Leitsatz (amtlich)
Nicht die Bestimmungen der Konkursordnung, sondern die allgemeinen Vorschriften ergeben, welche Pflichten den Konkursverwalter als Verhandlungspartner und Vertragspartner eines Dritten treffen, der mit der Konkursmasse Geschäfte machen will.
Diesem haftet der Konkursverwalter persönlich nur dann, wenn er eigene Pflichten ausdrücklich übernommen oder insoweit einen Vertrauenstatbestand, an dem er sich festhalten lassen muß, geschaffen oder eine unerlaubte Handlung (BGB §§ 823ff) begangen hat.
Orientierungssatz
(Zitierungen; Beteiligter iSd KO § 82)
1. Weiterentwicklung BGH, 1986-12-04, IX ZR 47/86, ZIP 1987, 115; Weiterentwicklung BGH, 1982-10-05, VI ZR 261/80, BGHZ 85, 75.
2. Ein Dritter, der mit der Konkursmasse Geschäfte machen will, als Verhandlungspartner und Vertrauenspartner des Konkursverwalters ist nicht Beteiligter iSd KO § 82.
Tatbestand
Über das Vermögen der Firma R. GmbH in M., die mit Gartenerzeugnissen handelte und Landschaftsbau betrieb, wurde am 18. September 1980 das Konkursverfahren eröffnet und der Beklagte zum Konkursverwalter ernannt. Er verlangte von der Autobahndirektion Südbayern gemäß § 17 KO die Erfüllung von drei noch nicht abgewickelten Werkverträgen über die Bepflanzung der Böschungen von drei Autobahnteilstrecken zwischen Regensburg und Passau.
Am 26. Januar 1981 schlossen die Klägerin und der Beklagte folgenden Vertrag:
„Der Konkursverwalter der R. GmbH verkauft an die O. G. GmbH i.Gr. folgende Vermögenswerte:
- sämtliches bewegliches Vermögen der GmbH, insbesondere Maschinen, Fahrzeuge, Geräte, Werkzeuge, Büromöbel u.a.
- außerdem wurden verkauft bzw. abgetreten: sämtliche Baustellen der GmbH, wobei die O. G. GmbH i.Gr. in die Rechte und Pflichten des Konkursverwalters bezüglich der Baustellen eintritt. Es werden sämtliche Forderungen sowohl vor, als auch nach der Konkurseröffnung bezüglich der Baustellen übertragen, ausgenommen sind Schadensersatzansprüche …”
Die Autobahndirektion Südbayern stimmte dem Eintritt der Klägerin in die vorgenannten drei Werkverträge nicht zu. Deshalb schlossen die Parteien am 20. Januar 1982 einen „Nachunternehmervertrag”, in dem u.a. bestimmt ist:
„…
2. Der Konkursverwalter beauftragt die Firma S. G. GmbH (Klägerin), sämtliche Restarbeiten und sämtliche Nachpflanzungen der oben genannten Baustellen auszuführen.
…
3. Für die Ausführung der sämtlichen Restarbeiten laut Bauvertrag erhält der Subunternehmer sämtliche Zahlungen, die dem Konkursverwalter vom Auftraggeber zufließen bzw. seit Konkurseröffnung zugeflossen sind.
…
5. …
…
Die Firma S. G. GmbH erbringt ihre Leistungen so, wie die Leistungserbringung vom Konkursverwalter aufgrund des Hauptvertrags geschuldet wird. Soweit der Auftraggeber Abzüge für Forderungen vornimmt, die nicht aus den o.g. Verträgen herrühren, sondern aufgrund anderer Rechtsbeziehungen begründet sind, belasten diese Abzüge die Firma G. S. GmbH nicht, sondern sind vom Konkursverwalter aus der Masse auszugleichen.”
In einer weiteren Vereinbarung, ebenfalls vom 20. Januar 1982, heißt es:
„Dadurch (durch den Subunternehmervertrag) hat der Konkursverwalter seine Verpflichtung, sämtliche Baustellen der Gemeinschuldnerin an die Firma S. G. GmbH zu verkaufen bzw. abzutreten, erfüllt. … .”
