Mieterhöhung wegen zu kleiner Schrift unwirksam
Mieter erhob Feststellungsklage gegen Mieterhöhung
Nachdem ein Vermieter nach Ankündigung umfangreiche Modernisierungsarbeiten durchgeführt und einen Mieter im zweiten Obergeschoss schriftlich zur Zahlung einer höheren Miete aufgefordert hatte, wehrte sich dieser mit einer negativen Feststellungsklage gegen die Mieterhöhung.
Der Mieter machte geltend, dass die Mieterhöhung wegen Modernisierung nicht ordnungsgemäß berechnet und erläutert worden sei. Das ergebe sich daraus, dass die dem Schreiben beigefügte Kostenzusammenstellung, Berechnung und Erläuterung im Sinne von § 559b BGB wegen der geringen Schriftgröße von 4 bis 5 Punkt (pt) unzureichend sei.
Was das Gericht entschieden hat
Das Landgericht (LG) Darmstadt hat in Übereinstimmung mit der Vorinstanz entschieden, dass der Vermieter keine höhere Miete verlangen kann, weil das Mieterhöhungsverlangen des Vermieters unwirksam war (LG Darmstadt, Urteil v. 28.5.2024, 8 S 7/23).
Mangelnde Lesbarkeit einer Mieterhöhung verstößt gegen § 559b Abs. 1 BGB
Das begründeten die Richter damit, dass die Anlage zum Mieterhöhungsverlangen „Kostenzusammenstellung und Berechnung der Mieterhöhung“ nicht für den durchschnittlichen Mieter lesbar ist und somit nicht die formellen Anforderungen des § 559b Abs. 1 BGB erfüllt.
Normalerweise Schriftgröße von wenigstens 6 pt erforderlich
Dass eine mangelnde Lesbarkeit nicht mit § 559b Abs. 1 BGB vereinbar sei, ergebe sich daraus, dass die dort vorgeschriebene Textform nur dann sinnvoll sei, wenn der Mieter die Berechnung und Erläuterung der Mieterhöhung auch zur Kenntnis nehmen könne. Der durchschnittliche Leser könne diese i.d.R. nur lesen, wenn die Schriftgröße mindestens 6 pt betrage. Diese Schriftgröße war hier vom Vermieter im Mieterhöhungsschreiben nicht eingehalten worden.
Eventuell Ausnahme bei kleinerer Schriftgröße
Etwas anderes könne sich unter Umständen daraus ergeben, dass die Schrift trotz einer kleineren Schriftgröße ausnahmsweise lesbar sei, etwa wegen eines besonders scharfen Druckbildes. Dies war nach Ansicht des LG Darmstadt bei der hier verwendeten Schriftgröße von 4 bis 5 pt jedoch zu verneinen: Vielmehr war die Schrift nach Einschätzung der Richter teilweise sehr verwaschen und damit besonders unleserlich.
LG Darmstadt hat nicht die Revision zugelassen
Das LG Darmstadt hat nicht die Revision zum BGH zugelassen und dies damit begründet, dass es sich um eine einzelfallbezogene Entscheidung handelt.
Rechtskraft dieser Entscheidung
Laut BGH-Pressestelle ist gegen das Urteil des LG Darmstadt kein Verfahren beim Bundesgerichtshof anhängig. Von daher ist sie vermutlich rechtskräftig.
Einordnung dieser Entscheidung
Der Gesetzgeber hat in § 559 Abs. 1 BGB keine Vorgabe dazu gemacht, welche Schriftgröße der Vermieter einhalten muss, damit das Mieterhöhungsverlangen wegen einer Modernisierung formell wirksam ist. Das Gleiche gilt für die übrigen Vorschriften des BGB, wie etwa die Anforderungen an einen Widerruf eines Fernabsatzvertrags nach § 312b BGB, 355 BGB sowie an eine AGB-Klausel nach § 305 BGB, § 307 BGB.
Insofern ist von Bedeutung, dass sich das LG Darmstadt mit überzeugender Begründung mit dieser Problematik auseinandergesetzt hat. Es verweist darauf, dass der BGH mit Urteil vom 3.2.1986, II ZR 201/85 klargestellt hat, dass AGB kein Vertragsbestandteil werden, wenn sie wegen ihres Schriftbildes nur mit Mühe zu entziffern sind. Das Gleiche gilt für den Verweis auf einschlägige UWG-Rechtsprechung zu der Frage, welche Schriftgröße Werbung mit Testergebnissen haben muss. Hier haben etwa das OLG Celle (Urteil v. 24.2.2011, 13 U 172/10), das KG (Beschluss v. 11.2.2011,5 W 17/11) sowie das LG Köln (Urteil v. 29.10.2019, 33 O 55/19), entschieden, dass die Schriftgröße im Mieterhöhungsverlangen normalerweise mindestens 6 Punkte betragen muss. Etwas anderes komme bei „ausgleichenden optischen Effekten“ in Betracht. Die Anlehnung an diese Rechtsprechung ist nachvollziehbar. Abzuwarten bleibt für Mieter, ob dem andere Gerichte im Bereich des Mietrechts folgen werden.
Praxishinweis
Vermieter sollten sich bei Mieterhöhungsschreiben auch hinsichtlich der Anlagen an diese Mindestanforderungen halten. Andernfalls riskieren sie, dass Gerichte ihr Mieterhöhungsverlangen aus formellen Gründen für unwirksam erklären. Optimal wäre eine größere Schrift von mindestens 10 pt, da selbst eine Schriftgröße von 6 pt von vielen Menschen nicht gelesen werden kann. Dies gilt insbesondere für sehbehinderte Menschen.
(LG Darmstadt, Urteil v. 28.5.2024, 8 S 7/23)
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