Leitsatz (amtlich)
Die mit der Klausel „Mängelrügen werden nur anerkannt, wenn sie nach Empfang innerhalb drei Tagen und bei verborgenen Mängeln zwei Wochen schriftlich vorgebracht werden” vereinbarte Rügefrist für verborgene Mängel gilt nur im Rahmen einer dem Käufer den Umständen nach obliegenden Pflicht zur Untersuchung der gelieferten Ware, z.B. nicht beim Großhandel mit Stümpfen, wenn solche aus Nylongarn statt aus Perlongarn geliefert wurden und dies nur durch eine dem Käufer nicht zuzumutende chemische Untersuchung festzustellen gewesen wäre.
Den Verkäufer trifft die Beweislast für Schuldlosigkeit bei positiver Vertragsverletzung (Schlechterfüllung), wenn die Ursache in seinem Gefahrenbereich liegt.
Normenkette
HGB § 346; HGB § 377; BGB §§ 276, 282, 326
Verfahrensgang
OLG Hamburg (Urteil vom 15.01.1958) |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts zu Hamburg vom 15. Januar 1958 wird auf Kosten der Beklagten mit folgender Maßgabe zurückgewiesen:
Das vorbezeichnete Urteil wird dahin ergänzt, daß die Abweisung der Klage nur insoweit ausgesprochen wird, als die Hauptsache keine Erledigung gefunden hat, und daß im übrigen die Berufungen der Parteien zurückgewiesen werden.
Die Entscheidung hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens wird dahin geändert, daß der Kläger hiervon 1/70, die Beklagte 69/70 zu tragen hat.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Durch Vertrag vom 23. April 1954, der durch einen Zusatzvertrag vom 25. April 1954 ergänzt und geändert wurde verpflichtete sich die Beklagte die u.a. die Erzeugnisse einer Strumpffabrik vertreibt, dem Kläger als Inhaber einer unter seinem Namen betriebenen Firma erst anzufertigende 3000 Dutzend Damenstrümpfe im Vertrag angegebener Beschaffenheit zu näher bestimmten Preisen und Bedingungen zu liefern. Die Lieferung der Ware sollte mit je ca, 1000 Dutzend in den Monaten Mai, Juni, Juli 1954 erfolgen, jedoch bestimmte dazu der Zusatzvertrag, daß die Klägerin „bis 1000 Dtz. Perlon-Strümpfe pro Monat abruft”. Der Kläger verpflichtete sich eine Anzahlung auf den Kaufpreis in Höhe von 15.000 DM zu leisten die bei Lieferungen je Monat mit 5.000 DM angerechnet werden sollten. Nach Punkt 9 des Vertrages wurden für die Geschäfte aus dem Vertrage im übrigen die Verkaufs- und Lieferungsbedingungen der Beklagten zugrunde gelegt; ergänzend bestimmt der Zusatzvertrag, die Beklagte verpflichtete sich, ihre Lieferungen mustergetreu vorzunehmen, andernfalls sei der Käufer zur sofortigen Rücksendung berechtigt.
Am 30. April 1954 zahlte der Kläger der Beklagten 7.000 DM in bar an und übergab ihr einen Wechsel über 8.000 DM zwecks Erfüllung der Vorauszahlungsverpfichtung. Da die Beklagte den Wechsel bei ihrer Bank nicht diskontieren lassen konnte, zahlte der Kläger ihr am 19. Mai 1954 die restlichen 8.000 DM in bar.
Die Beklagte lieferte erstmals am 15. Mai 1954 68 Paar Damenstrümpfe und am 1. Juni 1954 weitere 209 Paar, damit insgesamt ca. 23 Dutzend Paar. Mit Schreiben vom 2. Juni 1954 forderte der Kläger die Beklagte zur Erfüllung der vertraglich vorgesehenen Lieferungen auf und setzte ihr eine Frist bis zum 5. Juni 1954. Mit Schreiben von diesem Tage bestimmte er den Beklagten zur Lieferung der Strümpfe, die gemäß Vertrag im Monat Mai 1954 zu liefern waren, eine Nachfrist bis zum 10. Juni 1954 mittags mit der Erklärung daß er die Annahme der Erfüllung nach dem Ablauf der Frist ablehne und Schadensersatz verlangen werde.
Zu weiteren Lieferungen ist es nicht gekommen nach Briefwechsel erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 19. Juni 1954 sich bereit, die Juni-Lieferung von 1.000 Dutzend Perlon-Strümpfen vorzunehmen und zwar 200 Dutzend zum 21. Juni, 500 Dutzend zum 26. Juni und 300 Dutzend zum 30. Juni 1954.
Der Kläger hat behauptet, die ihm gelieferten Strümpfe seien mangelhaft gewesen, er habe beide Lieferungen sofort beanstandet. Die Beklagte habe dies auch anerkannt, jedoch bei dem Besuch am 1. Juni 1954 zugesichert, innerhalb 3 Tagen mindestens 800 Paar einwandfreie Perlon-Damenstrümpfe nahtlos erste Wahl in einwandfreier Qualität zu liefern. Da er mit den Zusicherungen der Beklagten schlechte Erfahrungen gemacht habe, sei der Beklagten mit Schreiben vom 2. Juni 1954 die Frist bis zum 5. Juni 1954 gesetzt worden. Die 277 Paar, die die Beklagte geliefert hatte, seien lediglich als Ausschuß für 1,50 DM je Paar verkäuflich gewesen.
Der Kläger hat mit der Klage Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt und unter diesem Gesichtspunkt Erstattung der Anzahlung von 15.000 DM nebst 8% Zinsen seit dem 23. April 1954 sowie entgangenen Gewinn in Höhe von 16.200 DM nebst 5% Zinsen seit 1. Juli 1954 gefordert.
Im Rechtsstreite hat der Kläger sein Verlangen nach Schadensersatz noch auf positive Vertragsverletzungen der Beklagten gestützt nämlich auf eine angebliche Verletzung des ihm im Vertrage vom 23. April 1954 eingeräumten Alleinverkaufsrechts, die nicht mehr im Streit ist, und darauf, daß die von der Beklagten gelieferten Strümpfe nicht aus Perlongarn gefertigt, sondern Nylonstrümpfe und auch deshalb vertragswidrig seien.
