Leitsatz (amtlich)
VIDEO-RENT
Die Bezeichnung VIDEO-RENT ist als Firmenbezeichnung für einen Geschäftsbetrieb, der Geräte und Zubehör der Unterhaltungselektronik einschließlich Videogeräte und Videokassetten umfaßt, nicht unterscheidungskräftig.
Tatbestand
Die Klägerin führt die Firma VIDEO-RENT Fernseh- und Videoleasing GmbH, unter der sie Geräte der Unterhaltungselektronik im Wege des Leasings vertreibt und bespielte sowie unbespielte Videokassetten verkauft. Ein mit ihr verbundenes Unternehmen mit der Bezeichnung Movie-Rent vermietet in ihren Geschäftsräumen bespielte Videokassetten. Die Klägerin hat ihren Geschäftsbetrieb am 15. November 1980 aufgenommen und wurde am 27. November 1980 in das Handelsregister des Amtsgerichts Waiblingen eingetragen. Sie betreibt in Süddeutschland mehrere Ladengeschäfte sowie Agenturen, die sie in Ladengeschäfte umwandeln will. Sie beabsichtigt, weitere Ladengeschäfte zu eröffnen, und erwägt, ihre Rechte an der Bezeichnung VIDEO-RENT und ihr Know-How durch Franchiseverträge auf Unternehmer im ganzen Bundesgebiet zu übertragen, damit diese in gleicher Weise wie die Klägerin gewerblich tätig werden können.
Die Beklagte wurde am 15. März 1982 unter der Firma Videorent GmbH in das Handelsregister Hamburg und am 18. Mai 1982 nach Sitzverlegung in das Handelsregister Groß-Gerau eingetragen. Die Eintragung in Hamburg wurde am 9. August 1982 gelöscht. Durch Zeitungsanzeige vom 27. August 1982 kündigte sie die Neueröffnung eines Geschäfts in Stuttgart unter der Bezeichnung „Video-Rent” an, in dem sie bespielte Kassetten verleiht.
Die Klägerin sieht in der Verwendung der Bezeichnung Videorent durch die Beklagte eine Verletzung ihres Namensrechts an der Bezeichnung VIDEO-RENT und nimmt die Beklagte auf Unterlassung, Löschung der Firma, Auskunftserteilung über den Umfang der Verwendung der Bezeichnung Videorent im geschäftlichen Verkehr mit Geräten der Unterhaltungselektronik seit dem 27. September 1982 und auf Schadensersatz in Anspruch.
Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, bei ihrer Geschäftstätigkeit in Stuttgart in ihrer Firmenbezeichnung allein das Wort „Videorent” ohne einen deutlichen Zusatz zur Unterscheidung von der Firma der Klägerin zu verwenden; insoweit hat es auch zur Auskunftserteilung über die Verwendung dieser Bezeichnung seit dem 27. September 1982 und zur Schadensersatzleistung verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat es der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klägerin genieße sowohl für ihre vollständige Firmenbezeichnung als auch für den Firmenbestandteil VIDEO-RENT Schutz nach §§ 12 BGB, 16 UWG. Ihre Firmenbezeichnung sei wegen des Bestandteils VIDEO-RENT unterscheidungskräftig, weil die Masse der angesprochenen Verkehrskreise ihn nicht als beschreibende Angabe verstände. Für den Ausdruck Videorent gebe es auch kein schützenswertes Freihaltebedürfnis, da kein Anlaß bestehe, die Verbreitung englischer Ausdrücke in der deutschen Sprache zu fördern, und da genügend deutsche Ausdrücke zur Verfügung ständen. Die Bezeichnung Videorent habe ihre Unterscheidungskraft auch nicht dadurch verloren, daß sechs andere Unternehmen im Inland sie in ihre Firma aufgenommen hätten.
II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage.
1. Da der Firmenbestandteil VIDEO-RENT keine Verkehrsgeltung zugunsten der Klägerin erlangt hat, setzt ein Schutz gem. den §§ 12 BGB und 16 UWG voraus, daß es sich um eine unterscheidungskräftige Bezeichnung handelt. An dieser Voraussetzung fehlt es regelmäßig bei Gattungsbezeichnungen, insbesondere bei rein beschreibenden Angaben. Diese besitzen meist keine ausreichende Eigenart, um vom Verkehr als eindeutiger Hinweis auf einen bestimmten Namensträger aufgefaßt zu werden.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Bezeichnung VIDEO-RENT besitze ausreichende Unterscheidungskraft, da ihr Bestandteil „RENT” nicht der deutschen Umgangssprache angehöre und das englische Wort „rent” nicht so bekannt sei, daß es als beschreibende Angabe verstanden werde. Diese Auffassung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand; denn sie läßt wesentliche Umstände unberücksichtigt.
