Vermieter-Rechte bei Stromdiebstahl fürs Elektroauto

Das Amtsgericht Leverkusen hat zu der Frage Stellung genommen, inwieweit ein Vermieter seinem Mieter wegen Stromdiebstahls für dessen Elektroauto kündigen durfte. Was dieses Urteil für Vermieter und Mieter bedeutet, erfahren Sie in diesem Beitrag. 

Räumungsklage des Vermieters

Nachdem die Mieter einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus mehrfach ihr Hybridauto an einer allgemeinen Steckdose des Hauses aufgeladen hatten, waren einige Nachbarn, die dies beobachtet hatten, verärgert. Denn der Mietvertrag sah vor, dass die Kosten für den Stromverbrauch für den Verbrauch aus der Allgemeinstreckdose als Betriebskosten anteilig auf alle Mieter dieses Hauses umgelegt werden.

Sie forderten von ihrem Vermieter, dass dieser den Stromdiebstahl verbietet und in Zukunft verhindert. Darüber hinaus wollten sie, dass der Verbrauch pauschal bei der Nebenkostenabrechnung angerechnet wird.

Der Vermieter sprach daraufhin den betreffenden Mietern die fristlose Kündigung sowie hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietvertrags aus und verklagte sie auf Räumung. Er berief sich darauf, dass sie „nahezu permanent“ den Stromdiebstahl für ihren Elektrowagen begangen haben.

Was das Gericht entschieden hat

Das Amtsgericht Leverkusen wies die Räumungsklage des Vermieters ab (Urteil vom 17.5.2024 – 22 C 157/23).

Fristlose Kündigung unwirksam

Das Gericht sah die fristlose Kündigung des Vermieters wegen Stromdiebstahls gem. § 543 Abs. 1 BGB als unwirksam an.

Keine Störung des Hausfriedens durch Stromdiebstahl

Nach seiner Ansicht fehlte es an einem wichtigen Grund im Sinne von § 543 Abs. 1 BGB, § 569 Abs. 2 BGB, weil die Mieter durch das Aufladen ihres Hybridwagens nicht auf erhebliche Weise den Hausfrieden gestört haben.

Gericht ging nur von geringem Schaden aus

Das Gericht begründete das damit, dass durch den Stromdiebstahl lediglich ein Schaden von insgesamt 48 Euro entstanden. Zu diesem Ergebnis gelangte er aufgrund einer Schätzung, die es aufgrund der fehlenden Angaben des Vermieters über Anzahl, Dauer und Menge des entnommenen Stroms über die Allgemeinsteckdose fürs E-Auto durchgeführt hatte. Es legte dabei 10 Ladevorgänge zugrunde, die die Mieter eingeräumt hatten.

Das AG Leverkusen sah den entstandenen Schaden von 48 Euro als geringfügig an. Dabei orientierte es sich an der Geringfügigkeitsgrenze der Rechtsprechung für den Diebstahl geringfügiger Sachen nach § 248a StGB, § 248c Abs. 3 StGB von ungefähr 50 Euro. Darüber hinaus berücksichtigte es, dass sie ein großzügiges Angebot zur Schadenswiedergutmachung von 600 Euro gemacht hatten.

Fristlose Kündigung auch wegen fehlender Abmahnung unwirksam

Das Gericht sah die fristlose Kündigung zudem als unwirksam an, weil der Vermieter zuvor keine Abmahnung ausgesprochen hatte. Hierzu sei er verpflichtet gewesen gem. § 543 Abs. 3 BGB.

Ordentliche Kündigung unwirksam wegen geringer Lademenge

Das AG Leverkusen sah die ordentliche Kündigung des Vermieters ebenfalls als unwirksam an. Das begründete es damit, dass der Stromdiebstahl für das Elektroauto aufgrund der geringen Lademenge eine unerhebliche Pflichtverletzung des Mieters gem. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellt.

Rechtskraft des Urteils

Da gegen das Urteil des AG Leverkusen keine Berufung beim LG Köln eingelegt wurde, ist es vermutlich rechtskräftig.

Einordnung dieser Entscheidung

Wer als Mieter – umgangssprachlich formuliert – einen Stromdiebstahl begeht, muss mit einer Bestrafung wegen Entziehung elektrischer Energie gem. § 248c Abs. 1 StGB sowie mit der fristlosen Kündigung durch den Vermieter rechnen. Inwieweit die Gerichte von einem wichtigen Grund wegen Störung des Hausfriedens ausgehen, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Wie die Gerichte entscheiden, wird an den folgenden Beispielen deutlich.

Stromdiebstahl ohne nennenswerten Stromverbrauch

Ein Mieter hatte eine im Keller frei zugängliche Mehrfachsteckdose zur Stromentnahme für eine Lampe und gelegentliche Saugarbeiten verwendet. Hierzu entschied das AG Köln, dass hierdurch mangels schwerer Pflichtverletzung weder eine fristlose, noch eine ordentliche Pflichtverletzung gerechtfertigt ist. Das ergab sich für das Gericht bereits daraus, dass durch die gelegentliche Nutzung dieser Gegenstände kein nennenswerter Stromverbrauch erfolgt ist. Ein solcher sei auch vom Vermieter nicht dargelegt worden (AG Köln, Urteil v. 27.1.2016, 222 C 359/15).

Erhebliche Stromentnahme für Kühlschrank und Telefonanlage

Anders sah das das LG Köln in einem Sachverhalt, in dem ein Mieter von einer Streckdose im Treppenhaus ein Kabel in seine Wohnung gelegt und damit ungefähr 8 Wochen den Allgemeinstrom abgezapft hatte. Er betrieb damit seinem Kühlschrank und eine Telefonanlage. Das kam erst heraus, nachdem ein Handwerker zufällig diese Manipulation entdeckt hatte. Die Richter sahen hier aufgrund des hohen Stromverbrauchs eine fristlose Kündigung des Mietvertrags durch den Vermieter wegen des Stromdiebstahls als gerechtfertigt an (LG Köln, Urteil v. 17.3.1994 , 1 S 251/93).

Erhebliche Stromentnahme für Heizung und Heizspirale

Ebenso entschied das das AG Potsdam bei einem Mieter, der von seinem Badezimmer ein Kabel an einer Stromverteilerdose in Keller des Hauses angeschlossen hatte. Damit entnahm er bei kalter Witterung Hausstrom für den Betrieb eines Heizkörpers und einer Heizspirale im Badezimmer unter Umgehung seines Stromzählers. Das Gericht sah in dem damit verbundenen Stromdiebstahl eine schwere Vertragsverletzung, die den Vermieter zu einer fristlosen Kündigung berechtigt (AG Potsdam , Urteil v. 6.10.1994, 26 C 205/94).

Praxishinweis für Vermieter und Mieter

Vermieter sollten einen Stromdiebstahl durch einen Mieter möglichst genau dokumentieren. Das gilt neben den Zeiträumen auch für die Menge des dabei verbrauchten Stroms. Darüber hinaus muss der Vermieter ihn auch beweisen können, etwa durch eine Fotodokumentation hinsichtlich des manipulierten Stromzählers sowie durch Zeugenaussagen. Nur so haben sie eine Handhabe, um den Mieter auf Unterlassung zu verklagen bzw. in krassen Fällen zu kündigen. Wichtig ist, dass der Vermieter den Mieter zunächst abmahnt. Mieter sollten keinen Stromdiebstahl begehen. Das gilt auch, wenn es am Gebäude keinen Anschluss für ihr Elektroauto gibt.

(AG Leverkusen, Urteil v. 17.5.2024, 22 C 157/23)


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