BGH: Verrechnung verjährter Schadensersatzansprüche mit Kaution

Der Vermieter ist berechtigt, gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters auch mit verjährten Schadensersatzforderungen wegen Beschädigung der Mietsache aufzurechnen.

In einer aktuellen Entscheidung hat der BGH die Rechte der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses gestärkt und deren Möglichkeiten zur Verrechnung möglicher Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung oder Verschlechterung der Mietsache gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters weit gefasst. Eine bereits eingetretene Verjährung dieser Schadensersatzansprüche hindert die Aufrechnung gegen die Kautionsrückforderung des Mieters nicht.

Klage auf Rückzahlung der Kaution zunächst über 2 Instanzen erfolgreich

Die Vorinstanzen hatten im konkreten Fall anders entschieden und der Klage eines Mieters auf Rückzahlung der Kaution stattgegeben. Der Vermieter hatte die Aufrechnung mit seinen – streitigen – Schadenersatzansprüchen gegen den Anspruch auf Rückzahlung der Kaution erst nach Ablauf der Verjährungsfrist erklärt. Nach der Entscheidung der Vorinstanzen dient die kurze 6-monatige Verjährungsfrist des § 548 BGB für Ansprüche des Vermieters wegen Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache der Rechtssicherheit und soll nach Fristablauf geltend gemachte Schadensersatzansprüchen des Vermieters gegen den Mieter im Hinblick auf die mit zunehmendem Zeitablauf eintretenden Beweisschwierigkeiten abwenden.

Kurze Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche des Vermieters

Die Vorinstanzen wendeten § 215 Alt. 1 BGB hier nicht an. Nach dieser Vorschrift schließt die Verjährung einer Forderung die Aufrechnung nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem er erstmals aufgerechnet werden konnte. Nach Auffassung der Vorinstanzen fehlt es an der für die Aufrechnung erforderlichen Gleichartigkeit der Forderungen. Der Anspruch auf Rückzahlung einer Barkaution bestehe in einer Geldforderung, der Anspruch auf Schadenersatz wegen Beschädigung der Mietsache gehe gem. § 249 BGB aber zunächst auf Naturalrestitution. Erst wenn der Vermieter gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt Naturalrestitution den erforderlichen Geldbetrag fordere, werde die Gleichartigkeit der Forderungen hergestellt. Dieses Verlangen müsse der Vermieter daher vor Ablauf der Verjährungsfrist äußern.

Barkaution dient dem Vermieterinteresse auf einfache Befriedigung

Der BGH folgte dieser Rechtsauslegung der Vorinstanzen nicht. Der Senat rügte, die Vorinstanzen hätten die beiderseitigen Interessen der Parteien eines Wohnraummietverhältnisses im Rahmen der Vereinbarung einer Barkaution nicht hinreichend berücksichtigt. Eine vom Mieter zu leistende Barkaution diene der Sicherung der Ansprüche des Vermieters in der Weise, dass dieser sich nach Beendigung des Mietverhältnisses auf möglichst einfache Weise durch Aufrechnung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch befriedigen könne.

Ersetzungsbefugnis des Vermieters auch noch nach Verjährungsablauf

Der BGH bewertete das von der Vorinstanz vorausgesetzte Erfordernis der Gleichartigkeit der beiderseitigen Äußerungen als zu formalistisch. Die Ausübung der Ersetzungsbefugnis durch den Vermieter, also die Umwandlung des auf Naturalrestitution ausgerichteten Schadensersatzanspruches in einen Anspruch auf Geldersatz, sei ein formaler Akt, für den es im Rahmen der Abrechnung des Vermieters über die Barkaution nicht entscheidend darauf ankomme, ob diese Ersetzungsbefugnis durch den Vermieter noch innerhalb der kurzen Verjährungsfrist oder erst danach ausgeübt wurde.

Aufrechnung gegen Anspruch auf Kautionsrückzahlung noch möglich

Im Ergebnis kann nach Auffassung des BGH die Aufrechnung des Vermieters gegen den Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Barkaution nicht von der formalen Bedingung abhängig sein, ob der Vermieter fristgerecht vor Verjährungseintritt die Ersetzungsbefugnis ausgeübt hat oder nicht. Demgemäß war der Vermieter nach der Entscheidung des BGH im konkreten Fall trotz eingetretener Verjährung seines möglichen Schadensersatzanspruchs noch zur Aufrechnung gegen die Rückzahlungsforderung des Mieters berechtigt.

Berufungsgericht muss Sachverhalt weiter aufklären

Da die Vorinstanz nicht entschieden hatte, ob und in welcher Höhe die vom Vermieter geltend gemachten Schadensersatzansprüche berechtigt waren, hat der BGH die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Vorinstanz muss nun die erforderlichen Feststellungen über die vom beklagten Vermieter behaupteten Schäden an der Mietsache nachholen.

(BGH, Urteil v. 10.7.2024, VIII ZR 184/23)