten hat. Die delivery order stellt an sich auf die Auslieferung der Ware an den Abtretungsempfänger bei Vorlage an den Lagerhalter ab. Verlangt der Abtretungsempfänger vom Lagerhalter, daß dieser die Ware weiterhin auf unbestimmte Zeit für ihn, den Abtretungsempfänger, einlagere, so gebietet es die Interessenlage der drei Beteiligten, in der Regel ihren Willen dahin auszulegen, daß die Lagerung für den ursprünglichen Einlagerer als beendet angesehen wird und nunmehr ein neuer Lagervertrag zwischen dem durch die delivery order Berechtigten und dem Lagerhalter zustandekommt. Will einer der Beteiligten, insbesondere der Lagerhalter, diese Rechtslage nicht auf sich nehmen, so muß er seinen Willen klar zum Ausdruck bringen. Das hat die Firma Ba. weder bei ihren Erklärungen noch bei ihren Anforderungen der Lagerkosten getan. Aus diesen Gründen ergibt sich, daß nach Übermittlung der delivery order Mitte April 1958 ein Lagervertrag zwischen der Klägerin und Ba. zustandegekommen ist.
Die delivery order für die zweite Partie übersandte die Klägerin mit Schreiben vom 30. August 1958 mit der gleichzeitigen Bitte, die Verschiffungsmuster zu ziehen. Auch über diese Partie ist aus den angeführten Gründen ein Lagervertrag zwischen der Klägerin und der Firma Ba. zustandegekommen.
Was oben über die Nichterfüllung der Pflicht der Firma Ba. zur Inbesitz- und Obhutnahme nebst bedingungsloser Verfügungsgewalt ausgeführt worden ist, gilt entsprechend für die eigenen Rechte der Klägerin aus ihren Lagerverträgen von Mitte April und Ende August 1958. Zu diesen Zeitpunkten konnte die Klägerin aus eigenem Recht von der Firma Ba. die Sicherstellung der unbedingten Verfügungsgewalt verlangen und die Firma Ba. wäre verpflichtet gewesen, die Klägerin aufzuklären, wenn eine solche Sicherstellung wegen der Geltendmachung des Pfand- und Zurückbehaltungsrechtes durch Ihle nicht möglich gewesen wäre. Auch hier kommt es dann darauf an, ob die Firma Ba. bei Erfüllung ihrer Pflicht in der Lage gewesen wäre, den Verschiffungsauftrag der Klägerin vom 27. Januar 1959 über die 38 Kisten auszuführen.
III. Das den Schaden verursachende Ereignis (§ 1 SVS) ist die unterbliebene Auslieferung der Kisten vor Abfahrt des Dampfers „Hestia” im Februar 1959, da bis zu diesem Zeitpunkt die Firma Ba. die Möglichkeit hatte, durch Befriedigung der Firma I. die bedingungslose Auslieferung und die Verschiffung der 38 Kisten herbeizuführen. Das Unterbleiben der Auslieferung ist dem Verlust des Gutes im Sinne der §§ 417, 390 HGB gleichzusetzen. Die Firma Ba. ist verantwortlich dafür, daß sie das Gut nicht ausgeliefert hat, es sei denn, daß das Unterbleiben der Auslieferung auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nicht abgewendet werden könnten. Welche Umstände das sein können, ist oben dargelegt. Da die Firma Ba. die Speditionsversicherung gedeckt hat und der Schaden durch die Versicherung gedeckt ist, ist die Firma Ba. von jeder Haftung frei (§ 41 ADSp), sofern nicht ihr Inhaber oder seine leitenden Angestellten ihre Pflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt haben. In jedem Falle haften die Beklagten, falls Ba. ohne Deckung der Speditionsversicherung haften würde (§§ 1, 2, 6 A SVS). Die Haftung der Beklagten ist ohne weiteres gegeben; sie hängt nicht davon ab, ob die Firma Ba. die versicherten Verkehrsverträge bei der die Beklagten vertretenden Firma Oskar Schu… KG angemeldet und die Prämien gezahlt hat (Krien-Hay aaO SVS § 3 Anm. 4c XVII), auch nicht davon, ob Bachmann der Klägerin die Prämien in Rechnung gestellt hat (BGH LM SVS Nr. 1). Ein Haftungsausschluß nach § 5, insbesondere Nr. 2 SVS liegt nicht vor.
IV. Da das Berufungsgericht den Begriff des Lagervertrages und des Verkehrsvertrages verkannt und daher § 2 SVS für unanwendbar erklärt hat; mußte das Urteil aufgehoben werden. Die Sache ist noch nicht zur Entscheidung reif und mußte daher an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Ihm bleibt auch die Entscheidung über die Kosten der Revision vorbehalten.
Unterschriften
Dr. Fischer, Dr. Kuhn, Br. Nörr, Fleck, Stimpel
Fundstellen
BGHZ, 43 |
NJW 1966, 1966 |
NJW 1967, 41 |
Amtliche Sammlung |
Nachschlagewerk BGH |