Die Beklagte hat eingewandt, der Kläger hätte wegen Mängel der Lieferungen nur das Recht auf Rückgabe der Strümpfe gehabt. Er habe von diesem Recht jedoch keinen Gebrauch gemacht. Denn er habe die Lieferung als mangelhaft festgestellt und sie gleichwohl abgenommen. Damit habe er auf die Mängelrüge verzichtet. Er habe dies deshalb getan, weil ihm bekannt gewesen sei, daß die Strümpfe aus der erst im Anlauf befindlichen Produktion der bezeichneten Strumpffabrik stammten, und weil Anfangsschwierigkeiten in Kauf genommen worden seien. Deshalb sei man sich darüber einig geworden, daß die beiden Lieferungen für Musterzwecke verwendet werden sollten. Eine Verschiebung des Liefertermins sei dadurch entstanden, daß der Kläger die anzuzahlenden 15.000 DM, die nach dem Vertrag bei Vertragsschluß hätten gezahlt werden sollen, nicht vereinbarungsgemäß gezahlt habe. Außerdem habe er die Bestellung der Tüten verzögert, die nach einem von dem Kläger zu stellenden Muster für die Verpackung der Einzelstrümpfe hätten beschafft werden müssen. Die anfänglichen Produktionsschwierigkeiten seien bald behoben worden, so daß die Beklagte seit Juni 1954 lieferfähig gewesen sei. Infolgedessen habe sie dem Kläger mit Schreiben vom 19. Juni 1954 die darin angegebenen Lieferungen angeboten. Die zunächst durch technische Schwierigkeiten bei der im Früjahr begonnenen Produktion entstandene Unmöglichkeit zur vertragsgemäßen Lieferung habe sie nicht zu vertreten. Um sich für derartige Fälle zu sichern habe sie dem Vertrag vom 23. April 1954 ihre Verkaufs- und Lieferungsbedingungen zugrunde gelegt wonach Schadensersatzansprüche wegen Nichtlieferungsmöglichkeit oder Rücktritt vom Vertrage bei verspätetem Eingang ihrer Leistungen ausgeschlossen seien. Der Kläger könne daraus daß im Mai 1954 Nylonstrümpfe geliefert worden seien deshalb nichts herleiten weil er darüber unterrichtet worden sei, daß man zu Anfang unter Umständen auf Nylongarne zurückgreifen werde. Die Beklagte hat ferner die Anrechnung des vollen Kaufpreise für die gelieferten 277 Paar Damenstrümpfe mit 855,30 DM verlangt und Ersatz der Auslagen für die Strumpftüten in Höhe von 1.472,94 DM im Wege der Aufrechnung gefordert sowie eine unstreitige Gesamtforderung für andere Lieferungen in Höhe von 955,20 DM zur Aufrechnung gestellt. Außerdem hat sie die Aufrechnung mit Gegenforderungen in Höhe von 18.100,15 DM nebst 10% Zinsen seit dem 13. Juni 1954 und mit Forderungen auf Erstattung von Kosten gemäß Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 15. Juli 1955 und 23. Januar 1956 in Höhe von 1.222,23 DM und 1.275,83 DM erklärt.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 3.865,46 DM nebst 8% Zinsen seit dem 14. Juni 1954 verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Dagegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Während die Beklagte die volle Abweisung der Klage erstrebt hat, forderte der Kläger mit seiner Berufung die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 4.150,63 DM nebst 8% Zinsen hierauf seit dem 14. Juni 1954 sowie 8% Zinsen auf 1.222,23 DM vom 14. Juni 1954 bis 15. Juli 1955 und auf 1.275,83 DM vom 14. Juni 1954 bis 25. Januar 1956.
Die Beklagte hat mit ihrer Berufung die Auffassung des Landgerichts bekämpft, sie habe dem Kläger arglistig verschwiegen, daß die ihm gelieferten Strümpfe aus Nylon anstelle aus Perlongarn gearbeitet seien, und der Kläger sei wegen dieser Vertragsverletzung berechtigt die Erfüllung des Lieferungsvertrages im ganzen abzulehnen. Sie hat auch bestritten, daß alle 23 Dutzend Strümpfe aus Nylongarn bestanden haben, und behauptet, es könne sich nur um einzelne Fälle gehandelt haben. Ihren Sachvortrag hat sie dazu unter anderem dahin ergänzt, daß infolge technischer Pannen bei Produktionsbeginn zunächst in einzelnen Fällen Verwechslungen zwischen Nylon und Perlonstrumpfen vorgekommen seien, somit von einem Unterschieben von Strümpfen aus Nylongarn nicht die Rede sein könne. Der Kläger habe es zudem versäumt, Mängelrügen innerhalb von drei Tagen anzubringen, wozu er nach den Lieferungsbedingungen verpflichtet gewesen wäre. Schließlich hat die Beklagte auch noch in Abrede gestellt, daß der Kläger überhaupt einen Schaden erlitten habe.
Das Oberlandesgericht hat auf die Berufungen der Parteien das Urteil des Landgerichts abgeändert. Es hat dem Kläger einen Rückzahlungsanspruch von 14.144,20 DM und einen Schadensersatzanspruch für entgangenen Gewinn von 14.874,20 DM, zusammen also 29.018,40 DM, zugebilligt und davon durch die Aufrechnung der Beklagten 21.553,41 DM als getilgt erachtet. Demgemäß hat es die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 7.464,99 DM nebst 5% Zinsen hiervon seit dem 14. Juni 1954 sowie von dem Betrag der durch Aufrechnung mit den Kostenerstattungsansprüchen getilgten Teils von 2.498,08 DM für die Zeit vom 14. Juni 1954 bis 5. Juni 1955 verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen.
