Entscheidungsstichwort (Thema)
Provisionsversprechen an Steuerberater für Anlageempfehlung. Kundenschutzklausel zwischen Makler und Steuerberater
Leitsatz (redaktionell)
1. Mit den Pflichten eines steuerlichen Beraters ist es grundsätzlich nicht vereinbar, daß er sich von einem Makler, der steuersparende Vermögensanlagen vertreibt (hier: Bauherrenmodelle), für die Empfehlung dieser Anlagen an seine Mandanten Provisionen versprechen läßt. Er kann aber dem Vorwurf des Treuebruchs dadurch entgehen, daß er den Mandanten, denen er die Beteiligung an dem Projekt nahelegt, gleichzeitig seine Provisionsaussicht offenbart.
2. Eine Kundenschutzklausel des Inhalts, daß der Steuerberater, wenn er seinen Mandanten die Beteiligung an einem Anlageobjekt empfiehlt, verpflichtet sein soll, dafür zu sorgen, daß der Abschluß nicht über einen anderen Vertreter erfolgt, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Eine Abmachung, die dem Steuerberater die Möglichkeit einer unvoreingenommenen, an sachlichen Gesichtspunkten orientierten Beratung seiner Mandanten nimmt, wäre nach § 138 BGB nichtig.
Normenkette
BGB § 138; StBerG § 57
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 07.08.1985; Aktenzeichen 15 U 4609/84) |
LG München I (Urteil vom 02.07.1984; Aktenzeichen 24 O 299/83) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 7. August 1985 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger vertreibt als Immobilienmakler Bauherrenmodelle verschiedener Initiatoren. Mit der Firma IWG Bautreuhand GmbH hat er eine Vereinbarung getroffen, nach der er für die Vermittlung von Bauherren für die ca. 15 verschiedenen Bauherrenmodelle dieser Gesellschaft eine Provision von 10% erhalten sollte. Er arbeitete mit dem beklagten Steuerberater in der Weise zusammen, daß der Beklagte Klienten, die an der Zeichnung von Bauherrenmodellen interessiert waren, an den Kläger empfahl.
Als Gegenleistung beteiligte der Kläger den Beklagten an seiner Provision, und zwar zunächst mit 2 bis 3, später mit 4 Zehnteln. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß der Beklagte seine Mandanten von der von ihm erwarteten Provisionseinnahme unterrichtete und der Kläger mit einer solchen Unterrichtung rechnete.
Der Kläger behauptet, die Parteien hätten eine Kundenschutzvereinbarung getroffen nach der der Beklagte Kunden für die IWG ausschließlich über den Kläger benennen sollte. Hiergegen habe der Beklagte verstoßen. In dieser Hinsicht wirft ihm der Kläger jetzt nur noch vor, daß er, der Beklagte, seine Mandanten, die Notare Dr. K und S, nicht ihm, dem Kläger, sondern einer anderen Vertriebsbeauftragten der IWG als Interessenten benannt habe. Hierdurch sei ihm, dem Kläger, eine Provision von 125.334,81 DM entgangen.
Das Landgericht hat den Beklagten unter Abweisung anderer, jetzt vom Kläger nicht mehr weiterverfolgter Ansprüche zur Zahlung des genannten Betrages nebst Zinsen verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
I.
1. Das Berufungsgericht erörtert eingehend die Bedenken, die seiner Meinung nach gegen die Auffassung des Landgerichts bestehen, es sei zwischen den Parteien eine Kundenschutzklausel vereinbart worden. Es hat sich jedoch aus prozessualen Gründen nicht in der Lage gesehen, in dieser Hinsicht abschließende tatsächliche Feststellungen zu treffen. Für die Revisionsinstanz muß daher insoweit die Sachdarstellung des Klägers als richtig unterstellt werden. Nach der Zurückverweisung wird das Berufungsgericht diesen Punkt erneut tatrichterlich zu prüfen haben.
