Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermögensübertragung zu Gunsten Dritter auf den Todesfall. Allgemeine Regeln für Rechtsgeschäfte unter Lebenden. Deckungsverhältnis. Valutaverhältnis. Anfechtung
Leitsatz (amtlich)
Überträgt eine Erblasserin Vermögen durch eine unter Lebenden vollzogene Verfügung zu Gunsten Dritter auf den Todesfall (§§ 518 Abs. 2, 2301 Abs. 2 BGB), unterliegen die auf diese Weise begründeten Rechtsbeziehungen nicht nur im Deckungs-, sondern auch im Valutaverhältnis den allgemeinen Regeln für Rechtsgeschäfte unter Lebenden, nicht aber dem Erbrecht. Das gilt sowohl für die rechtliche Einordnung der im Valutaverhältnis begründeten Rechtsbeziehung als auch für deren Anfechtung (Fortführung von BGH, Urt. v. 19.10.1983 - IVa ZR 71/82, MDR 1984, 296 = NJW 1984, 480 unter 1).
Normenkette
BGB §§ 331, 2301
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des OLG Düsseldorf v. 8.11.2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin verlangt im Hinblick auf das Testament der Erblasserin Zahlung von 52.317,67 DM (jetzt: 26.749,59 Euro). In diesem Testament v. 5.6.1996 teilt die Erblasserin ihre Sparbriefe, die ihr wesentliches Vermögen darstellten, zu je einem Drittel auf die Klägerin, den Beklagten und einen weiteren Miterben auf. Nach Abzug des Guthabens eines Kontos, das die Erblasserin dem Beklagten bereits im Jahre 1984 durch Verfügung zu Gunsten Dritter zugewandt hatte, sowie zweier Vermächtnisse zu Gunsten der Kinder der Klägerin belief sich das restliche Guthaben der Erblasserin bei ihrer Sparkasse beim Erbfall auf 156.953 DM, d. h. das Dreifache der Klageforderung. Die Erblasserin hat im Testament angeordnet, dass der Beklagte berechtigt sei, ihr Vermögen zu verwalten. Er hat das Amt des Testamentsvollstreckers mit Schreiben v. 27.5.1997 angenommen.
Vor der Klägerin forderte bereits der an diesem Verfahren nicht beteiligte dritte Miterbe die Aufteilung des Guthabens der Erblasserin bei der Sparkasse. Der Beklagte berief sich demgegenüber auf eine weitere Verfügung zu Gunsten Dritter für den Todesfall, mit der die Erblasserin am 25.3.1996 durch ihre Unterschrift auf einem vorgedruckten Formular der Sparkasse den Beklagten bezüglich des gesamten, von den Miterben herausverlangten Guthabens begünstigt hatte, sofern der Beklagte die Erblasserin überleben werde. Mithin stehen nach Ansicht des Beklagten den anderen Miterben keine Ansprüche auf das Sparkassenguthaben zu; ein Widerruf der zu seinen Gunsten getroffenen Verfügung durch das Testament der Erblasserin sei nicht möglich. Der weitere Miterbe erklärte darauf mit Anwaltsschreiben v. 11.9.1997 gegenüber dem Anwalt des Beklagten, er fechte die Verfügung zu Gunsten Dritter v. 25.3.1996 an; die Erblasserin sei unmittelbar nach Beerdigung ihres Mannes am 21.3.1996 wegen ihrer Krebserkrankung zur Sterbebegleitung in das Hospiz aufgenommen worden, in dem sie am 22.9.1996 verstarb; der Beklagte habe lediglich als Testamentsvollstrecker Verfügungsgewalt über das Guthaben der Erblasserin erlangen sollen, die Verteilung des Guthabens ergebe sich aber aus dem wenig später errichteten Testament. Es kam zu einem Rechtsstreit zwischen dem weiteren Miterben und dem Beklagten, in dem Letzterer rechtskräftig zur Zahlung von 52.317,67 DM verurteilt wurde.
