Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung des Beraterhonorars bei Verstoß gegen das Rechtsberatungs- und Steuerberatungsgesetz
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist ein Beratungsvertrag wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungs- oder Steuerberatungsgesetz nichtig, so kann das bereits gezahlte und zurückverlangte Beraterhonorar dem Berater dennoch teilweise unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung zustehen.
2. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß weder die unerlaubte Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten noch die unbefugte Hilfeleistung in Steuersachen dadurch gerechtfertigt werden kann, daß die hierzu nicht befugte Person die betreffenden Leistungen durch befugte Personen als ihre Erfüllungsgehilfen ausüben läßt.
Normenkette
RBerG Art. 1 § 1; BGB §§ 134, 670, 683, 812; StBerG §§ 2, 5
Verfahrensgang
OLG Naumburg (Urteil vom 22.12.1994; Aktenzeichen 3 U 88/94) |
LG Dessau (Urteil vom 08.04.1994; Aktenzeichen 4 O 674/93) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 22. Dezember 1994 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin, eine Wohnungsbaugesellschaft, verlangt von den beiden Beklagten, zu 1 einem am 13. Mai 1991 als Rechtsanwalt zugelassenen Diplom-Juristen und zu 2 einem Diplom-Betriebswirt (FH), die Rückzahlung geleisteten Beratungshonorars.
Die Klägerin hat dazu vorgetragen: Die Zahlung sei rechtsgrundlos erfolgt, weil die der Zahlung zugrundeliegenden Beratungsverträge vom 4. November 1990 und 1. März 1991 wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz und das Steuerberatungsgesetz nichtig seien. Ihr stehe auch Schadensersatz zu, weil die Beratung durch die Beklagten fehlerhaft gewesen sei.
Die Klägerin hat im ersten Rechtszug zuletzt Zahlung von 65.048 DM nebst Zinsen verlangt, und zwar von beiden Beklagten als Gesamtschuldnern.
Das Landgericht hat der Klage wegen des in dem Vertrag vom 4. November 1990 genannten Honorarbetrags von 23.940 DM gegen den Beklagten zu 2 (bis auf einen Teil des Zinsanspruchs) stattgegeben; gegen den Beklagten zu 1 hat es die Klage insoweit abgewiesen. Wegen der aufgrund des Anschlußvertrages vom 1. März 1991 geleisteten 41.108 DM hat das Landgericht die Klage gegen beide Beklagte mangels Fälligkeit als derzeit unbegründet abgewiesen.
Das Oberlandesgericht hat der Klage gegen beide Beklagte in Höhe von 65.048 DM nebst Prozeßzinsen stattgegeben.
Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, der die Klägerin entgegentritt.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
1. Die Revision macht allerdings vergeblich geltend, das Berufungsgericht habe der Klägerin entgegen § 308 Abs. 1 ZPO mehr zugesprochen als beantragt.
§ 308 Abs. 1 ZPO ist nicht verletzt. Das Oberlandesgericht hat das Berufungsvorbringen der Klägerin zutreffend dahin verstanden, daß die Klägerin mit ihrer Berufung weiterhin die Verurteilung beider Beklagten entsprechend ihrem erstinstanzlichen Antrag in Höhe von zuletzt insgesamt 65.048 DM verfolgte, eingeschränkt nur, was das Berufungsgericht nicht verkannt hat, hinsichtlich der Höhe der verlangten Zinsen. Die entsprechende Auslegung des Berufungsantrags der Klägerin durch das Berufungsgericht ist nicht zu beanstanden. Von einer weiteren Begründung wird nach § 565 a ZPO abgesehen.
2. Soweit die Revision weiter geltend macht, die Beklagten hätten allenfalls als Gesamtschuldner verurteilt werden dürfen, geht auch diese Rüge fehl.
Das Berufungsgericht hat die Beklagten, wie sich jedenfalls aus dem Gesamtzusammenhang von Urteilsformel, Tatbestand und Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, (nur) als Gesamtschuldner zur Zahlung von 65.048 DM nebst Prozeßzinsen an die Klägerin verurteilt. Auch insoweit wird von einer weiteren Begründung nach § 565 a ZPO abgesehen.
3. Die Revision wendet sich aber mit Recht dagegen, daß das Berufungsgericht (anders als das Landgericht) nicht nur den Beklagten zu 2, sondern beide Beklagte als Vertragspartner des Vertrages vom 4. November 1990 angesehen hat.
