Leitsatz (amtlich)
›Zu den Voraussetzungen, unter denen die vorbehaltlose Weiterzahlung des ungeminderten Mietzinses trotz nach Vertragsschluß erlangter Kenntnis des Mangels in entsprechender Anwendung des § 539 BGB zum Ausschluß von Gewährleistungsrechten führt (Fortführung des Senatsurteils vom 11. Dezember 1991 - XII ZR 63/90 - NJW-RR 1992, 267, 268 = WuM 1992, 313 = ZMR 1992, 239).‹
Verfahrensgang
LG Aurich |
OLG Oldenburg (Oldenburg) |
Tatbestand
Die Beklagte betrieb in einer Halle, die sie 1990 unter Übernahme der vorhandenen Einrichtung und des Warenlagers der Vormieterin vom Rechtsvorgänger der Klägerinnen zu einem monatlichen Mietzins von 15.500 DM zuzüglich Mehrwertsteuer bis zum Jahre 2004 fest gemietet hatte, einen Baumarkt.
Unter Berufung auf durch konstruktive Mängel des Gebäudes bedingte Feuchtigkeitsschaden, die eine Fortführung des Geschäftsbetriebs unmöglich gemacht hätten, räumte sie die Halle Ende März 1993 und stellte die Mietzahlung zum Mai 1993 ein.
Mit Schreiben vom 26. Januar 1994 erklärte der Rechtsvorgänger der Klägerinnen die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzuges und klagte auf Zahlung der Miete für Mai 1993 und Räumung.
Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens sprach das Landgericht den Klägerinnen, die das Verfahren nach dem Tode des ursprünglichen Klägers als dessen Erbinnen fortgeführt hatten, die Hälfte der verlangten Miete Zug um Zug gegen Beseitigung im einzelnen aufgeführter Mangel zu und wies das Räumungsbegehren ab.
Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Beklagten zurück und änderte das angefochtene Urteil auf die Berufung der Klägerinnen unter Zurückweisung dieses Rechtsmittels im übrigen dahin ab, daß es ihnen den begehrten Mietzins uneingeschränkt zusprach und auf ihren Hilfsantrag feststellte, daß das Mietverhältnis durch die Kündigung vom 26. Januar 1994 beendet worden sei.
Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie weiterhin Abweisung der Klage insgesamt begehrt.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg.
1. Das Oberlandesgericht hat festgestellt, daß das Mietobjekt schon im Zeitpunkt der Übergabe erhebliche, weitgehend konstruktionsbedingte Mängel aufwies, die sich dahin auswirkten, daß das Gebäude im Inneren an zahlreichen Stellen feucht war, weil Wasser aus der Dachhaut abtropfte, Erd- und Niederschlagsfeuchte durch die Wand eindrang, Heizungsrohre undicht waren und Wasser durch den Lüftungsschacht eintrat.
Gleichwohl hat es die Beklagte für verpflichtet gehalten, die volle Miete für Mai 1993 zu zahlen, und die fristlose Kündigung vom 26. Januar 1994 wegen eines Rückstandes von mehr als zwei Monatsmieten als wirksam angesehen.
Die Beklagte könne sich nämlich weder auf eine Minderung des Mietzinses noch auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen eines Anspruchs auf Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes berufen, auch stehe ihr ein im Wege der Hilfsaufrechnung geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen unnötig aufgewendeter Personalkosten und Transportkosten für die Auslagerung der Ware nicht zu.
Nach ihrem eigenen Vortrag habe sie nämlich spätestens im Herbst 1992 erkannt, daß Wasser in die Halle eindringe, und somit zumindest die Miete für November 1992 bis April 1993 in Kenntnis der Mängel vorbehaltlos gezahlt. Darin sei bei objektiver Würdigung ihres Verhaltens ein Verzicht auf Gewährleistungsrechte wegen der Mängel zu sehen.