Im Anschluss an jenes Verfahren macht die Klägerin geltend, die Erblasserin habe sich bei Unterzeichnung der Verfügung zu Gunsten Dritter v. 25.3.1996 in einem Irrtum befunden, da sie dem Beklagten lediglich Kontenvollmacht habe einräumen wollen. Er habe das Sparkassenguthaben nach Abzug von Nachlassverbindlichkeiten unmittelbar an die anderen Erben auszahlen sollen. Die Anfechtung des weiteren Miterben wirke auch zu ihren Gunsten. Der Beklagte behauptet dagegen, die Erblasserin habe ihm das gesamte Guthaben geschenkt. Das LG hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt; das OLG hat dessen Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision erstrebt er die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Nach Ansicht der Vorinstanzen kann die Klägerin den geforderten Betrag vom Beklagten gem. §§ 2218, 667 BGB verlangen. Denn die Verfügung zu Gunsten Dritter für den Todesfall v. 25.3.1996 sei wirksam angefochten worden. Die Vorschrift des § 2078 BGB sei auf den vorliegenden Fall entsprechend anwendbar. Nach Meinung des Berufungsgerichts entfalten die Urteile in dem vorangegangenen Verfahren des dritten Miterben gegen den Beklagten zwar keine Rechtskraft im Verhältnis der Klägerin zum Beklagten. Wie aber aus der im Urkundenbeweis verwertbaren Zeugenvernehmung in jenem Verfahren hervorgehe, habe sich die Erblasserin tatsächlich in dem behaupteten Irrtum befunden. Dafür spreche insbesondere ihr nur gut zwei Monate später errichtetes Testament. Für eine zwischenzeitliche Änderung des Zuwendungswillens fehle jeder Anhalt. Einer erneuten Vernehmung des Mitarbeiters der Sparkasse, in dessen Gegenwart die Erblasserin die Verfügung v. 25.3.1996 errichtet habe, bedürfe es nicht. Auf ihn komme es zwar entscheidend an, er habe sich aber schon bei seiner Vernehmung in dem vorangegangenen Verfahren nicht mehr erinnern können, was mit der Erblasserin konkret besprochen worden sei. Die von dem dritten Miterben mithin wirksam erklärte Anfechtung komme nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urt. v. 8.5.1985 - IVa ZR 230/83, MDR 1985, 827 = NJW 1985, 2025, unter III) auch der Klägerin zugute.
II. Diese Würdigung ist in rechtlicher Hinsicht aus mehreren Gründen zu beanstanden.
1. Sie lässt zunächst außer Betracht, dass bei der am 25.3.1996 zwischen der Erblasserin, ihrer Sparkasse und dem Beklagten vereinbarten Verfügung zu Gunsten Dritter auf den Todesfall zu unterscheiden ist zwischen dem Deckungsverhältnis der Erblasserin zur Sparkasse einerseits und dem Valutaverhältnis der Erblasserin zum Beklagten andererseits.
a) Im Deckungsverhältnis liegt ein Vertrag zu Gunsten Dritter, nämlich zu Gunsten des Beklagten vor, durch den dieser einen Anspruch auf das Guthaben gegenüber der Sparkasse nach dem Tod der Erblasserin erworben hat (§§ 328, 331 BGB). Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung unterliegen die Rechtsbeziehungen im Deckungsverhältnis nicht dem Erbrecht, sondern dem Schuldrecht. Deshalb gilt § 2301 Abs. 1 BGB für sie auch dann nicht, wenn es sich im Valutaverhältnis um eine unentgeltliche Zuwendung handelt (BGH BGHZ 41, 95 [96]; BGHZ 66, 8 [12 f.]; Urt. v. 19.10.1983 - IVa ZR 71/82, MDR 1984, 296 = NJW 1984, 480, unter 1). Die besonderen erbrechtlichen Auslegungsregeln für letztwillige Verfügungen sind auf die Auslegung der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung, durch die der Anspruch aus § 331 BGB begründet wird, auch nicht entsprechend anwendbar (BGH, Urt. v. 12.5.1993 - IV ZR 227/92, MDR 1993, 769 = NJW 1993, 2171, unter 2).