Mit der Revision will die Beklagte die Klage ohne Verbrauch ihrer Gegenforderungen in der insoweit streitigen Höhe abgewiesen haben, während der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht hat abweichend von dem Urteil des ersten Rechtszuges den Schadensersatzanspruch des Klägers insoweit abgelehnt, als er sich auf die am 15. Mai und 1. Juni 1954 gelieferten rund 23 Dutzend Strümpfe bezieht. Es hat bei Prüfung der Voraussetzungen des § 480 Abs. 2 BGB in der vertragsgemäßen Bezeichnung der zu liefernden Strümpfe als Perlonstrümpfe nicht die Zusicherung einer Eigenschaft, vielmehr nur eine Kennzeichnung des Kaufgegenstandes gesehen. Auch die behaupteten Qualitätsmängel, so führt das Berufungsurteil aus, begründeten keinen Schadensersatzanspruch in Ansehung der gelieferten Strümpfe. Die Beklagte habe die vom Kläger im Rechtsstreit beanstandeten Fehler der Strümpfe auch nicht arglistig verschwiegen. Ihr sei zwar mit Rücksicht auf den Vortrag im ersten Rechtszuge und auf die unbestrittene Tatsache, daß sie nicht sämtliche Tüten mit der Perlon-Gütezeichen habe drucken lassen, schwerlich abzunehmen, daß die Lieferung von Nylonware nur auf einer Verwechslung beruhe. Beweisaufnahme habe indes ergeben, daß die Beklagte, wenn sie auch bewußt Nylonware geliefert habe, insoweit nicht arglistig gehandelt habe. Aus ihr gehe nämlich hervor, daß die Beklagte Anfang Juni 1954, als die Zeugen B. und Z. eine Teilpartie abholten, darauf hingewiesen habe, daß von ihr gelieferten Strümpfe nicht ausschließlich aus Perlongarn seien. Angesichts eines solchen Hinweises könne von einer Arglist der Beklagten keine Rede sein. Ob sonstige Gewährleistungsansprüche des Klägers wegen Verletzung der Rügepflicht entfallen sind, läßt das Berufungsgericht dahingestellt. Es hat jedoch die Lieferung von Strümpfen aus Nylonware anstelle von Perlongarn als vertragswidrig angesehen und den Kläger deshalb für berechtigt erachtet, wegen dieser positiver Vertragsverletzung die Annahme weiterer Lieferungen abzulehnen und insoweit zum Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung überzugehen. Dabei hat es erwogen, daß der Kläger sich von dem Vertrage gelöst, d.h. die Annahme weiterer Lieferungen abgelehnt habe, ohne den wirklichen Lösungsgrund zu kennen, sich also selbst subjektiv vertragsuntreu verhalten habe. Dies stehe aber, so meint das Berufungsgericht, einem Anspruch auf Schadensersatz nicht entgegen, zumal der Kläger im Zeitpunkt, in dem er sich für seine Erfüllungsverweigerung auf die Verarbeitung von Nylon- statt Perlongarn berufen habe, nicht einmal mehr subjektiv vertragsuntreu gehandelt habe. Der Unterschied zwischen Perlon und Nylon sein derart erheblich, daß es dem Kläger nicht zugemutet werden konnte, weiter an dem Sukzessivlieferungsvetrag festzuhalten, der für ihn die Gefahr in sich geborgen habe, auch in Zukunft mit Nylonware beliefert zu werden. Es handele sich um einen den Kern des Vertragsverhältnisses betreffenden Mangel, weil der Kläger, wollte er nicht seinen eigenen Abnehmern gegenüber vertragsuntreu werden, überhaupt keine Abschlüsse auf Strümpfe aus Perlongarn hätte tätigen können. Der Vertragsverstoß der Beklagten wiege umso schwerer, als der Unterschied zwischen Nylon und Perlon nicht einfach erkennbar sei, der Kläger also auf Grund des Verdachts, ihm werde nicht Perlon geliefert, bei jeder Einzellieferung chemische Untersuchungen hätte vornehmen lassen müssen. Das habe ihm nicht zugemutet werden können. Aus der Beweisaufnahme ergebe sich nicht, daß es dem Kläger gleichgültig gewesen sei, aus welchem Garn die ihm gelieferten Strümpfe hergestellt wurden. Nur darauf komme es an.
II. Die Revision greift das Berufungsurteil an, soweit es dem Kläger einen Schadensersatzanspruch zugebilligt hat, und will in erster Reihe den dem Vertrag zugrunde gelegten Lieferungsbedingungen der Beklagten entnehmen, daß der Schadensersatzanspruch vertraglich ausgeschlossen sei. Sie rügt, daß das Berufungsgericht die Lieferungsbedingungen nicht auch unter diesem Gesichtspunkt geprüft hat. Diese Rüge kann nicht durchgreifen.
Das Berufungsgericht hat sich allerdings nur mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Zusatzvertrag vom 25. April 1954 zu Punkt 9 des Hauptvertrages einem Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung entgegenstehe, und hat dies verneint. Dabei ist es auf die in der Berufungsbegründung der Beklagten vertretene Auffassung eingegangen der Kläger hätte etwaige Mängel in der Lieferung der 23 Dutzend Strümpfe sowohl wegen der allgemeinen Beschaffenheit als auch wegen der Mitsendung von Nylonstrümpfen lediglich mit der Folge rügen können, daß er den Umtausch mangelhafter Stücke verlangen durfte. Diese Auffassung hat das Berufungsgericht mit der Erwägung abgelehnt, daß der Zusatz zu Punkt 9 des Hauptvertrages sich seinem Zusammenhang nach nur auf Gewährleistungsansprüche aus dem Kaufvertrag nicht aber auf Rechtsfolgen beziehe, die bei berechtigter Lösung vom Vertrage eintreten. Diese Auslegung des Zusatzvertrages ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Sie wird von der Revision auch nicht angegriffen. Das Berufungsgericht hat aber auch keinen die Revision begründenden Rechtsfehler begangen, daß es nicht in den zu Punkt 9 des Vertrages im übrigen zugrunde gelegten Verkaufs- und Lieferungsbedingungen der Beklagten einen Ausschluß des hier in Rede stehenden Schadensersatzanspruches gefunden und unterlassen hat, die von der Beklagten hierzu im ersten Rechtszuge hervorgehobene Bestimmung zu erörtern.
Diese Verkaufs- und Lieferungsbedingungen sind unter Voranstellung von Nummern (1 bis 14) und Stichworten (1. Kondition; 2. Aufträge; 3. Lieferung; … 9. Mängelrügen) gegliedert. Punkt 2 lautet:
2. Aufträge werden erst durch unsere Auftragsbestätigung und/oder durch unsere Rechnungserteilung gültig.
Bestellungen auf noch nicht durch den Zoll geführte Importware können nur unter der Voraussetzung der Erteilung einer Importlizenz geliefert worden. Schadensersatzansprüche gegen uns wegen Nichtlieferungsmöglichkeit oder Rücktritt vom Vertrage bei verspätetem Eingang unserer Leistungen sind ausgeschlossen.