Dies gelte selbst dann, wenn die - unsubstantiierte - Behauptung der Beklagten zutreffe, das Eindringen von Feuchtigkeit außer im Januar 1993 schon im Herbst 1992 gerügt zu haben. Denn auch wiederholte Beanstandungen stunden der Annahme eines stillschweigenden Gewährleistungsverzichts jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Mieter die Miete über einen längeren Zeitraum zahle, ohne erwarten zu können, der Vermieter werde den Mangel auch ohne Ausübung von Gewährleistungsrechten alsbald abstellen. Eine solche Erwartung der Beklagten sei hier nicht einmal dann gerechtfertigt gewesen, wenn der Rechtsvorgänger der Klägerinnen Ende Oktober 1992 zugesichert haben sollte, einen Dachdecker zu beauftragen. Denn nachdem die Beklagte - ihrem eigenen Vortrag zufolge - am 9. November 1992 festgestellt habe, daß kein Auftrag erteilt worden war, und nachdem auch im Dezember 1992 trotz wiederholter Nachfragen noch nichts geschehen sei, habe sie nicht mehr davon ausgehen können, der Vermieter werde die Mängel ohne weiteres abstellen.
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
a) Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß bei nachträglicher Kenntnis des Mieters von Mangeln § 539 BGB entsprechend anzuwenden ist (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1991 - XII ZR 63/90 - NJW-RR 1992, 267, 268). Dies wird auch von der Revision nicht angegriffen.
Soweit das Berufungsgericht in der Weiterzahlung des Mietzinses einen Umstand gesehen hat, der der Geltendmachung von Gewährleistungsrechten entgegensteht, unterliegt diese Wertung des Tatrichters der Prüfung durch das Revisionsgericht jedenfalls darauf, ob sie auf von der Revision gerügten Verfahrensverstößen beruht, weil etwa wesentliche Umstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt wurden. Solche Verstöße rügt die Revision hier mit Erfolg:
b) Ob der Mieter sich auf Gewährleistungsrechte wegen eines Mangels nicht mehr berufen kann, hangt vor allem von der Ernsthaftigkeit seiner Beanstandung sowie von der Dauer der Zeit ab, in der er den Mietzins ungekürzt und ohne Vorbehalt weitergezahlt hat (vgl. Krämer in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 2. Aufl. Kap. III B Rdn. 1413 m.N.). Das verkennt auch das Berufungsgericht nicht, geht aber teilweise, wie zutreffend gerügt, verfahrensfehlerhaft von unzutreffenden Prämissen aus:
aa) Das Berufungsgericht legt eine trotz Kenntnis der Mangelhaftigkeit vorbehaltlose Zahlung der Miete von November 1992 bis April 1993 zugrunde.
Ein solcher Zeitraum von sechs Monaten reicht in der Regel aus, Gewährleistungsrechte des Mieters auch für die Zukunft auszuschließen (vgl. Kraemer aaO. m.w.N.), wahren drei Monate noch im Rahmen der dem Mieter zuzubilligenden angemessenen Überlegungsfrist liegen mögen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 1974 - VIII ZR 63/73 - NJW 1974, 2233, 2234).
Hier hatte die Beklagte aber in ihrer Berufungserwiderung unwidersprochen vorgetragen, die Miete für April 1993 gemäß ihrem Schreiben vom 2. April 1993 wegen der Mängel nur unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rückforderung gezahlt zu haben, so daß das Berufungsgericht von einer vorbehaltlosen Zahlung auch für diesen Monat nicht hätte ausgehen dürfen.
bb) Die Beklagte hatte diese Mängel zuvor auch mehrfach gerügt und Abhilfe verlangt.
Zu Unrecht hält das Berufungsgericht den erstinstanzlichen, nach seiner Darstellung im Berufungsverfahren nur pauschal in Bezug genommenen Vortrag der Beklagten (nebst Beweisantritt), sie habe das Eindringen von Feuchtigkeit schon im Herbst 1992 gerügt, für unsubstantiiert und seine Wiederholung im nachgelassenen Schriftsatz vom 8. Dezember 1994 für nicht berücksichtigungsfähig, da Vortrag hierzu nicht nachgelassen gewesen sei.
Das Landgericht hatte nämlich eine im Januar 1993 erhobene Mangelrüge für ausreichend erachtet und war deshalb auf die behauptete frühere Rüge vom Herbst 1992 nicht eingegangen. Somit hatte für die Beklagte keine Veranlassung bestanden, diesen Vortrag in ihrer Berufungsbegründung erneut aufzugreifen, so daß ihre pauschale Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen genügt hatte (vgl. BVerfG NJW 1987, 485).
Zudem hat die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung erneut vorgetragen, die aufgetretenen gravierenden Feuchtigkeitsschaden seit Herbst 1992 immer wieder gerügt und um Abhilfe gebeten zu haben, diesen Vortrag in einem weiteren Schriftsatz vom 10. November 1994 präzisiert und zugleich auf ihren im ersten Rechtszug hierfür angetretenen Beweis hingewiesen.