2. Mit den Pflichten eines steuerlichen Beraters ist es grundsätzlich nicht vereinbar, daß er sich von Gesellschaften und Personen, die steuersparende Vermögensanlagen vertreiben, für die Empfehlung dieser Anlagen an seine Mandanten Provisionen oder andere Vermögensvorteile versprechen läßt. Er kann dem Vorwurf des Treubruchs nur dadurch entgehen, daß er den Mandanten, denen er die Beteiligung an dem Projekt nahelegt, gleichzeitig seine Provisionsaussicht offenbart (BGHZ 78, 263, 268; 95, 81,84). Im vorliegenden Fall ist es jedoch unstreitig daß der Beklagte seine Mandanten über seine Provisionserwartungen aufgeklärt hat und daß auch der Kläger mit einer solchen Aufklärung rechnete. Gegen die Provisionsteilungsvereinbarung bestehen daher keine durchgreifenden Bedenken.
Wenn dem aber so ist, dann kann auch die nach der Sachdarstellung des Klägers vereinbarte Kundenschutzklausel rechtlich nicht beanstandet werden. Sie verpflichtete den Beklagten nicht etwa, bei den Empfehlungen an seine Mandanten bestimmten Vermögensanlagen – z.B. denen bei der IWG – den Vorzug vor anderen zu geben; eine solche Abmachung, die dem Beklagten die Möglichkeit einer unvoreingenommenen, an sachlichen Gesichtspunkten orientierten Beratung seiner Mandanten genommen hätte, wäre nach § 138 BGB nichtig gewesen. Nach der Sachdarstellung des Klägers hat die Vereinbarung jedoch einen anderen Inhalt. Der Beklagte sollte nach ihr nur dann, wenn er seinen Mandanten die Beteiligung an einem Objekt der IWG empfahl, verpflichtet sein, dafür zu sorgen, daß der Abschluß über den Kläger und nicht über einen anderen Vertreter erfolgt. Bei einer solchen Gestaltung der Kundenschutzklausel bestehen gegen ihre rechtliche Gültigkeit keine Bedenken.
II.
1. Nach der Ansicht des Berufungsgerichts ist der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch auch dann unbegründet, wenn man zu seinen Gunsten unterstellt, daß die von ihm behauptete Kundenschutzvereinbarung zustande gekommen sei; denn dem Kläger sei es nicht gelungen, eine schuldhafte Verletzung dieser Vereinbarung nachzuweisen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, daß die Kaufverhandlungen mit den Notaren Dr. K und S von dem Geschäftsführer der IWG, dem Zeugen Weber, selbst angebahnt worden seien. Aus diesem Grunde sei eine provisionspflichtige Maklertätigkeit nicht mehr möglich gewesen. Dies habe auch der Beklagte gewußt, als er von den Notaren um steuerliche Beratung gebeten worden sei. Die vom Kläger behauptete Kundenschutzvereinbarung könne sich aber sinnvollerweise nur auf diejenigen Fälle beziehen, in denen dem Kläger noch eine provisionspflichtige Vermittlung möglich sei. Der Beklagte sei daher nicht verpflichtet gewesen, die Notare Dr. K und S dem Kläger als Interessenten für das Bauherrenmodell der IWG zu benennen.