b) Dementsprechend ist auch die Frage, ob der Begünstigte den auf diese Weise erlangten Anspruch behalten darf oder an die Erben nach § 812 BGB herausgeben muss, also die Frage nach dem rechtlichen Grund im Valutaverhältnis, nicht nach Erbrecht, sondern nach Schuldrecht zu beurteilen (BGH, Urt. v. 19.10.1983 - IVa ZR 71/82, MDR 1984, 296 = NJW 1984, 480, unter 1). Der BGH hat die Frage, ob derartige Zuwendungen zwar nicht in der Rechtsform, wohl aber in anderen Beziehungen erbrechtlichen Normen unterstellt werden müssen, im Hinblick auf erbvertragliche oder diesen gleichstehende Bindungen des Erblassers durch wechselbezügliches gemeinschaftliches Testament erwogen, aber verneint, um erhebliche Abgrenzungschwierigkeiten sowie Rechtsunsicherheit zu vermeiden (BGH BGHZ 66, 8 [12 ff.]). Als Valutaverhältnis kommt, wenn eine unentgeltliche Zuwendung gewollt ist, im Allgemeinen nur eine Schenkung in Betracht; im Hinblick auf den "Von-Selbst-Erwerb" des Begünstigten ist sowohl Vollziehung i. S. v. § 2301 Abs. 2 BGB als auch Heilung des Formmangels gem. § 518 Abs. 2 BGB anzunehmen (BGH, Urt. v. 19.10.1983 —- IVa ZR 71/82, MDR 1984, 296 = NJW 1984, 480, unter 1). Es sind aber auch andere Rechtsgeschäfte unter Lebenden im Valutaverhältnis möglich, etwa eine ehebedingte Zuwendung; die erbrechtliche Vorschrift des § 2077 BGB ist in einem solchen Fall auf die Begünstigung nicht anwendbar (BGH v. 30.11.1994 - IV ZR 290/93, BGHZ 128, 125 [132 ff.] = MDR 1995, 824). An diesen Grundsätzen hält der Senat fest.
c) Die Urteile der Vorinstanzen befassen sich demgegenüber undifferenziert mit der Anfechtung des Vertrages zu Gunsten Dritter für den Todesfall v. 25.3.1996. Nach den Urteilen im vorangegangenen Verfahren betrifft die Anfechtung des dritten Miterben v. 11.9.1997, die er dem Beklagten gegenüber erklärt hat, nicht das Deckungsverhältnis gegenüber der Sparkasse, sondern eine im Valutaverhältnis gegenüber dem Beklagten vorliegende Schenkung. Insoweit bedarf es auch im vorliegenden Verfahren tatrichterlicher Feststellungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die unter den Parteien streitige Frage, was die Erblasserin mit dem Rechtsgeschäft v. 25.3.1996 bezweckt hat, nicht erst für einen eventuellen Anfechtungsgrund, sondern schon für die rechtliche Charakterisierung des Valutaverhältnisses Bedeutung erlangen kann.
2. a) Nach dem Vortrag der Klägerin ging es im Valutaverhältnis um einen Auftrag oder eine Geschäftsbesorgung; der Beklagte habe die Guthaben für die Erblasserin verwalten sollen. Insoweit ist wie bei jedem Rechtsgeschäft unter Lebenden gem. §§ 133, 157 BGB maßgebend, was als Wille der Erblasserin für den Beklagten als Empfänger ihrer Erklärung erkennbar geworden ist (BGH, Urt. v. 12.3.1992 - IX ZR 141/91, MDR 1992, 961 = NJW 1992, 1446, unter II 1b). Für die Behauptung der Klägerin, der Beklagte habe die Guthaben lediglich verwalten sollen, ist die Klägerin beweispflichtig (Palandt/Sprau, BGB, 62. Aufl., § 667 Rz. 10). Da sie aber an dem Rechtsgeschäft zwischen der Erblasserin, der Sparkasse und dem Beklagten v. 25.3.1996 nicht beteiligt war, ist der Beklagte zu einer substantiierten Darlegung verpflichtet (BGH, Urt. v. 3.2.1999 - VIII ZR 14/98, MDR 1999, 696 = NJW 1999, 1404, unter II 2b aa).
b) Die Klägerin hat sich in ihrer Berufungserwiderung auf die Protokolle der Aussagen der vom AG im vorangegangenen Verfahren vernommenen Zeugen bezogen. Danach habe die Erblasserin stets erklärt, ihr Nachlass werde gleichmäßig verteilt. Insbesondere habe sie nach der Beerdigung ihres Mannes am 21.3.1996 im Hinblick auf ihre eigene Erkrankung erklärt, der Beklagte solle, da er örtlich und zeitlich am besten verfügbar sei, die Gelddinge für sie regeln, da sie nicht mehr aus dem Hospiz herauskomme.
Diesem Vortrag steht nicht etwa der Wortlaut der Verfügung zu Gunsten Dritter für den Todesfall v. 25.3.1996 entgegen. Im vorgedruckten Text heißt es zwar: "Für den Fall des Widerrufs der Vereinbarung gelten auch ein darin liegendes Schenkungsversprechen bzw. Schenkungsangebot an den Begünstigten sowie ein etwaiger Auftrag zur Weiterleitung dieses Versprechens/Angebots an ihn als widerrufen." Daraus geht aber nicht hervor, dass in der hier getroffenen Vereinbarung zugleich eine Schenkung an den Beklagten als anwesendem Begünstigten liegen sollte.