Der Senat vermag der vom Berufungsgericht insoweit unter Bezugnahme auf OLG Düsseldorf ZMR 1987, 263 - vertretenen Ansicht, eine Mängelrüge sei unsubstantiiert vorgetragen, wenn nicht angegeben werde, mit welchen Worten gerügt worden sei, in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen, zumal die Beklagte hier vorgetragen hatte:
"daß bereits im Oktober 1992 der Abteilungsleiter S. der Beklagten dem Kläger mitgeteilt hatte, daß im Verkaufsraum acht Auffanggefäße für das von der Decke tropfende Wasser aufgestellt werden mußten und daß eine durchgreifende Instandsetzung erforderlich sei.. (Beweis: Zeugnis S.)."
Damit waren der gerügte Mangel und das Abhilfeverlangen hinreichend konkretisiert. Jedenfalls hatte das Berufungsgericht einen Hinweis nach § 139 ZPO erteilen müssen, wenn es diesen Vortrag als unsubstantiiert ansehen wollte. Auch das rügt die Revision zu Recht.
Damit ist zugleich auch der Hilfserwägung des Berufungsgerichts, eine Minderung könne gegebenenfalls auch schon deshalb ausgeschlossen sein, weil die Beklagte die Mängel entgegen § 8 des Mietvertrages nicht rechtzeitig (jedenfalls nicht vor Januar 1993) angezeigt habe, die Grundlage entzogen.
cc) Der Vermieter hatte auch Abhilfe zugesagt, so da die Beklagte zunächst auf die Einhaltung dieser Zusage vertrauen konnte.
Da das Berufungsgericht dahinstehen läßt, ob der Rechtsvorgänger der Klägerinnen am 27. Oktober 1992 auf Drangen der Beklagten zugesagt hat, zur Behebung der Mangel einen Dachdecker zu beauftragen, ist in der Revisionsinstanz eine solche Zusage zu unterstellen. Denn die Beklagte hatte dies in dem ihr nachgelassenen Schriftsatz vom 8. Dezember 1994 unter Beweisantritt vorgetragen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war dieser Vortrag zu berücksichtigen, weil der Beklagten nachgelassen worden war, zum Schriftsatz vom 22. November 1994 Stellung zu nehmen. Darin hatten die Klägerinnen erstmals konkret bestritten, daß die Beklagte schon vor März 1993 auf die Notwendigkeit hingewiesen habe, Eimer zum Auffangen von der Decke herabtropfenden Wassers aufzustellen. Zuvor hatte der Rechtsvorgänger der Klägerinnen nämlich in seinen Schriftsätzen vom 16. Juli 1993 und 15. März 1994 eingeräumt, von einem Beauftragten der Beklagten auf durch das Dach eindringendes Wasser hingewiesen worden zu sein und daraufhin unverzüglich einen Dachdecker beauftragt zu haben, wenn auch mit der Einschränkung, dies sei erst im Januar 1993 geschehen.
Das Berufungsgericht stellt - aus seiner Sicht folgerichtig - auch nicht fest, daß der Rechtsvorgänger der Klägerinnen von seiner ursprünglichen Zusage alsbald wieder Abstand genommen habe. Zwar trägt die Beklagte selbst vor, ihr Instandsetzungsverlangen sei mit Anwaltsschreiben vom 18. März 1993 abgelehnt worden, darauf hat sie indes zeitnah am 2. April 1993 mit Fristsetzung und Schadensersatzdrohung reagiert. Dem dieser Ablehnung nachfolgenden Verhalten der Beklagten konnte der Rechtsvorgänger der Klägerinnen daher nicht entnehmen, die Beklagte werde Gewährleistungsansprüche nicht mehr geltend machen.
dd) Mit Erfolg greift die Revision auch die Hilfserwägung des Berufungsgerichts an, wegen der Nichteinhaltung der Zusage ihres Vermieters habe die Beklagte spätestens ab Dezember 1992 nicht mehr davon ausgehen können, daß die Beseitigung der Mängel noch erfolgen werde, so daß die Weiterzahlung der Miete von diesem Zeitpunkt an als Verzicht auf ihr "Minderungsrecht" auszulegen sei.