Der Entscheidung des Berufungsgerichts fehlt insoweit die erforderliche tatsächliche Grundlage. Das Berufungsgericht stellt zwar in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils fest, der Beklagte zu 1 habe nie bestritten, schon damals Mitglied der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gewesen zu sein, die Klägerin habe im Rechtsstreit vorgetragen, beide Beklagte seien Vertragspartner, die Beklagten hätten dem nicht widersprochen. Dieser Feststellung des Berufungsgerichts kommt indes keine das Revisionsgericht bindende Tatbestandswirkung nach § 314 ZPO zu. Denn die entsprechenden Ausführungen des Berufungsgerichts stehen, wie die Revision mit Recht geltend macht, in offenem Widerspruch zum Vorbringen der Beklagten, wie es sich nach dem Akteninhalt und insbesondere aus dem Urteil des Landgerichts ergibt: Der Beklagte zu 1 hat stets bestritten, schon im November 1990 Partner des Beklagten zu 2 gewesen zu sein. Auch wenn dieser Teil des Berufungsurteils nicht Gegenstand des auf Antrag der Beklagten durchgeführten Tatbestandsberichtigungsverfahrens war und das Berufungsurteil keine (ausdrückliche) Bezugnahme auf das landgerichtliche Urteil und den Inhalt der Akten enthält, so kommt eine Anwendung des § 314 ZPO wegen der genannten Widersprüchlichkeit dennoch nicht in Betracht (vgl. BGH, Urteile vom 5. Oktober 1988 – VIII ZR 222/87 und vom 14. Oktober 1988 – V ZR 73/87 = BGHR ZPO § 314 Widersprüchlichkeit 2 und 3 sowie Senatsurteil vom 7. Dezember 1995 – III ZR 141/93 = NJW-RR 1996, 379).
4. Die Revision wendet sich auch mit Recht dagegen, daß das Berufungsgericht die Beklagten zur Rückzahlung des aufgrund der Verträge vom 4. November 1990 und 1. März 1991 geleisteten Beratungshonorars von insgesamt 65.048 DM nebst Zinsen verurteilt hat, ohne zu prüfen, ob die Beklagten die erhaltenen Beträge aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag oder der ungerechtfertigten Bereicherung behalten können.
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Verträge vom 4. November 1990 und 1. März 1991 seien wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz (unerlaubte Rechtsbesorgung, Art. 1 § 1 RBerG) und das Steuerberatungsgesetz (unbefugte Hilfeleistung in Steuersachen, §§ 2, 5 StBerG) nach § 134 BGB nichtig.
Das wird von der Revision an sich nicht angegriffen. Ein durchgreifender Rechtsfehler des Berufungsgerichts ist insoweit – jedenfalls im Ergebnis – auch nicht ersichtlich (vgl. zur Frage der unerlaubten Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten Senatsurteil vom 18. Mai 1995 – III ZR 109/94 = BGHWarn 1995 Nr. 167 = NJW 1995, 3122).
Wesentlicher Inhalt der beiden Verträge war die rechtliche und/oder steuerliche Beratung der Klägerin, wie die Vorinstanzen ohne Rechtsirrtum ausgeführt haben. Weder der Beklagte zu 1 noch der Beklagte zu 2 waren seinerzeit als Rechtsanwalt oder Steuerberater zugelassen. Soweit der Erstbeklagte inzwischen, seit dem 13. Mai 1991, als Rechtsanwalt zugelassen ist, führt dies nicht nachträglich dazu, daß die vor der Zulassung ausgeübte Rechtsbesorgung zu einer erlaubten wird (vgl. auch Altenhoff/Busch/Chemnitz RBerG 10. Aufl. Rn. 383 m.w.N.).
Das Berufungsgericht hat es auch mit Recht als unerheblich angesehen, ob sich die Beklagten (entgegen der Annahme der Vorinstanzen nicht: das „Unternehmensberatungsteam” als solches, dem Rechtspersönlichkeit nicht zukommt) bei der rechtlichen oder steuerlichen Beratung der Klägerin fremder Hilfe bedienten. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß weder die unerlaubte Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten noch die unbefugte Hilfeleistung in Steuersachen dadurch gerechtfertigt werden kann, daß die hierzu nicht befugte Person die betreffenden Leistungen durch befugte Personen als ihre Erfüllungsgehilfen ausüben läßt (vgl. für das RBerG: BGH, Urteil vom 24. Juni 1987 – I ZR 74/85 = BGHWarn 1987 Nr. 217 = VersR 1988, 132 f; für das StBerG: BGHZ 98, 330 und BGH, Urteil vom 21. März 1996 – IX ZR 240/95 = NJW 1996, 1954 f).