Abgesehen davon, daß diese Freizeichnung nach ihrem Zusammenhang nur auf solche Geschäfte bezogen werden könnte, die einzuführende Ware betreffen, wie der Kläger bereits im ersten Rechtszuge hervorgehoben hat, und daß Freizeichnungsklauseln grundsätzlich eng, bei unklarer Tragweite aber nicht zugunsten desjenigen auszulegen sind, der sie in den Vertrag eingeführt hat, kann sie auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt jedenfalls deshalb nicht angewendet werden, weil die Beklagte gar nicht geltend gemacht hat, es sei ihr unmöglich gewesen, anstelle der gelieferten Nylonstrümpfe aus Perlongarn zu liefern, im übrigen aber gegenüber dem aus Schlechtlieferung hergeleiteten Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung es unerheblich ist, ob die Beklagte von ihrem Vorlieferanten im Stich gelassen worden ist. Auch hierauf hatte der Kläger bereits im ersten Rechtszuge hingewiesen, wie dem Tatbestand des Urteils des Landgerichts zu entnehmen ist. Nachdem die Beklagte davon abgesehen hatte, sich in dem zweiten Rechtszuge noch auf die Klausel zu Nr. 2 ihrer Lieferungsbedingungen zu berufen, durfte das Oberlandesgericht davon ausgehen, daß sie die im ersten Rechtszuge auf diese Klausel gestützten Bedenken gegen den Schadensersatzanspruch nicht mehr weiterverfolge. Deshalb brauchte es sich mit diesem von den Parteien nur im ersten Rechtszuge erörterten Streitpunkt nicht auseinanderzusetzen. Abgesehen davon kann die Revision aber mit ihrer Rüge aus § 286 ZPO auch deshalb nicht durchdringen, weil die Voraussetzungen der Freizeichnungsklausel nicht gegeben sind.
III. Die Rügen der Revision müssen auch insoweit erfolglos bleiben, als sie die Begründung des Schadensersatzanspruchs betreffen.
1. Das Berufungsgericht nimmt an, die Lieferung von Nylonstrümpfen anstelle von Perlonstrümpfe würde wenn sie überhaupt die Lieferung einer anderen als der bedungenen Ware, also die Lieferung eines aliud, und nicht einen echten Mangel darstellen würde, der Rügepflicht des § 378 HGB andernfalls der des § 377 HGB zu unterstellen sein. Die Revision macht dazu geltend, daß nach Punkt 9 der Verkaufs- und Lieferungsbedingungen der Beklagten Mängelrügen innerhalb drei Tagen und bei verborgenen Mängeln innerhalb zwei Wochen schriftlich vorgebracht werden müssen. Sie entnimmt in diesem Zusammenhang den Ausführungen des Berufungsgerichts die Auffassung diese Lieferungsbestimmung sei dahin zu verstehen, daß sie nicht auf Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung angewendet werden könne. Das hat das Berufungsgericht jedoch nicht gesagt (BU S. 39). Es hat vielmehr dort nur die bereits oben zu II behandelte Frage erörtert, welche Bedeutung der Ergänzung des Punktes 9 des Hauptvertrages durch den Zusatzvertrag beizumessen ist. Lediglich dazu hat es ausgeführt, daß die betreffende Vertragsstelle sich nach ihrem Zusammenhang nur auf (von einem Verschulden unabhängige) Gewährleistungsansprüche aus dem Kaufvertrag beziehe, nicht aber auf Rechtsfolgen, die bei berechtigter Lösung vom Vertrage eintreten.
Unabhängig hiervon stellt sich daher die Frage, ob der Kläger Ansprüche wegen schuldhafter Schlechterfüllung aus positiver Vertragsverletzung deshalb nicht geltend machen kann, weil er die Rügefrist der allgemeinen Verkaufs- und Lieferungsbedingungen der Beklagten – zwei Wochen bei verborgenen Mängeln – nicht eingehalten habe. Diese Frage hat das Berufungsgericht nicht ausdrücklich behandelt. Sie ist deshalb nicht ohne Bedeutung, weil noch der Rechtsprechung des Reichsgerichts die nicht als mangelhaft gerügte Leistung nach jeder Richtung als vertragsgemäß zu behandeln ist. Der Empfänger der Leistung kann solchenfalls aus dem Mangel der Ware keinerlei Rechte mehr herleiten. Er kann weder die Zahlung des Kaufpreises verweigern, noch kann er die Rechte aus § 326 BGB geltend machen, noch kann er Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung erheben (vgl. RG JW 1936, 2391 zu II unter Hinweis auf RGZ 65,50, ferner RGZ 125,76, 78; OLG Karlsruhe ZS Freiburg NJW 1958, 226 Nr. 11; BGH Urt. vom 11. November 1953 – II ZR 242/52 – S. 17, BB 1953, 992, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 11,63; Urt. des erkennenden Senats vom 3. Februar 1959 – VIII ZR 14/58 – S. 10; Kuhn in BGB RGRK 11. Aufl. § 459 Anm. 39 S. 183). Die vereinbarte Rügefrist für verborgene Mängel kann jedoch nur für solche Mängel gelten, deren Entdeckung dem Kläger bei einer ihm nach den Umständen zuzumutenden Untersuchung möglich war. Sie steht im Zusammenhang mit der Untersuchungspflicht des Käufers nach §§ 377, 378 HGB. Danach hat der Käufer bei beiderseitigen Handelsgeschäften die Ware unverzüglich nach der Ablieferung, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgange tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen. Zeigt sich später ein solcher Mangel, so muß die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung gemacht werden (§ 377 Abs. 3 HGB). Da dies auch gilt, wenn eine andere als die bedungene Ware geliefert worden ist, sofern die gelieferte Ware nicht offensichtlich von der Bestellung so erheblich abweicht, daß der Verkäufer die Genehmigung des Käufers als ausgeschlossen betrachten mußte (§ 378 HGB), ist zwar grundsätzlich für die Revisionsinstanz davon auszugehen, daß bei unterlassener Anzeige die Genehmigungsfiktion des § 375 HGB hatte eintreten können. Wie jedoch das Berufungsgericht festgestellt hat und im übrigen auch unstreitig war ist der Unterschied zwischen Nylon und Perlon nicht einfach erkennbar, vielmehr nur durch Vornahme einer chemischen Untersuchung feststellbar. Eine solche Untersuchung war dem Kläger dem vertragsgemäß Perlonstrümpfe zu liefern waren, jedoch nicht zumutbar. Die Beklagte hat auch nicht behauptet, noch wird dies von der Revision geltend gemacht, daß ein gegenteiliger Handelsbrauch bestehe. Demnach ist das Revisionsgericht befugt diese Frage abschließend selbst zu entscheiden. Wenn in den Lieferungsbedingungen für die Rüge bei verborgenen Mängeln eine Frist von 14 Tagen gesetzt worden ist, so kann sie nach Treu und Glauben nur dahin ausgelegt werden, daß hiermit eine Frist für die Fälle bestimmt werden sollte, in denen für den Käufer eine Untersuchungspflicht besteht. Sie ergibt auch ihrem Wortlaut nach keinen Anhaltspunkt dafür, daß ohne Rücksicht auf die Untersuchungspflicht der Käufer sich auf später hervorgetretene Mängel nicht mehr solle berufen dürfen. Hätte die Beklagte dieser Frist eine weitergehende Bedeutung beimessen wollen, so hätte dies in den Bedingungen klar und deutlich zum Ausdruck gebracht werden müssen. Deshalb schließt diese Bestimmung nicht aus, daß der Kläger aus der Lieferung von Nylonstrümpfen statt Perlonstrümpfen, die eine positive Vertragsverletzung darstellt, Rechte gegen die Beklagte geltend machen konnte, nachdem er erst im Verlaufe des Rechtsstreits von dieser Abweichung in der Garnart Kenntnis erhalten hatte.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 6. Oktober 1954 unter Bezugnahme auf ein Schreiben des Fachzweiges Flachstrumpfwirkerei im Gesamtverband deutscher Wirkereien und Strickereien e. V. vom 25. September 1954 seinen Schadensersatzanspruch darauf gestützt daß die von der Beklagten dem Kläger verkauften Strümpfe nicht Perlonstrümpfe, sondern Nylonstrümpfe seien. In diesem Schriftsatz ist die entsprechende Rüge zu sehen. Wenn der Kläger nicht unmittelbar gegenüber der Beklagten gerügt, sondern hierfür seine Prozeßbevollmächtigten eingeschaltet hat, so ist unter den hier vorliegenden Umständen eine schuldhafte Verzögerung der Anzeige nicht zu sehen, zumal dem Sachverhalt ein Interesse der Beklagten an einer schnelleren Mitteilung der entdeckten Abweichung nicht zu entnehmen ist. Demnach ist davon auszugehen, daß insoweit die Genehmigungsfiktion aus §§ 378, 377 HGB nicht eingetreten ist.