2. Dieser Gedankengang ist durch Rechtsfehler beeinflußt. Nach dem unstreitigen Sachvortrag war der Kläger von der Firma IWG mit der Vermittlung von Interessenten für die Beteiligung an Bauherrenmodellen beauftragt. Für diese Vermittlungstätigkeit sollte er eine Provision von 10% erhalten. Davon geht auch das Berufungsgericht bei seiner rechtlichen Beurteilung aus. Unter Vermittlung versteht man die Einwirkung auf die Willensentschließung einer oder beider Hauptvertragsparteien. Eine solche Vermittlungstätigkeit wurde nicht dadurch ausgeschlossen, daß das Geschäft in einem Zeitpunkt, in dem der Kläger noch nicht hatte tätig werden können, vom Geschäftsführer der IWG angebahnt worden war. Aus den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, daß die beiden Notare nach dem Gespräch mit dem Geschäftsführer der IWG sich noch nicht endgültig zur Beteiligung am Bauherrenmodell entschlossen hatten; sie wollten sich vielmehr zunächst vom Beklagten über die steuerlichen Auswirkungen ihrer Beteiligung beraten lassen. Wenn aber die Notare noch keine endgültige Entscheidung getroffen hatten, war eine Einwirkung des Klägers auf ihre Willensentschließung nicht unmöglich.
3. In einer Hilfsbegründung führt das Berufungsgericht aus: Selbst wenn der Beklagte die Pflichten aus dem Kundenschutzabkommen verletzt haben sollte, wäre dem Kläger kein Schaden entstanden; denn er hätte auch dann, wenn er vom Beklagten unterrichtet worden wäre, keine Vermittlungstätigkeit mehr entfalten und sich damit auch keine Vermittlungsprovision verdienen können. Auch diese Überlegung hält aus den unter Ziff. II 2 dargelegten Gründen einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Wenn die erneute tatrichterliche Prüfung ergeben sollte, daß der Beklagte seine Pflicht aus einer etwaigen Kundenschutzvereinbarung schuldhaft verletzt hat, wird das Berufungsgericht nach § 287 ZPO zu prüfen haben, ob der Kläger sich bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten eine Provision verdient hätte. In diesem Zusammenhang wird die vom Berufungsgericht noch nicht abschließend geprüfte Behauptung des Klägers von Bedeutung sein, der Beklagte habe die Notare K. und S. einem anderen, für die IWG arbeitenden Makler namens St benannt und dieser habe für seine Tätigkeit von der IWG eine Vermittlungsprovision erhalten. Wenn St sich tatsächlich eine Vermittlungsprovision verdient haben sollte, dann könnte dies ein gewichtiges Indiz dafür sein, daß auch der Kläger in der Lage gewesen wäre, sich diese Provision zu verdienen, wenn die beiden Notare nicht dem Makler St, sondern ihm, dem Kläger, als Interessenten benannt worden wären.
4. Das Berufungsgericht legt schließlich noch dar, daß der Kläger seinen Schadensersatzanspruch auch nicht mit der Behauptung begründen könne, die IWG habe ihm einen Kundenschutz eingeräumt und dieser Kundenschutz greife hier ein, weil er, der Kläger, bereits 1978 mit den Notaren Dr. K und S geschäftlichen Kontakt gehabt habe. Das ist selbstverständlich; auch der Kläger will auf diese Umstände seine Klage nicht stützen. Wenn der Kläger tatsächlich aufgrund einer mit der IWG vereinbarten Kundenschutzklausel für den Abschluß mit den Notaren K und S auch ohne eigene Vermittlungstätigkeit eine Provision beanspruchen könnte, würde dies sogar der Klage die Grundlage entziehen; denn in diesem Falle wäre dem Kläger durch das Fehlverhalten des Beklagten keine Provision entgangen. An der im Berufungsurteil angegebenen Schriftsatzstelle behauptet der Kläger jedoch nicht, daß die IWG aufgrund einer Kundenschutzklausel ihm gegenüber zur Provisionszahlung verpflichtet sei; er bezeichnet dies lediglich als möglich. Abschließend läßt sich dies nur beurteilen, wenn bekannt ist, welchen genauen Inhalt die mit der IWG vereinbarte Kundenschutzklausel hatte und von welcher Art die im Jahre 1978 von dem Kläger mit den Notaren K und S angeknüpften Kontakte waren. Durch die Zurückverweisung der Sache erhalten die Parteien Gelegenheit, sich zu diesen Punkten näher zu erklären.
Fundstellen