Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn der Verjährung von Ersatzansprüchen gegen Steuerberater
Leitsatz (redaktionell)
1. Für den Beginn der Verjährung von Ersatzansprüchen nach § 68 StBerG kommt es nicht auf eine Kenntnis des Berechtigten von den anspruchsbegründenden Tatsachen an.
2. Die Erhebung der Verjährungseinrede für einen Zeitraum, der vor dem die Belehrungspflicht der Steuerberater über ihre Haftung erstmals bejahenden Senatsurteil vom 20.01.1982 IVa ZR 314/80 liegt, ist keine unzulässige Rechtsausübung.
Normenkette
StBerG § 68; BGB § 242
Tatbestand
Mit der Behauptung, er habe wegen fehlerhafter Beratung zuviel Steuern bezahlt, verlangt der Kläger Schadensersatz vom Beklagten, der bis 1982 sein Steuerberater war. Der Beklagte beruft sich unter anderem auf Verjährung.
Der Kläger ist Landwirt. Die von ihm betriebene Kälbermast wird höher besteuert, wenn sie ihres Umfanges wegen nicht mehr als landwirtschaftlich, sondern als gewerblich angesehen wird. Für die Abgrenzung sind die in § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG aufgeführten Viehbestandsgrenzen und die zeitliche Dauer der Überschreitung dieser Grenzen von Bedeutung. Ende 1977 erging ein koordinierter Ländererlaß, wonach erst nach Ablauf eines Zeitraumes von drei Jahren, in denen diese Grenzen überschritten worden waren, ein steuerlich zu berücksichtigender Strukturwandel – Gewerbebetrieb statt landwirtschaftlicher Betrieb und umgekehrt – anzunehmen ist.
Für die Jahre 1973 bis 1975 wurde der Betrieb des Klägers 1977 steuerlich geprüft. Dabei wurde festgestellt, daß erstmals im Wirtschaftsjahr 1973/74 und auch in den beiden folgenden Wirtschaftsjahren die Bestandsgrenzen überschritten worden waren. Die Kälbermast wurde deshalb seit 1973 als gewerblich eingestuft. Bei der steuerlichen Prüfung berücksichtigten der Betriebsprüfer und der Beklagte nicht den neuen Erlaß. Gegen die daraufhin erlassenen Steuerbescheide von Mai und Juni 1978 legten die Parteien keine Rechtsbehelfe ein. Die festgesetzten Steuernachzahlungen von über 180.000,- DM bezahlte der Beklagte für den Kläger am 10. Juli 1978.
Der Kläger behauptet, wegen der dem neuen Erlaß nicht entsprechenden Einstufung an Umsatz-, Gewerbe- und Einkommenssteuer einen Mehrbetrag von 121.713,- DM gezahlt zu haben. Davon macht er mit der am 23. Juni 1983 eingereichten und eine Woche später zugestellten Klage einen näher aufgeteilten Teilbetrag von 20.000,- DM geltend.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Verjährungseinrede durchgreifen lassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision bleibt erfolglos.
Das Berufungsgericht führt aus, die für die Verjährung maßgebliche Dreijahresfrist ab Anspruchsentstehung des § 68 StBerG habe Ende Juni bzw. Ende Juli 1978 zu laufen begonnen; in diesem Zeitpunkt seien die Steuerbescheide aufgrund der Betriebsprüfung spätestens bestandskräftig geworden. Zwar habe der Beklagte pflichtwidrig und schuldhaft den rechtzeitigen Einspruch versäumt. Er habe den maßgeblichen Erlaß zur Kenntnis nehmen müssen. Dennoch sei ihm die Berufung auf die Verjährungseinrede nicht verwehrt. Die erstmals im Senatsurteil vom 20. Januar 1982 (BGHZ 83, 17) bejahte Belehrungspflicht des Steuerberaters habe er nicht schuldhaft verletzt. Bis zum Ablauf der Verjährungsfrist spätestens im August 1981 habe nämlich die Auffassung des Beklagten, nicht zur Belehrung verpflichtet zu sein, der herrschenden Meinung entsprochen.
Die Revision wendet sich zu Unrecht gegen die Ausführungen zur Verjährung.
Die von der Revision vertretene Meinung, es müsse entgegen § 68 StBerG auf die Kenntnis des Klägers vom Bestehen eines Schadensersatzanspruches ankommen, sonst sei die kurze Verjährungsregelung auch verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar, hat der Senat bereits mehrfach abgelehnt (BGHZ 83, 17, 19; Urteile vom 20.1. und 26.5.1982 – IVa ZR 283 und 313/80 – VersR 1982, 397 und 850 = LM StBerG Nr. 15 und Nr. 20). Bei dieser Auffassung bleibt der Senat.
Die für die Revisionszulassung maßgebliche Frage, ob es dem Steuerberater als zumindest fahrlässig zur Last zu legen ist, seinen Mandanten infolge Irrtums über seine Belehrungspflicht nicht rechtzeitig auf die Schadensersatzforderung gegen sich selbst und deren drohende Verjährung hingewiesen zu haben, hat der Senat inzwischen wie das Berufungsgericht und entgegen der Meinung der Revision entschieden (BGHZ 96, 290 und Urteil vom 18.12.1985 – IVa ZR 103/84 – VersR 1986, 348 unter I.). Insbesondere ist die Erhebung der Verjährungseinrede in einer solchen Situation, nämlich für einen Zeitraum, der vor dem die Belehrungspflicht erstmals bejahenden Senatsurteil liegt, auch keine unzulässige Rechtsausübung (BGHZ 96, 290 unter II. 5 c). Nach diesem Urteil ist schließlich auch die Rüge der Revision unbegründet, das Berufungsgericht habe nicht bedacht, daß der Beklagte den Kläger trotz Bestandskraft der Steuerbescheide jedenfalls dann habe unterrichten müssen, als er noch vor Ablauf der Verjährungsfrist den koordinierten Ländererlaß über den für den Strukturwandel maßgeblichen Zeitpunkt zur Kenntnis genommen habe. Dem Steuerberater kann jedenfalls bis etwa Frühjahr 1982 seine irrtümliche Annahme, eine Belehrungs- und dementsprechend Unterrichtungspflicht bestehe nicht, schlechthin nicht als Verletzung seiner verkehrsüblichen Sorgfalt angelastet werden. Davon ist der Senat in dem genannten Urteil ausgegangen (BGHZ 96, 290, unter II. 5 a). Dieser Ausgangspunkt kann nicht auf dem Umweg wieder verlassen werden, daß der Steuerberater gleichwohl dann hinweisen müsse, wenn er seinen früheren Fehler erkannt habe.
Fundstellen