Die Wörter „Video” und „rent” sind für sich betrachtet nicht unterscheidungskräftig. Das Wort „Video” ist – wovon auch das Berufungsgericht ausgeht – eine beschreibende Angabe und gehört inzwischen der deutschen Umgangssprache an. Gleichermaßen wird auch das Wort „rent” als eine beschreibende Angabe verstanden. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht dem nicht entgegen, daß es nicht der deutschen Umgangssprache angehört; denn es kann von den beteiligten Verkehrskreisen gleichwohl als beschreibende Angabe aufgefaßt werden. Dazu bedarf es nicht, wie das Berufungsgericht gemeint hat, einer verbreiteten Kenntnis der genauen Bedeutung dieses Wortes in der englischen Sprache; denn der Verkehr kann bereits durch die Verwendung dieses Wortes im deutschen Geschäftsleben zu der Annahme gelangen, daß damit das Mieten oder Leasen gemeint ist. Davon ist nach der hier festgestellten Verbreitung des Wortes „rent” in der inländischen Geschäftssprache – insbesondere im Zusammenhang mit herausgestellten Kurzformen – auch tatsächlich auszugehen; denn danach wird es vielfach in diesem Sinne verwendet. So wird nach unwidersprochen gebliebenem Sachvortrag der Beklagten insbesondere das Vermieten von Kraftfahrzeugen seit längerem mit der international verbreiteten Formel „rent a car” angeboten. Entsprechend soll bei der Firma „interRent” das Wort „Rent” auf das Vermieten von Fahrzeugen hinweisen. In dem hier betroffenen Geschäftsbereich wird für die Mietkassetten mit dem entsprechenden Slogan „rent a movie” geworben. Ferner werden für die Fernsehvermietung die Warenzeichen „Colorent” und „telerent” verwendet, wobei durch die Silbe „rent” wiederum auf das Vermieten hingewiesen wird. In dem Betrieb der Klägerin wird der Begriff „rent” sogar zweimal zur Bezeichnung des Mietens bzw. Leasens benutzt; denn außer ihrer eigenen Bezeichnung VIDEO-RENT vermietet ein mit ihr verbundenes Unternehmen in ihren Geschäftsräumen bespielte Videokassetten unter der Bezeichnung Movie-Rent.
Die Verbindung der Wörter „VIDEO” und „RENT” besitzt ebenfalls keine hinreichende Unterscheidungskraft als Firmenbezeichnung für einen Geschäftsbetrieb, der Geräte und Zubehör der Unterhaltungselektronik einschließlich Videogeräte und Videokassetten umfaßt. Eine ausreichende Unterscheidungskraft wäre nur anzunehmen, wenn es sich um eine eigenartige, phantasievolle Zusammensetzung dieser beiden Begriffe handelte, die der Verkehr als individuellen Herkunftshinweis auffassen würde (BGH, Urteile vom 15.4.1966 – Ib ZR 85/64 = GRUR 1966, 495, 497 – Uniplast – und vom 14.5.1976 – I ZR 29/73 = GRUR 1976, 643, 644 – Interglas). Davon kann jedoch im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden; vielmehr ergibt auch die Wortzusammenfügung nur ein sprachübliches Wort beschreibenden Inhalts. Die beiden Wörter werden nämlich nur entsprechend ihrem ursprünglichen, rein beschreibenden Wortsinn verwendet. Außerdem liegt es nahe, die betreffenden Geschäfte mit dieser Wortverbindung zu bezeichnen, da die deutsche Sprache hierfür keinen geeigneten Ausdruck anbietet und auf dem Gebiet der Unterhaltungselektronik das Publikum an die Verwendung englischer Wörter gewöhnt ist. Daß die Bezeichnung „Video-Rent” in den Fachkreisen als freie Sachbezeichnung aufgefaßt wird, zeigt sich auch daran, daß im Inland neben der Beklagten noch weitere Unternehmen sie in ihre Geschäftsbezeichnung aufgenommen haben.
Rechtsirrig hat das Berufungsgericht gemeint, an dem Begriff Videorent bestehe deshalb kein schutzwürdiges Freihaltebedürfnis, weil er der englischen Sprache entnommen sei. Beim Freihaltebedürfnis geht es nämlich nicht um Fragen der Reinerhaltung der deutschen Sprache, sondern um die Berücksichtigung der tatsächlichen Sprachentwicklung. Daher kann auch für fremdsprachige Bezeichnungen, die im Inland als beschreibend verstanden werden, ein schutzwürdiges Freihaltebedürfnis bestehen.
2. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist auch nicht – wie das Landgericht angenommen hatte – für den Bereich Stuttgart aus § 37 Abs. 2 HGB begründet.
Nach dieser Bestimmung kann derjenige, der dadurch in seinen Rechten verletzt wird, daß ein anderer eine Firma unbefugt gebraucht, von diesem die Unterlassung des Gebrauchs der Firma verlangen. Ein unzulässiger Firmengebrauch im Sinne dieser Vorschrift liegt dann vor, wenn die Vorschriften über die Firmenführung in den §§ 18 ff. HGB verletzt sind.
Das Landgericht hat einen Verstoß der Beklagten gegen § 30 Abs. 1 und 3 HGB angenommen, weil diese sich unter ihrer verwechslungsfähigen Firma in Stuttgart niedergelassen habe, ohne sich von der dort eingetragenen Firma der Klägerin deutlich zu unterscheiden. Dieser Vorwurf ist jedoch nicht begründet. Die Verpflichtung des § 30 HGB zur Führung einer Firma, die sich von den am selben Ort eingetragenen Firmen deutlich unterscheidet, will der Gefahr der Verwechslung von Firmen vorbeugen. Sie greift daher ihrem Sinn und Zweck nach nur ein, wenn die Übereinstimmung in der Firmenbezeichnung überhaupt eine Verwechslungsgefahr begründen kann. Das ist bei dem Begriff „Video-Rent” nicht der Fall; denn – wie ausgeführt – wird dieser noch nicht als Name des so bezeichneten Unternehmens, sondern als Beschreibung des Geschäftsgegenstandes verstanden. Der Verkehr schließt daher von der übereinstimmenden Verwendung dieses Begriffes noch nicht auf ein einheitliches Unternehmen, sondern nur auf denselben Geschäftsgegenstand.
III. Im Ergebnis war daher das Berufungsurteil aufzuheben und unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 646141 |
NJW 1987, 438 |
GRUR 1988, 319 |
AfP 1987, 450 |