Im Herbst 1982 weigerte sich die Autobahndirektion Südbayern, von einer aus den drei Werkverträgen geschuldeten Abschlagszahlung einen Teilbetrag von 60.967,01 DM zu entrichten, weil in dieser Höhe Rückstände an Umsatzsteuern wegen der von der Firma R. GmbH noch vor der Konkurseröffnung erbrachten Leistungen bestünden.
Das Autobahnamt Baden-Württemberg erklärte mit Schreiben vom 24. Februar 1982, daß die Gemeinschuldnerin für vor der Konkurseröffnung erbrachte Leistungen noch eine Vergütung von 27.025,24 DM zu fordern habe, das Guthaben aber „zwecks Aufrechnung mit Forderungen der Bundesstraßenverwaltung vorerst in Verwahrung genommen” werde. Dazu hat die Klägerin behauptet: Bei Abschluß des Vertrags vom 26. Januar 1981 habe der Beklagte erklärt, der öffentliche Auftraggeber habe gegenüber schon entstandenen Vergütungsansprüchen der Gemeinschuldnerin keine Aufrechnungsmöglichkeiten. Der Beklagte habe sich geweigert, ein gegen das Autobahnamt Baden-Württemberg wegen der Forderung eingeleitetes Mahnverfahren weiter zu betreiben. Mit diesem Auftraggeber sei ein Abtretungsverbot vereinbart gewesen.
Das Landgericht verurteilte den Beklagten als Konkursverwalter (Beklagter zu 1 im ersten und zweiten Rechtszug), aus der Masse 60.967,01 DM nebst 12% Zinsen seit 11. Juli 1983 an die Klägerin zu zahlen, und wies im übrigen die Klage auf Zahlung von weiteren 27.025,24 DM nebst Zinsen aus der Konkursmasse ab. Die gegen den Beklagten persönlich (Beklagten zu 2 im ersten und zweiten Rechtszug) gerichtete Klage auf Leistung von 87.992,25 DM nebst Zinsen wies es ab, weil genügend Masse zur Befriedigung des Anspruchs der Klägerin verbleibe. In der Berufungsinstanz berief sich die Klägerin auf die unstreitige Tatsache, daß die Klageansprüche aus der Konkursmasse jetzt nicht mehr befriedigt werden können. Durch rechtskräftig gewordenes Teilurteil vom 26. April 1985 verurteilte das Oberlandesgericht den Beklagten (zu 1) als Konkursverwalter, weitere 27.025,24 DM nebst 12% Zinsen seit 11. Juli 1983 aus der Konkursmasse zu zahlen, und wies die Berufung des Beklagten (zu 1) zurück. Durch Schlußurteil vom 14. März 1986 verurteilte es den Beklagten (zu 2) persönlich, als Gesamtschuldner mit dem Beklagten (zu 1) an die Klägerin 87.992,24 DM nebst 12% Zinsen seit 11. Juli 1983 zu zahlen und die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag, die gegen ihn persönlich gerichtete Klage abzuweisen, weiter. Die Klägerin bittet, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Das Urteil des Landgerichts ist wiederherzustellen, soweit es die Klage gegen den Beklagten persönlich abgewiesen hat.
I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der Beklagte persönlich zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der der Klägerin dadurch entstanden sei, daß sie die drei der Gemeinschuldnerin von der Autobahndirektion Südbayern in Auftrag gegebenen Baustellen und die Forderung gegen das Autobahnbauamt Baden-Württemberg gekauft habe, ohne jeweils die volle Gegenleistung erhalten zu haben. Insoweit habe der Beklagte seine Pflicht aus § 82 KO verletzt, als Konkursverwalter nur Verträge abzuschließen, die aus der Masse auch erfüllbar seien. Nach den Verträgen vom 26. Januar 1981 und 20. Januar 1982 habe nicht die Klägerin die Umsatzsteuer zu entrichten, sondern die Konkursmasse das Risiko dieser Inanspruchnahme zu tragen. Weil die Gemeinschuldnerin mit dem Auftraggeber unstreitig ein Abtretungsverbot vereinbart habe, sei die im Vertrag vom 26. Januar 1981 vorgesehene Abtretung des Anspruchs gegen das Autobahnamt Baden-Württemberg unwirksam. Der Verkäufer, nämlich die Konkursmasse, hafte jedoch gemäß § 437 Abs. 1 BGB für den Bestand der Forderung und das Fehlen eines vereinbarten Abtretungsverbots.