2. Bei der Geltendmachung dieses Grundes für die Ablehnung einer weiteren Erfüllung des Vertrages durch die Beklagte handelt es sich nicht um eine unzulässige Nachschiebung eines Grundes für die im Schreiben vom 5. Juni 1954 abgegebene Erklärung.
Der Bundesgerichtshof hat in BGHZ 11, 80, 86 ausgesprochen, daß nach den in der Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen in Fällen einer positiven Vertragsverletzung der Betroffene unter Angabe der ihn bestimmenden Gründe vom Vertrage abgehen kann (vgl. auch BGH Urt. vom 25. April 1951 – II ZR 113/50 –, BB 1951, 546 = Betrieb 1951, 544), und dazu ausgeführt, hierbei könnten immer nur die bis zum Tage der Erklärung vorhandenen und vom Verletzten als für seine Erklärung bestimmend bezeichneten Gründe maßgebend sein. Ein Nachschieben neuer Gründe sei nicht mehr zulässig (vgl. auch Urt. des erkennenden Senats vom 18. November 1958 – VIII ZR 148, 57 – S. 10, 11, 12 Betrieb 1959, 82). Unter einem Nachschieben neuer Gründe in diesem Sinne sind jedoch nur solche Gründe zu verstehen, die das Abgehen von dem Verträge nach Maßgabe der ursprünglich abgegebenen Erklärung rechtfertigen sollen. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob ein Käufer der aus nicht stichhaltigen Gründen die Entgegennahme weiterer Lieferungen abgelehnt hat, nach Feststellung einer ihm noch nicht bekannt gewesenen Vertragsverletzung berechtigt ist, nunmehr die weitere Erfüllung des Vertrages abzulehnen wobei unterstellt wird, daß seine frühere Erklärung nicht berechtigt gewesen ist. Von einem Nachschieben von Gründen im Sinne der erwähnten Rechtsprechung kann nur gesprochen werden, wenn es sich darum handelt, die ursprünglich abgegebene Erklärung auf bisher nicht angegebene Gründe zu stützen (vgl. für die Kündigung eines Handelsvertretervertrages BGHZ 27, 220). Hier hat das Berufungsgericht unterstellt, daß der Kläger im Zeitpunkt der mit dem Schreiben vom 5. Juni 1954 abgegebenen Erklärung zu einem Abgehen von dem Vertrage aus den von ihm damals angegebenen Gründen nicht berechtigt war, hat ihn aber als befugt angesehen, mit der Erklärung im Schriftsatz vom 6. Oktober 1954 die Durchführung des Vertrages abzulehnen.
Der vorliegende Sachverhalt erfordert keine Entscheidung darüber, ob für die Erklärung des Angehens von einem Kaufvertrage (Sukzessivlieferungsgeschäft) auf Grund positiver Vertragsverletzung (Schlechterfüllung) ein sie rechtfertigender bislang unbekannter Grund nachgeschoben werden kann. Denn der dem Kläger zugebilligte Schadensersatzanspruch ist auch dann begründet, wenn die Ablehnung der Erfüllung nur auf die neue Erklärung gestützt wird, mit der sich der Kläger auf die Abweichung der Garnart von der vertragsmäßig Vereinbarten berufen hat. Er war nämlich noch in diesem Zeitpunkt berechtigt, von dem Vertrage abzugehen, und hieran nicht dadurch gehindert, daß er vorher, wie zu unterstellen ist, die Ablehnung der Erfüllung auf nicht wirksame Gründe gestützt hatte (vgl. für den Rücktritt wegen positiver Vertragsverletzung das oben angeführte Urteil des Senats vom 18. November 1958).