Grundsätzlich steht die Weiterzahlung der Miete trotz Kenntnis des Mieters von dem Mangel der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen dann nicht entgegen, wenn der Vermieter zugesagt hat, den Mangel zu beheben (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 1976 - VIII ZR 113/74 - WM 1976, 385, 387). Zwar kann gleichwohl ein Ausschluß der Gewährleistungsrechte in Betracht kommen, wenn der Mieter sich lange Zeit nicht auf sie berufen hat und der Vermieter den Eindruck gewinnen durfte, der Mieter habe sich mit der Gebrauchsbeeinträchtigung abgefunden (vgl. Sternel, Mietrecht 3. Aufl. Rdn. 663). Die bloße Unterlassung eines Widerspruchs des Mieters gegen die Hinausschiebung der zugesagten Mängelbeseitigung reicht hierfür aber nicht aus (so schon RGZ 90, 65, 67).
Hinzu kommt, daß die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, auf ihr Drangen sei im Februar 1993 wegen der Mängel ein Besprechungstermin für den 9. März 1993 vereinbart worden, der später wegen der Erkrankung des Rechtsvorgängers der Klägerinnen auf den 15. März 1993 verschoben worden sei. Daraus folgt, daß der Rechtsvorgänger der Klägerinnen auch schon bei Zahlung der Miete für März 199 nicht mehr davon ausgehen konnte, die Beklagte habe sich mit den Mangeln abgefunden.
Als Umstände, die für einen Ausschluß der Gewährleistungsrechte der Beklagten sprechen konnten, kommen somit allenfalls die nach Erkennbarkeit der Nichteinhaltung der Zusage geleisteten Mietzahlungen für Januar und Februar 1993 in Betracht. Sie reichen indes nicht aus, einen entsprechenden Vertrauenstatbestand beim Vermieter zu begründen. Zwei Monate liegen nämlich noch innerhalb der Überlegungszeit, die dem Mieter für die weitere Entscheidung zuzubilligen ist, ob er mindern, kündigen oder den Vertrag unverändert fortsetzen will (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 1974 aaO. 2234).
Da die Beklagte mindestens bis Dezember 1992 auf die Einhaltung einer Ende Oktober 1992 erteilten Zusage vertrauen durfte und erst danach die ihr zuzubilligende Überlegungszeit begann, widerspräche es jedenfalls vor Ablauf dieses Zeitraums dem Grundsatz von Treu und Glauben, wenn sich der Vermieter seiner ausdrücklich übernommen Verpflichtung zur Beseitigung des Mangels durch Berufung auf die Kenntnis des Mieters von dem Mangel entziehen konnte (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 1976 aaO. 387 f).
c) Rechtsirrig ist ferner die Auffassung des Berufungsgerichts, der Ausschluß der Gewährleistungsrechte lasse ohne weiteres auch ein Zurückbehaltungsrecht wegen des Anspruchs auf Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes entfallen. Das ist nicht der Fall (vgl. BGHZ 84, 42, 45 m.N., BGH, Urteile vom 25. Januar 1982 - VIII ZR 310/80 - NJW 1982, 874, 875 und vom 5. Juli 1989 - VIII ZR 334/88 - NJW 1989, 3222, 3224). Nur ausnahmsweise kann nach dem Rechtsgedanken des § 539 BGB auch der Erfüllungsanspruch auf Herstellung eines zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustandes ausgeschlossen sein (vgl. BGH, Urteile vom 5. Juli 1989 aaO. und vom 4. Oktober 1961 - VIII ZR 100/60 -, unveröffentlicht), bei einer solchen Wertung des Verhaltens des Mieters ist jedoch große Zurückhaltung geboten (vgl. Staudinger/Emmerich, BGB [1995] § 539 Rdn. 8, Emmerich, Miete 6. Aufl. § 539 Rdn. 2). Das Berufungsgericht hat eine solche Wertung - aus seiner Sicht konsequent - nicht vorgenommen. Aufgrund der vorstehend dargelegten Erwägungen kommt eine Wertung im Sinne einer Verwirkung des Zurückbehaltungsrechts jedenfalls nicht in Betracht.
Ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten ist hier auch nicht aus anderen Gründen entfallen.