[xxxxx]behauptet, daß die beim Abschluß der Verträge vom 26. Januar 1981 und 20. Januar 1982 vorhandene Masse ausgereicht hätte, den geschuldeten Ausgleich vorzunehmen. Der Beklagte habe mindestens fahrlässig gehandelt. Bei der nach § 82 KO gebotenen sorgfältigen Prüfung hätte er erkennen können, daß die Masse zur Erfüllung der mit den Verträgen übernommenen Verbindlichkeiten nicht ausreichen werde und daß die Forderung gegen das Autobahnamt Baden-Württemberg nach der Vereinbarung der Gemeinschuldnerin mit dem Auftraggeber nicht abgetreten werden könne. Der Beklagte hafte der Klägerin persönlich auf Ersatz des negativen Interesses; er habe die Klägerin so zu stellen, als hätte sie die Verträge vom 26. Januar 1981 und 20. Januar 1982 in Bezug auf die drei oben genannten Werkverträge und die Abtretung der Forderung von 27.025,24 DM nicht abgeschlossen. Auf ihren Schadensersatzanspruch brauche sich die Klägerin die Vorteile nicht anrechnen lassen, die ihr dadurch entstanden seien, daß sie aufgrund der Verträge mit dem Beklagten zu einer Zusammenarbeit mit den Autobahnbehörden gelangt sei.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Im Ergebnis rechtfertigt das Berufungsgericht die Eigenhaftung des Beklagten nach § 82 KO damit, daß die im Teilurteil vom 26. April 1985 der Klägerin zuerkannten Ansprüche auf Zahlung von 60.967,01 DM und 27.025,24 DM nebst Zinsen jetzt nicht mehr aus der Masse befriedigt werden können. Auf diese unstreitige Tatsache wird der Vorwurf gestützt, der Beklagte habe beim Abschluß der Verträge vom 26. Januar 1981 und 20. Januar 1982 erkennen können, daß die Masse nicht ausreichen werde, die in diesen Verträgen übernommene Verbindlichkeiten zu erfüllen. Dem Berufungsgericht ist zuzugeben, daß jedenfalls seine Annahme einer objektiven Pflichtverletzung des Beklagten eine Stütze in der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs findet (Urteile v. 4. Juni 1958 – V ZR 304/56, LM KO § 82 Nr. 2; v. 21. März 1961 – VI ZR 149/60, LM KO § 82 Nr. 3; v. 27. Februar 1973 – VI ZR 118/71, NJW 1973, 1043 = LM KO § 82 Nr. 6; v. 10. April 1979 – VI ZR 77/77, NJW 1980, 55). Dort ist gegenüber Dritten eine persönliche Haftung des Konkursverwalters nicht nur daraus hergeleitet worden, daß er bei der Fortführung des Unternehmens des Gemeinschuldners Verbindlichkeiten gegenüber Dritten eingegangen ist, mit deren vollständiger Tilgung aus der Masse er nicht sicher rechnen konnte (vgl. dazu Urteile v. 21. März 1961; v. 27. Februar 1973 und v. 10. April 1979 aaO). Selbst der Verkauf von Grundstücken des Gemeinschuldners, also eine der Verwertung der Masse im Sinne des § 117 KO dienende Handlung, sei geeignet, eine Eigenhaftung des Konkursverwalters gegenüber dem Käufer zu begründen (Urt. v. 4. Juni 1958 aaO). Nach dieser Entscheidung würde ein Dritter mit dem Beginn der Vertragsverhandlungen, die der Konkursverwalter zwecks Verwertung der Masse angebahnt hat, im Sinne des § 82 KO Beteiligter; diesem gegenüber wäre der Konkursverwalter verpflichtet, keine Verträge abzuschließen, deren Erfüllung aus der Konkursmasse nicht gesichert ist.
a) Für den Fall der Betriebsfortführung durch den Konkursverwalter hat der erkennende Senat im Urteil vom 4. Dezember 1986 – IX ZR 47/86, ZIP 1987, 115, NJW 1987, 844 (vgl. dazu Karsten Schmidt NJW 1987, 812) seinen abweichenden Standpunkt dargelegt. Danach haftet der Konkursverwalter den Massegläubigern, zu deren Befriedigung die Masse nicht aus reicht, nur dann persönlich, wenn er das Unternehmen, obwohl feststand, daß es nicht wenigstens seinen Aufwand erwirtschaften wird, nicht sofort liquidiert, sondern weitergeführt hat und bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters hätte erkennen können und müssen, daß er die mit der Fortführung notwendig erwachsenden Verbindlichkeiten nicht aus der Masse werde tilgen können.