b) Dem Berufungsgericht ist im Ansatzpunkt darin zu folgen, daß wegen der Nichtigkeit der beiden Beratungsverträge vom 4. November 1990 und 1. März 1991 ein Anspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Rückzahlung der aufgrund der Verträge geleisteten Honorarzahlungen in Betracht kommen kann. Es hat dabei jedoch, wie die Revision mit Recht geltend macht, nicht geprüft, ob die Klageforderung deshalb – ganz oder teilweise – unbegründet ist, weil den Beklagten die von der Klägerin gezahlten und jetzt wieder herausverlangten Beträge aus einem anderen Rechtsgrund zustehen.
aa) Ein Anspruch der Beklagten aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff, insbes. §§ 683, 670 BGB) kommt allerdings insoweit nicht in Betracht, als die Beklagten eine nach dem Rechtsberatungsgesetz oder dem Steuerberatungsgesetz verbotene Leistung erbracht haben. Soweit die Tätigkeit der Beklagten mit Art. 1 § 1 RBerG oder §§ 2, 5 StBerG unvereinbar ist, fehlt es daran, daß die Beklagten ihre Leistung „den Umständen nach für erforderlich halten” durften (vgl. Senatsurteil BGHZ 118, 142, 150 m.w.N.).
Soweit ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz oder das Steuerberatungsgesetz nicht vorliegt, erscheinen Ansprüche aus §§ 683, 670 BGB dagegen nicht als ausgeschlossen. Die Revision weist zutreffend darauf hin, daß dies jedenfalls insoweit der Fall sein kann, als der Beklagte zu 1 seit seiner Zulassung als Rechtsanwalt am 13. Mai 1991 für die Klägerin Leistungen erbracht hat.
Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dies der Fall ist, steht bisher nicht fest. Das Berufungsgericht wird die dazu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nachzuholen haben. Der in der mündlichen Revisionsverhandlung erfolgte Hinweis der Revisionserwiderung auf § 59 a BRAO geht in diesem Zusammenhang fehl. Ein – etwaiger – Verstoß des Beklagten zu 1 gegen diese Vorschrift, die sich mit den Möglichkeiten des Rechtsanwalts zur Bildung einer Sozietät befaßt, führt nicht dazu, daß ein Anspruch des Rechtsanwalts für von ihm einem Dritten zulässigerweise erbrachte Beratungsleistungen entfällt (vgl. auch BGH, Urteil vom 21. März 1996 – IX ZR 240/95 = NJW 1996, 1954 ff).
bb) In Betracht kommen auch Ansprüche der Beklagten aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 ff BGB; vgl. Altenhoff/Busch/Chemnitz RBerG 10. Aufl. Rn. 193 a.E.; Rennen/Caliebe RBerG 2. Aufl. Art. 1 § 1 Rn. 148).
Solche Ansprüche entfallen nach dem im Revisionsverfahren zugunsten der Beklagten zugrunde zu legenden Sachverhalt nicht schon deshalb, weil die Klägerin hier nichts im Sinne des § 812 BGB erlangt hätte. Die Klägerin hat zwar vorgetragen, die von den Beklagten erbrachten Beratungsleistungen seien, da fehlerhaft, wertlos gewesen. Die Beklagten sind dem aber – entgegen der Annahme der Revisionserwiderung – entgegengetreten. Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Ein Wertersatzanspruch nach § 818 Abs. 2 BGB (vgl. BGHZ 37, 258, 264) ist deshalb nicht von vornherein ausgeschlossen.
Ob und inwieweit einem solchen Anspruch § 817 Satz 2 BGB entgegensteht, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben. Das den Gläubiger hart belastende Rückforderungsverbot des § 817 Satz 2 BGB bezieht sich nur auf das, was aus den vom Gesetz mißbilligten Vorgängen geschuldet wird. Dagegen läßt die Vorschrift Bereicherungsansprüche unberührt, die sich aus der Erbringung nicht zu beanstandender Leistungen ergeben, selbst wenn sie aus demselben tatsächlichen Verhältnis entstammen. Die Nichtigkeit des ganzen Vertrages gemäß den §§ 134, 139 BGB bewirkt also nicht zwangsläufig, daß damit auch alle seine Teile gleich zu beurteilen sind, soweit es sich um die Anwendung des § 817 Satz 2 BGB handelt (vgl. BGHZ 50, 90, 92 m.w.N. sowie die im Senatsurteil vom 18. Mai 1995 – III ZR 109/94 unter III = NJW 1995, 3122, 3124 a.E. genannten weiteren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs). Die Vorschrift setzt darüber hinaus voraus, daß sich der Gläubiger – hier die Beklagten – des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot bewußt gewesen ist und ihn trotzdem gewollt hat (vgl. BGHZ 50 aaO m.w.N.).
Fundstellen