Zwar ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts zutreffend, daß das Zurückbehaltungsrecht wegen des Anspruchs auf Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes entfallt, sobald der Mieter an der Erfüllung des Mietvertrages kein Interesse mehr hat (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1982 aaO.), zum Beispiel, weil das Mietverhältnis langst beendet ist.
aa) Soweit das Berufungsgericht insoweit (auch) auf die von ihm bejahte Wirksamkeit der fristlosen Kündigung abstellt, ist diese Argumentation rechtsfehlerhaft. Denn die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzuges ist ihrerseits unter anderem davon abhängig, ob und in welchem Umfang die Beklagte bis zum Zeitpunkt der Kündigung berechtigt war, die Miete zurückzubehalten.
bb) Mit Erfolg greift die Revision auch die Wertung des Berufungsgerichts an, mit der Räumung und Aushändigung der Schlüssel (Ende März 1993) habe die Beklagte zum Ausdruck gebracht, daß sie kein Interesse mehr daran habe, das Mietobjekt in einen vertragsgemäßen Zustand versetzen zu lassen. Insoweit hat sich das Berufungsgericht, wie von der Revision gerügt, nicht mit dem wiederholten Sachvortrag der Beklagten auseinandergesetzt, bei der Räumung Ende März 1993 habe es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme gehandelt, um dem Vermieter eine umfassende Beseitigung der Mangel zu ermöglichen.
Für diesen Sachvortrag spricht unter anderem das Schreiben vom 2. April 1993, mit dem die Beklagte - wenige Tage nach der Räumung - dem Vermieter eine Frist zur Mängelbeseitigung bis zum 15. April 1993 gesetzt und Ersatz des Schadens verlangt hat, der ihr u.a. durch "das Ausräumen und Wiedereinräumen der Ware und des Inventars" und als entgangener Gewinn "für die Dauer der Sanierungsarbeiten bis zur Wiedereröffnung" entstehen werde. daraus wird das Interesse an der Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes und an der Fortsetzung der Nutzung hinreichend deutlich. Das Berufungsgericht hat demgegenüber nicht festgestellt, daß die Beklagte den Betrieb in Wirklichkeit - wie von den Klägerinnen vermutet - nur aufgegeben habe, weil er sich nicht mehr rentiert habe.
Abgesehen davon müssen sich die Klägerinnen ihren eigenen Vortrag in der letzten mündlichen Verhandlung entgegenhalten lassen, die Beklagte habe die Halle noch nicht übergeben und die Schlüssel (nur)."zum Zwecke der Besichtigung" ausgehändigt.
cc) Auch die wahrend des Verfahrens am 26. Oktober 1994 im Zusammenhang mit der Veräußerung des Objekts getroffene Vereinbarung der Parteien zur Aufhebung des Mietvertrages hat das Interesse der Beklagten an der Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustandes nicht entfallen lassen. Diese Vereinbarung stand unter der Bedingung der Eintragung einer Grunddienstbarkeit; ob diese Bedingung eingetreten ist, läßt sich weder dem Vorbringen der Parteien noch den Feststellungen des Berufungsgerichts entnehmen.
d) Die Verurteilung zur Zahlung der (ungeminderten) Miete für Mai 1993 und die Feststellung, daß die fristlose Kündigung das Mietverhältnis beendet habe, kann nach alledem mit der gegebenen Begründung ebensowenig Bestand haben wie die Entscheidung über die hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzansprüche.
Da das Berufungsgericht zwar "erhebliche Mängel" festgestellt hat, nicht aber den Umfang der darauf zurückzuführenden Beeinträchtigung des vertragsmäßigen Gebrauchs des Mietobjekts, ist der Senat nicht in der Lage, abschließend zu entscheiden, ob und in welchem Umfang der Mietzins für Mai 1993 gemindert - und gegebenenfalls durch Aufrechnung erloschen - ist, und ob die Beklagte auch unter Berücksichtigung einer Minderung des Mietzinses und eines ihr zustehenden Zurückbehaltungsrechts im Zeitpunkt der Kündigung mit einem Teilbetrag in Verzug war, der mindestens zwei Monatsmieten entsprach.
Die Sache muß deshalb an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es die notwendigen Feststellungen nachholen kann.
Fundstellen
Haufe-Index 538110 |
BB 1997, 2610 |
DB 1997, 2532 |
NJW 1997, 2674 |
DRsp I(133)623b |
NJWE-MietR 1997, 247 |
WM 1997, 2002 |
ZIP 1997, 1753 |
ZMR 1997, 505 |
MDR 1997, 1112 |
WuM 1997, 488 |
BGH, HdM Nr. 48 |