b) Für den Fall, daß der Betrieb ganz oder zum Teil durch Veräußerung oder auch durch Verpachtung zum Vorteil der Konkursgläubiger verwertet werden soll, sind bereits in BGHZ 85, 75 die Pflichten des Konkursverwalters gegenüber früheren Entscheidungen, insbesondere dem Urteil vom 4. Juni 1958 (aaO), eingegrenzt worden. Die Pflichten des Konkursverwalters als Vertragspartner eines Neugläubigers werden nicht mehr auf dessen Beratung über die rechtlichen Folgen des Vertrags erstreckt; ferner wird dem Vertragspartner die Darlegungs- und Beweislast dafür aufgebürdet, daß ihm der Konkursverwalter die Verantwortung für die Folgen des mit der Masse abgeschlossenen Geschäftes abgenommen oder einen entsprechenden Vertrauenstatbestand geschaffen habe, an dem sich der Konkursverwalter nach Treu und Glauben festhalten lassen müsse. Im Grundsatz blieb der VI. Zivilsenat in dieser Entscheidung aber dabei, daß Verhandlungs- und Vertragspartner der Konkursmasse immer Beteiligte im Sinne des § 82 KO seien. Zwar müsse der Konkursverwalter in erster Linie für anteilige Befriedigung der Konkursgläubiger sorgen. Dieses Ziel dürfe er aber nur unter gebotener Rücksichtnahme auf die Geschäftspartner durchsetzen, insbesondere dürfe er diese nicht ohne besondere Aufklärung in die wirtschaftlichen Risiken hineinziehen, die mit Geschäften mit der Konkursmasse verbunden seien, und müsse zu ihrem Schutze die Entwicklung der Konkursmasse überwachen (BGHZ 85, 75, 78). Letztlich blieb jedoch offen, ob der Konkursverwalter dann, wenn er Aufklärungspflichten bei den Verhandlungen und beim Abschluß eines Vertrages verletzt, für den daraus dem Vertragspartner erwachsenden Schaden neben der Konkursmasse auch persönlich haftet (BGHZ 85, 75, 80).
2. Der Senat verneint die Frage wiederum in Anlehnung an die Ausführungen von Fritz Baur in der Festschrift für Rudolf Bruns 1980, 241ff.
a) Bereits im Urteil vom 4. Dezember 1986 (aaO) ist ausgesprochen, daß eine Eigenhaftung des Konkursverwalters nach § 82 KO nur in Betracht kommt, wenn er sich aus der Konkursordnung ergebende, also konkursspezifische Pflichten verletzt hat. Solche Pflichten hat der Konkursverwalter gegenüber dem Gemeinschuldner und insbesondere den Konkursgläubigern, aber auch gegenüber den Massegläubigern im Sinne der §§ 58 und 59 KO sowie gegenüber den Aussonderungs- und Absonderungsberechtigten wahrzunehmen. So hat er für eine möglichst weitgehende gleichmäßige Befriedigung der Konkursforderungen zu sorgen (§§ 3 Abs. 1, 117ff, 149ff KO), Massegläubiger vorweg (§ 57 KO) und gegebenenfalls in der Rangfolge des § 60 KO zu befriedigen sowie die dinglichen Rechte der Aussonderungs- und Absonderungsberechtigten zu beachten (§§ 43ff, 126, 127 KO).