Dem steht nicht entgegen, daß die Beklagte dem Kläger in dem Schreiben vom 19. Juni 1954 die vertragsgemäß im Juni 1954 zu liefernden 1000 Dutzend Damenperlonstrümpfe mit der Erklärung angeboten hat, sie werde im Falle der Nichtabnahme der Ware bis zum 30. ds. Mts. anderweitig über die Ware verfügen und Ersatz des aus der Nichtabnahme ihr entstehenden Schadens verlangen. Mit dieser Erklärung hat sich die Beklagte, selbst wenn sie es beabsichtigt haben sollte, nicht von der Durchführung des Vertrages rechtswirksam gelöst. Es fehlt hierfür an den Voraussetzungen des § 326 BGB. Der Schuldnerverzug des Käufers mit der Abnahmeverpflichtung aus § 433 Abs. 2 BGB gewährt nämlich grundsätzlich nicht die Rechte aus § 326 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB. Eine besondere Sachlage, bei der ausnahmesweise die Abnahmeverpflichtung auch Hauptverbindlichkeit sein und der Verzug mit ihr die Rechte aus § 326 BGB gewähren kann, liegt hier nicht vor. Der Kläger hatte zwar in dem Schreiben vom 5. Juni 1954 weitere Entgegennahmen von Lieferungen nach Ablauf der in diesem Schreiben bis zum 10. Juni 1954 gesetzten Frist abgelehnt und damit auch erklärt, daß er die Erfüllung des Vertrages nach Ablauf dieser Frist verweigern werde. Selbst wenn in dieser Erklärung schon eine positive Vertragsverletzung des Klägers gesehen werden könnte, so wäre die Beklagte deshalb noch nicht berechtigt gewesen, nunmehr ihrerseits von dem Vertrage abzugehen, und zwar deshalb nicht, weil sie vertragsgemäß Perlonstrümpfe zu liefern hatte und wegen Lieferung von Nylonstrümpfen an den Kläger selbst nicht vertragstreu war. Hierfür kommt es nicht darauf an, daß der Kläger sich auf diese Vertragsverletzung vor dem Schreiben der Beklagten vom 19. Juni 1954 noch nicht berufen hatte. Der Rechte aus 325 oder 326 BGB herleiten will muß selbst vertragstreu sein. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn der Käufer aus einem unzureichenden Grunde die weitere Erfüllung des Vertrages abgelehnt hat, der Verkäufer aber eine positive Vertragsverletzung begangen hat, die den Käufer berechtigt, aus diesem Grunde die weitere Durchführung des Vertrages abzulehnen. Überdies ist zu bemerken, daß die Beklagte mit Schreiben vom 19. Juni 1954 nicht klar zum Ausdruck gebracht hat sie lehne nach Ablauf der Frist für die Abnahmen der Junilieferungen die Durchführung des Vertrages ab. Sie hat in dem vorliegenden Rechtsstreit dies auch nicht geltend gemacht, vielmehr den Anspruch auf Erfüllung des Vertrages aufrecht erhalten. Deshalb ist der Kläger, wenn er nicht schon mit der Erklärung vom 5. Juni 1954 wirksam Schadensersatzanspruch gefordert hat, jedenfalls dazu auf Grund der positiven Vertragsverletzung der Beklagten mit der Erklärung im Rechtsstreit vom 6. Oktober 1954 rechtswirksam übergegangen.
IV. Dieser rechtlichen Beurteilung stehen auch die weiteren Angriffe der Revision nicht entgegen.
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Lieferung von Nylonware sei vertragswidrig gewesen, steht nicht in Widerspruch, wie die Revision meint, zu den Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es den Schadensersatzanspruch des Klägers, soweit er sich auf die gelieferten Strümpfe bezogen hat, deshalb abgelehnt hat, weil in der Vereinbarung, Perlonstrümpfe zu liefern, nicht mehr als die Warenbezeichnung, also nicht die Zusicherung einer Eigenschaft der Ware im Sinne des § 480 Abs. 2 BGB, zu sehen sei.
2. Wenn das Berufungsgericht offen gelassen hat ob es sich bei der Lieferung von Nylonstrümpfen um ein aliud handelt, so hat es dabei ohne Rechtsirrtum angenommen, daß die Lieferung solcher Strümpfe jedenfalls eine wesentliche Abweichung von der vertragsmäßig vereinbarten Garnart darstelle. Ebensowenig kann aus den weiteren Ausführungen des Berufungsurteils zur Anwendung des § 378 HGB gefolgert werden, daß die Lieferung von Nylonstrümpfen vertragsgemäß gewesen sei. Das Berufungsgericht hat lediglich bemerkt, Perlonstrümpfe und solche aus Nylon wichen nicht derart stark voneinander ab, daß die Beklagte die Genehmigung der Nylonstrümpfe durch den Kläger habe als ausgeschlossen ansehen müssen. Daraus kann nur gefolgert werden, daß die Ausnahme des § 378 HGB nicht eingreift und die Abweichung daher der Rügepflicht zu unterstellen ist. Auch kann dieser Umstand dahin verwertet werden, daß der Beklagten keine Arglist bei der Lieferung zur Last fällt. Wenn das Berufungsgericht dies verneint, so ist das aber nicht unvereinbar mit seiner Annahme, die Beklagte habe durch Lieferung von Nylonstrümpfen schuldhaft eine nicht vertragsgemäße Ware geliefert.
3. Die Revision rügt auch vergeblich, das Berufungsgericht habe rechtsirrtümlich der Beklagten den Beweis für die Behauptung aufgebürdet, daß der Kläger mit einer Abänderung des Vertrages und der Lieferung von Nylonstrümpfen anstelle von Perlonstrümpfen einverstanden gewesen sei. Die Revision meint dazu, unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung hätte das Berufungsgericht davon ausgehen müssen, daß der Kläger das Verschulden der Beklagten nachzuweisen habe. Deshalb sei er auch verpflichtet, gegenüber dem Einwand der Beklagten, es sei eine Vertragsänderung nachträglich zustande gekommen, nachzuweisen, daß eine solche nicht vereinbart worden sei. Dieser Gedankengang ist unzutreffend.