Der Beklagte hat demgegenüber zum Beweis seines Vortrags, das Bankguthaben der Erblasserin sei ihm durch deren Verfügung zu Gunsten Dritter für den Todesfall v. 25.3.1996 geschenkt worden, in der Berufungsbegründung ausdrücklich die Vernehmung des seinerzeit anwesenden Sparkassenangestellten als Zeugen beantragt.
c) Die Entscheidung des Berufungsgerichts, im Hinblick auf die von ihm als Urkunden verwerteten Vernehmungsprotokolle des vorangegangenen Verfahrens sowie den Inhalt des Testaments von der erneuten Vernehmung auch des vom Beklagten zum Zwecke des unmittelbaren Beweises benannten Zeugen abzusehen, ist rechtsfehlerhaft, wie die Revision mit Recht rügt (BGH, Urt. v. 30.11.1999 - VI ZR 207/98, MDR 2000, 348 = NJW 2000, 1420, unter II 2a). Daran ändert die Meinung des Berufungsgerichts, der Zeuge werde sich jetzt nicht genauer erinnern können als bei seiner Vernehmung im Jahre 1999, nichts. Der Richter darf auch im Zivilverfahren von der Erhebung zulässiger und rechtzeitig angetretener Beweise nur dann absehen, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet oder die Richtigkeit der unter Beweis gestellten Tatsache bereits erwiesen ist; bei der Zurückweisung eines Beweismittels als ungeeignet ist größte Zurückhaltung geboten; es muss jede Möglichkeit ausgeschlossen sein, dass der übergangene Beweisantrag Sachdienliches ergeben könnte (BVerfG v. 28.2.1992 - 2 BvR 1179/91, NJW 1993, 254, unter 1b; BGH, Urt. v. 12.10.1998 - II ZR 164/97, BGHR ZPO § 286 Abs. 1, Beweisantrag, Ablehnung 20 = GmbHR 1999, 232 = MDR 1999, 183). Hier hat der Zeuge im vorangegangenen Verfahren u. a. bekundet, wenn jemand möchte, dass das Guthaben zum Zeitpunkt seines Todes vom Begünstigten verteilt werden solle, werde von Seiten der Sparkasse darauf hingewiesen, dass die Verfügung zu Gunsten Dritter nicht der richtige Vertrag sei. Das Berufungsgericht hat mithin unzulässig eine vorweggenommene Beweiswürdigung vorgenommen.
d) Die Sache muss daher zur weiteren Aufklärung schon der Frage, wie der Beklagte unter Berücksichtigung aller ihm bekannten Umstände das von der Erblasserin ihm gegenüber am 25.3.1996 begründete Valutaverhältnis verstehen durfte, an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Die Klägerin nimmt den Beklagten im Übrigen nicht, wie das LG gemeint hat, in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker aus § 2218 BGB in Anspruch, sondern persönlich. Auch nach der Behauptung des Beklagten ist das streitige Guthaben nicht in den Nachlass gefallen. Zwar macht die Klägerin ihren Anspruch als Miterbin geltend (§§ 2039, 667 BGB in Verbindung mit dem Testament; der Nachlass ist nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des LG im Übrigen bereits auseinander gesetzt und eine Klage unmittelbar auf Zahlung an die Klägerin ohne besondere Erbauseinandersetzung daher zulässig). Der Anspruch richtet sich gegen den Beklagten aber in seiner Eigenschaft als Nachlass-Schuldner, so dass das Prozessführungsrecht der Erbin selbst zusteht (BGH, Urt. v. 14.11.2002 - III ZR 19/02, MDR 2003, 284 = BGHReport 2003, 222 = ZEV 2003, 75, unter I).
3. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass im Valutaverhältnis von einer Schenkung an den Beklagten auszugehen ist, kommt es weiterhin auf die hier erklärte Anfechtung an. Hierzu gibt der Senat folgende Hinweise:
a) Im Schrifttum wird die - von den Vorinstanzen zu Grunde gelegte - Ansicht vertreten, die erbrechtliche Anfechtungsregelung in § 2078 BGB sei entsprechend auch auf Verträge zu Gunsten Dritter auf den Todesfall anzuwenden (Leipold in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 2078 Rz. 15; Palandt/Edenhofer, BGB, 62. Aufl., § 2078 Rz. 12; Soergel/Loritz, BGB, 13. Aufl., § 2078 Rz. 9; v.Hippel, NJW 1966, 867 f.; a. A. Staudinger/Otte, BGB, 2003, § 2078 Rz. 4). Nach Auffassung des Senats steht jedoch der Schutz des Vertragspartners der Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die im Deckungs-, aber auch im Valutaverhältnis geschlossen werden, einer Erweiterung der sich aus §§ 119 ff. BGB ergebenden Anfechtungsmöglichkeiten entgegen. Es wäre auch nicht gerechtfertigt, dem Vertragspartner den von § 2078 Abs. 3 BGB ausgeschlossenen Schadensersatzanspruch aus § 122 BGB zu nehmen. Dass die verfügende Partei durch einen solchen Vertrag zu ihren Lebzeiten wirtschaftlich nicht belastet und insofern nicht mehr mit den Folgen des Geschäfts konfrontiert wird, wie das Berufungsgericht und die Klägerin hervorheben, ist nicht allein maßgebend.
b) Das Anfechtungsrecht nach § 119 BGB geht beim Tod des Erklärenden auf dessen Erben über; es kann grundsätzlich nur von allen Miterben gemeinschaftlich ausgeübt werden (RG RGZ 107, 238 [239]; BGH, Urt. v. 26.1.1951 - V ZR 61/50, NJW 1951, 308; Mayer-Maly/Busche in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 142 Rz. 6). Da es hier der Begründung eines Anspruchs gegen den Beklagten persönlich dient, steht diesem als Miterben wegen des Interessenwiderstreits kein Stimmrecht zu (BGH BGHZ 56, 47 [53]; Urt. v. 25.6.2003 - IV ZR 285/02, BGHReport 2003, 1141 = MDR 2003, 1116 [1117]). Die Anfechtung muss nicht von allen Miterben gleichzeitig und in einem einheitlichen Rechtsakt erklärt werden; wie auch sonst bei Verfügungsgeschäften der Miterben genügen zeitlich aufeinander folgende Erklärungen oder die Genehmigung einer Erklärung, die von einem Miterben zugleich für die anderen abgegeben worden ist (Dütz in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 2040 Rz. 14). Insoweit wird der Tatrichter das Verhalten der Klägerin ggf. aufzuklären und auszulegen haben. Die Anfechtung ist gegenüber dem Empfänger der anzufechtenden Willenserklärung zu erklären; da es hier um das Valutaverhältnis geht, war der Beklagte (und nicht, wie die Revision meint, die Sparkasse) der richtige Erklärungsempfänger. Die Anfechtung muss gem. § 121 BGB unverzüglich erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Insoweit bliebe also weiterhin zu klären, wann die Klägerin des vorliegenden und der Kläger des vorangegangenen Verfahrens die erforderliche Kenntnis erlangt und ob sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Überlegungsfrist rechtzeitig angefochten haben. Dabei kommt die Kenntnis eines Anfechtungsgrundes erst in Betracht, wenn überhaupt von einem durch Irrtum beeinflussten Rechtsgeschäft im Valutaverhältnis auszugehen ist. Eine Verzögerung könnte überdies entschuldbar sein, soweit nach der Rechtsauffassung beider Vorinstanzen eine eigene Anfechtung durch die Klägerin nicht erforderlich war.
c) Schließlich bliebe zu prüfen, ob die Erblasserin in einem zur Anfechtung berechtigenden Irrtum war. Auch insofern durfte das Berufungsgericht nicht ohne Vernehmung des von dem Beklagten als Zeugen benannten Mitarbeiters der Sparkasse entscheiden.
Fundstellen
Haufe-Index 1099293 |
BGHZ 2004, 79 |
NJW 2004, 767 |
BGHR 2004, 448 |
FamRZ 2004, 450 |
DNotI-Report 2004, 71 |
JurBüro 2004, 511 |
WM 2004, 271 |
WuB 2004, 341 |
ZAP 2004, 398 |
ZEV 2004, 118 |
DNotZ 2004, 472 |
ErbBstg 2004, 105 |
JZ 2004, 518 |
MDR 2004, 451 |
FF 2004, 124 |
FamRB 2004, 154 |
NotBZ 2004, 105 |
RÜ 2004, 119 |
ZErb 2004, 168 |
ZNotP 2004, 155 |
LL 2004, 238 |
LMK 2004, 67 |