Dagegen ergeben nicht die Bestimmungen der Konkursordnung, sondern die allgemeinen Vorschriften, welche Pflichten den Konkursverwalter als Verhandlungs- und Vertragspartner eines Dritten, der mit der Konkursmasse Geschäfte machen will, treffen. Konkursspezifisch sind nicht die Pflichten, die dem Konkursverwalter, wie jedem Vertreter fremder Interessen gegenüber seinem Geschäftspartner, bei oder nach Vertragsabschluß obliegen. Werden solche Pflichten durch einen anderen ermächtigten Vertreter fremder Interessen verletzt, so haftet in aller Regel nur der Vertretene. Der Vertreter fremder Interessen enthebt nicht durch seine Eigenhaftung den Geschäftspartner der Notwendigkeit, Risiken und Vorteile des in Aussicht genommenen Vertrags abzuwägen und gegebenenfalls Sicherheiten zu fordern. Es ist kein Grund ersichtlich, warum es bei Geschäften mit dem Konkursverwalter anders sein sollte. Er hat die Interessen der Beteiligten in dem oben dargelegten Sinne, aber nicht die Belange seiner Geschäftspartner zu wahren, die ihren Vorteil auch zu Lasten der Konkursmasse suchen dürfen. Die Geschäftspartner des Konkursverwalters sind durch die Konkurseröffnung gewarnt und müssen sich bewußt sein, daß sie Risiken, insbesondere das Risiko der Masseunzulänglichkeit, eingehen. Der Konkursverwalter ist zwar Partei kraft Amtes, hat aber nicht wie ein Beamter Amtspflichten gegenüber seinen Geschäftspartnern zu erfüllen. Diese sind auf die Dienste des Konkursverwalters, anders als auf die der öffentlichen Verwaltung, nicht angewiesen und können Geschäfte mit der Masse jederzeit ablehnen. Deshalb muß der Konkursverwalter nicht auf die regelmäßig vorhandenen, im allgemeinen auch bekannten Gefahren hinweisen, die Geschäfte mit der Konkursmasse, insbesondere Vorleistungen oder die Abwicklung von Verträgen über einen längeren Zeitraum, zwangsläufig für den Vertragspartner mit sich bringen.
b) Diese Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 82 KO findet ihre Parallele in der gesetzlich geregelten Haftung von Interessenvertretern gegenüber Interessenträgern, so der Vorstände und Geschäftsführer in § 93 AktG und § 43 GmbHG gegenüber der Gesellschaft, des Testamentsvollstreckers in § 2219 BGB gegenüber dem Erben und Vermächtnisnehmer sowie des Nachlaßverwalters in § 1985 Abs. 2 Satz 1 BGB gegenüber den Erben und Nachlaßgläubigern. Den vorgenannten Interessenträgern entsprechen die Beteiligten, denen gegenüber dem Konkursverwalter aufgrund der Vorschriften der Konkursordnung Pflichten obliegen, deren Verletzung eine Schadensersatzpflicht des Konkursverwalters selbst erst rechtfertigt. Dagegen kann eine persönliche Haftung des Konkursverwalters nicht aus einem Verstoß gegen Aufklärungs- und Hinweispflichten hergeleitet werden, die jeden Vertragschließenden während der Verhandlungen und beim Abschluß treffen. Verletzt der Vertreter fremder Interessen, so auch der Konkursverwalter, solche allgemeinen Pflichten, so haftet in aller Regel nur der Interessenträger, hier die Konkursmasse, nicht der Konkursverwalter als ihr Repräsentant. Dessen persönliche Haftung kann in diesen Fällen nur unter besonderen Voraussetzungen, nämlich wenn er eigene Pflichten ausdrücklich übernommen oder insoweit einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, an dem er sich festhalten lassen muß (vgl. BGHZ 85, 75, 82), oder wenn er eine unerlaubte Handlung (§§ 823ff BGB) begangen hat, begründet sein.
3. Danach scheidet eine persönliche Haftung des Beklagten aus.
a) Die schriftlichen Verträge der Parteien und deren Vortrag ergeben nicht, daß der Beklagte der Klägerin die Verantwortung für die Sicherung ihrer Interessen abgenommen oder sonst Erklärungen abgegeben hat, die das Vertrauen der Klägerin darauf gerechtfertigt hätten, der Beklagte selbst werde für die Erfüllung der Verträge einstehen. Vielmehr hat die Klägerin praktisch den Betrieb der Gemeinschuldnerin durch den Vertrag vom 26. Januar 1981 gekauft und übernommen. Sie wollte als neu gegründete Firma durch den Eintritt in die noch nicht abgewickelten Bepflanzungsverträge mit den Autobahnämtern eine Geschäftsverbindung herstellen, um dann weitere Verträge abschließen zu können.
b) Es ist auch nicht erkennbar, daß der Beklagte eine unerlaubte Handlung, die zum Ersatz von Vermögensschäden verpflichten könnte, begangen, nämlich die Klägerin im Sinne des § 826 BGB sittenwidrig geschädigt hätte. Das träfe etwa dann zu, wenn er über die Risiken des abzuschließenden Geschäfts getäuscht, insbesondere die künftige Zulänglichkeit der Masse als sicher vorgespiegelt, dadurch die Klägerin zum Abschluß der Verträge bewogen und einen ihr daraus möglicherweise erwachsenden Schaden erkannt und in Kauf genommen hätte. Davon kann hier selbst nach dem Vortrag der Klägerin nicht die Rede sein.