Selbst wenn den Kläger die Beweislust dafür träfe daß die Beklagte eine positive Vertragsverletzung schuldhaft begangen habe, würde sich nichts an dem Grundsatz ändern daß derjenige, der sich auf eine Abänderung eines Vertrages beruft, diese Tatsache zu beweisen hat (vgl. für diesen Grundsatz RGZ 57, 46, 48; RG WarnRspr 1913 Nr. 44 a. F.; Rosenberg. Die Beweislast 4. Aufl. 1954 S. 262 mit Anm. 2). Im übrigen kann der Revision auch darin nicht zugestimmt werden, daß dem Kläger die Beweislast für das Verschulden der Beklagten bei der Lieferung einer anderen Strumpfart obliegt. Die Frage, ob bei positiven Vertragsverletzungen, die objektiv feststehen, derjenige, der hieraus Rechtsfolgen ableiten will, auch das Verschulden des anderen Vertragsteils nachweisen muß ist von dem Reichsgericht nicht einheitlich und soweit ersichtlich, auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht allgemein und grundsätzlich beantwortet worden. Gegenüber der zögernden Rechtsprechung (vgl. auch BGHZ 4, 138, 144), Grundsätze über die Verteilung der Beweislast bei positiven Vertragsverletzungen in Ansehung des Verschuldens aufzustellen, wird im Schrifttum die Ansicht vertreten, daß dem Gläubiger nur der Nachweis der objektiven Pflichtverletzung aufzubürden sei, während der Schuldner den Mangel der subjektiven Pflichtwidrigkeit darzutun habe (vgl. Siber in Planck, BGB, 4 Aufl. § 282 Anm. 2 b; von Tuhr, Der Allgemeine Teil des Bürgerlichen Rechts II 2 (1918) § 88 III 2 a S. 461; Blomeyer, Allgemeines Schuldrecht 2. Aufl. 1937 S. 180; Ennecerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, 15. Bearb. § 55 II 3 S. 238; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts Bd. I 3. Aufl. 1958, § 23 I S. 232 und Note 3, 6; einschränkend Raape. Die Beweislast bei positiver Vertragsverletzung, AzP 147, 217, 245). Der vorliegende Sachverhalt bedarf keiner grundsätzlichen Entscheidung dieser umstrittenen Frage. Es kann insbesondere dahingestellt bleiben, ob der Rechtsmeinung beizutreten ist, daß die Vorschriften des Gesetzes über den Beweis des Verschuldens für den Verzug in § 285 und für die Unmöglichkeit in § 282 BGB auch bei positiven Vertragsverletzungen entsprechend anzuwenden sind, wenn sie unter entsprechender Anwendung der § 325, 326 BGB zu beurteilen sind (so insbesondere Rosenberg, Die Beweislast a.a.O. S. 363). Bei dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch handelt es sich um eine Folge der Art der Vertragserfüllung, wobei die Umstände ergeben, daß das Verschulden der Beklagten in dem Gefahrenkreis liegt, für den sie als Unternehmer einzustehen hat. Dabei kann es sich entwender darum handeln, daß die Auswahl der an den Kläger gelieferten Strümpfe bei der Beklagten nicht mit der erforderlichen Sorgfalt vorgenommen worden ist oder daß nicht die Vorkehrungen getroffen worden sind, die sonst erforderlich gewesen wären, um die Belieferung des Klägers mit anderer als bestellter Ware zu vermeiden. In einem so gelagerten Fall ist der Beklagten die Beweispflicht schon deshalb aufzuerlegen, weil sich aus der Sachlage der Schluß rechtfertigen läßt, daß sie die ihr obliegende Sorgfaltspflicht verletzt habe. Hier hat die Beklagte nicht einmal die Umstände dargelegt, welche die Annahme eines ihr oder einem Gehilfen zur Last fallenden Verschuldens zu beseitigen geeignet wären (vgl. RG SeuffArch 63 Nr. 201; BGH Urt. vom 7. Januar 1958 – VIII ZR 428/56 – S. 8; für den Werkvertrag BGHZ 23, 288, 290; für den Dienstvertrag BGHZ 28, 251).
4. Im Zusammenhang mit der behaupteten Vertragsänderung und dem Verschulden steht die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die eingereichten Auftragsbestätigungen – Anlagen E, F, G und I – nicht beachtet, in denen ausdrücklich gesagt worden sei, daß Nylonstrümpfe geliefert wurden. Diese Rüge geht fehl denn die Rechnungen betreffen nicht Lieferungen auf den hier zu beurteilenden Vertrag vom 23. April 1954 S. 5 zu c selbst erklärt. Es ist daher auch unerheblich, wenn die Revision ausführt, der Kläger habe diese Lieferungen nicht beanstandet.
5. Das Berufungsgericht behandelt die Bekundung des Zeugen Ba, es sei bei dem Besuch der Zeugen B. und V. Anfang Juni 1954 vereinbart worden, daß die Beklagte Nylon- statt Perlonstrümpfe liefern dürfe, und zwar bei nahtlosen Strümpfen. In Wirklichkeit sei aber, so führt das Berufungsgericht aus, das, was der Zeuge eine Vereinbarung nenne, keine solche gewesen. Nach seiner Bekundung haben nämlich die Zeugen B. und V. dazu geschwiegen, als auf seiter der Beklagten erklärt worden sei, sie müsse beide Garne in der Wahl haben. Angesichts des Umstandes, daß es sich hierbei um eine Vertragsänderung handle, könne allein das Schweigen nicht als Zustimmung aufgefaßt werden. Die Revision rügt hierzu Verletzung des § 151 BGB und meint, das Berufungsgericht hätte den Sachverhalt auch unter dem Gesichtspunkt der Duldungsvollmacht beurteilen müssen. Auf all das kommt es jedoch schon deshalb nicht an, weil das Berufungsgericht in seinen weiteren Ausführungen (S. 37) auf Grund der Aussagen des Zeugen B. zu dem Ergebnis gelangt ist, daß die Abänderungsvereinbarung, von der die Zeugen W. und Ba. gesprochen haben, sich überhaupt nicht auf den Vertrag beziehe, auf dessen Verletzung der Kläger seine Ansprüche stütze. Auch die weiteren Rügen der Revision in diesem Zusammenhang gehen daher ins Leere. Abschließend ist dazu zu bemerken, daß es angesichts des klaren Vertragstextes, wonach Perlonstrümpfe geliefert werden sollten, Sache der Beklagten gewesen wäre, eine eindeutige Erklärung über das Einverständnis mit einer Änderung des Vertrages herbeizuführen. Das gilt auch für das Verschulden auf seiten der Beklagten bei der Lieferung anderer als der bestellten Ware.
V. Zur Höhe des Schadensersatzanspruchs hat das Berufungsgericht den Erfahrungssatz verwertet, daß ein Kaufmann seine Ware zum gängigen Preis absetzen kann. Es hat auch noch darauf hingewiesen, daß der Kläger seinem Schriftsatz vom 15. März 1957 Unterlagen beigefügt habe, aus denen sich ergebe, daß er Aufträge über weit mehr als 5000 Dutzend Perlonstrümpfe vorliegen gehabt habe. Die Revision rügt, der Kläger sei aufgefordert worden, seine Kunden namhaft zu machen, habe das aber unterlassen, infolgedessen habe er gegen die Beklagte keine Rechte herleiten können. Diese Rüge ist nicht schlüssig. Denn das Berufungsgericht ist bei seiner Schadensberechnung von der Schätzung des Landgerichts ausgegangen, das den entgangenen Gewinn des Klägers in zulässiger Anwendung des § 287 Abs. 1 ZPO nach § 252 BGB ermittelt hat. Dabei durfte es von einer Prüfung absehen, welche Kaufverträge der Kläger abgeschlossen hatte und wie diese gestaltet waren.