(1) Zum einen hat die Klägerin in Nr. 2 des Vertrags vom 26. Januar 1981 nicht nur die Rechte, sondern auch die Pflichten, die sich aus den Werkverträgen mit den Autobahnämtern ergeben, übernommen. Wenn ein Werkvertrag vor Konkurseröffnung nur teilweise, danach aber entsprechend der Erklärung des Konkursverwalters gemäß § 17 KO vollständig erfüllt wurde, ist die Werklieferung im Sinne des § 3 Abs. 4 UStG erst erbracht, wenn der Konkursverwalter das vollendete Werk dem Besteller überläßt (BFH Urt. v. 2. Februar 1978, BStBl. II, 1978, 483, 485). Danach hat die Klägerin im Auftrag des Beklagten durch die Erfüllung der drei Werkverträge die Leistungen erbracht, die die Umsatzsteuerschuld als Masseschuld begründeten. Die Klägerin wäre also Schuldnerin der aufgrund der drei Werkverträge angefallenen Umsatzsteuer geworden, wenn die Autobahndirektion Südbayern der vereinbarten Übernahme der drei Werkverträge durch die Klägerin (vgl. dazu Senatsurt. v. 20. Juni 1985 – IX ZR 173/84, BGHZ 95, 88 = JZ 1985, 1093 mit Anm. v. Nörr) zugestimmt hätte. Der Beklagte konnte und durfte die Verträge vom 26. Januar 1981 und 20. Januar 1982 dahin verstehen, daß die Klägerin die Masse so zu stellen habe, als wäre die Klägerin in die Verträge eingetreten und würde Schuldnerin der Umsatzsteuer werden. Das Berufungsgericht hat die Verträge, insbesondere die Nr. 5 des Vertrags vom 20. Januar 1982, anders ausgelegt. Von diesem dem Wortlaut der Verträge widersprechenden Verständnis mußte der Beklagte nicht ausgehen.
Entsprechendes gilt auch für den mit dem Autobahnamt Baden-Württemberg geschlossenen Werkvertrag. Daß der Beklagte über den Inhalt dieses Werkvertrags und mögliche Einwendungen gegen den Werklohnanspruch getäuscht, also wider besseres Wissen die Unwahrheit gesagt habe, ist auch nicht im Ansatz vorgetragen. Der Klägerin waren unstreitig vor Vertragsschluß die die Werkverträge betreffenden Unterlagen zugänglich.
(2) Zudem hat die auch insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klägerin nicht behauptet, bei Abschluß der Verträge vom 26. Januar 1981 und 20. Januar 1982 habe bereits festgestanden, daß damals erkennbare Masseschulden nicht getilgt werden konnten. Das Landgericht hatte in seinem Urteil vom 9. November 1983 nach Auswertung der Konkursakten angenommen, wegen des Kaufpreises von 140.000 DM könnten selbst 74.500 DM übersteigende Masseschulden noch befriedigt werden. Die Erwiderung der Klägerin darauf im Berufungsrechtszug läßt nicht den Schluß zu, sie sei imstande darzutun, daß der Beklagte schon bei Abschluß des Verkaufs- und des Subunternehmervertrags die Unzulänglichkeit der Masse erkannt oder in Rechnung gestellt und dennoch die künftige Befriedigung aus der Masse zugesichert habe.
c) Schließlich ist kein Anhalt dafür ersichtlich, daß der Beklagte seine sich aus § 57 KO oder § 60 KO ergebenden Pflichten gegenüber der Klägerin schuldhaft verletzt habe, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt.
4. Nach alledem hat das Landgericht die gegen den Konkursverwalter persönlich gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 650071 |
BGHZ, 346 |
BB 1987, 1484 |
NJW 1987, 3133 |
ZIP 1987, 650 |