VI. Das Urteil des Berufungsgericht enthält auch im übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten. Deshalb konnte ihre Revision keinen Erfolg haben. Es erschien jedoch angebracht, in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen, daß die Berufung der Beklagten abgesehen von der Beschränkung des Zinsanspruchs auf 5% im Ergebnis erfolglos geblieben, also im wesentlichen zurückgewiesen worden ist und daß auch die Berufung des Klägers mit einem Teilbetrag keinen Erfolg gehabt hat, insoweit also ebenfalls zurückgewiesen worden ist. Das ergibt sich daraus, daß die Berufung des Klägers auf Zahlung eines Betrages von weiteren 4.150,63 DM nebst 8% Zinsen auf diesen Betrag und auf die durch Aufrechnung mit Kostenerstattungsforderungen getilgten Teils von 1.222,25 DM und 1.275,83 DM für eine näher bezeichnete Zeit gerichtet war, während das Berufungsgericht ihm nur weitere 3.599,53 DM nebst 5% Zinsen seit dem 14. Juni 1954 und 5% Zinsen auf 2.498,08 DM vom 14. Juni 1954 bis 5. Juni 1955 zugesprochen hat. Im übrigen hatte der Kläger insoweit als die Beklagte hilfsweise bereits im ersten Rechtszuge aufgerechnet hatte, die Klageforderung im zweiten Rechtszuge als durch Aufrechnung erledigt behandelt. Deshalb ist die Revision der Beklagten mit einer Ergänzung des Berufungsurteils zurückgewiesen worden, wonach die Abweisung der Klage nur insoweit ausgesprochen wird, als die Hauptsache durch die Aufrechnung keine Erledigung gefunden hat, und daß im übrigen die Berufungen der Parteien zurückgewiesen werden.
VII. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist hinsichtlich der Kosten des zweiten Rechtszuges ebenfalls geändert worden. Dazu führten folgende Erwägungen.
Über die Kosten ist ohne Rücksicht darauf, welche Partei Rechtsmittel eingelegt hat, eine sachentsprechende Entscheidung von Amts wegen zu treffen (Urt. des erkennenden Senats vom 27. September 1957 – VIII ZR 270/56 – S. 13 und BGH Urt. vom 13. März 1953 – V ZR 77/51 – S. 18/19 mit Nachweisen). Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird im vorliegenden Falle durch den Betrag der Schadensersatzforderung des Klägers bestimmt, den das Landgericht durch die Aufrechnung als erloschen angesehen und im übrigen ihm zugesprochen hat. Hat nämlich der Beklagte auf Grund einer hilfsweise erklärten Aufrechnung mit einer Gegenforderung obgesiegt, so ist für die von ihm eingelegte Berufung der Wert des Streitgegenstandes entsprechend der Höhe seiner Beschwer zu berechnen, also in Höhe des Betrages, der zur Aufrechnung der Gegenforderung verwendet worden ist, zuzüglich des etwaigen Betrages, zu dem der Beklagte außerdem verurteilt worden ist (Gerold, Streitwert 1959, III 14 Nr. 10 S. 53 vgl. RG WarnRspr 1929 Nr. 38).
Das Landgericht hat eine Schadensersatzforderung des Klägers wegen Nichterfüllung auf 29.985 DM errechnet und hierauf den Verkaufserlös aus der Weiterveräußerung der 277 Paar Strümpfe mit zusammen 415,50 DM angerechnet. Damit hat es in Wirklichkeit dem Kläger eine Schadensersatzforderung in Höhe von 29.569,50 DM zugebilligt. Dagegen richtete sich die Berufung der Beklagten, die Abweisung dieser Forderung ohne Verbrauch ihrer hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen erstrebt hat. Das mit der Berufung des Klägers verfolgte Zahlungsbegehren hält sich innerhalb der von dem Landgericht in den Entscheidungsgründen zugebilligten Schadensersatzforderung. Der Streitwert für den zweiten Rechtszug beträgt daher 29.569,50 DM. Von diesem Betrage hatte das Landgericht dem Kläger 3.865,46 DM zugesprochen und 25.704,04 DM (26.119,54 – 415,50) durch Aufrechnung als getilgt angesehen.
Das Berufungsgericht hat die Schadensersatzforderung niedriger, nämlich auf 29.018,40 DM bemessen, hierauf Aufrechnungsforderungen in Höhe von nur 21.553,41 DM in Anrechnung gebracht, dem Kläger den Unterschied einschließlich des bereits vom Landgericht zugesprochenen Betrages in Höhe von insgesamt 7.464,99 DM nebst Zinsen zuerkannt und die Beklagte zur Zahlung weiterer Zinsbeträge verurteilt, die sich auf einen Betrag von rund 125 DM belaufen. Der Kläger ist demnach im Berufungsvorfahren abgesehen von der Beschränkung des Zinsanspruchs im Ergebnis nur insoweit unterlegen, als ihm statt verlangter 4.150,63 DM weitere 3.599,53 DM zugesprochen worden sind. Aus diesem Grunde erschien es angemessen, ihm nur 1/70 der Kosten des zweiten Rechtszuges aufzuerlegen. Dementsprechend ist die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts abgeändert worden.
Dagegen ist die Verteilung der Kosten des ersten Rechtszuges, die das Berufungsgericht mit 3/4 zu Lasten des Klägers und 1/4 zu Lasten der Beklagten vorgenommen hat, nicht zu beanstanden. Insoweit ist davon auszugehen, daß der Kläger in diesem Rechtszuge den Zahlungsantrag auch dann noch aufrecht erhalten hat, als die Beklagte ihre Gegenforderungen zur Aufrechnung gestellt hatte. Ihn treffen jedenfalls aus diesem Grunde zu einem entsprechenden Teil die Kosten des ersten Rechtszuges, ohne daß es darauf ankommt, ob diese Kostenverteilung auch darauf gestützt werden könnte, daß die zur Aufrechnung gestellten Forderungen der Beklagten ganz oder zum Teil vor Erhebung der vorliegenden Klage aufrechenbar waren und der Kläger selbst hätte aufrechnen können (vgl. zu dieser Frage Stein/Jonas/Schönke ZPO 18. Aufl. § 91 Anm. V 1 c). Bei einem Streitwert für den ersten Rechtszug von 31.200 DM ist somit zugunsten des Klägers lediglich zu berücksichtigen, daß er nach Maßgabe des Berufungsurteils in Höhe von 7.464,99 DM nebst Zinsen hierauf und weiterer Zinsen im Betrage von rund 125 DM obgesiegt hat. Dem entspricht es, wenn den Kläger 3/4 die Beklagte 1/4 der Kosten des ersten Rechtszuges treffen.
Die Kosten der Revision hat die Beklagte gemäß § 97 ZPO zu tragen.
Unterschriften
Dr. Großmann, Dr. Gelhaar, Artl, Dr. Spieler, Dr. Dorschel
Fundstellen
Haufe-Index 1242591 |
NJW 1959, 1081 |
Nachschlagewerk BGH |
MDR 1959, 482 |